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Samstag, 26. Oktober 2019

Die Windbeutel



Der Hase Rübe hat sich etwas dicker eingepackt. Es ist im Schatten schon empfindlich kalt.

Auch Konradin hat das wollene Wams wieder aus dem Schrank gezerrt.

Der Bär schaut in die Tiefe des Gartens. Da scheint sich ja nicht viel getan zu haben. Da könnte er lieber zurück ins Haus gehen und sich dort eine Tasse mit dampfender Schokolade schnorren.

Rübe muss allein den Garten erkunden. So entdeckt er auch als Erster die Äpfel auf den Strohballen.

Das die hier zufällig hingefallen sind, mag er nicht glauben.

Aber wenn hase die Äpfel anschneidet, sind es doch nur Holzäpfel. Sie sehen gut aus, halten fast ewig und lassen sich einfach umher tragen.

Nur gegen Magenknurren helfen diese Äpfel nicht. Im Einzelhandel findet man solche Quasiäpfel eher die grüne Variante von Großmutter Schmidt.

Plötzlich zupft jemand Rübe am Ärmel. Er hatte doch fast vergessen, dass er sich mit Lina im Garten verabredet hatte.

Die kleine Häsin ist offensichtlich auf einen Sonnentag eingestellt und muss jetzt von Sonnenflecken zu Sonnenflecken hüpfen, um nicht zu bibbern. Aber sie schiebt Kohldampf – nur bitte ohne diesen bitteren Kohl – und hat deshalb den großen Drahtkorb für die Ernte mitgebracht.

"Schau mal die leckeren Pilze," ruft die Häsin. "Die leuchten so rot wie Erdbeeren. Gibt es süße Pilze?" Sie beginnt sofort die roten Erdlinge einzusammeln.

"Halt! Nein! Nicht!" So schnell kann Rübe die Kleine gar nicht stoppen. "Die sind giftig!" Lina zieht einen Flunsch. "Ich soll die nicht pflücken?"

"Auf gar keinen Fall," Der Hase nimmt die Kleine zur Seite. "Das sind Fliegenpilze und das ist eine Warnfarbe: Nicht essen!" Lina staunt: "Eine Warnfarbe? Wovor warnen dann die Erdbeeren?" Die sind doch trotz 'Achtung ROT' extrem lecker? Oder tun die nur so gefährlich, damit sie nicht alle aufgegessen werden?

Dann soll Lina doch lieber die Äpfel einsammeln. Vielleicht kann man die noch weich kochen. Oder zu Apfelwolle verarbeiten.

"Und was machen wir jetzt?" Lina ist immer noch hungrig und diese Äpfel kann zwar man sammeln, aber roh beißt sich da auch ein Hase die Zähne aus. Rübe muss jetzt schnell etwas finden, was die weiße Häsin ablenkt.

Juhu! Er entdeckt die alte Windmühle, die noch in den Beeten steht.

Die ist so alt, dass kein Wind die Flügel noch drehen kann. Zum Glück hat sie eine Schwungspindel, die auf Zug alles in Bewegung bringt. Lina zieht kräftig am Seil und Rübe muss die Mühle dabei festhalten, ohne von den immer schneller rotierenden Flügeln getroffen zu werden. Die kleine Häsin muss die Schnur immer rechtzeitig loslassen, damit der Schwung das Seil wieder aufwickeln kann. Kein Hase weiß, wozu die ganze Flügelei gut sein soll – diese Mühle mahlt nichts. Aber sie beschäftigt die Kleine, die dabei sogar ihren Hunger vergisst.

Doch plötzlich ist Schluss: "Huck ihr Bleichgesichter seid des Todes!" Oder wenigstens des Pümpels! Denn Der-mit-dem-Hasen-maust kennt kein Erbarmen, auch wenn sich Die-mit-Lotte-lottert sich nur wundern kann, warum sie schon wieder auf diesem Kriechpfad sind.

Lina schlüpft schnell hinter Rübe. Sie ist wohl besonders bleich. Der ist immer noch verwirrt: "Äh wir sammeln nur die Früchte des Gartens … sind doch ganz harmlos … und wussten nicht … sind das eure Holzfrüchte … ?

