Mittwoch, 31. Dezember 2014

Saus und Braus


Und hier beginnt ein neues Abenteuer:

Marie hält etwas enttäuscht die rote Schnur in der Hand. So richtig schnell wird es damit nicht werden. Auch Larissa hat keine Idee, wie sie ohne Dreirad eine ordentliche Sausgeschwindigkeit erreichen wollen.

Auf dem Winter-Karussell warten Schwarzfuß, Q, Marieles Hase und ein Nachbarjunge, dass es endlich ordentlich rundgeht. Begeistert sind sie in die Sitze geklettert, als die Bärenmädchen verkündet haben, zum Jahreswechsel eine große Sause starten zu wollen. Wenn denn schon ein Kettenkarussell mitten im Garten wartet.

Doch sie haben übersehen, dass es im Winter schnell dämmert und Marie dann ohne Licht kein Dreirad fahren sollte. Ihr Schutzengel am Lenker hat schließlich keine Nachtsichtbrille und das El-Eh-Deh-Tagfahrlicht wird noch am Rattenrenner benötigt. 'Tagfahrlicht' hat der Rennpraktikant extra betont, als die Mädchen gefragt haben. So können sie das Karussell nur im Handbetrieb beschleunigen, wenn sie vorher das rote Band um die Karussellmitte aufwickeln und dann wieder abziehen. Das Drehding dreht sich dann ein paar Mal hin und mit genügend Schwung auch wieder zurück. Doch das ganze Hin und Her mit den vielen Richtungswechseln lässt auch den empfindlichen Magen des Nachbarjungen hüpfen, der inzwischen schon über Flugübelkeit klagt.

Marie wüsste gern, wohin sich Nelleke verdrückt hat, und sie ist mit den lahmen Umdrehungen allein gelassen hat. Wenn sie bald nicht wiederkommt, wird der Nachbarjunge sich bald mit grünem Gesicht in die Büsche schlagen. Und die beiden Schlappohren warten immer noch sehnsüchtig darauf, dass ihre Löffel vom Fahrtwind nach hinten gezogen werden. Stattdessen schaukeln sie gerade nur träge im Takt der Kettensitze.

Endlich kommt Nelleke zurück und hat eine zündende Idee: Sie stellen das Fahrgeschäft auf Düsentrieb um.

Dafür hat sie richtige Raketen mitgebracht. Die großen Jungs horten davon eine riesige Menge für die Sylvesterknallerei heute um Mitternacht auf der Straße. Im Moment sammeln sie noch Altglas im Haushalt für die Abschussrampen im großen Weltraumflughafen B-Ä-R. Hoffentlich bleiben sie dabei nicht in der Planung stecken. Da stört es ja wohl keinen großen Geist, wenn sich die Mützenbärin gerade mal vier Saushilfen ausleiht.

"Heh, nicht so wackeln, Marie." Wie soll Nelleke die Raketen an den Karussellecken mit dem widerspenstigen Draht befestigen, wenn die rote Fusselbärin nicht stillhält? Das Dach dreht sich sowieso schon die ganze Zeit und diese Bärenleiter ist auch nur so schnell hingeräubert.

So, das ist endlich der letzte Treibsatz am Baldachin. Nelleke hat alle Raketen bewusst mit der Spitze etwas nach unten gerichtet. Der Rückstoß soll ja nicht den Streifenstoff entflammen. Und abheben soll das Karussell auch nicht. Da ist es sicher besser, wenn die Ecken gleich mehr Anpressdruck bekommen.

"Und ihr seid sicher, dass das so richtig ist?" Der Nachbarjunge denkt an seinen empfindlichen Magen, der sowieso schon angegriffen ist. 

"Klar doch!" Nelleke zückt das lange Kaminfeuerzeug und beginnt zügig die Raketen zu zünden. Am Besten starten alle gleichzeitig, damit es eine gleichmä8ige Beschleunigung gibt. Marie, Larissa, RaffRaff und die kleine Maus halten dabei schon einen respektvollen Sicherheitsabstand ein.

