"squiieeeerk" - Pause - "ssssquiiiiierk - krak"
Mit klagend lang-gezogenem Stöhnen schiebt sich das
schwarze Flügelbein über das Parkett. Und nach einer
kurzen Pause geht es weiter. "sssquiieerrchhh"
Am Ende des schweren Tasteninstruments drückt, presst und
ächzt eine kleine weiße Maus. Sie hat sich ganz fest vorgenommen,
eine 'Meisterklimperin am Flügelkasten' zu werden. Deshalb muss
der kleine Nager auch immer wieder eifrig üben. Das Klimpern am
Klavier selbst, das Ruckeln auf der Klavierbank, das Verbeugen vor
den begeisterten Klavierfreunden. Diese Schöngeister denkt sich die
Maus im Moment zwar noch aus, aber schon bald werden sicher
die echten Fans Schlange stehen. Komisch, überlegt eine kleine
Maus, dass Schlangen stehen, wo sie noch nicht einmal Beine haben.
Aber eigentlich denkt sie über diese Schlängeldinger nicht gern
nach. Denn die gefrässigen Ringelräuber sollen besonders gern
niedliche Nager verspeisen. Igitt! Und noch mal Igitt!
Für Freiluftkonzerte ist es inzwischen auf jeden Fall im Garten
viel zu kalt und unbeständig geworden. Zwar kann die kleine
Klimpermaus bei einem Platzregen sich schnell unter dem Flügel
unterstellen. Aber dem Holzkasten tut die Nässe sicher nicht gut.
Nach der schweren Klavierverschiebung kommt das
leichte Teil. Mit leisen schnellen Pfoten trippelt
die weiße Maus zurück und holt den Klavierhocker.
Den braucht jede Klavierspielerin, um beim Spielen
mit den Füßen an das Pedal 'extra-laut' zu kommen.
Der Klang fliegt natürlich viel besser durch den Raum,
wenn maus ein Konzert von der Anhöhe aus gibt.
Deswegen hat sie sich einen Klavierhügel gesucht,
von dem die Töne nur so runterperlen können. Sie hat
den Flügel bis an die Kante geschoben. Und wenn sie
auf ihr Instrument steigt, ist es auch ganz einfach,
den Mausehocker auf die Kissenkuppe zu wuchten.
Dann trägt sie den Klaviersitz in ihre Villa Hügel. Einen besseren
Platz für Hausmusik kann es doch nicht geben. Irgendsoein 'Elfinchen'
hat sie dafür schnell vor die Tür gesetzt und wenig später ist diese
Flügelschnepfe mit den anderen Puppen in den Osten abgereist.
Raff-Raff, Maries Langhals-Frottee-Tier, hat daraufhin eine leere
bunte Bärenhöhle entdeckt und kriegt seitdem den Po nicht
mehr raus. Mehr passt ja auch nicht rein. Die kleine Maus hat aber
sofort krakelt: "Die grüne Villa nehme ich!" Die Bären haben sich
zwar gewundert, aber hatten auch nichts dagegen. Was kann die
Maus in so einem kleinen Haus schon Großes anstellen?
Nun, Großes anstellen? Vielleicht. Großes einstellen? Auf jeden Fall!
Die kleine Klavierkünstlerin hat jetzt den kleinsten Konzertsaal der
Welt. Der Hocker steht schon. Sie muss jetzt nur noch den schwarzen
Flügel reinwuchten. Leider wartet der noch tief unten im Parkett-Tal ...
Da hat die weiße Maus aber Schwein oder besser Ferkel.
Denn der Nachbarjunge kommt gerade vorbei, als der kleine Nager
schon verzweifeln will. So ein Mauseklavier ist schon sauschwer.
Die Kleine ist überglücklich, wie schnell so ein
starkes Schwein ihren Flügel auf das Kissen hebt.
viel einfacher. Irgendjemand hat auch noch fiese grüne
Schnüre quer über den Weg gespannt. Hier verheddern
sich die Klavierbeine immer wieder. Zum Glück hat so ein
Musikkasten nur drei davon.
über das Hindernis. Auf diesem weichen Boden ist Rumrollen
die beste Art und Weise für einen guten Klaviertransport.
kleine Maus auch wirklich allein schafft, das
sperrige Tasteninstrument ins Haus zu kullern.
Denn eigentlich muss er weg, bevor das Konzert
beginnt. Er hört eben lieber schweren erdigen
Schweinerock mit saugeilen elektrischen Gitarren
als solche piepsige Klimperklassik.