"Holzfrüchte?" Was interessieren ein Langohr diese festen Äpfel. Wenn sein Pümpelpfeil sein Ziel findet, dann doch nicht in Obst! "Wir machen die Bleichgesichter noch bleicher. Das war so, ist so und wird auch so bleiben." Er denkt kurz nach: "Huck! Huck! Huck! Ich habe gesprochen." Lotte kann da nur den Kopf schütteln.

"Sieh doch mal genau hin," Die haben doch auch lange Ohren. Der-mit-dem-Hasen-maust ist noch lange nicht überzeugt. "Nur ein gepümpeltes Bleichgesicht ist ein gutes Bleichgesicht!" "Und wenn es nur helle Lagohren sind?" gibt seine Begleiterin zu bedenken.

Jetzt muss es schnell gehen: Rübe hat eine Idee. In der Hosentasche hat er noch ein buntes Band. Lina muss ihm helfen …

Mit dem Band bindet er sich schnell seine Ohren hoch und steckt sich eine Feder unter das Stirnband.

"Siehst du, er ist einer von uns," die Langohr-Häsin ist froh, dass bis jetzt noch kein Pfeil geflogen ist.

"Gut, dann kommt mit zu unseren Feuern." Hasenmaus winkt die beiden Neulinge ins Dickicht. "Wir werden ein Pau-Wau abhalten und die Friedenspfeife kreisen lassen. Rübe schluckt, er hatte gehofft, dass auch die Langohren unter die Nichtraucher gegangen sind. Jetzt wird er sich wohl vor dem Tipi in der Raucherecke einfinden müssen. Er wird noch lernen müssen, dass man bei den Langohren genau zuhören muss. Der-mit-dem Hasen-maust hat voller Absicht nur vom Kreisen gesprochen. Sonst würde er selbst nur noch husten und sich die tränenden Augen reiben. Außerdem mit verräuchertem Wams kann sich ein Langohr nur noch gegen den Wind anpirschen.
 
Endlich sind alle weg und ein Stacheltier hat den Garten wieder für sich allein.


Fotos W.Hein

Die meisten Langohren stammen aus der Werkstatt von Petra Valdorf. Nur Hasenmaus ist ein Hase von Bell Bears Design. Die Äpfel, die Pilze, die Strohballen, der Drahtkorb und die Windmühle stammen aus dem Fundus der Bärenhöhle Mahnke und sind in den letzten Wochen der Auflösung aufgetaucht und in unsere Ausstattung gewechselt.

  

Montag, 19. Januar 2015

Rehreiten



Das springlebendige Langohr unternimmt noch einen Versuch. Das Reiten auf Kufen hat sich nur als eine ewige Schaukelei auf der Stelle erwiesen. Doch ein kleines Rehkitz hat Sir Hopsalot davon berichtet, dass es auch so ein Reiten auf richtigen Hufen geben soll.

Schneeweisschen hat sich auch gleich bereit erklärt, es dem ungeduldigen Hasen vorzuführen. Es ist ganz einfach, wenn der Hase erst einmal aufgestiegen ist.

So, das ist geschafft und war auch gar nicht so schwer im Vergleich zu diesen Wackelpferden. Sir Hopsalot sitzt auf dem Rehrücken und beginnt sich eifrig umzusehen. Er kann es kaum erwarten, schnell wie der Wind davonzufliegen. Darunter würde er es nicht machen, denn sonst könnte er auch Selbsthüpfer bleiben. 

"Und jetzt?" beugt sich der Hase zum Rehkitz. "Jetzt laufe ich los." Schneeweisschen bereut es schon längst, den Hibbelhasen überhaupt eingeladen zu haben. Dabei ist es doch so einfach: Draufsetzen, warten und ankommen. Wenn das Reittier das dann mal in Ruhe machen könnte. "Und was mache ich?" Der Hase guckt immer noch etwas ratlos. "Nichts," seufzt das Reh. "Die ganze Zeit?"