Doch als alle vier Raketenmotoren plötzlich los fauchen – die Lunten sind abgebrannt – kommt ihnen der viel zu klein vor. Im Laufschritt vergrößern sie die Enfernung zum Flammenrad und eine Nelleke stürmt lachend hinterher. Das wird ein Riesenspaß.

Wenig später saust und braust es wie geplant. Mit einem kräftigen Strahl treibt jede der Raketen die kleinen Karussellfahrer im Kreis herum. Schneller und schneller flitzen die Sitze auf der Kreisbahn und die juchzenden Flieger werden immer höher nach außen getrieben.

Genauso hat Nelleke sich das vorgestellt – es gibt doch nichts Schöneres, als wenn ein Plan funktioniert. Die anderen Bären sind beeindruckt, so schnell war noch nicht einmal Maries Dreirad.

Als die Kleinen immer höher im Kreis fliegen, wird es ihnen doch etwas unheimlich. Könnte nicht jemand die Fahrt etwas langsamer machen? Doch – upps – eine Bremse haben die klugen Bärenmädchen nicht vorgesehen. Bis jetzt war die Kreiselei ja immer nur viel zu langsam gewesen ...

"Ich glaube, da läuft etwas nicht rund," wendet sich Marie an die Expertin für wahnsinnige Fluggeschwindigkeiten. Doch, doch, die kleinen Sesselflieger beschreiben eine perfekte Kreisbahn, die sich immer höher schraubt. Aber auch Nelleke wird etwas mulmig. Der Plan funktioniert wohl viel zu gut.

Doch was sollen sie machen? Wie sollen sie sich der feuerspuckenden Höllenmaschine nähern, ohne mit voller Wucht von den sauschnellen Sesseln erwischt zu werden? Die Hasenpfoten, Schweinsfüße und Paarhufer darin bekommen inzwischen ein echtes Astronautentraining in einer Zentrifuhre – was ist denn das? – na, ein superschnell kreiselnder Fliehkraft-Drehdingsbums.

Immer wilder brausen ein langmutiges Rindvieh, ein ängstliches Ferkel und zwei fest in ihren Sitz gepresste Fluglöffelträger durch die Nacht. Die Raketen rackeln inzwischen heftig in ihren hastigen Verankerungen und werden immer widerwilliger in die enge Kreisbahn gezwungen.

Nein, da können die Bärenmädchen wirklich nicht mehr selber helfen. Aber sie haben eine Idee: Sie schicken einen vollautomatischen Roboter-Rettungstrupp, der sich langsam sirrend zum flammenspeienden Drehwurm aufmacht. Die Roboterhelfer wissen hoffentlich, was zu tun ist, wenn sie bei den heftig umhergeschleuderten Sesselflugpassagieren endlich ankommen.

Doch plötzlich gerät die Zentrifuhre vollkommen aus den Fugen. Der Standteller beginnt bedrohlich abzuheben, wenn die Schubkraft der Raketen inzwischen das ganze Karussell über die Betonplatten tanzen lässt.

Wenig später hat es den Rettungstrupp selbst dahingerafft. Wer hilft jetzt den Helfern? Nur ein Inspektionsroboter versucht noch viel zu bedächtig dem wild um sich schlagenden Karussellfuß zu entkommen. 

Dann ist die ganze Karussellei zum Glück ganz schnell vorbei. Einige Raketen versuchen sich in den Boden zu bohren, während andere sich losgerissen haben und ziellos durch den Garten zischen. Die beiden Schlappohren und der Nachbarjungen sind mit dem Schrecken davongekommen und suchen sofort das Heil in der Flucht.

Zurück bleiben ein verknicktes Gestell, zerrissener Markisenstoff, die erste ausgebrannte Raketenstufe, umhergeworfene Sitze, rettungslos verlorene Retter und eine einsame Ferkelkappe.

Larissa rettet Q aus dem Grünzeug. Als das gescheckte Tier aus dem Kettensessel geschleudert wurde, ist es zum Glück im Dickicht weich gelandet. Die kleine Bärin ist froh, dass ihrem Liebling nichts Schlimmeres zugestoßen ist. Demnächst wird sie sich zweimal überlegen, ob sie sich auf den nächsten verwegenen Nelleke-Plan einlassen wird.

