Montag, 27. Februar 2023

Eisbären-Tag

 

"Vorsicht, mein Kleiner!" Der große Eisbär sehnt sich nach echtem Packeis … meterdick und blickdicht! Dieses ganze Grünzeug unter dem Eis macht ihn ganz nervös.

"Komm doch Papa, es tut richtig gut, mal wieder eisige Füße zu bekommen," lockt ihn der Kleine.

Wenig später tapst auch der große Bär vorsichtig über das Eis. Wenigstens ist da überhaupt eine Eisschicht über dem Teich, wenn heute schon sein Ehrentag ist...

Natürlich kein Vergleich zu seinem ersten Winter hier im Garten. Da gab es hier noch richtigen Schnee und sein Fell hatte noch eine Tarnfarbe. Ob dieses enttäuschende Wetter jetzt so bleibt? Dann sollte er vielleicht über eine Typberatung nachdenken.

Inzwischen beginnt das Eis unter ihm zu knirschen und zu krachen und er bekommt feuchte Pfoten, wenn das Wasser aus den feinen Bruchlinien hervorquillt. Für sein Gewicht ist diese Eisschicht noch viel zu dünn und scheint an den Rändern schon wieder zu schwinden.

So ist dieses Schwundeis nur eine schwache Erinnerung an schöne, frostige Winter mit unendlichen, klirrekalten Tagen. Wenn der eigene Atem in weißen Fahnen emporsteigt und sie auf großen, weichen Pfoten kaum Spuren im Schnee hinterlassen. Daran können sich kleine Bären kaum erinnern: "Papa, träumst du?"


Text & Fotos: W.Hein

Im Laufe eines Jahres gibt es Gedenktage für dies und das. Und weil die kirchlichen Anlässe schon lange nicht mehr ausreichen, kommen jedes Jahr neue Bedeutungstage dazu. So gibt es inzwischen am 27.02. jeden Jahres einen "Tag des Eisbären". Ist er doch inzwischen längst das Symbol für die globale Erwärmung im Klimawandel geworden. Andere Bewohner der arktischen Zonen haben da weniger Aufmerksamkeit. Oder gibt es einen Tag des antarktischen Krills? Aber in unserem Haushalt gibt es ja auch nur Eisbären und keine Plüsch-Mini-Garnelen ;-)
 
So ist der Tag dann doch ein passender Anlass, den Eisbären mal wieder einen Auftritt im Garten zu geben. Es passiert ja viel zu selten, obwohl die wunderbaren Arktisbewohner schon seit 2000 in unserem Haushalt leben. Gisela Hofmann aus Göttingen hat mit ihren Anleitungs-Büchern für Bären sicher unzählige Bärenmacherinnen die notwendige Starthilfe gegeben. Dazu hat sie immer eigene klassische Bären gemacht, die seit Jahrzehnten in den Kalendern von Frau Schneiders bis heute immer neue Abenteuer erleben. Neben den klassischen Bären gab es immer auch die aufwändig gearbeiteten Naturbären von Frau Hofmann. Viele sind mit einem Doppelgelenk im Hals ausgestattet, das viele eindrucksvolle Posen im Sitzen, Stehen und Liegen möglich macht. 

Herr Mahnke in der Bärenhöhle Hannover war schon immer ein großer Fan dieser Naturbären. So gehörte eine Eisbärenfamilie schon "zum Inventar des Ladens", als wir die Bärenhöhle Mahnke in der List entdeckten. Es hat dann ziemlich lange gedauert, bis wir uns an diese Prachtexemplare herantrauten und für den großen Bären einen Ratenkauf vereinbarten. Er blieb in der Bärenhöhle und wartete, während wir ihn noch in D-Mark-Zeiten abstotterten und auch das Weihnachtsgeld von Muttern investierten, um ihn endlich auszulösen. Denn ein "Schnäppchen" waren die Naturbären von Frau Hofmann damals nicht. So konnten wir Sylvester/Neujahr 2000/2001 mit dem weißen Bären dann auch rechtzeitig sein Starfoto im Garten machen. Es dauerte dann auch noch weit über ein Jahr bis der Eisbär auch seine Familie an die Seite bekam.