Die Geweihmaus wundert sich. Wer hätte je gesehen, dass ein Hase hoch auf einem Reh thront? Zumal wenn beide vollkommen unmusikalisch sind? In Bremen hocken die Tiere bunt gewürfelt übereinander, aber die sind ja auch eine richtige Band, die fabelhaften Vier. Doch hier sind sie nur ein Duo, das noch nicht einmal zusammen rappen kann: Das Langohr zetert vollkommen taktlos, die Paarhuferin brummelt nur leis' vor sich hin. Das klingt nicht besonders gut. Die Maus stupst das eingerollte Stacheltier immer wieder an, damit es auch mal bestätigt, dass das nicht mal Musik für Katzen ist. Doch die Kugel muckt nur und hat keine Lust, ein spitzes Näschen herauszustrecken.

Gemächlich trottet das kleine Kitz durch den Kunstwald. So winterlich es auch aussehen mag, dieser Test findet in der behaglichen Stube statt, und hier kommt ein Reh mit Muff, Pelzschabracke und Wollmütze bei vorschnellen Bewegungen schnell ins Schwitzen. Da kann Sir Hopsalot noch so aufgeregt auf und ab hüpfen. Mindestens dreimal schneller als die Schrittfolge des Reittiers, aber es wird ... und wird ... und wird ... nicht schneller.

Der ungeduldige Reiter hat eine Idee. Wenn er jetzt eine drängende Hetzhaltung einnimmt, dann weiß doch jedes Reittier, dass es jetzt eiliger werden muss. Also beugt er sich nach vorn und zieht das Knie hoch. Dazu ruft er atemlos "Hüh!" und "Hott!" und manchmal auch "Hottehüh!"

Schneeweisschen beißt die ganze Zeit auf die Zähne und bemüht sich, sich nichts anmerken zu lassen. Aber so hat sie sich das überhaupt vorgestellt. Da reicht man dem Hasen den kleinen Trab und der nimmt gleich den ganzen gestreckten Galopp. Aber nicht mit ihr, ruhig setzt das entnervte Kitz Huf vor Huf. Da saust plötzlich blitzeschnelle eine Maus vorbei.

"Oho, hast du das gesehen? Das nenne ich Sausgeschwindigkeit!" Sir Hopsalot zeigt begeistert auf die Maus. "So geschwind müsste Reiten auch mal sein." Doch seine genervte Hasenträgerin bleibt jetzt sogar auch noch stehen. Das Kitz ist doch kein fremdgesteuertes Hascherl, das sich auf Kommando herum scheuchen lässt. 

"Los, los, ihr nach," hibbelt der Hase. "Sie ist schon auf und davon." Er knufft das Reh in die Seite, das erschreckt einen Satz vorwärts macht. Dann beginnt es wieder missmutig vorwärts zu trotten.

Sir Hopsalot sieht genau hin, wie die Jungricke die Beine schneller schwingen lässt. Die heftige Schnuckenschnute sieht er dagegen nicht. Es wird ja schon geschwinder, ist aber immer noch nicht mit dem Raumgewinn vergleichbar, den ein kräftiger Hase mit ein oder zwei kräftigen Hüpfern erreichen könnte. "Ist das alles? Das ist ja eine Fortbewegung für Langweiler und Saumselige." Wenn es überhaupt schon eine 'Bewegung' ist?

Da kommt die Maus sogar schon wieder zurück und beginnt sogar Spiralen um die Reiter und Reh zu drehen.

"Ist das nun Rehreiten?" Der Hase möchte sicher gehen, dass er das volle Programm kennt, bevor es sich entscheidet, ob es gegenüber dem wilden Springen überhaupt Vorteile hat. "Ich denke schon," brummelt das geschundene Kitz. "Dann ist es kein Wunder, dass sich Rehe nie durchgesetzt haben." Da haben sie wahrscheinlich auch Glück gehabt, wenn es inzwischen nach Schneeweisschen geht.

Die Rollermaus schüttelt nur kurz den Kopf, bevor sie die nächste Runde dreht. Da springt ein Hase wieder wie ein wilder Flummi durch den Raum, und ein Reh stöckelt grummelnd in die andere Richtung. Dabei hätten sie ihre komische Rackelei doch nur auf Rollen stellen sollen. Die Zukunft gehört sicher rasant rasenden Rehen auf Rädern!