"Leckomio! Das gibt sicher Ärger." Marie zittert noch am ganzen Körper und auch Nelleke hat ihre Kappe in den Nacken geschoben. "Nicht, wenn wir alles wieder ordentlich hinstellen und die Raketen verschwinden lassen. So halt, dass Anna nichts merkt." Aber wie wollen sie dieses ganze Chaos bloß wieder aufräumen?


Fotos: W.Hein

Das Karussellabenteuer ist eigentlich auch schon wieder ein Jahr alt. Am 31.12.2013 wurde es noch "schnell" im Bild festgehalten. Aber bei den ganzen Aufregungen und dem vielen Feuerzauber wäre die Geschichte in den paar Stunden bis zum Neujahr niemals rechtzeitig fertig geworden. Denn all die spektakulären Flammen und Explosionen werden erst später am Computer dazugebaut. Sonst wäre es für die kleinen Fusselpelze viel zu brandgefährlich. Auch so ist es schon ein Riesenabenteuer gewesen für Nelleke, die weiße Maus und Marie auf der Suche nach dem richtigen Karussellmotor. Im entscheidenden Moment hat sicher geholfen, dass im Supermarkt des Vertrauens ein günstiges Raketenangebot gemacht wurde und einige Wochen zuvor in einer Fernsehsendung von "Nicht nachmachen" gezeigt wurde, wie man eine Wäschespinne im Garten auf rasante Touren bringt. Die kleinen Bärinnen sind alles Rica-Bären, Schwarzfuß ein Hase von Eva Tietz, Marieles Hase eine "Beigabe"von Christiane Kaufmann. Die kleine weiße Maus kennt Deb Canham. RaffRaff hat seinen Namen vom Kindermund geliehen und der Nachbarjunge und Q tragen sogar einen Knopf im Ohr.


In der Deko verschollen



"Hab ich es doch geahnt!" Santa's Elf hält sich zufrieden den knuffigen Stoff-Tarnstern vor die Brust. Sie sitzen jetzt seit einigen Tagen in der gut geheizten Stube und keiner hat bisher was dagegen gehabt. "Geahnt und natürlich auch gesagt!" bekräftigt der Schellenbär sein Glück. Die Schnoile kann nur nicken, auch die Versorgung mit Katzenfutter ist zwischen diesen Kunstbäumen deutlich besser als draußen im echten Grün.

Rudi, die Geweihmaus, wundert sich ein wenig über diese fast stummen Gestalten, die sich hinter die behaglichen Schurwolltannen ducken und immer nur leise fluchen, wenn diese nachts schwanken und klappern, weil die Großgestalt sich humpelhüpfend im Funzellicht der Lichterketten zur Katzenfutterbar schleichen will. Die kleinere Gestalt versucht dabei, die Glocken an den Schnabelschuhen mit den Pfoten festzuhalten, damit sie bei jedem Schritt nur noch dumpf klackern und nicht silberhell klingen.

Da muss Rudi die beiden wohl mal aufklären, dass es im Haus sowieso mit den Jahren immer unübersichtlicher wird, wer hier nun wuseln, humpeln oder pesen darf. Erst recht, wenn alle Ecken zu Weihnachten noch mit viel zusätzlichem DekoGerümpel aufgestopft werden. Unzählige Engel, Mäuse, Schwarzröcke, Schneemänner, Pinguine und andere Steh-im-Wege rotten sich dann zu mehrwöchigen Festdemos zusammen. Halten dabei Kerzen, Harfen, Posaunen und Sternstäbe in die Luft, um mehr Dauer-Besinnlichkeit zu fordern. Wer da gebeugten Hauptes durchschleicht, fällt viel mehr auf, als wenn er einfach normal herumstolziert. "Wenn das so ist, hole ich mir einen Zimtstern!" Santa's Elf will das Einfach-Laufen gleich ausprobieren. Denn dieses ganze In-Ecken-Verstecken und Hinter-Holzfichten-Hocken macht ganz schön hungrig. Er blinzelt der Schnoile zu: "Und soll ich dir auch einen Snack mitbringen?" Vielleicht gibt es für Miez und Eule an der Futterbar – passend zu den Feiertagen – noch Trockenfutter als festliche Stern-, Tannen- oder Herz-Knusperstücke.


