Luna Beronaskova blickt innig auf den verwunschenen Schwarzvogel. Sie hat ihn zusammen mit ihrer russischen Tracht aus einem Zollpaket gezogen und wüsste immer noch gern, wer entzaubert in dem knuddeligen Wasservogel steckt. Dann setzt unerwartet Musik mit einer langezogenen Bläsermelodie ein ... bald gefolgt von heftigen Geigenwolken und dramatischen Blechfanfaren. Die weiße Bärin schaut verwundert den Schwan an und blickt dann neugierig in die Runde. Was soll das jetzt bedeuten? Dann übernehmen die Holzbläser mit einer freundlich hüpfenden Melodie. Luna wippt im Takt. Und der Schwan nickt nach rechts und links mit dem Hals dazu.
Plötzlich schweben zwei Feen mit duftig schwingenden Röcken über das Parkett. Sie heben passend zur Musik mit leichten Schwung die Arme und stellen sich in Positur. "Geht's los?" wispert Sissi. "Psst, ja", wispert Clara zurück. Dann schreiten sie mit durchgestreckten Knien langsam auf Luna zu. Sie singen dabei: "Wiihiir haaben einen Plaaahaann!"
Der Beronaskova ist das ungewohnte Umschmeicheln nicht so ganz geheuer und zieht ihren gefiederten Freund dicht an sich. Die beiden guten Geister singen unbeirrt weiter: "Der schwaaarze Schwan ist veeerzauuubert uuunnd verwuuunschen und muhuuusssss weg. Schwaaahaarz briingt Uuunglüühhhüüüück." Eigentlich sollte man den beiden sagen, dass beim Tütühopsen nicht so viel geträllert wird.
Während die beiden duftigen Hopser im Rüttel-Mus der Musik weiter wechselseitig die Arme wedeln lassen, enscheidet das russische Mädchen: "Nichts da, der Flatterich bleibt." Da passt eine plötzliche Trompetenfanfare gut als Ausrufezeichen! Die beiden Tanzbärinnen halten einen Moment verdattert inne, dann beginnen sie wieder die Arme sanft zu wiegen und umgarnen dabei die prächtig geschmückte Petzelina mit dem eng umschlungenen Vogel.
Ein paar Takte später haben Clara und Sissi die widerstrebenden Luna doch überredet: "Keineee Ahaaanngst. Wir entzauhaubern ihn für diiiich..." Und schon sind die beiden Ballertrinen mit dem kleinen Schwan entschwunden. Luna bleibt zurück und zieht sich langsam aus dem Licht an die Seite zurück. Wie es jetzt wohl weitergeht?
Die Musik wird wieder fröhlicher und mit neuem Schwung hüpft sie von einem Triller zum nächsten. Da kommen zwei Langohren hervor und spähen aufgeregt nach rechts und links. Sie nicken einander zu und spähen noch einmal ausgiebig in die Runde. Und dann erblicken sie einen wunderschönen weißen Schwan.
Sie heben die Arme und beginnen den weißen Flaumtraum zu umkreisen. Die Hoppys hoppeln dabei anmutig auf spitzen Pfoten und ihre Tütüs wippen im Takt. Mit kleinen Trippelschrittchen nähern sie sich dem geduldig wartenden Vogel.
Ein Hoppelhase verbeugt sich langsam vor dem Vogel, der mit einem knappen Nicken den Gruß huldvoll erwidert. Die sanftschleifend schwingenden Kreise der beiden Löffeltänzerinnen haben die strahlende Hoheit der Teiche und Tümpel offensichtlich milde gestimmt.
Sie werfen die gestreckten Beine nach außen, machen eifrig dabei flicker-flacker und neigen sich dabei immer wieder dem weißen Vogel zu. Im leichten Paller-Döh wagen sich die beiden, oberprima Ballertrinen in kleinen, schnellen Sprüngen vor und weichen mit getrippelten Schritten spielerisch zurück.
Dann geben sich Vogel und Hase einander Köpfchen und schnäbeln ein wenig. Der lange Schwanenhals folgt Hoppys sanftem Wiegen im Walzertakt. Doch schon nähert sich das zweite Hoppy für ein paar quirlige Piru-Etten.
Das himmelhellblaue Langohr streckt das Bein nach hinten und schlägt dazu ein paar Kapriolen. Dann drehen sich alle mehr oder weniger einmal um die eigene Achse ... jetzt ein elegant eingestreuter Walzerschritt. Das ist doch jetzt wirklich ein weißer Tanz.
Die Mümmeleleven setzen das lang gestreckte Bein vor und zurück, die Fußspitzen klopfen dabei immer wieder auf den Boden. Sie menuetten gemeinsam mit dem großen Vogel über Tanzboden. Dabei sind sie so in die Musik versunken, sie bemerken gar nicht, dass eine hippelige Luna sie schon länger beobachtet.
