Dienstag, 31. Dezember 2019

Die rasenden Zwanziger



Rudi bereut es schon jetzt. Und es sind noch einige Stunden, bis endlich 2020 sein wird. Vielleicht sind drei Pullen Schampus für zwei doch zu knapp gerechnet.

Die Geweihmaus hat Sir Hopsalot eingeladen, gemeinsam mit ihm ins neue Jahr zu feiern. Und dabei ganz vergessen, wie schnell sich der Berufsdynamiker langweilt. Nun schiebt er zum wiederholtem Male die Glückskuchen auf dem Teller umher. Aber egal ob der Grüne in der Mitte oder am Rand liegt, der Hase kann sich nicht entscheiden, ob er einen Kringel möchte. Stattdessen zählt er die Stunden, Minuten und Sekunden bis zum neuen Jahrzehnt.

Plötzlich springt der Hase auf und stürmt ohne ein Wort davon. Rudi nimmt einen Schluck und atmet auf. Vielleicht hat Sir Hopsalot ja noch einen Zweittermin, den er ganz verdrängt hatte. Und die graue Maus zieht es lieber zur Innenstadt, zum nachhaltig korrekten Gemeinschaftsfeuerwerk – mit Ökozertifikat mit Feinstaubablass für alle. Da wird am anderen Ende der Welt ein Baum gepflanzt oder ein Kaffeefilter vor den Auspuff eines Pickups geschnallt – aber das gute Gewissen bekommen schon alle jetzt, wenn sie den bunten Lichtern zusehen.

Doch Sir Hopsalot ist schnell wie der Sausewind wieder zurück. Er will Rudi nur schnell zeigen, was er unter dem Weihnachtsbaum gefunden hat: ein buntes Rollbrett für wilde Abfahrten. Er kann es kaum abwarten, es im neuen Jahr vorzuführen: "Sir Hopsalat testet die rasenden Zwanziger." Doch es kommt noch besser – es gibt zwei rasende Bügelbretter. Rudi kann gleich mitmachen. "Das neue Jahrzehnt beginnt doch gleich nach Mitternacht, oder? Hast du eine Kopflampe?" Dann könnten sie bald starten.

Rudi arbeitet sofort an seiner Fahrtüchtigkeit und nimmt noch einen Schluck. Vielleicht sind drei Magnumflaschen Britzelschampus doch zu knapp gerechnet. 

Er weiß ja nicht, was Hasen zu Silvester trinken – doch bevor er aufs Brett steigt, sichert er sich noch eine Buddel.

Das werden noch lange Stunden, Minuten und Sekunden bis Mitternacht. Sir Hopsalot hält es kaum auf dem Stuhl, seitdem er sich auf den Brettertest im neuen Jahr freut. Er testet schon mal ein Pfote auf dem Brett. Den Schampus überlässt er gern dem Geweihträger. Rudi hatte gehofft, die Zwanziger werden ein ruhiges Jahrzehnt. Doch Sir Hopsalot macht rastlos rasend weiter wie bisher.

Wenig später drehen die Musiker einige Runden im Raum. Der Hase kann es kaum erwarten, dass das alte Jahr geht…

Idee: SchneiderHein    Fotos: W.Hein


Freitag, 27. Dezember 2019

Weihnachten-Zwei-Punkt-Null oder schon mehr

Achtung! Dieser Post enthält reichlich Produktplatzierungen. Anders als die schicken Dienstwagen von Fernseh-Kommissaren finanziert dies hier nichts. Und der Konsum von Zuckerwasser wird davon nicht gesünder oder Computerspiele haben deswegen nicht weniger Suchtpotenzial. Eine markendurchseuchte Welt ist einfach unsere Realität … wie alles, was wir hier zeigen.

Die Pakettransporter 'Elf-o-mat 3000' kehren erst am nächsten Tag wieder zurück. Sie haben autonom bis zum 24. Dezember die Geschenke und Pakete für den Heiligen Abend zu den zentralen Zubringern gebracht, bevor eifrige Paketboten mit rotem Mantel und weißem Rauschebart die letzte Meile übernommen haben.

Pfeifend senken sich die schweren Maschinen in die Ruheposition, wenn die Pneumatik die zentralen Aufbewahrungsbox absenkt, damit die Drachen die ordnungsgemäße Übergabe kontrollieren können.