Inzwischen finden unsere Kätzchen die Schafwollfüllung des Bären immer noch so interessant, dass wie ihn nicht unbeobachtet im Raum lassen sollten. Den Laden der Bärenhöhle Mahnke gibt es leider schon seit 2018 nicht mehr und hoffentlich kann Herr Mahnke zuhause immer noch seinem braunen Naturbären über den Kopf streichen. Ob Frau Hofmann noch aktiv ist? Keine Ahnung, denn ihre Internetseite ist aktuell offline.


Montag, 20. Februar 2023

Ich muss zum Zug!

 

Es ist Rosenmontag und SnowWhite hat es plötzlich eilig: "Ich muss zum Zug!" Ein Schneemann oder Schneehase ist doch in diesen Wintern nur noch eine Witzfigur, die nur im Karneval noch schnell unter die Narrenkappe schlüpfen kann. Deshalb will er schnell noch in den Karnevalszug bis er ab Aschermittwoch in diesem Klimawandel nur noch aus der Zeit gefallen ist.

Plötzlich zuckt der Schneehase zusammen, als Dante ihn antippt. "Es gibt in Norddeutschland keinen Rosenmontagsumzug." Die machen das alle am Samstag oder Sonntag. In der Innenstadt verloren wie in Hannover, klein wie in Osnabrück oder unendlich dröge wie in Braunschweig – da stellen sich die Narren hier nicht der Konkurrenz in Köln, Mainz oder Düsseldorf. Sie greifen lieber an den Vortagen die gnadenlos Feierwilligen ab. Oder dürfen vielleicht auch nicht an den hohen Tagen auf die Piste, wenn Witzigkeit immer wieder an seine Grenzen kommt. SnowWhite ist einfach ein bis zwei Tage zu spät.

"Es gibt hier keinen Zug am Rosenmontag? Ich muss in den Süden? Wie soll ich das jetzt noch rechtzeitig schaffen? Etwa mit der Deutschen Bahn?" Die Panik ist dem Schneehasen ins Gesicht geschrieben. "Gibt es denn wenigstens noch ein 9 Euro-Ticket?" Das kostet inzwischen 49 Euro und kommt frühestens erst im Mai. "Menno, selbst da hat die Bahn Verspätung!"

Die Eisbären sollten vielleicht zu Grünbären werden. Wie lange die Evolution wohl dafür braucht? Bis dahin wundern sie sich über Schneeglöckchen im Efeu. Wenn das Grünzeug hier der einzige Schnee ist, sind sie wohl nur noch kostümierte Fremdkörper in der Jahreszeit.

Im Klimawandel aus der Zeit gefallen. Das gilt dann ja wohl auch für Katz und Häsin, die sich als weiße Bärin und Schneefrau eigentlich nur winterlich passend kleiden wollten. Wenn dieses Jahr der Winter mal ausfällt und niemand Schneekanonen im Flachland installieren will.

"Dann lass uns schnell reingehen. Den einzigen Zug hier draußen bekommt SnowWhite, wenn nasskalte Windböen durch die Blätter fegen…

Drinnen schaltet der Schneehase schnell die Glotze ein. Der Zug in Kölle läuft schon und sie haben die ersten Wagen schon verpasst. Aktuell geht es um "kulturelle Aneignung"! Dabei ist doch überhaupt kein Indianer oder Rastafari zu sehen. Oder meinen sie alle Narrenmasken? Weil heute alle jemand anders sein wollen? Aber wären lauter graue Normalos und blasse Durchschnittchen überhaupt lustig?

"Stimmung!" SnowWhite lässt Konfetti regnen. Das Eisbärenkind hat da lieber schnell den Süßkram eingesackt, bevor der auch noch weggeworfen wird.

Auch Lulu und Plümm hat es nach drinnen gezogen, wenn hier der große Bahnhof mit den Zügen ist. Das nächste Mal werden beide wohl eine Sommerverkleidung suchen. Das Ganzkörperdoppelfell ist doch etwas warm.

SnowWhite wechselt eifrig zwischen den Programmen, um die maximale Dosis Rosenmontag zu bekommen. Wenn er schon nicht mittendrin sein kann, kennt er nun schon drei Züge mit allen Motten.

Die beiden Eisbären kommen sich plötzlich so nackig vor. Alle haben eine Art Verkleidung. So setzen sie sich schnell ein Larve auf. Ein Eisbär kann eigentlich alles tragen.