Fotos: W.Hein

Schnoile ist ein philippinisches Hansa Toy, Santa's Elf hat einen glänzenden Knopf im Ohr, Rudi bekam sein Geweih in der Forest-Blue-Factory und Schneeweißchen ist eine weiße Bärin von unserem ersten Besuch in Detmold bei den Rica-Bären.


Drehwurm


Wer sich über diese Bilder aus dem Garten wundert ... nicht weiter wundern! Diese Geschichte kommt eigentlich von Ende September 2011 und hat bis jetzt in irgendwelchen Archiven geschlummert. Doch jetzt wird sie als Vorlauf gebraucht. Und deshalb eine extra extra lange Bilderstrecke mit viel Sonnenschein:

 "Dieser Dummbatz!" Die kleine Mia könnte sich jedes Mal grün und blau ärgern, dass sie diesen Schellennarren überhaupt bei den sonst so unsichtbaren Waldbären aufgenommen haben. Denn wenn es einen kleinen Dickichtbewohner gibt, der einfach immer nur un-heimlich ist, dann ist es dieser ständig klimpernde, laut rufende, unschuldig lärmende Waldbär mit rotem Signalstern am grünen Spitzhut.

 Kaum hatte er das bunte Kettenkarussell auf der Betonfläche entdeckt, ist er einfach losgelaufen, hat sich um die aufgeregt umher wuselnden Bärenmädchen nicht gekümmert und schlängelt sich da einfach durch, bis er glücklich auf einem Kettensitz Platz genommen hat. Die vier Petzelinen haben auch nur bemerkt, dass alle Sitzplätze inzwischen besetzt sind, was gut ist, denn sie haben jetzt wichtigere Fragen zu klären.

 Die kleinen Karussellfahrer sausen schön im Kreis, wenn Nelleke hingeht, einen der Kettensitze greift und ihn ordentlich Schwung gibt, damit alle Passagiere herumwirbeln.

 Aber nach zwei bis drei Runden werden die vier kleinen Kreisflieger schon deutlich langsamer und nach vier weiteren Umkreisungen schaukeln sie eigentlich nur noch träge auf der Stelle. Dann muss Nelleke wieder eine Sitzkette greifen, und der winzige Sitzbesetzer sich besonders gut festhalten, wenn die Bärin neuen Schwung holt.

 Zu viel Schwung darf Nelleke dem Karussell aber auch nicht geben. Denn dann beginnt das ganze Drehding gefährlich zu schwanken, droht zu kippen und alle kleinen Mitfahrer können sich kaum noch halten. Dabei kommen aber auch nur zwei weitere Kreisbahnen heraus. Das lohnt die Gefahr nicht.

 Wenn die Mützenbärin außen die ganze Zeit mitläuft, ist die Kreiselfahrt deutlich ruhiger. Aber nach wenigen Runden auch schon wieder viel langsamer, weil der Karussellmotor irgendwann außer Atem ist. Da ist Nelleke dann doch wieder für den altbekannten Schwungantrieb.

 Die Bärenmütter werden immer aufgeregter, wenn ihre Kleinen immer so ruckartig beschleunigt werden. Ständig im Kreis laufen wollen Lisa und Larissa auch nicht. Aber wenn alle Mitfahrer ständig von den Sitzen rutschen und besonders Kaninchen kaum noch Halt bei den wilden Schwüngen hat, dann muss der Karussellmotor doch aufpassen und darf es nicht übertreiben.

 Immer wieder stürmt Lisa zum Kaninchensitz und setzt das kleine Schlappohr wieder aufrecht hin. Dann ermahnt die aufgeregte Bärenmutter ihren Liebling, sich dieses Mal auch gut festzuhalten.

