Mittwoch, 18. Dezember 2019

Ein Keinsitzer für Jack



Es ist ja so aufregend! Jack hält es kaum auf dem abgewetzten Ledersofa. Und das liegt nicht an der alten Wolldecke, die schon leicht nach Öl müffelt.

Der Mausejunge will zur kleinen weißen Maus, die schon stundenlang am weißen Renner werkelt. Jetzt hat sie sich hinter das Lenkrad geschwungen und reißt schwungvoll am Ganghebel oder Handbremse. Das muss sie erst noch rausfinden.

Die Rennmaus hat sich Hilfe von ein paar alten Mechanikern geholt, die den Zauselkopf unter die Motorhaube stecken und die Pfoten in die Ölwanne tauchen. Die weiße Maus will schließlich nur schnell fahren. Dafür muss sie doch nicht wissen, wie es funsioniert.

Jack rutscht unruhig auf der Decke hin und her. Er will nicht am Rand sitzen, sondern mitten ins Geschehen. Dort, wo die weiße Maus am Lenkrad schwungvoll dreht, bis die schwarzen Walzen über den Ziegelboden quietschen. Jack will unbedingt der Pilot sein.

Die beiden Mechaniker bereiten den nächsten Test vor. Sie holen den Handwagen mit der Starterbatterie und füllen Benzin in den Tank. Das es gleich laut wird und nach Benzin stinken wird, daran sind sie längst gewöhnt. Manchmal vergessen sie vor lauter Arbeit sogar, die Schiebetore aufzuschieben, damit die Abgase abziehen können. Das muss ihnen dann die weiße Maus zurufen. Und das sehr, sehr laut, weil das Gehör nicht mehr das Beste ist.

Jack hat es nicht mehr ausgehalten. Er bettelt jetzt direkt am Cockpit: "Ich darf dann auch mal." Erst hinter das Lenkrad und dann noch ein paar Runden auf dem Hof drehen. "Bitte! Bitte! Bitte! Ich hab' genau aufgepasst und mach' schon nichts kaputt."

Der Mausejunge greift den Batteriewagen und zieht ihn zu seinem Tretauto. "Ich kann dir zeigen, wie ich den starten kann. Und dann mach' ich das mit der weißen Riesenzigarre."

Die beiden alten Schrauber müssen grinsen. Sie kennen das Ganze schon auswendig. Seit sie für die weiße Maus den Rennwagen vorbereiten, ist der Mausejunge nicht aus der Werkstatt zu kriegen. Und jeden Tag versucht Jack mindestens einmal das Steuer zu übernehmen.

"Hier sind die Gurte," Jack zeigt, dass er sich auskennt. "Unten die Pedale…" Da muss er kräftig drauf drücken, bis Feuer aus allen Rohren faucht und die Reifen qualmen.

Halt, er hat noch 'was vergessen. Schnell sprintet der kleine Mäuserich wieder zum Sofa.

Er hat sogar einen Helm und eine Schutzbrille. Damit sieht er wie ein richtiger Pilot aus. "Bitte! Bitte! Bitte! Lass mich fahren."

Was soll das heißen? Das sei ein Einsitzer? Das weiß Jack doch auch. Deshalb sei kein Platz für Jack? Er will doch auch fahren … nicht nur beifahren. Wie bei seinem Tretauto – nur schneller.

Die kleine weiße Maus ist unerbittlich. Sie setzt den eigenen Helm auf, um Jack zu zeigen, wer gleich den wilden Rennwagen bändigen wird. Hier ist kein Platz für einen Zweitfahrer – Jack soll sich doch bitte eine andere Mitfahrgelegenheit suchen. … Pah! Wenn das so ist, kann der Junge Brille und Helm ja wieder in die Ecke pfeffern.

Er steigt in seinen eigenen Renner, der leider nur eine MS (Mausestärke) leistet. Wenn das alles so verfahren ist, muss er damit wieder die Runden über den Hof drehen. 

Die weiße Pilotin hat das Ganze schon längst wieder vergessen, als sie sich erneut hinter ins Cockpit schwingt. Beim letzten Test haben die Drosselklappen noch gerasselt, die Zündkerzen war verrußt, einige Zylinder hatten Aussetzer … kurz: der Motor klang noch nicht rund. Da müssen die beiden Schrauber noch mal ran. Sie will ja beim Rennen nicht wegen der Technik ausfallen. Es bleiben noch genug andere Gründe.

Jack tritt kräftig in die Pedale und zwingt den Wagen dabei in eine scharfe Kurve. Das ist jedes Mal dasselbe. Er macht nun eine Ausfahrt, lässt den Staub in der Werkstatt sich ein wenig legen. Wenn er mit seinem Treter beweisen kann, was für ein guter Einzelfahrer er ist – fast unfallfrei – dann darf er sicher auch bald an den richtigen Renner.


Foto: W.Hein

Trotz Zündkerzen und Zahnradkranz ist das nicht wirklich ein weihnachtliches Thema. Eher der Teil einer Antwort auf die Frage im Sommer, wozu immer neue Autos und andere Vehikel ins Haus kommen, wenn Mäuse und Bären so lange Pause machen. Sie bereiten sich auf neue rasende Abenteuer vor und wir durften ihnen dabei über die ölverschmierte Schulter blicken.

  

3 Kommentare:

Bernhard hat gesagt…

Das sind ja mal lustige Bilder. Eine richtig schöne Bildergeschichte

Übrigens:


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LG Bernhard

Anonym hat gesagt…

Auch wenn das Thema nicht ganz so weihnachtlich ist, diese gut ausgestattete Schrauberwerkstatt macht schon wieder gute Laune und viel Schmunzeln : Beim Betrachten der Bilder hat man gleichzeitig den Geruch von Öl und Benzin in der Nase und das Röhren der Motoren in den Ohren. Und im Neuen Jahr nimmt sicher auch Jack mal Platz in so einem heißen Einsitzer. Obwohl sein MS - Renner auch sehr cool ist !

Hallo ihr Lieben, vielen Dank für eure Kalender ! Sie sind heute angekommen und liegen schon unter dem Weihnachtsbaum : -) und Danke auch für Silkes Blog mit den vielen schönen Bildern und Gedanken. Wünsch euch von Herzen einen schönen 4. Advent und dann langsam Vorglühen auf ein fröhliches Weihnachtsfest ... liebe Grüße, Manu

heinwerken hat gesagt…

@Bernhard,
Schön das Dir die Geschichte im weiten Bloggerland aufgefallen und dann noch gefallen hat. Eine Werkstatt für Rennwagen ist ja auch ein bißchen ein Jungensding;-)

LG Wolfgang

@ Manu
Gut, dass die Kalender angekommen sind und immer noch Verwendung finden. Es stimmt, dass Silke mit ihrem Adventskalender auf dem 'SchneiderHein Basis'-Blog aktuell die größere Dichte an Beiträgen und Gedanken schafft. Der ständige Aufenthalt in schmutzigen Werkstätten mit all dem Lärm, Gestank und Dämpfen benebelt etwas die Sinne – da reicht es nur für eine schnelle Runde auf dem Hof ;-)

LG Wolfgang