Notwendig ist das eigentlich nicht, schließlich wird der gesamte Transport lückenlos überwacht mit Sensoren und Kameras. Aber es gibt den Drachen an der Rampe einfach ein besseres Gefühl, wenn sie ein Auge darauf haben dürfen.

So perfekt das System der Geschenkeübergabe inzwischen auch organisiert ist – Rückläufer gibt es immer noch. Sei es, dass die Adresse falsch angemeldet wurde, sei es, dass beim Wünscheaufnehmen nicht richtig zugehört wurde oder die Bedürfnisse des Beschenkten wurden einfach schlichtweg ignoriert.

Einzeltransporte erledigen die Drohnen, die inzwischen auch leer wieder einschweben. Wenn sie nicht Retouren in letzter Minute mitnehmen müssen. Was ist nur aus dem guten alten Geschenkeumtausch im Einzelhandel in den ersten Arbeitstagen nach dem Fest geworden? Nun, Wunschzettel waren schon immer so eine Art Onlinehandel und ohne die Beschaffung direkt im Einzelhandel gibt es keine kurzen Wege mehr, auf denen die Falschwaren zurückgegeben werden können.

 Da schwebt jemand ein, der mächtig Schnee aufwirbelt.

Jack will diesmal nicht alles nur auf dem Sofa erzählt bekommen. Er will selber sehen, wie der 'Weihnachtsmann das alles macht'. Obwohl er schon längst weiß, dass es in Wirklichkeit nicht der Weihnachtsmann ist, sondern ein Haufen Drachen, die mit einem Diplom in Fachchinesisch den Hai-Tech-Laden längst schmeißen.

Sie sind fast da – die Drachen haben wohl aufgestockt. In diesem Jahr sitzen die meisten in der ersten Etage und sind auch am 25. Dezember noch so schwer beschäftigt, dass Jacks Anflug offensichtlich von niemandem bemerkt wird.

Der kleine Mäuserich legt das Comic-Heft beiseite und bittet den Fahrer sich unauffällig in die Büsche zu schlagen, während er alles genau untersuchen will. Er hat schon seine Geschenke bekommen, aber wer weiß, ob nicht mehr drin gewesen wäre. Jack muss doch seine Möglichkeiten kennen, wenn er vernünftig wünschen soll. Also will er kein Aufsehen erregen und sich lieber heimlich in die Zentrale schleichen.

Bei der Verladerampe wird der Anflug der Drohnen mit dem Computer überwacht und die aktuelle Flugnummer zur Sicherheit mit der Liste der Flugverbindungen abgeglichen. Aber eine leer heimkehrende Drohne ist (bis auf Widerruf) eine erfolgreiche Mission und wird höchstens noch mit einem Last-Minute-Auftrag bestückt, wenn für den Verwandtenbesuch an den ersten Weihnachtstagen plötzlich noch ein Geschenk fehlt. Da gibt es natürlich keine große Auswahl: Neben den klassischen SOS-Geschenken (Schlips Oberhemd Socken), haben sie nur die Top-Drei der Bestseller-Bücherlisten, den Duft des Jahres und für die Kleinen ein Spotify-Radio oder weiße kabellose Ohrstöpsel.

So lange die Weihnachtslogistik noch nicht voll automatisiert ist, arbeiten an der Rampe noch kasachische Zirkusdrachen. Sie sind das Jonglieren mit vielen unhandlichen Dingen gewöhnt, werden auf Zeit nach osteuropäischen Tarifen bezahlt und nehmen die Arbeitszeiten nie so genau. Wenn es noch was zu tun gibt, wird eben weiter gearbeitet.

Jetzt bestücken sie eben die Drohnen mit den Overtime-Geschenken für unerwartete Gäste oder vergessene Verwandte und überwachen im Mini-Laptop den Stand der Dinge.

Sie müssen nur aufpassen, dass die startenden Quadrokopter nicht mit den einfliegenden Drohnen kollidieren, wenn die schwer beladen eine Rücksendung abliefern.