Der Kreiselantrieb ist genervt. Die Fusselmütter sind so übervorsichtig: Da dürfen den Kuscheltieren keine Flusen gekrümmt werden und immer wieder wird die Karussellfahrt unterbrochen, um nachzusehen, ob auch wirklich immer noch alles in Ordnung ist. Aber selbst mal ein paar Runden anschubsen – das will auch niemand übernehmen. Die kleine weiße Maus hat die Lösung. "Duuh willst das ganze Riesenteil in Schwung bringen?" fragt überrascht die Mützenbärin. "Nein, nein, aber ich mache den Sicherheitschef."

 Schon springt der kleine Nager auf Kaninchens Sitz und umklammert fest die Kette: "So habe ich das Schlappohr immer im Blick!" Das beruhigt die ängstliche Frotteetier-Übermutter, denn bei jeder Umdrehung verliert sie ihren Liebling für eine halbe Runde aus den Augen.

 Sie könnte ja auch mitlaufen, wie es eine übermütige RaffRaff gerade tut. Maries Freundin ist schon zu groß für das Karussellfahren. Auf jeden Fall hätte sich ihr langer Hals in den Ketten verheddert. Und so muss sich Marie auch keine Sorgen machen, wie Larrissa, denn deren Q fliegt ja mit. Eine Mariele ist dagegen vollkommen sorglos, denn sie sitzt noch im Haus und hat überhaupt noch nicht bemerkt, dass sich ihr Hase davon gestohlen hat und jetzt begeistert jede Runde mitmacht. Er liebt besonders die wilde Beschleunigung zu Beginn, wenn die Sitze nicht einfach nur gerade runterhängen, sondern immer weiter nach außen getrieben werden. Wenn Nelleke immer wieder versucht, so viel Kraft in den Schwung reinzulegen, dass die ganze 'Schose' gerade noch nicht kippt. 

RaffRaff weiß doch sicher, dass sie immer schön mit Sicherheitsabstand außen rum laufen muss. Sonst kann es ihr der kleine weiße Sicherheitschef noch einmal sagen. Marie hat jetzt keine Zeit mehr, stattdessen eine Idee und muss dafür nur kurz weg: "Ich bin gleich wieder da und dann wird das Dauerkarusseldrehen viel geschwindiger."
  
 Nelleke ist froh, dass sie endlich jemand unterstützt, damit kleine Kettenkarusseller glücklicher werden. Sie hat sich inzwischen einen Stecken gesucht und versucht, mit dem langen Holzstock nun immer wieder in das Stangengewirr in die Mitte der Kreiselmaschine zu stochern. Um dann alles mit Hebelwirkung seitwärts zu drehbewegen. Es ist aber voll schwierig, den Holzstab dabei rechtzeitig herauszuziehen, am nächsten Sitz vorbei zu zielen und dann wieder die senkrechten Karussellstäbe im richtigen Winkel zu treffen.

 Aus der Ferne können die kleinen Waldbären es immer noch nicht fassen, dass ein kleiner Schellenbär sich die ganze Zeit im Kreis schubsen lässt. Dem muss doch inzwischen total schwindelig und speiübel sein ...

 "Die müssen ihn doch sehen." Die klein Mia kann es nicht glauben. Da sitzt der kleine Waldbär die ganze Zeit unter den großen Bären, den Langohren, Kühen, Mäusen und was auch immer. Und es scheint keinen zu kümmern. Dabei sind Waldbären doch immer solche Heimlichbären, damit sie den Großen nicht auffallen.

Noch müht sich Nelleke mit dem langen Stecken den richtigen Ablauf von reinstecken, hebeln und rausziehen zu finden. Wenn sie flucht, hat die ganze Fahrt schon wieder gehakt. Und auch wenn es glatt läuft, wird es nicht sehr schnell. Da kann der kleine Hase auch auf dem Sitz herumturnen, um zu sehen, wer denn sonst so mitfährt. Er winkt dem Bären mit dem Spitzhut begeistert zu, der ein wenig unsicher zurücklächelt. Eigentlich würde der Sternträger gern breit grinsen. Aber wenn jetzt jemand heimlich aus den dichten Grünflächen guckt, wäre das wohl nicht richtig.

 Nelleke gibt den Stockantrieb wieder auf. Diese stockende Drehung entspannt zwar die Bärenmütter, die längst abseits in der Sonne selig ratschen. Aber die meiste Zeit zuckeln die Sitze nun so ruckelig vor sich hin, dass sich die kleinen Karussellfahrer schon langweilen und der Sicherheitschef total unterfordert ist.