"Stimmung!" SnowWhite lässt noch einmal Konfetti regnen… und Dante wundert sich, dass bunter Dreck im Fell und Boden ihn fröhlicher stimmen soll. Vielleicht liegt das Geheimnis in Promille, Sprit und Druckbetanken. Aber vielleicht gibt es ja auch hier eine "Energiewende"…


Idee: SchneiderHein      Fotos und Text: W.Hein

Es will nicht gelingen! Schneller zu werden und rechtzeitig zu posten... Auch wenn hier natürlich die Livebilder vom Rosenmontag gebraucht werden... und alle anderen Ideen von der Wirklichkeit überholt werden.

Sonntag, 1. Januar 2023

Kröt Neujahr!

 

Das Bowle-Set hat Silvester dann doch noch gut überstanden…

Herr Fuchs konnte den gecken Astrolurch doch noch rechtzeitig aus der Bowleschüssel befreien, bevor er das Bewusstsein verloren hätte. Schnell den Notruf abgesagt: Die Feuerwehr konnte sich in der Zeit besser um die Zimmerbrände kümmern, die nicht in letzter Sekunde verhindert wurden.

Der schlaue Gast ist froh, dass der Raketenstart im Zimmer dann doch verschoben wurde. Als Herr Kröt wieder ansprechbar war, war es schon weit nach Mitternacht und das Neujahr schon älter. Da wäre die Zu-Spät-Ballerei doch unpassend gewesen. So hat Herr Kröt die Raketen lieber für seine kommende Marsmission aufgehoben. Wenn er völlig losgelöst, über die Erde in Zeit und Raum schwebt.

Dafür hat er schon mal die Astrozeit eingeführt, die ein goldener Roboter hütet. "Stößchen" zusammen heben Herr Fuchs und Herr Kröt schon mal das Glas auf die neue Zeitrechnung.

Am späteren Morgen gibt es zum Glück auch 2023 einen Pizzabringdienst. Frisch gestärkt kann der schlaue Gast überlegen, wo man im Haus am besten Schwarzpulver lagert. Denn aktuell hat Herr Kröt noch keine Zeit für Weltraummissionen.

Er sitzt im Sessel mit dem runden Pizzablech zwischen den Händen. Herr Kröt gibt sich seinen guten Vorsätzen für das neue Jahr hin und ist vom 'Bumm-Bumm'' zum 'Brumm-Brumm' gewechselt. Er träumt von der nächsten Ausfahrt im neuen Sportwagen. Bevor irgendwelche Klimakleber vor seinem Wagen das Tempolimit auf Null senken…


Idee: SchneiderHein    Fotos und Text: W.Hein


So wollte Silke Herrn Kröt nicht ins Neujahr starten lassen. Wenn statt 'Brot statt Böller', 'Blumen statt Böller' oder 'Futter statt Böller' am Ende der Geschichte ein Raketenstart droht, und damit die massive Feinstaub-Einbringung ins Wohnzimmer. Unterstützen wir damit nicht doch Feuerwerk? Nun dürfte klar sein: Bei uns gilt: "Pizza statt Böller!"

Herr Kröt hat einen großen Bruder im Geiste: Elon Musk. Auch der träumt von einer Auswanderung zum Mars: Bevor dieser Planet unbewohnbar wird, braucht die Menschheit eine Alternative. Er scheint nur zu vergessen, dass kein Wesen auf dem Mars existieren könnte, wenn es nicht alles für das Leben von der Erde mitbringen müsste. Und dass der ganze Raketentransport genau den Dreck zusätzlich machen wird, der unser Überleben hier so schwierig macht. Da sind die anderen Superreichen vielleicht klüger. Die wollen Touristen ja nur in eine Erdumlaufbahn bringen. Damit sie sehen können, wie klein und kostbar diese Erde für uns ist. Weil es für uns eben keine echte Alternative gibt.

Raketenfieber

 

Im Fernsehen läuft 'Dinner for One' in einer Endlosschleife, die Music box schaufelt sich durch die Party-Hits der 70er und 80er und auf dem Tisch steht der Lufthansa-Cocktail als Silvester-Bowle. Nur der Mettigel hat es nicht rechtzeitig zum Buffet geschafft.

Herr Kröt versteht es wohl zu feiern. Das will Herr Fuchs gern zugeben. So lässt sich das neue Jahr gern begrüßen.
 