Idee: S.Schneider    Fotos & Text: W.Hein

Da so ein Rehreiten doch eher nur ein gemütliches Dahinstöckeln ist, haben wir ein wenig Zeit für das Personal: Sir Hopsalot und Rudi kommen von der Forest-Blue-Factory. Die Babymaus saust als Furry Critter durch das Bild. Schneeweisschen ist ein Kitz aus der Teddy-Manufaktur. Der kleine Hase mit den Knickohren stammt von den Nugget-Bears. Und das Stacheltier von D'Lyell-Bears hat sich wieder zur Kugel eingerollt.


Mittwoch, 31. Dezember 2014

Drehwurm


Wer sich über diese Bilder aus dem Garten wundert ... nicht weiter wundern! Diese Geschichte kommt eigentlich von Ende September 2011 und hat bis jetzt in irgendwelchen Archiven geschlummert. Doch jetzt wird sie als Vorlauf gebraucht. Und deshalb eine extra extra lange Bilderstrecke mit viel Sonnenschein:

 "Dieser Dummbatz!" Die kleine Mia könnte sich jedes Mal grün und blau ärgern, dass sie diesen Schellennarren überhaupt bei den sonst so unsichtbaren Waldbären aufgenommen haben. Denn wenn es einen kleinen Dickichtbewohner gibt, der einfach immer nur un-heimlich ist, dann ist es dieser ständig klimpernde, laut rufende, unschuldig lärmende Waldbär mit rotem Signalstern am grünen Spitzhut.

 Kaum hatte er das bunte Kettenkarussell auf der Betonfläche entdeckt, ist er einfach losgelaufen, hat sich um die aufgeregt umher wuselnden Bärenmädchen nicht gekümmert und schlängelt sich da einfach durch, bis er glücklich auf einem Kettensitz Platz genommen hat. Die vier Petzelinen haben auch nur bemerkt, dass alle Sitzplätze inzwischen besetzt sind, was gut ist, denn sie haben jetzt wichtigere Fragen zu klären.

 Die kleinen Karussellfahrer sausen schön im Kreis, wenn Nelleke hingeht, einen der Kettensitze greift und ihn ordentlich Schwung gibt, damit alle Passagiere herumwirbeln.

 Aber nach zwei bis drei Runden werden die vier kleinen Kreisflieger schon deutlich langsamer und nach vier weiteren Umkreisungen schaukeln sie eigentlich nur noch träge auf der Stelle. Dann muss Nelleke wieder eine Sitzkette greifen, und der winzige Sitzbesetzer sich besonders gut festhalten, wenn die Bärin neuen Schwung holt.

 Zu viel Schwung darf Nelleke dem Karussell aber auch nicht geben. Denn dann beginnt das ganze Drehding gefährlich zu schwanken, droht zu kippen und alle kleinen Mitfahrer können sich kaum noch halten. Dabei kommen aber auch nur zwei weitere Kreisbahnen heraus. Das lohnt die Gefahr nicht.

 Wenn die Mützenbärin außen die ganze Zeit mitläuft, ist die Kreiselfahrt deutlich ruhiger. Aber nach wenigen Runden auch schon wieder viel langsamer, weil der Karussellmotor irgendwann außer Atem ist. Da ist Nelleke dann doch wieder für den altbekannten Schwungantrieb.

 Die Bärenmütter werden immer aufgeregter, wenn ihre Kleinen immer so ruckartig beschleunigt werden. Ständig im Kreis laufen wollen Lisa und Larissa auch nicht. Aber wenn alle Mitfahrer ständig von den Sitzen rutschen und besonders Kaninchen kaum noch Halt bei den wilden Schwüngen hat, dann muss der Karussellmotor doch aufpassen und darf es nicht übertreiben.

 Immer wieder stürmt Lisa zum Kaninchensitz und setzt das kleine Schlappohr wieder aufrecht hin. Dann ermahnt die aufgeregte Bärenmutter ihren Liebling, sich dieses Mal auch gut festzuhalten.