Was machen sie nur mit den ganzen Retouren, die inzwischen die Rampe verstopfen? Wieder auspacken bedeutet viel Arbeit und ein Jahr einlagern für die nächsten Weihnachten macht bei den meisten Geschenken keinen Sinn. Die wären dann längst überholt und aus der Mode. Vielleicht gibt es ja demnächst eine Zweithandel, wenn der Osterhase sie als Second Hand-Ware verteilt. Sollen sich doch die da oben in der obersten Etage darüber den Kopf zerbrechen.

Den Weihnachtsbaum haben sie ja auch neu erfunden, indem sie einfach das Grün weggelassen haben. Das spart auch Transportgewicht. Nun stehen überall im Haus die hippen hohlen Drahtkegel mit den bunten Lichtern. Ganz traditionell ist dagegen die alte Werbepartnerschaft mit der braunen Brause, die dafür kostenfrei ins Haus kommt. Sonst wäre Weihnachten seit Jahrzehnten nicht Rot-Weiß sondern vielleicht Lila-Gelb oder Rosa-Türkis.

Neben der Rampe ist das Wartezimmer. Missmutig hocken hier die Weihnachtsmänner aus aller Welt und warten auf ihren Termin. Eigentlich wollten sie ab dem 24. in den Urlaub verschwinden, aber die Drachen haben sie sofort wieder antanzen lassen. Schließlich ist kein Jahr mehr Zeit bis zum nächsten Fest. Und es gibt viel zu tun … die Klassiker und Erfolge vergangener Jahre wie Puppe, Teddybär oder Holzeisenbahn ziehen längst nicht mehr und locken immer weniger Kids hinterm Smartphone hervor.

Es gibt einen gut gelaunten Empfang und die Drachendame bemüht sich nach Kräften für eine freundliche Stimmung.

Doch im Vorraum gibt es bewusst nur Wasser und keine bunten Ablenkungen. Wenn die Geschenkeboten endlich zu den Einzelgesprächen gebeten werden, sollen sie richtig ausgehungert und wach sein. Nur so entfaltet die frohe Botschaft die maximale Wirkung.

 Der Weihnachtsmann aus Hawaii ist stinkesauer. Sie haben ihn in der Badehose vom Surfbrett geholt. Neben ihm sitzt Luxemburg, das mit einem kleinen Boten auskommt.

Auch Kanada und Norwegen warten ungeduldig auf ihren Termin. Was soll schon so aufregend anders werden. Jedes Jahr werden Dinge in buntes Papier gepackt und in Säcke gesteckt. Der Inhalt mag sich immer ein wenig ändern – aber dafür gibt es doch die Wunschzettel. Sie müssen doch nur liefern! Jack hat hier genug gesehen.

Er muss unbedingt in die erste Etage. Dort scheinen die spannenden Entscheidungen gefällt zu werden. Er schleicht die Treppe rauf, vorbei am Drachen, der überlegt, ob die Pause für ein Retro-Game in einer guten alten Arkade-Computerkiste reicht, die hier zur Ablenkung aufgestellt ist.

Eine Etage höher spielt ein Drache auch mit pixeligen 16-Farben ein frühes Computerspiel. Ein Raumschiff zielt auf eine Wolke anrückender Flugobjekte. Er stellt sich vor, dass dies alles ihre Geschenkedrohnen sind und er findet den Gedanken sehr befriedigend.

Jack wieselt zwischen den Drachen und schaut sich genau um. Das scheint die Versandzentrale zu sein … aber wie ein Büro sieht es gar nicht aus. Das war vor einem Jahr noch ganz anders.

Die Drachen fläzen sich an irgendwelchen niedrigen Tischen, wie es ihnen gefällt. Sie klappen den Computer auf und versinken danach in den bunten Tabellen, die mit rasender Geschwindigkeit wechseln. Niemand braucht Papier oder füllt einen Ordner. Dafür steht überall Essen und bunter Krimskrams. Auch machen sie Pause, wie es ihnen gefällt und laufen plötzlich durch den Raum, um an einer anderen Stelle weiter zu arbeiten.

Offensichtlich ernähren sie sich hauptsächlich von Pizza und Hamburgern. Das gefällt Jack sogar. Vielleicht wäre es später auch ein Job für ihn. Obwohl er immer noch nicht versteht, wieso sie ein ganzes Jahr für einen einzigen Tag arbeiten müssen. Das sollte doch einen Monat vorher auch zu erledigen sein. Wenn der Rest Urlaub wäre, ist das doch ein Traumjob.