Nur die Raketenbatterie im Wohnzimmer beunruhigt den Gast ein wenig. Das dämpft die Begeisterung von Herrn Kröt nicht im Geringsten. "Das wird großartig, einzigartig und nie dagewesen." Natürlich hat er die Raketen mitten ins Zimmer gestellt, wenn es den ganzen Tag schon regnet. Außerdem, wenn sie gleich ins Firmament davon zischen, wird ihre Schönheit für immer entschwunden sein.

Am Liebsten würde er die Raketen gleich hier zünden, allein ist seine Behausung zu bescheiden. Die Deckenhöhe reicht leider nicht für diese Modelle als Zimmerfeuerwerk.

Dabei ist er doch so ein Raketenfan. Er würde sofort mit seiner großen Rakete in die Stratosphäre fliegen oder gleich bis zum Mond.

Er stülpt sich schon mal die leere Bowleschüssel über den Kopf, damit Herr Fuchs sehen kann, dass dieser Astrolurch der geborene Himmelsstürmer ist.

Wenig später muss der Gast dem Astrolurch helfen, sich von seiner Luftkapsel zu befreien. "Dieses Bowleding ist leider viel zu eng." Es mag ein wenig am aufgeblasenen Ego liegen.

Herr Fuchs greift zum Telefon, er bekommt dieses Glasding nicht von Herrn Kröt getrennt. Noch ist der Landlurch guter Dinge, aber es ist sicher keine Dauerlösung. Ob ein Notarzt jetzt zu Silvester Zeit hat, oder müssen die schon die ganzen Feuerwerker verarzten? 

Bald kann Herr Fuchs die Feuerwehr gleich dazu rufen. Herr Kröt muss leider feststellen, dass der Jahreswechsel schon längst vor der Tür steht. Keine Zeit mehr, das Batteriefeuerwerk vor die Tür zu bringen. Er muss es hier zünden, wenn er rechtzeitig mitböllern will. Und vielleicht ist die Glaskugel sogar ein guter Schutz, wenn gleich die Flammen emporschlagen…

Idee SchneiderHein     Fotos und Text: W.Hein

Es gibt ja gute Gründe gegen Feuerwerk. Wenn man ein Drei-Katzen-Haushalt ist und spontan Nachbarskater in Pflege hat. Denn unsere Miezen gehen schon seit gestern in Deckung, als die ersten Testböller gezündet werden. Gleich wird es für alle Drei plus Eins ziemlich blöde, wenn draußen der Lärm losgeht. Ich hoffe, dass sie es gut überstehen, und dann in zwei Stunden schauen können, was inzwischen in ihrem Revier passiert ist.
Weil wir im Gegensatz zu Herrn Kröt keine große Feuerwerker sind und ich mit meinem Vater schon mit einem verspringenden Knallfrosch die gute Wohnzimmergardine versengen konnten, können wir hier Geld sparen, auf Feinstaub verzichten, weniger Lärm und Dreck machen - was für die Umwelt gut ist und nicht nur unseren Katzen entlastet.

Mittwoch, 28. Dezember 2022

Der eiskalte Reiter


In der Schneeprärie steht reglos ein einsamer Reiter und blickt ins Nirgendwo.

Er verharrt so stocksteif, die Eiseskälte zieht unaufhaltsam die Beine hoch. Sein treuer Mustang ist schon bretthart.

Auch der Präriehase ist grün gefroren und zarter Raureif bedeckt sein Haupt.

Er lässt sich nicht einsperren! Auch wenn seine Freiheit ein eisiger Hauch umweht.

"Komm endlich rein!" Der Krieger auf dem Mustang schreckt auf und vergisst dabei ein schönes Profil zu machen. Ein Hoppili stapft vorsichtig über den gefrorenen Boden.

"Drinnen im warmen Wigwam brutzelt das Pemmikan über dem elektrischen Lagerfeuer und alle Langohren haben sich in warme Bisondecken gehüllt." Das Hoppili ist nur widerwillig in die Kälte gezogen, um den einsamen Krieger heimzuholen, bevor er noch zum eisigen Kriegerdenkmal erstarrt.

"Ich bleibe!" raunzt der eiskalte Reiter. "Ich habe gesprochen!"

"Pöh! dann eben nicht," murmelt das Hoppili und macht auf dem Mokassin kehrt, bevor der noch mit einfriert.