Gleich ist es geschafft. Noch einmal muss der musikvernarrte
Nager das Klavier hochkant kippen - dann ist es endlich bei
der Stoffvilla angekommen. Noch ein Schubs ... blöd ist nur,
dass bei jedem Mal der Deckel aufspringt und drinnen diese
Drahtdinger entsetzt scheppern und erschreckt aufjammern,
wenn der Flügel wieder abrollt und hilflos wie ein Käfer mit
den Beinen nach oben liegen bleibt.
Als sie ihr Musikhaus für Hausmusik entdeckt hat, erschien
der kleinen Maus die Tür noch riesig. Jetzt passt das schwarze
Musikmonstrum kaum rein. Dazu kommt noch diese nervige
Schwelle, über die sie alles heben muss. Es ist eben ein
beschwerlicher Weg zur Kunst.
Die letzte Ecke muss auch ins Haus. Das ist jetzt
schon ganz schön voll. Aber so kurz vor dem Ziel
wird eine echte Klavinistin - oder wie das heißt -
doch nicht aufgeben.
Das kleine Nagetier presst sich mit Mühe auf den Hocker.
Vielleicht ist der kleinste Konzertsaal der Welt doch etwas
zu klein für eine große Künstlerin mit einem noch größeren
Klavier. Doch für weitere Hausplanungen ist jetzt keine Zeit.
Schließlich muss eine Maus spielen, um eine überall gefeierte
Großmeisterin des Tastendrückens zu werden. Bis jetzt hat
sie immer den Flohwalzer vorgeführt. Als Anna ihr irgendwelche
Fingerübungen von schon toten Kompostisten zeigen wollte, hat
die Mausespielerin nur naseweis angemerkt: "Etühden ermüden!"
Sie will gleich etwas Größeres spielen. Eine Elefantenpolka oder
eine Nilpferdsumpfonie. Und wenn sie die erfinden muss! Damit
es gleich gewaltig wird, versucht sie, so viele Tasten wie es nur
geht auf einmal zu drücken. Den Fuß hat sie natürlich auf dem
'extra-laut'-Pedal. Und wer sie bisher Piepsmaus genannt hat, hat
noch nicht ihre Stimme gehört, die durchdringend schrill fast
eine Melodie trifft.
"Das ist ja schrecklich! Schrecklich laut und schrecklich schief!"
Die kleine Bärin hält sich die Ohren zu. Nelleke hat ja gar nicht
geahnt, was sie angerichtet hat, als sie vor ein paar Wochen ihrer
kleinen Mausefreundin einen Klavierhocker geschenkt hat.
So lange die Maus im Garten geübt hat, konnte eine kleine Bärin
sie noch besser überhören. Da hat der Wind auch die Wirkung
des 'extra-laut'-Pedals weggeweht. Der ständige Flohwalzer war
schon etwas anstrengend, aber jetzt hat ihre kleine Freundin
wohl wilde Hottentottenmusik entdeckt.
"Tür zu!" ruft Nelleke und knallt sicherheitshalber die Tür
gleich selbst zu. Sonst macht es am Ende keiner und der
Mauselärm würde ungedämmt weiter die Kissenanhöhe
runterperlen.
Zufrieden reibt sch die kleine Bärin die Pfoten, als sie
davon stapft. So hört sich das Ganze schon viel besser an.
Weil man viel weniger hört.
Wenn sie die Unterarme nimmt, kann sie noch viel mehr Tasten auf
einmal drücken. Schade, dass so ein Klavier keine Pauken hat. Aber
die haben im Musikhaus auch keinen Platz. Es gibt für einen großen
Klang ja so viel zu bedenken. Wie klingt denn so ein Platschen,
wenn die Nilpferde im Fluss umherspringen und dann mit voller
Wucht aufs Wasser klatschen. Padumm! Padusch! ist da doch viel
zu zart. Sie braucht auch noch viele furiose Schlussakkorde, wenn
die wilde Elefantenherde ans Wasserloch stürmt. Wenn sie dazu
singt, ist das sicher schon keine Sumpfonie mehr sondern gleich
eine ganze Oper. Es gibt auf jeden Fall noch so viel zu bedenken,
dass die große Klangerfinderin und Musikzauberin noch nicht
einmal gemerkt hat, dass sie inzwischen hinter verschlossener Tür
den großen Flusspferd-Aufstand probt.