Der Chef steckt unvermittelt den Kopf herein: "Geht das auch etwas leiser? Wir machen nebenan die Zukunft." Er wartet einen Moment - ob es diesmal Wirkung zeigt. "Ich muss wieder rein, bevor die Weihnachtsmänner mental aussteigen." Er dreht sich auf der Schwanzspitze. "Aufräumen wäre auch von Vorteil." Noch wird hier jeder Kunde durchgeführt.

Wenig später ist der Geräuschpegel wieder oben. Sie kennen diese Ansagen schon und wissen, dass es gut für das Image ist, dass sie so ein wilder und ungezähmter Haufen sind. Dafür stellen sie die Heavy Metal-Musik auch erst an, wenn die Kunden wieder weg sind.

Der blaue Drachen macht mal Pause. Er ist froh, dass die neuen Kooperationspartner noch nicht das Catering übernommen haben. Lachende Pakete vom Onlinehandel und die bunten Buchstaben von Alphabet sind vielleicht die Zukunft, aber satt wird ein Feuerkopf davon nicht.

Jack wundert sich noch immer, dass diese Jungs in ihrer eigenen Welt leben. Niemand scheint ihn zu bemerken, oder wenn doch, kümmert es keinen. Sie schlurfen an ihm vorbei und werden erst hellwach, wenn sie bei jemand anderem in den Monitor blicken können. Und dann versteht Jack kein Wort von dem Kauderwelsch, das die Drachen dabei untereinander sprechen. Ist das überhaupt eine Sprache?

Dagegen sind die Sätze im Nebenraum klar verständlich. Also jeder Satz für sich. Aber was das Ganze soll … davon hat Jack noch keinen Schimmer. Da wird er wohl genau zuhören müssen.


Fotos: W.Hein

Das geht noch weiter… 

(erst recht nach Weihnachten – denn nach dem Fest ist doch immer nur vor dem Fest)

Die Zukunft ist Rot-Weiß


Weiter geht's mit viel Produktplatzierungen (immer noch unbezahlt)

"Es geht um nichts weniger als die Zukunft von Weihnachten!" ruft begeistert der CEO (Chief Executive Officer) für PHP (Phenomenal High Potentials). "Wir sind heute schon bei Weihnachten 2.0 … mindestens!" Er liebt diesen Vortrag jedes Mal und wird nicht müde, ihn immer wieder neu zu verkünden. "Wenn wir fertig sind … wird es Weihnachten 4.0 sein!"

Gebannt folgen die beiden Weihnachtsmännern seinen Worten. Es sind niemals mehr als zwei. Größere Gruppen sind unaufmerksam, lenken sich ab und beginnen zu tuscheln. Und Einzelvorträge dauern zu lange. Dafür sind es zu viele Santas, die weltweit im Einsatz sind. Hier sind es Schottland – die auf ihre Unabhängigkeit bestehen und unbedingt die Nationalfarben Blau-Weiß behalten wollen – und der Geschenkebringer der Osterinseln, der die ganze Zeit mit seinem Smartphone simst.

Das geht schon in Ordnung, liegen auf dem Tisch neben den Cocktails doch Smartphone und Tablet. Es passt auch zur diesjährigen Festlosung "XMAS joy is loading". Und das ist erst der Anfang.

Nur in Ausnahmefällen, wenn es sich nicht vermeiden lässt, darf der Weihnachtsmann seinen Gehilfen mitbringen. Dafür gibt es neben den neuen essentiellen Weihnachtsbäumen sogar noch einen Besucherstuhl. Auf die neuen Bäume ist der CEO PHP besonders stolz - kein überfüssiges Grün, sondern nur das Licht und die reine Kegelform. Natürlich alles nur noch elektrisch mit Akku und mit Ökostrom nachladbar. Das Zertifikat kann bei Bedarf als PDF runter geladen werden.

Doch jetzt wird es Zeit den nächsten Redner vorzustellen. Es ist der CDO HSD (Chief Development Officer vom Holy Shit Department), der in diesem Jahr als dreidimensionales Hologramm zugeschaltet wird. Dann muss er sein Labor nicht für ein paar Minuten Redezeit verlassen … außerdem sieht das natürlich viel cooler aus, als wenn er durch die Tür stapfen würde.