Der Kreiselantrieb ist genervt. Die Fusselmütter sind so übervorsichtig: Da dürfen den Kuscheltieren keine Flusen gekrümmt werden und immer wieder wird die Karussellfahrt unterbrochen, um nachzusehen, ob auch wirklich immer noch alles in Ordnung ist. Aber selbst mal ein paar Runden anschubsen – das will auch niemand übernehmen. Die kleine weiße Maus hat die Lösung. "Duuh willst das ganze Riesenteil in Schwung bringen?" fragt überrascht die Mützenbärin. "Nein, nein, aber ich mache den Sicherheitschef."

 Schon springt der kleine Nager auf Kaninchens Sitz und umklammert fest die Kette: "So habe ich das Schlappohr immer im Blick!" Das beruhigt die ängstliche Frotteetier-Übermutter, denn bei jeder Umdrehung verliert sie ihren Liebling für eine halbe Runde aus den Augen.

 Sie könnte ja auch mitlaufen, wie es eine übermütige RaffRaff gerade tut. Maries Freundin ist schon zu groß für das Karussellfahren. Auf jeden Fall hätte sich ihr langer Hals in den Ketten verheddert. Und so muss sich Marie auch keine Sorgen machen, wie Larrissa, denn deren Q fliegt ja mit. Eine Mariele ist dagegen vollkommen sorglos, denn sie sitzt noch im Haus und hat überhaupt noch nicht bemerkt, dass sich ihr Hase davon gestohlen hat und jetzt begeistert jede Runde mitmacht. Er liebt besonders die wilde Beschleunigung zu Beginn, wenn die Sitze nicht einfach nur gerade runterhängen, sondern immer weiter nach außen getrieben werden. Wenn Nelleke immer wieder versucht, so viel Kraft in den Schwung reinzulegen, dass die ganze 'Schose' gerade noch nicht kippt. 

RaffRaff weiß doch sicher, dass sie immer schön mit Sicherheitsabstand außen rum laufen muss. Sonst kann es ihr der kleine weiße Sicherheitschef noch einmal sagen. Marie hat jetzt keine Zeit mehr, stattdessen eine Idee und muss dafür nur kurz weg: "Ich bin gleich wieder da und dann wird das Dauerkarusseldrehen viel geschwindiger."
  
 Nelleke ist froh, dass sie endlich jemand unterstützt, damit kleine Kettenkarusseller glücklicher werden. Sie hat sich inzwischen einen Stecken gesucht und versucht, mit dem langen Holzstock nun immer wieder in das Stangengewirr in die Mitte der Kreiselmaschine zu stochern. Um dann alles mit Hebelwirkung seitwärts zu drehbewegen. Es ist aber voll schwierig, den Holzstab dabei rechtzeitig herauszuziehen, am nächsten Sitz vorbei zu zielen und dann wieder die senkrechten Karussellstäbe im richtigen Winkel zu treffen.

 Aus der Ferne können die kleinen Waldbären es immer noch nicht fassen, dass ein kleiner Schellenbär sich die ganze Zeit im Kreis schubsen lässt. Dem muss doch inzwischen total schwindelig und speiübel sein ...

 "Die müssen ihn doch sehen." Die klein Mia kann es nicht glauben. Da sitzt der kleine Waldbär die ganze Zeit unter den großen Bären, den Langohren, Kühen, Mäusen und was auch immer. Und es scheint keinen zu kümmern. Dabei sind Waldbären doch immer solche Heimlichbären, damit sie den Großen nicht auffallen.

Noch müht sich Nelleke mit dem langen Stecken den richtigen Ablauf von reinstecken, hebeln und rausziehen zu finden. Wenn sie flucht, hat die ganze Fahrt schon wieder gehakt. Und auch wenn es glatt läuft, wird es nicht sehr schnell. Da kann der kleine Hase auch auf dem Sitz herumturnen, um zu sehen, wer denn sonst so mitfährt. Er winkt dem Bären mit dem Spitzhut begeistert zu, der ein wenig unsicher zurücklächelt. Eigentlich würde der Sternträger gern breit grinsen. Aber wenn jetzt jemand heimlich aus den dichten Grünflächen guckt, wäre das wohl nicht richtig.