Das lässt einen Krieger etwas sprachlos zurück. So einfach hätte sich Little Bear die Freiheit nicht vorgestellt. Er wollte doch dafür kämpfen…

Nun gut, dann verharrt er weiter in der Eisprärie und macht wieder ein schönes Profil.

Idee: SchneiderHein    Fotos: W.Hein

Der kleine Bär auf seinem Pferd kommt von den Hampton Bears aus Australien. Das Pferd ist vielleicht sogar noch der Dekobegeisterung meiner Mutter geschuldet – lang ist es her. Und das Hoppili ist eines der zahlreichen Hoppy VanderHare-Langohren, die mit ihren Kostümen vor einigen Jahren aus den Staaten hier eingezogen sind. Als 'Pocahoppy' gehört es zur Folklore der Gründungsväter-Truthahn Begeisterung des amerikanischen Unabhängigkeitstages. Bei uns ist es natürlich sofort dem Stamm der Langohren beigetreten.


Begrabt mein' Scherz an der Biegung des Flusses.

Natürlich ist 'Little Bear' eine kulturelle Aneignung als "Indianer" aus Australien. Ich sage bewusst 'Indianer' und eben nicht indigenes Mitglied der nordamerikanischen Stammeskultur.

Weil 'Little Bear' ein westliches Konstrukt, eine Erfindung mit inzwischen eigener jahrhundertalter Tradition ist. Und eben nicht das Spiegelbild der realen Erstbewohner des amerikanischen Kontinents. So wie der 'Indianer' als wiederentdeckter Inder immer schon ein Missverständnis und bequeme Vereinfachung für die Europäer gewesen ist. Diese wollten die reale Kulturvielfalt der über 800 Stämme und Volksgruppen sowieso nie verstehen. Es wäre dadurch für die  Handvoll "Weißer" in den riesigen Weiten Amerikas auch viel zu unübersichtlich geworden.

Das Vorbild für "Little Bear" ist der Präriebewohner, den wir als Kinder z. B. im "Wilden Westen" im Fernsehen und im Kino kennengelernt haben. Im "Western" und in den Karl May-Filmen wurde dafür eine Kultur benutzt, die sich längst schon unter dem Einfluss der vordringenden Europäer verändert und angepasst hatte. Ohne verwilderte Pferde aus Europa gäbe es keine Prärienomaden auf der Büffeljagd, die in Tipi-Siedlungen leben und gerne Gewehre nutzen, um Stammesfehden auszutragen. Weil sich alles gegenseitig beeinflusst und es keine reinen Paradise gibt.

'Little Bear' ist eine Aneignung und das ist gut so. Denn die Kultur der Aneignung ist Beginn des Interesses, des Verständnisses über Empathie. Wer nicht in seinem Reservat der eigenen Kultur hocken bleiben will, sollte sich die Art der Aneignung genauer anschauen. Was positiv und ehrlich inspiriert ist, mag zwar schief sein, aber ist auch das Fundament für eine gemeinsame Brücke. 

Wenn Winnetou kein guter Indianer gewesen wäre, gäbe es deutlich weniger Interesse an den indigenen Völkern. Wahrscheinlich gäbe es auch weniger Forschung und die inzwischen gewachsene Einsicht über das Fehlverhalten westlicher Kulturen. Da gehören auch die real existierenden Indianerstämme der DDR-Bürger als kleine Republikfluchten dazu. 

Ohne den Anstoß durch die  "falschen" Vorbilder hätte ich nie "Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses" von Dee Brown gelesen. Ich hätte so kein Gegenbild zu den Kavallerie-Heldentaten eines John Waynes bekommen. 

Inzwischen sollten wir wissen, dass jede Filmfigur, jede literarische Figur eine Fiktion, ein Bild und eine notwendige Vereinfachung ist, die einer Intention seines Erfinders folgt. Natürlich sind wir ständig und überall "geframt", weil nichts ohne Botschaft und Absicht in die Welt gesetzt wird. 

