Freitag, 27. Dezember 2019

Die Zukunft ist Rot-Weiß


Weiter geht's mit viel Produktplatzierungen (immer noch unbezahlt)

"Es geht um nichts weniger als die Zukunft von Weihnachten!" ruft begeistert der CEO (Chief Executive Officer) für PHP (Phenomenal High Potentials). "Wir sind heute schon bei Weihnachten 2.0 … mindestens!" Er liebt diesen Vortrag jedes Mal und wird nicht müde, ihn immer wieder neu zu verkünden. "Wenn wir fertig sind … wird es Weihnachten 4.0 sein!"

Gebannt folgen die beiden Weihnachtsmännern seinen Worten. Es sind niemals mehr als zwei. Größere Gruppen sind unaufmerksam, lenken sich ab und beginnen zu tuscheln. Und Einzelvorträge dauern zu lange. Dafür sind es zu viele Santas, die weltweit im Einsatz sind. Hier sind es Schottland – die auf ihre Unabhängigkeit bestehen und unbedingt die Nationalfarben Blau-Weiß behalten wollen – und der Geschenkebringer der Osterinseln, der die ganze Zeit mit seinem Smartphone simst.

Das geht schon in Ordnung, liegen auf dem Tisch neben den Cocktails doch Smartphone und Tablet. Es passt auch zur diesjährigen Festlosung "XMAS joy is loading". Und das ist erst der Anfang.

Nur in Ausnahmefällen, wenn es sich nicht vermeiden lässt, darf der Weihnachtsmann seinen Gehilfen mitbringen. Dafür gibt es neben den neuen essentiellen Weihnachtsbäumen sogar noch einen Besucherstuhl. Auf die neuen Bäume ist der CEO PHP besonders stolz - kein überfüssiges Grün, sondern nur das Licht und die reine Kegelform. Natürlich alles nur noch elektrisch mit Akku und mit Ökostrom nachladbar. Das Zertifikat kann bei Bedarf als PDF runter geladen werden.

Doch jetzt wird es Zeit den nächsten Redner vorzustellen. Es ist der CDO HSD (Chief Development Officer vom Holy Shit Department), der in diesem Jahr als dreidimensionales Hologramm zugeschaltet wird. Dann muss er sein Labor nicht für ein paar Minuten Redezeit verlassen … außerdem sieht das natürlich viel cooler aus, als wenn er durch die Tür stapfen würde.

"Hi Needles…" (So stolz die Drachen auf ihre Titel sind, sich nur mit dem Spitznamen lässig anzusprechen ist auch viel cooler) …zeig uns doch mal den letzten heißen Scheiß." Das plötzlich im Raum schwebende Hologramm beginnt zu sprechen: "Hi Blue, darum geht es. Das eigentliche Manko am Weihnachtsmannjob ist immer noch der Sack! Unhandlich, sperrig und schwer. Dabei ist er so etwas von gestern. Hier kommt die gute Nachricht: Wir schaffen ihn ab."

"Halt, halt Needles, das Beste wollen wir uns doch bis zum Schluss aufheben." Jack spitzt die Ohren, er lauscht schon länger an der Tür und will auch wissen, wie die Zukunft der Weihnacht aussieht. Das Hologramm lacht – schon ist der Sack verschwunden. "Na gut, beginnen wir mit etwas Leichtem."

"Gern Blue, wir kennen doch alle so ein Holztier auf Rädern. War gestern gut und schön – doch bei den heutigen Kids läuft das nicht …"

"Aber Needles, Holzspielzeug ist doch pädagogisch wertvoll." Mit gespieltem Entsetzen läuft der CEO PHP um den großen Tisch bis er wieder die volle Aufmerksamkeit aller Zuhörer hat. (Jacks inklusive …)

Nur der Hase von den Osterinseln tippt noch schnell eine SMS …

"Wir haben die Lösung: Eine Fernbedienung! Damit saust die Kuh um den Baum."

"Funktioniert natürlich auch mit einem Gamepad der meisten Konsolen …"

"Aber das ist doch alles schon Schnee von gestern. Coole Kids steuern die Kuh mit dem Tablet."