 Nelleke gibt den Stockantrieb wieder auf. Diese stockende Drehung entspannt zwar die Bärenmütter, die längst abseits in der Sonne selig ratschen. Aber die meiste Zeit zuckeln die Sitze nun so ruckelig vor sich hin, dass sich die kleinen Karussellfahrer schon langweilen und der Sicherheitschef total unterfordert ist.

"Squuiiiik!" Scharf bremst Marie, als sie wieder zurückkommt. Sie hat ihr Dreirad genommen, damit es schneller geht. Stolz streckt sie ihren erfundenen Karussellturbo Nelleke entgegen: Mit dem roten Seil können sie sicher ordentlich Umdrehungen machen.
  
 Schnell knotet die kleine Mützenträgerin ein Ende um die senkrechten Stangen in der Mitte des Drehdings. Das wird ein toller Antrieb.

 Die beiden Mütter sind noch viel zu sehr ins Gespräch vertieft, wie man Kuscheltiere richtig erzieht, ob man ihnen alles durchgehen lassen darf und wann sie anfangen, zu sprechen. "Also wir verstehen uns auch ohne Worte." So merken sie gar nicht, dass Nelleke und Marie fieberhaft daran arbeiten, die ganze Sache endlich richtig in Schwung zu bringen. Damit der Nervenkitzel auch mal wieder mitfährt.

 "So, das hält!" Marie muss das Dach festhalten, damit Nelleke den Knoten richtig zuziehen kann. Jetzt muss die Schürzenträgerin das ganze Karussell langsam rückwärts drehen, während ihre Freundin das rote Band um die Mittelachse aufwickelt. Und dabei aufpasst, dass das Seil immer hübsch sauber läuft, sich nicht verquetscht oder gar verknotet.

 Dann ist der neue Antrieb startbereit. Nelleke kann sich entspannt hinsetzen und muss nur stetig am Seil ziehen. Damit es sich abwickeln kann, dreht sich nun das ganze Kettenrundsauseding fast wie von allein.

 Immer schneller wird die Flugbahn der kleinen Passagiere, die langsam in einen Geschwindigkeitsrausch kommen. Der kleine grüne Spitzhut hätte ja nie gedacht, dass es bei den großen Bären so aufregend sein kann, immer nur im Kreis zu fahren – nein besser – zu fliegen!

Doch so richtig rund läuft es immer noch nicht. Wenn das Seil komplett wieder abgewickelt ist, wickelt es sich wieder auf, und wenn Nelleke dann wieder zieht, dreht sich das Karussell plötzlich rückwärts. Das ganze Hin und Her geht auch nur ein paar Mal. Jedes Mal sind es weniger Umdrehungen und am Ende hat die kleine Bärin das ganze Seil in der Pfote und das blöde Drehbums macht keinen Mucks mehr. "Ich hab da noch eine bessere Idee," rollt Marie mit ihrem Dreirad heran.

Die Düsebärin wird mit ihrem Dreirad das Seil nehmen und damit das Karussell antreiben. Um so schneller sie fährt, um so schneller drehen sich die Kreiselpassagiere mit. Sie hat ja einen Schutzengel am Rad, der kann auf das Karussell mit aufpassen. Oh, oh, der kleine Engel spitzt die Lippen. So eine Teufelsfahrerin ist schon aufregend genug. Aber für alle Fälle ist doch ein Sicherheitschef an Bord der Drehsause.

Vorsichtig begibt sich die Gartenpilotin auf die erste Runde. Sie muss eine saubere Kreisbahn halten, damit sie das Karussell nicht umwirft. Und muss RaffRaff aus dem Weg scheuchen, sonst bleibt das Seil schon in den ersten Rundläufen am langen Hals der Frotteegiraffe hängen. "Alle gut festhalten, es geht los."

 "Schneller, schneller!" feuert Nelleke schon bald die Dreiradfahrerin an. Und die tut ihr gern den Gefallen. Der beste Karusselldauermotor saust außen mit maximaler Wetzgeschwindigkeit um den Kettendreh, und juchzend drehen sich Langohren und Kühe mit. Sowie ein kleiner Waldbär, der sich das breite Grinsen längst nicht mehr verkneifen kann.