Was ich mir nicht aneignen darf, weckt auch keine Emotionen bei mir. Und damit wird es mir letztlich auch egal, ob es dann "woke" ist. Inzwischen klingt vieles wie eine bigotte, kleingeistige Rechthaberei, wenn sofort mit Rassismus, kultureller Aneignung und unzulässigen "Vermittlern" um sich geschlagen wird. Vieles artet schnell in einer Diskussion aus, wer wann was noch tun darf. Wobei der "alte weiße Mann" sich dort lieber ganz raushalten sollte. Wer nicht dazu gehört, weil er nicht betroffen sei, hat deshalb keine Ahnung und kann sich nicht einfühlen. Es bleibt ein Wettlauf der schweren Schicksale, die bitte nur einzeln gewürdigt werden wollen. 

Damit aber frage ich mich, ob ich jemals so ein Schicksal ermessen kann und ob ein Mitfühlen überhaupt noch möglich sei? Wenn mir doch der richtige Hintergrund fehlt und ich diese Verletzungen nie am eigenen Leib erfahren habe. Vielleicht muss ich dann ja draußen bleiben. Aber ich bin da eben auch ganz weit draußen. 

Dabei lebt Kultur vom "Aneignen", vom "Ausleihen" vom "Nachspielen" vom "Imitieren" vom "Schlüpfen in fremde Rollen", muss und darf bisweilen gekünstelt, unecht und übergriffig sein.

Das soll jetzt nicht mehr so sein – die Kunst imitiert nicht mehr das Leben. Sie muss stattdessen authentisch unterfüttert werden. Deshalb spielt kein deutsches Kind mehr Indianer (oder gar Winnetou) und darf inzwischen höchstens Hooligan oder Klimakleber sein. Deshalb übersetzt keine weiße Übersetzer*in das afroamerikanische Gedicht zur Amtseinführung eines alten weißen Mannes – sondern ein korrektes Gremium der Übersetzerinnen mit Migrationshintergrund. Deshalb schminkt sich kein Schauspieler mehr dunkler als Sonnenbankbraun. Künftig sollten "indigene" Rollen auch nur von indigenen Schauspielern besetzt werden, die dafür auch kein "Whitefacing" machen sollten. Othello gehört den Afroamerikanern und Hamlet und Romeo dafür den Skandinaviern und Italienern. Oder sollten die Frauenrollen bei Shakespeare weiterhin von zarten Jünglingen dargestellt werden, weil sie doch so geschrieben waren? Wir brauchen auch unbedingt wieder echte Kastraten für barocke Opern.

Ach ja, auch "Behinderte" werden künftig nur noch von Menschen mit Handicaps dargestellt. Da sollte sich Dustin Hoffman für seinen "Rain Man" mal ordentlich schämen und Robert de Niro für "Zeit des Erwachens". Denn es war ja nicht ihre Welt – sie konnten jederzeit wieder aussteigen. Was ist eigentlich mit sprachbegabten Seeelefanten, die sich von "Urmel aus dem Eis" döskrömönört fühlen?

Was machen wir nur mit der ganzen Kulturgeschichte, die unseren Rassismus der Vergangenheit widerspiegelt? Werke - auch geliebte Kinderbücher – in denen es von Negern, Zigeunern und Indianern wimmelt? In denen Rassisten auftreten und fluchen – manchmal sogar foltern? Neu schreiben, die schlimmen Stellen schwärzen oder gleich in den Giftschrank stellen, wenn nicht eine Nachfahr*in der Betroffenen dazu eine ausgiebige Gegendarstellung in einer Fußnote verfassen kann? Die dann aber auch bitte bei den 'Gute-Nacht-Geschichten' mit vorgelesen werden sollte. Gibt es dann noch Zeitzeugnisse der Vergangenheit, die allgemein zugänglich sind? Oder ist das eine ganz neue Form von "Doppelplusgut", weil der Big Brother of Wokeness unser innerer Zensor geworden ist?


All das macht unsere gemeinsame Welt kleiner, stummer und einsamer.


Sonntag, 4. Dezember 2022

Advent, Advent kein Lichtlein brennt

 


Sie hatten sich verlaufen. Eigentlich wollten sie zum Weihnachtsmarkt, zu Glühwein, Heißmacherwurst und gebrannten Mandeln. Alles, was wärmer ist als die gefühlte Eiseskälte. Und jetzt haben sie wenigstens ein Knusperhaus gefunden. Sie sind gerettet!

