Donnerstag, 31. Oktober 2019

Wer schreckt die Schrecker?



Kürbisse rollen, Nebel wallen, Geister heulen – vor Lachen. Denn es ist wieder Halloween!

Die kleinen Schrecker sind ganz schön weit weg von zuhause. Die Chefin hat sie ganz, ganz weite Wege geschickt, um die Nachbarn zu schaudern und dafür um Ihren Süßkram zu erleichtern.

Der Nachteil von ganz, ganz weiten Wegen zu den Nachbarn sind die ganz, ganz weiten Wege wieder zurück. Da kann der Schrecker vom Wege abkommen, den Weg verlieren und dabei alles weg schnabulieren.

Die Frage ist nicht, 'wer' schreckt die kleinen Schrecker. Sondern 'was' schreckt sie: Allein durch die Nacht zu tapsen – was sie wenigstens zusammen tun. Auch die Mäuse schleppen sich müde durch das Dickicht und die Kürbismieten. "Werden die morgen wieder zurückgegeben beim 'Rent-a-Pumpkin'?" Immer noch besser als 'Rent-a-Pumpgun' – in Amerika wären das sicher zwei Läden direkt nebeneinander.

Die Chefin ist selber aufgebrochen, um ihre hungrigen Horden der Schlickerkramsammler wieder einzusammeln. 

Doch so schnell die Ringelstrumpfspinne auch über die Betonfläche mit flirrenden Achtbeinen hastet, von ihren kleinen Schreckern findet die kleine, weiße Maus keine Spur.

Die naseweiße Chefin zeigt mit dem Zauberstab immer wieder in neue Richtungen. Und das Spinnentier folgt willig dem Stern. Aber bis jetzt finden sie nur einsame, hämisch grinsende Kürbisse, die voller Schadenfreude eine immer hektischere Suche begleiten. Die anderen Mäuse hat scheinbar der sanfte Nebel zwischen Gräsern und buntem Blattwerk verschluckt.

Hinter den Nebeln haben die kleinen Mäuse immerhin die drei Monster gefunden. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall ist es gut, dass sie nicht mehr allein sind.

Die Gruselmaus ist schon jetzt mit den Nerven fertig. Die ganzen gesammelten Vorräte sind längst als Wegzehrung wieder draufgegangen. Ihre Sammelbox nimmt sie nur mit, um für das nächste Jahr auf den Kurzstrecken wieder einsacken zu können.

Sie haben die letzten Vorräte zusammengelegt und es ist ein echtes Drama. Wie sollen sie mit den paar Schlickersachen nur bis zum Haus kommen? Weiß überhaupt jemand, wohin sie jetzt laufen müssen?

Voller Panik greift sich die grüne Maus im Karorock einen Spinnenkrapfen und schlingt ihn hastig runter. Die anderen können nur fassungslos zusehen, wie schnell die Zuckerladung in der Schnute verschwunden ist. Wieder ein Stück weniger. Die Vorräte werden nie und nimmer reichen. Sie werden unter Unterzuckerung darben.

Auch andere scheinen ihre missliche Lage zu ahnen.

Die Hexe hat das große Monster mit neuen Zuckerwaren ausgeschickt.

Eine riesige Box voller Naschwerk, mit Gummifledermäusen, Schokovampiren und Schaumkürbissen eilt zu den kleinen Schreckern. Wenn sich jemand mal zeigen würde. Unsichtbare Schrecker sind eigentlich gar keine. Weil sich dann niemand gruseln kann.

Die "Unsichtbaren" drängen einander zum Aufbruch. Wenn sie noch länger hierbleiben, wird es nicht besser werden. Es wird bald dunkel und die letzten Keksreserven werden sicher nicht bis zum nächsten Morgen reichen.

Da entdeckt Midnight bunte Lichter, erst ganz verschwommen mit breiten Höfen. Dann werden sie knatternd, knarzend immer kräftiger, bis sie zu einem Lastwagen mit Blink-Blink-Girlande werden.