 So pest Marie noch eine ganze Weile mit Höchstgeschwindigkeit um das Karussell. Bis alle müde sind. Eigentlich bis die Bärenmütter beschlossen haben, dass ihre Kuscheltiere müde sind und ins Bett müssen. Mit halber Besatzung haben auch die anderen keine Lust mehr. Der beste Karusselfusselantrieb kann dann auch Pause machen und mit Nelleke zum Haus düsen. Die kleine weiße Maus und RaffRaff kommen natürlich mit. So ist ein Kettenkarussel mitten auf der Betonfläche ruckizucki verwaist.

 Ganz allein geblieben ist das Drehvergnügen nicht. Der kleine Waldbär ist einfach dageblieben. Und auch das ist niemandem aufgefallen. Außer natürlich der kleinen Mia und Tobi, die sich endlich aus dem Dickicht wagen.

 "Wie kannst du nur!" schimpft die kleine Bärin. "Es macht doch so einen Spaß." Das ist doch kein Grund! Vielleicht doch, denn auch Tobi blickt versonnen auf die sanft schaukelnden Sitze. Man könnte doch eine Runde oder zwei ... wenn es keiner sieht ...

 Der kleine Spitzhutträger hat aufgepasst. Jeder Platz muss besetzt sein. Also verschwindet er im grünen Dickicht und taucht mit einem stacheligen Karussellmitfahrer auf. Der hat sich vor Schreck sofort zu einer Kugel eingerollt.

 Der kleine Bär wuchtet die Piekskugel auf den freien Platz. Hoffentlich rollt sie nicht gleich wieder runter, wenn die wilde Fahrt beginnt.

 Es fehlt noch was. Der grüne Spitzhut hat etwas übersehen. Alle sitzen auf ihren Plätzen, aber es rührt sich nichts. "Natürlich, der Motor fehlt," entfährt es der kleinen Mia. Müssen sie jetzt etwa die Riesenbären mit dem Dreirad wieder zurück holen? Das geht doch nicht. Sie reden nie mit den Großen!

 Die Waldbären sind ratlos. Das bisschen Geschaukel ist offensichtlich nur der halbe Spaß. Wenn nicht nur eine Viertelfreude oder sogar noch weniger. Sie diskutieren das jetzt heftig und für heimliche Waldbären ziemlich laut. Das nutzt ein unfreiwilliger Passagier aus, der sich unbemerkt vom schaukelnden Sitz verabschiedet.

 "Und wenn ich euch jetzt anschiebe," schlägt der Schellenträger mit dem grünen Spitzhut vor. "Ich habe das Rundgesause ja schon erlebt." "Das wäre ein Anfang," gibt widerwillig die kleine Mia zu. Es ist wirklich nur ein Anfang, denn einen kräftigen Wums wie Nelleke hat so ein Waldbär nicht. "Und wenn ich mitlaufe und euch ziehe?" Dann drehen sich endlich die Kettensitze im Kreis. Aber irgendwie ist es immer noch ziemlich langweilig ...

Die kleinen Bären sind immer noch dabei, herauszufinden, wie so ein Drehwurm rund läuft oder wenigstens geht ... so merkt keiner, wie ein Stacheltier stiften geht: "Ich bin dann mal weg."


Fotos: W.Hein

Vor drei Jahren gab es noch Geschichten, die – ohne Werbeunterbrechung – mehr als dreißig Bilder brauchen, um zum Ende zu kommen. Mit der Konsequenz, dass sie dafür ganz lange auf Halde liegen. Auch wenn das wichtigste Requisit ein fantastisches Bärenkarussell ist, wie in diesem Fall. Meine Schwiegermutter, die irgendwann eingesehen hat, dass ihre Großkinder immer nur Petze bleiben werden, hat in einem Antiquitätengeschäft in Bad Harzburg dieses Kettenkarussell gefunden. Ein kompletter Eigenbau mit Kugellager und Dach aus Kleiderbügeln mit Markisenstoff ist in den 60ern wahrscheinlich für eine eifrige Puppenmutti in Garage oder Keller entstanden. Und wartete jetzt im Harzer Laden auf einen neuen Einsatz in unserem Garten. Hier ist er nun, damit die – auch schon ein Jahr verspätete – Sylvestergeschichte den richtigen Vorlauf bekommt.