"Hi Needles…" (So stolz die Drachen auf ihre Titel sind, sich nur mit dem Spitznamen lässig anzusprechen ist auch viel cooler) …zeig uns doch mal den letzten heißen Scheiß." Das plötzlich im Raum schwebende Hologramm beginnt zu sprechen: "Hi Blue, darum geht es. Das eigentliche Manko am Weihnachtsmannjob ist immer noch der Sack! Unhandlich, sperrig und schwer. Dabei ist er so etwas von gestern. Hier kommt die gute Nachricht: Wir schaffen ihn ab."

"Halt, halt Needles, das Beste wollen wir uns doch bis zum Schluss aufheben." Jack spitzt die Ohren, er lauscht schon länger an der Tür und will auch wissen, wie die Zukunft der Weihnacht aussieht. Das Hologramm lacht – schon ist der Sack verschwunden. "Na gut, beginnen wir mit etwas Leichtem."

"Gern Blue, wir kennen doch alle so ein Holztier auf Rädern. War gestern gut und schön – doch bei den heutigen Kids läuft das nicht …"

"Aber Needles, Holzspielzeug ist doch pädagogisch wertvoll." Mit gespieltem Entsetzen läuft der CEO PHP um den großen Tisch bis er wieder die volle Aufmerksamkeit aller Zuhörer hat. (Jacks inklusive …)

Nur der Hase von den Osterinseln tippt noch schnell eine SMS …

"Wir haben die Lösung: Eine Fernbedienung! Damit saust die Kuh um den Baum."

"Funktioniert natürlich auch mit einem Gamepad der meisten Konsolen …"

"Aber das ist doch alles schon Schnee von gestern. Coole Kids steuern die Kuh mit dem Tablet."

"Das ist doch fantastisch," jubelt der blaue Drache. "Wir machen die Altlasten wieder modern. Weihnachten muss mit der Zeit gehen, sonst sitzen die Omas und Opas demnächst allein unterm Baum. Und die Kids bleiben gleich im Zimmer beim Computergame."

Der Gehilfe stöhnt innerlich auf und rutscht unruhig auf dem Sitz herum. Der blaue Drache mag ja recht haben - alles wird neu. Aber irgendwie ist alles wie im letzten Jahr. Sogar die hochprozentigen Argumente stehen noch zur Sicherheit im Hintergrund bereit.

Hoffentlich ist der ganze Zauber bald vorbei, bevor sein Chef vollkommen eingelullt wird. Die einzige Chance ist, dass bei den Drachen immer alles zeitlich eng getaktet ist. Die nächsten Weihnachtsarbeiter warten unten schon im schwarz-weißen Vorraum.

Der Chef vom heiligen Scheiß kommt zum Höhepunkt seiner Präsentation. "Wenn wir schon ein Tablet haben, wozu brauchen wir noch die sperrige Kuh?"

Der CDO HDS kann sich das Grinsen kaum aus dem Gesicht wischen: "Wenn alle ein Smartphone, Tablet oder Computer haben, brauchen wir überhaupt keine Hardware mehr. Wir verschenken nur noch Programme und die schicken wir dann online. Und das, meine liebe Weihnachtsmänner, ist das Ende vom Sack. Weihnachten wird komplett digital – wir nennen es Weihnachten 4.0!"

Jack hat genug gehört. Er weiß jetzt, was er sich vom Weihnachtsmann im nächsten Jahr wünschen muss: 'Metal Gear Nonsense Ops', 'Grand Tourist GLX Special Forces' und 'Final Destination Extreme Pro'. Hoffentlich vergisst er nichts davon.

Wenig später sind Schottland und die Osterinseln entlassen. Dafür werden Luxemburg und Kanada nach oben geführt. Der Warteraum füllt sich schon wieder. Gerade hat Grönland Platz genommen.

Jack macht sich wieder auf den Heimweg. Er greift sofort wieder zum Comic-Heft. Im nächsten Jahr ist es sicher schon ein eBook, das schwarz wird, wenn dem Tablet der Saft ausgeht.