Das ist offensichtlich eine Kehrauskarawane, die kleine Schrecker einsammelt und nach Hause fährt, bevor sie noch verloren gehen.

Die Mäuse und Monster sind begeistert – sie werden gerettet. Aufgeregt winken sie mit den Gruselstäben in den Pfoten und laufen zu den Lastwagen – ach was – Lustwagen.

Der erste Wagen scheint aber schon voller Findlinge zu sein. Denn er fährt einfach durch – ohne anzuhalten.

"Wir nehmen den nächsten…" Zurück bleiben wollen die Mäusemädchen auf keinen Fall. Wenn es schon eine Mitfahrmöglichkeit gibt, wäre es doch blöd, diese fahren zu lassen.

"Es wird Zeit, da kommt der letzte Wagen." Die Maus drängt und das schwarze Monster wird ganz wuschig. Wo ist die Umhängetasche geblieben? Sie ist längst leer, aber sollte deshalb nicht einfach verlegt werden. Verlegen murmelt es "gleich, ja gleich" und blickt dabei immer 'unauffälliger' in die Runde.

"Jetzt geht's los!" Die Mäusemädchen sind erleichtert. Das blaue Monster popelt verwundert in der Nase. Geht's … geht's … es sind doch Kraftwagen, die auf Rädern rollen?

Schnell klettern Monster und Mäuse auf die Ladefläche. Die Flattermaus reicht von oben eine helfende Pfote, damit es schneller geht.

Die Lastwagen haben sich schon wieder in Bewegung gesetzt, als plötzlich eine Maus aufschreit: "Wir haben jemanden vergessen." Das schwarze Monster ist erst aufgeregt zwischen den Wagen umhergelaufen, konnte sich nicht entscheiden. Dann hatte es seinen Beutel zwischen den Kürbissen vergessen. Als es endlich bereit ist, sind die Schrecktransporter schon unterwegs.

Die neuen Schlickervorräte werden wohl zu spät kommen. Oder sie machen drei Speisewagen auf, wenn sie den Konvoi der Laster einholen können.

Dabei stehen die Chancen gar nicht so schlecht, denn zu schnell kommen die Wagen nicht voran. Vielleicht hätten die Fahrer weniger Wert legen sollen auf eine dramatische Beleuchtung ihrer Gesichter von unten. Wenn es immer dunkler wird, würden die weißen Scheinwerfer mehr helfen, den Weg nach vorn auszuleuchten.

Inzwischen holt das schwarze Monster doch noch mit drei sausenden Rädern auf.

Eifrig winkt die Maus: "Schneller! Schneller! Sonst sind wir weg." Das soll dem Monster nicht noch mal passieren, so tritt es kräftig in die Pedale. Das muss es auch, damit der Schwung hält, bis die andere Pedale sich nach oben schiebt. Monster haben leider zu kurze Beine, um bis nach unten durchtreten zu können. Aber die Angst, wieder zurück zu fallen, ist ein kräftiger Motor.

Die kleine weiße Maus kratzt sich mit dem Zauberstab hinterm Ohr. Sie irrt schon so lange durch den Nebel. Von ihren Schreckern sind immer noch keine Schwanzspitze, Mäusespeck oder Flatterflügel zu sehen.

"Wir müssen nach rechts. Nein, nach links. Oder volle Spinne mitten durch." Oder doch ganz woanders hin.

Fotos: W. Hein

Die kleinen Schrecker sind alle von Deb Canham. Da es inzwischen noch nicht einmal die eigene Webseite gibt, hat sie für sich das Kapitel 'Miniaturmäuse & mehr' wohl leider abgeschlossen.