Hier ist die Küche kalt, das ist schon lange kein Hexenwerk mehr. Ihre Hoffnung auf heiße Waffeln, ofenwarmes Gebäck oder eine lauwarme Schokolade können sie wohl in der Pfeife rauchen. Damit hier irgendwas mal auf Temperatur kommt. Einsame Hütten sind es nicht ohne Grund. Fernab der Besucherströme ernährt so ein Knusperhaus keine Hagerhexe. Obwohl sie einem Hänsel sogar Haltungsform 4 anbieten würde.

Der Eisbär hat nichts dagegen, dass der Klimawandel Pause macht. Er hilft dafür gerne auf dem Weihnachtsmarkt aus und begleitet den Nikolaus. Nur ist der Weg dorthin immer etwas mühsam, wenn ein Polarbewohner nicht mit den Öffis reisen mag. Er steht nicht gern zwischen Kinderwagen und Fahrrädern.

Der Nikolaus muss sich ranhalten, seiner großer Tag naht mit Sieben-Meilen-Stiefeln. Die stellt hoffentlich keiner vor die Tür zum Befüllen. Doch genug der langen Worte, noch stecken sie mitten im Finsterwalde.

Bin weder lecker noch schön, kann unbegleitet nach Hause gehen. Die beiden Mäuse könnten einen Lift mit dem Bären bekommen. Doch sie gehen lieber zu Fuß. Der Weg ist noch weit und vielleicht braucht das Nikolaus-Reittier dann noch eine Wegzehrung.

Heute bleibt die Küche kalt. Das Knusperhaus ist eine einzige Enttäuschung. Das nächste Mal folgen sie den bunten Lichtern zum Weihnachtsmarkt. Bis dahin gibt es wenigstens für jede einen kalten Zimtstern im Körbchen.

Idee: SchneiderHein            Fotos & Text: W.Hein

Was immer mir durch den Kopf geschossen ist, ist hier Text geworden. Etwas wild und nicht immer zu logisch. Aber die Mäuse feiern hier nun mal den zweiten Advent – ohne dass ein Lichtlein brennt.


Sonntag, 27. November 2022

Sind so eisekalte Pfoten

 

Die Maus reibt sich die Pfoten. Die Patschehändchen an den Ofen zu legen, bringt seit einigen Tagen nichts. Der ist ausgefallen und jetzt noch kälter als ihre gefühlten Eisfinger. Wenn der Ofen aus ist, ist es auch im Wohnzimmer eisekalt, trotz Schal und Wollmütze. Da hilft auch ein einsames Adventslicht nicht wirklich.

Seit die Heizung ausgefallen ist, kampieren die Mäuse dick eingemummelt im Wohnzimmer auf dicken Kissen. Statt Glühwein, Punch und Bratapfel gibt es Christstollen, Trockenkeks und Kaffee, der in dünnen Porzellantassen leider viel zu schnell auskühlt.

Warum gibt es in der kalten Jahreszeit nur einen mickrigen Kranz? Zu Ostern könnten sie ein ordentliches Osterfeuer aufschichten oder auf einer Nordseeinsel nach Neujahr die Schrankwand verfeuern. Obwohl, ein offenes Feuer im Wohnzimmer? Wenn dann die Feuerwehr kommt, um den Zimmerbrand zu löschen, haben sie am nächsten Morgen einen Eiskeller mit lauter Eiszapfen.

Wenn es weiter so kalt bleibt, ist die stete Zufuhr von Vitaminen ja so wichtig. Hoffentlich reichen die Clementinen, bis endlich der Ofenbauer zur Reparatur kommt. Sonst hängt der Maus ein Tropfen an der Nase, bis er gefriert. So ein Schnodderzapfen ist nicht wirklich so ein Must-have für den Winter.

Nein, sie können nicht schon ein weiteres Licht anzünden, damit es wärmer wird. Auch bei Heizungsausfall - es bleibt der erste Advent! Und da müssen sie auf die nächste Flamme halt eine Woche warten. Und nach der ersten Kerze ist auch Schicht. Es werden nicht alle vier nacheinander abgebrannt.

Wenn das jetzt alles ist, was beim ersten Advent passiert… wenn so ein einsames Licht kaum wärmt… wenn sie eine Woche warten müssen, bis die Heizleistung sich verdoppelt… dann können sie auch alle gemeinsam ins Bett steigen und die Decke bis zur Zipfelmütze ziehen. Oder jemand repariert bis dahin die Heizung.

Idee: SchneiderHein    Fotos und Text: W.Hein