"Squuiiiik!" Scharf bremst Marie, als sie wieder zurückkommt. Sie hat ihr Dreirad genommen, damit es schneller geht. Stolz streckt sie ihren erfundenen Karussellturbo Nelleke entgegen: Mit dem roten Seil können sie sicher ordentlich Umdrehungen machen.
  
 Schnell knotet die kleine Mützenträgerin ein Ende um die senkrechten Stangen in der Mitte des Drehdings. Das wird ein toller Antrieb.

 Die beiden Mütter sind noch viel zu sehr ins Gespräch vertieft, wie man Kuscheltiere richtig erzieht, ob man ihnen alles durchgehen lassen darf und wann sie anfangen, zu sprechen. "Also wir verstehen uns auch ohne Worte." So merken sie gar nicht, dass Nelleke und Marie fieberhaft daran arbeiten, die ganze Sache endlich richtig in Schwung zu bringen. Damit der Nervenkitzel auch mal wieder mitfährt.

 "So, das hält!" Marie muss das Dach festhalten, damit Nelleke den Knoten richtig zuziehen kann. Jetzt muss die Schürzenträgerin das ganze Karussell langsam rückwärts drehen, während ihre Freundin das rote Band um die Mittelachse aufwickelt. Und dabei aufpasst, dass das Seil immer hübsch sauber läuft, sich nicht verquetscht oder gar verknotet.

 Dann ist der neue Antrieb startbereit. Nelleke kann sich entspannt hinsetzen und muss nur stetig am Seil ziehen. Damit es sich abwickeln kann, dreht sich nun das ganze Kettenrundsauseding fast wie von allein.

 Immer schneller wird die Flugbahn der kleinen Passagiere, die langsam in einen Geschwindigkeitsrausch kommen. Der kleine grüne Spitzhut hätte ja nie gedacht, dass es bei den großen Bären so aufregend sein kann, immer nur im Kreis zu fahren – nein besser – zu fliegen!

Doch so richtig rund läuft es immer noch nicht. Wenn das Seil komplett wieder abgewickelt ist, wickelt es sich wieder auf, und wenn Nelleke dann wieder zieht, dreht sich das Karussell plötzlich rückwärts. Das ganze Hin und Her geht auch nur ein paar Mal. Jedes Mal sind es weniger Umdrehungen und am Ende hat die kleine Bärin das ganze Seil in der Pfote und das blöde Drehbums macht keinen Mucks mehr. "Ich hab da noch eine bessere Idee," rollt Marie mit ihrem Dreirad heran.

Die Düsebärin wird mit ihrem Dreirad das Seil nehmen und damit das Karussell antreiben. Um so schneller sie fährt, um so schneller drehen sich die Kreiselpassagiere mit. Sie hat ja einen Schutzengel am Rad, der kann auf das Karussell mit aufpassen. Oh, oh, der kleine Engel spitzt die Lippen. So eine Teufelsfahrerin ist schon aufregend genug. Aber für alle Fälle ist doch ein Sicherheitschef an Bord der Drehsause.

Vorsichtig begibt sich die Gartenpilotin auf die erste Runde. Sie muss eine saubere Kreisbahn halten, damit sie das Karussell nicht umwirft. Und muss RaffRaff aus dem Weg scheuchen, sonst bleibt das Seil schon in den ersten Rundläufen am langen Hals der Frotteegiraffe hängen. "Alle gut festhalten, es geht los."

 "Schneller, schneller!" feuert Nelleke schon bald die Dreiradfahrerin an. Und die tut ihr gern den Gefallen. Der beste Karusselldauermotor saust außen mit maximaler Wetzgeschwindigkeit um den Kettendreh, und juchzend drehen sich Langohren und Kühe mit. Sowie ein kleiner Waldbär, der sich das breite Grinsen längst nicht mehr verkneifen kann.