Unten an der Laderampe machen sich die kasachischen Drachen wieder bereit, die automatischen Pakettransporter neu zu beladen. Jetzt hätten sie doch fast Italien vergessen. Die bekommen die Geschenke erst am 6. Januar zu den heiligen drei Königen.

Sie wissen noch nicht, dass die ganze Station am Polarkreis gut für die Folklore ist. Eigentlich braucht eine Weihnacht 4.0 nur noch leistungsfähige Serverfarmen irgendwo auf der Welt. Aber sie können ja umschulen. Als Beratungszentrum für Videokonferenzen behalten die Drachen sicher das Gebäude.

Der blaue Weihnachtsmann muss sich erst einmal setzen, um das gerade Gehörte zu verdauen. Was macht er denn noch, wenn alle Geschenke digital verschickt werden? Nimmt er dann nur noch eine Video-Grußbotschaft für die sozialen Medien auf? Der Kollege von den Osterinseln schreibt dazu noch schnell eine Whatsapp.

Im Besprechungsraum haben schon die nächsten Kandidaten Platz genommen: "Es geht um die Zukunft von Weihnachten und es wird wunderbar…"

Fotos: W.Hein

Nach dem Fest ist vor dem Fest. Das gilt auch für diese Geschichte. Kurz nachdem im letzen Jahr "Bei allen Polen" veröffentlicht war, kam mir der Verdacht, dass diese Drachenweihnachtslogistik zwar schon viel moderner war als alle vorhergehenden Beschreibungen. Aber eigentlich arbeiteten die Drachen dabei immer noch wie ein klassisches Büro in den 60ern. Das geht doch sicher viel zeitgemäßer. Also entstand die Idee, die gleichen Situationen noch einmal neu zu zeigen. Fast alles findet so seine Spiegelung. Die Vorbereitungen haben dafür auch ein Jahr gedauert, bis alle Requisiten beschafft und gebaut worden waren. Am Ende war es wieder ein Zeitproblem, denn eigentlich hätte man die Story auch im Hochsommer inszenieren können – Weihnachtsfilme werden doch auch nicht am heiligen Abend gedreht ;-) Diese Station am Polarkreis arbeitet schon jetzt mit Kunstschnee. Aber im Sommer hätten noch einige Bausteine gefehlt und sei es die Inspiration durch das "Kevin-Problem" von Sven Göth. Er nutzt das Beispiel vom Weihnachtsmann, der seine Kunden, die Kevins nicht mehr versteht, um zu zeigen, wie sehr die neue Zeit unsere Gewohnheiten ändern wird. Vielen Dank dafür. Und für die Losung "XMAS joy is loading" von 'Lawkeeper', die ich bei Shutterstock gefunden habe.

Im Laufe des vergangenen Jahres entstanden immer wieder Skizzen zur Drachenweihnacht 4.0. Hier ist es das Sofa im Warteraum, das ursprünglich bei den Nerds stehen sollte. Da hatte ich noch nicht bedacht, dass die dicken Drachenschwänze dabei im Wege sind. Die Idee einer schwarz-weißen Szenerie war aber geboren.


Der moderne Fuhrpark der Drachen. Die Drohnen waren schnell gesetzt, die fahrenden Roboter boten sich an, nachdem futuristische LKWs, von denen die Drohnen starten konnten, wieder verworfen wurden. Komplett autonome Gefährte sind doch viel zukunftsträchtiger.

Eine Skizze vom Besprechungsraum mit futuristischen Kugelsesseln und einem Hologramm, das noch sichtbar im Raum steht. Die Trennung in zwei Bühnen war dann doch einfacher und die Platzverhältnisse im Puppenhaus wären für diese Ansicht viel zu eng gewesen.

Diese Zeichnung zeigt schon die unterschiedlichen Fernbedienungen in einem Bild. Der Monitor wird nicht gebraucht und inzwischen hat Needles einen deutlich längeren Auftritt.

Eine von vielen Übersichten, um den Überblick über die Ausstattung zu behalten, wenn alles noch in weißen Pappkartons verpackt ist. Dies sind Accessoires der Nerds in der hippen Coworking-Space-Lounge. Im Gegensatz zum klassischen Büro mit Schreibtisch, Drehstuhl und Aktenordner im Vorjahr.