"Das ist doch fantastisch," jubelt der blaue Drache. "Wir machen die Altlasten wieder modern. Weihnachten muss mit der Zeit gehen, sonst sitzen die Omas und Opas demnächst allein unterm Baum. Und die Kids bleiben gleich im Zimmer beim Computergame."

Der Gehilfe stöhnt innerlich auf und rutscht unruhig auf dem Sitz herum. Der blaue Drache mag ja recht haben - alles wird neu. Aber irgendwie ist alles wie im letzten Jahr. Sogar die hochprozentigen Argumente stehen noch zur Sicherheit im Hintergrund bereit.

Hoffentlich ist der ganze Zauber bald vorbei, bevor sein Chef vollkommen eingelullt wird. Die einzige Chance ist, dass bei den Drachen immer alles zeitlich eng getaktet ist. Die nächsten Weihnachtsarbeiter warten unten schon im schwarz-weißen Vorraum.

Der Chef vom heiligen Scheiß kommt zum Höhepunkt seiner Präsentation. "Wenn wir schon ein Tablet haben, wozu brauchen wir noch die sperrige Kuh?"

Der CDO HDS kann sich das Grinsen kaum aus dem Gesicht wischen: "Wenn alle ein Smartphone, Tablet oder Computer haben, brauchen wir überhaupt keine Hardware mehr. Wir verschenken nur noch Programme und die schicken wir dann online. Und das, meine liebe Weihnachtsmänner, ist das Ende vom Sack. Weihnachten wird komplett digital – wir nennen es Weihnachten 4.0!"

Jack hat genug gehört. Er weiß jetzt, was er sich vom Weihnachtsmann im nächsten Jahr wünschen muss: 'Metal Gear Nonsense Ops', 'Grand Tourist GLX Special Forces' und 'Final Destination Extreme Pro'. Hoffentlich vergisst er nichts davon.

Wenig später sind Schottland und die Osterinseln entlassen. Dafür werden Luxemburg und Kanada nach oben geführt. Der Warteraum füllt sich schon wieder. Gerade hat Grönland Platz genommen.

Jack macht sich wieder auf den Heimweg. Er greift sofort wieder zum Comic-Heft. Im nächsten Jahr ist es sicher schon ein eBook, das schwarz wird, wenn dem Tablet der Saft ausgeht.

Unten an der Laderampe machen sich die kasachischen Drachen wieder bereit, die automatischen Pakettransporter neu zu beladen. Jetzt hätten sie doch fast Italien vergessen. Die bekommen die Geschenke erst am 6. Januar zu den heiligen drei Königen.

Sie wissen noch nicht, dass die ganze Station am Polarkreis gut für die Folklore ist. Eigentlich braucht eine Weihnacht 4.0 nur noch leistungsfähige Serverfarmen irgendwo auf der Welt. Aber sie können ja umschulen. Als Beratungszentrum für Videokonferenzen behalten die Drachen sicher das Gebäude.

Der blaue Weihnachtsmann muss sich erst einmal setzen, um das gerade Gehörte zu verdauen. Was macht er denn noch, wenn alle Geschenke digital verschickt werden? Nimmt er dann nur noch eine Video-Grußbotschaft für die sozialen Medien auf? Der Kollege von den Osterinseln schreibt dazu noch schnell eine Whatsapp.

Im Besprechungsraum haben schon die nächsten Kandidaten Platz genommen: "Es geht um die Zukunft von Weihnachten und es wird wunderbar…"

Fotos: W.Hein

Nach dem Fest ist vor dem Fest. Das gilt auch für diese Geschichte. Kurz nachdem im letzen Jahr "Bei allen Polen" veröffentlicht war, kam mir der Verdacht, dass diese Drachenweihnachtslogistik zwar schon viel moderner war als alle vorhergehenden Beschreibungen. Aber eigentlich arbeiteten die Drachen dabei immer noch wie ein klassisches Büro in den 60ern. Das geht doch sicher viel zeitgemäßer. Also entstand die Idee, die gleichen Situationen noch einmal neu zu zeigen. Fast alles findet so seine Spiegelung. Die Vorbereitungen haben dafür auch ein Jahr gedauert, bis alle Requisiten beschafft und gebaut worden waren. Am Ende war es wieder ein Zeitproblem, denn eigentlich hätte man die Story auch im Hochsommer inszenieren können – Weihnachtsfilme werden doch auch nicht am heiligen Abend gedreht ;-) Diese Station am Polarkreis arbeitet schon jetzt mit Kunstschnee. Aber im Sommer hätten noch einige Bausteine gefehlt und sei es die Inspiration durch das "Kevin-Problem" von Sven Göth. Er nutzt das Beispiel vom Weihnachtsmann, der seine Kunden, die Kevins nicht mehr versteht, um zu zeigen, wie sehr die neue Zeit unsere Gewohnheiten ändern wird. Vielen Dank dafür. Und für die Losung "XMAS joy is loading" von 'Lawkeeper', die ich bei Shutterstock gefunden habe.