 So pest Marie noch eine ganze Weile mit Höchstgeschwindigkeit um das Karussell. Bis alle müde sind. Eigentlich bis die Bärenmütter beschlossen haben, dass ihre Kuscheltiere müde sind und ins Bett müssen. Mit halber Besatzung haben auch die anderen keine Lust mehr. Der beste Karusselfusselantrieb kann dann auch Pause machen und mit Nelleke zum Haus düsen. Die kleine weiße Maus und RaffRaff kommen natürlich mit. So ist ein Kettenkarussel mitten auf der Betonfläche ruckizucki verwaist.

 Ganz allein geblieben ist das Drehvergnügen nicht. Der kleine Waldbär ist einfach dageblieben. Und auch das ist niemandem aufgefallen. Außer natürlich der kleinen Mia und Tobi, die sich endlich aus dem Dickicht wagen.

 "Wie kannst du nur!" schimpft die kleine Bärin. "Es macht doch so einen Spaß." Das ist doch kein Grund! Vielleicht doch, denn auch Tobi blickt versonnen auf die sanft schaukelnden Sitze. Man könnte doch eine Runde oder zwei ... wenn es keiner sieht ...

 Der kleine Spitzhutträger hat aufgepasst. Jeder Platz muss besetzt sein. Also verschwindet er im grünen Dickicht und taucht mit einem stacheligen Karussellmitfahrer auf. Der hat sich vor Schreck sofort zu einer Kugel eingerollt.

 Der kleine Bär wuchtet die Piekskugel auf den freien Platz. Hoffentlich rollt sie nicht gleich wieder runter, wenn die wilde Fahrt beginnt.

 Es fehlt noch was. Der grüne Spitzhut hat etwas übersehen. Alle sitzen auf ihren Plätzen, aber es rührt sich nichts. "Natürlich, der Motor fehlt," entfährt es der kleinen Mia. Müssen sie jetzt etwa die Riesenbären mit dem Dreirad wieder zurück holen? Das geht doch nicht. Sie reden nie mit den Großen!

 Die Waldbären sind ratlos. Das bisschen Geschaukel ist offensichtlich nur der halbe Spaß. Wenn nicht nur eine Viertelfreude oder sogar noch weniger. Sie diskutieren das jetzt heftig und für heimliche Waldbären ziemlich laut. Das nutzt ein unfreiwilliger Passagier aus, der sich unbemerkt vom schaukelnden Sitz verabschiedet.

 "Und wenn ich euch jetzt anschiebe," schlägt der Schellenträger mit dem grünen Spitzhut vor. "Ich habe das Rundgesause ja schon erlebt." "Das wäre ein Anfang," gibt widerwillig die kleine Mia zu. Es ist wirklich nur ein Anfang, denn einen kräftigen Wums wie Nelleke hat so ein Waldbär nicht. "Und wenn ich mitlaufe und euch ziehe?" Dann drehen sich endlich die Kettensitze im Kreis. Aber irgendwie ist es immer noch ziemlich langweilig ...

Die kleinen Bären sind immer noch dabei, herauszufinden, wie so ein Drehwurm rund läuft oder wenigstens geht ... so merkt keiner, wie ein Stacheltier stiften geht: "Ich bin dann mal weg."


Fotos: W.Hein

Vor drei Jahren gab es noch Geschichten, die – ohne Werbeunterbrechung – mehr als dreißig Bilder brauchen, um zum Ende zu kommen. Mit der Konsequenz, dass sie dafür ganz lange auf Halde liegen. Auch wenn das wichtigste Requisit ein fantastisches Bärenkarussell ist, wie in diesem Fall. Meine Schwiegermutter, die irgendwann eingesehen hat, dass ihre Großkinder immer nur Petze bleiben werden, hat in einem Antiquitätengeschäft in Bad Harzburg dieses Kettenkarussell gefunden. Ein kompletter Eigenbau mit Kugellager und Dach aus Kleiderbügeln mit Markisenstoff ist in den 60ern wahrscheinlich für eine eifrige Puppenmutti in Garage oder Keller entstanden. Und wartete jetzt im Harzer Laden auf einen neuen Einsatz in unserem Garten. Hier ist er nun, damit die – auch schon ein Jahr verspätete – Sylvestergeschichte den richtigen Vorlauf bekommt.