Die weiße Bärin nähert sich langsam und vorsichtig dem großen Vogel. "Ist das mein entwunschener, schwarzer Schwan?" fragt das russische Mädchen zaghaft. "Der ist ganz schön gewachsen."
De beiden Hasen ziehen die Bärin weg. "Nein, nein, das ist nur ein weißer Vogel", versichert ihr ein Hoppy. "Der tanzt einfach nur gern", pflichtet ein Hoppy bei. Und er mag keine Aufregung, denn der Schwanenvogel verschwindet, als in einer kurzen Pause zwischen zwei Musikstücken sich von hinten eifrige Schritte mit quitschenden Sohlen über den Holzboden nähern.
Die guten Feen sind zurück. Ohne den schwarzen Flattermann aber mit einer guten Nachricht:"Warte, oh warte nur, wir haaaabeeen deineeeeen Priiihiinnzen." Clara zupft die Beronaskova am Arm, bevor sie dem weißen Schwan folgen kann.
"Das soll mein entzauberter Schwan sein ... ein rotes Fusseltier mit Propeller auf dem Kopf?" Luna kann es nicht fassen. Das Sputnik tritt verlegen von einem Bein auf das andere. Er ist doch auch ein Flugtier, das sich jetzt schon leicht im Takt zur schnaderhüpfenden Flötenmelodie wiegt.
"Ich hab' dir gleich gesagt, das klappt nicht." raunt Sissi ihrer Zweitfee zu. "Mehr Zeit hatten wir aber nicht," flüstert Clara zurück. "Doch schnell, unser Einsatz kommt." Sie heben die Pfoten und stellen sich wieder in Positur ...
"Das könnt ihr vergessen!" Luna stapft wütend davon. "Und ich will meinen schwarzen Vogel wieder." Sie dreht sich noch mal um, bevor sie grummelnd abgeht: "Und zwar genauso wie vorher!" "Und das Unglühhück?" "Da pfeif ich drauf!" Dann ist das russische Mädel weg.
"Kann ich jetzt gehen oder braucht ihr noch einen Prinzen?" Das Sputnik fühlt sich bei dem ganzen Gehoppel doch nicht so ganz wohl. Die Feepetzelinen und Hoppelhupfdohlen sehen sich an: Dann können sie wohl auch die Bühne räumen. Sie gehen ohne Verbeugung ab. Nur die Plinkermusik dudelt tapfer weiter, bis sie mit einem lauten Kracks abbricht.
"Einen Prinz? Ihr sucht einen Prinz?" Der winzige Mausekönig läuft eilig über die verlassene Bühne. Er wirft suchende Blicke, die aber niemand erwidert. Der gekrönte Nager versteht diese großen Ballettratten nicht. Da hätten sie ihn doch fragen können.
Fotos: W.Hein
Im alten Russland gab es schon lange Märchen über verwunschene Schwanenmädchen, die erlöst werden müssen. Das inspirierte Herrn Tschaikowski und seine Librettisten zum überaus bekannten Ballet 'Schwanensee', dem absoluten Traum für alle tütüseligen Ballettmäuschen. Hier findet Prinz Siegfried in einem verzauberten weißen Schwan seine große Liebe Odette. Der Zauberer Rotbart täuscht ihn darauf mit einem schwarzen Schwanenmädchen, dem der Prinz unglücklicherweise ewige Treue schwört. Statt seiner geliebten Odette, um diese zu erlösen. Seinen Irrtum erkennend sucht er das echte, narürlich weiße Schwanenmädchen und da hängt das Ende vom Blutdurst des Regisseurs ab: Beide werden glücklich (unblutig, gähn). Oder der Prinz stirbt. Oder das Schwanenmädchen (jeweils bisschen blutig). Oder gleich beide (voll blutig). Oder sie einigen sich auf eine fast gütliche Trennung von Tisch und Bett wie in unserem Fall.
Das russische Mädchen ist Luna von den Valdorf Bears. Die beiden guten Feen geben Clara von Claudis Charming-Bears und Sissi von Sylvia Reiter. Die eifrigen Karnickel im Tütü sind zwei Hoppy VanderHare von der North American Bear Company im eigenen Kostüm. Das stehengelassene Sputnik ist von keuns and bears. Der verspätete Mausekönig wurde von Deb Canham für seine fast tragende Rolle ausgestattet.
Der Bühnenaufbau war schnell gemacht. Einfach eine noch weihnachtliche Fenstergestaltung aus Silkes 'Dekogerümpel' ziehen und fertig ist der Winterwald aus Tannenmetallgestellen mit eingehängten Perlensternen. Nur das vanilleduftende Potpourri, das die Metallfüße umhüllte, ist in der Fensterbank geblieben. Dafür haben die Bären noch schnell einen grünen Glitzerhirsch aus einer anderen Dekoecke herbeigeschleppt.