Im Laufe des vergangenen Jahres entstanden immer wieder Skizzen zur Drachenweihnacht 4.0. Hier ist es das Sofa im Warteraum, das ursprünglich bei den Nerds stehen sollte. Da hatte ich noch nicht bedacht, dass die dicken Drachenschwänze dabei im Wege sind. Die Idee einer schwarz-weißen Szenerie war aber geboren.


Der moderne Fuhrpark der Drachen. Die Drohnen waren schnell gesetzt, die fahrenden Roboter boten sich an, nachdem futuristische LKWs, von denen die Drohnen starten konnten, wieder verworfen wurden. Komplett autonome Gefährte sind doch viel zukunftsträchtiger.

Eine Skizze vom Besprechungsraum mit futuristischen Kugelsesseln und einem Hologramm, das noch sichtbar im Raum steht. Die Trennung in zwei Bühnen war dann doch einfacher und die Platzverhältnisse im Puppenhaus wären für diese Ansicht viel zu eng gewesen.

Diese Zeichnung zeigt schon die unterschiedlichen Fernbedienungen in einem Bild. Der Monitor wird nicht gebraucht und inzwischen hat Needles einen deutlich längeren Auftritt.

Eine von vielen Übersichten, um den Überblick über die Ausstattung zu behalten, wenn alles noch in weißen Pappkartons verpackt ist. Dies sind Accessoires der Nerds in der hippen Coworking-Space-Lounge. Im Gegensatz zum klassischen Büro mit Schreibtisch, Drehstuhl und Aktenordner im Vorjahr.


2 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Guten Morgen liebe Silke, guten Morgen lieber Wolfgang,
und gleich im neuen Jahr ein DICKES DANKE SCHÖN für diese tolle Geschichte!
Ja, nach dem Fest ist vor dem Fest, das habe ich mir in diesem Jahr auch fest vorgenommen *lahc*
Die Geschichte ist himmlisch, ich bin total begeistert, auch von den tollen Skizzen!!!
Herzlichen Dank auch für den wieder so tollen Kalender, über den ich mich wieder SEHR GEFREUT habe!
Ich wünsche Euch eine schöne Restwoche, ich bin noch ein bischen im Urlaubsmodus, habe viel aufgeräumt und gemacht, jetzt geht es mit frischer Energie wieder ans Werk *schmunzel*
♥️ Allerliebste Grüße,Claudia ♥️
ೋღ Frohes Neues Jahr! ღೋ

heinwerken hat gesagt…

@ Claudia,
viele Nächte später, die leiben Grüße zurück.
Die Terminplanung mit vor dem Fest sollte ich noch mal neu überdenken. Es gibt so einige Themen, die Silke immer wieder ansetzt und die dann bei der Veröffentlichung zeitkritisch sind. Diese Posts dann selbst direkt 'im Augenblick' produzieren zu wollen, scheitert immer wieder am Aufwand. Und daran, dass manchmal der Abstand von 1-2 Tagen gut ist, um zu merken, dass es noch mal bessere Fotos geben könnte. Also spricht vieles für eine Vorproduktion. Wenn man dann noch feststellt, dass die Fernsehanstalten Weihnachtsfilme zu allen Jahreszeiten versenden – nur nicht zu Weihnachten, hat das Konzept sogar einige Vorteile. Denn gerade Weihnachten haben wohl die wenigsten Zeit, sich entspannt zurückzulehnen und in fremde Welten einzutauchen. Die Zugriffszahlen gerade zu den 'Hot Spots' der Feiertage sprechen da eine deutliche Sprache...