Ungeduldig haben die kleinen holden Unholden im Haus gewartet, dass sie die Nachbarn heimsuchen konnten. Doch im strahlenden Sonnenschein schreckt es sich nicht so gut. Dann tollen auch zu viele graue Katzen durch den Garten, die mitspielen wollen. Manchmal bleiben die Samtpfoten aber auch bis zum Abend …


Samstag, 26. Oktober 2019

Die Windbeutel



Der Hase Rübe hat sich etwas dicker eingepackt. Es ist im Schatten schon empfindlich kalt.

Auch Konradin hat das wollene Wams wieder aus dem Schrank gezerrt.

Der Bär schaut in die Tiefe des Gartens. Da scheint sich ja nicht viel getan zu haben. Da könnte er lieber zurück ins Haus gehen und sich dort eine Tasse mit dampfender Schokolade schnorren.

Rübe muss allein den Garten erkunden. So entdeckt er auch als Erster die Äpfel auf den Strohballen.

Das die hier zufällig hingefallen sind, mag er nicht glauben.

Aber wenn hase die Äpfel anschneidet, sind es doch nur Holzäpfel. Sie sehen gut aus, halten fast ewig und lassen sich einfach umher tragen.

Nur gegen Magenknurren helfen diese Äpfel nicht. Im Einzelhandel findet man solche Quasiäpfel eher die grüne Variante von Großmutter Schmidt.

Plötzlich zupft jemand Rübe am Ärmel. Er hatte doch fast vergessen, dass er sich mit Lina im Garten verabredet hatte.

Die kleine Häsin ist offensichtlich auf einen Sonnentag eingestellt und muss jetzt von Sonnenflecken zu Sonnenflecken hüpfen, um nicht zu bibbern. Aber sie schiebt Kohldampf – nur bitte ohne diesen bitteren Kohl – und hat deshalb den großen Drahtkorb für die Ernte mitgebracht.

"Schau mal die leckeren Pilze," ruft die Häsin. "Die leuchten so rot wie Erdbeeren. Gibt es süße Pilze?" Sie beginnt sofort die roten Erdlinge einzusammeln.

"Halt! Nein! Nicht!" So schnell kann Rübe die Kleine gar nicht stoppen. "Die sind giftig!" Lina zieht einen Flunsch. "Ich soll die nicht pflücken?"

"Auf gar keinen Fall," Der Hase nimmt die Kleine zur Seite. "Das sind Fliegenpilze und das ist eine Warnfarbe: Nicht essen!" Lina staunt: "Eine Warnfarbe? Wovor warnen dann die Erdbeeren?" Die sind doch trotz 'Achtung ROT' extrem lecker? Oder tun die nur so gefährlich, damit sie nicht alle aufgegessen werden?

Dann soll Lina doch lieber die Äpfel einsammeln. Vielleicht kann man die noch weich kochen. Oder zu Apfelwolle verarbeiten.

"Und was machen wir jetzt?" Lina ist immer noch hungrig und diese Äpfel kann zwar man sammeln, aber roh beißt sich da auch ein Hase die Zähne aus. Rübe muss jetzt schnell etwas finden, was die weiße Häsin ablenkt.

Juhu! Er entdeckt die alte Windmühle, die noch in den Beeten steht.

Die ist so alt, dass kein Wind die Flügel noch drehen kann. Zum Glück hat sie eine Schwungspindel, die auf Zug alles in Bewegung bringt. Lina zieht kräftig am Seil und Rübe muss die Mühle dabei festhalten, ohne von den immer schneller rotierenden Flügeln getroffen zu werden. Die kleine Häsin muss die Schnur immer rechtzeitig loslassen, damit der Schwung das Seil wieder aufwickeln kann. Kein Hase weiß, wozu die ganze Flügelei gut sein soll – diese Mühle mahlt nichts. Aber sie beschäftigt die Kleine, die dabei sogar ihren Hunger vergisst.

Doch plötzlich ist Schluss: "Huck ihr Bleichgesichter seid des Todes!" Oder wenigstens des Pümpels! Denn Der-mit-dem-Hasen-maust kennt kein Erbarmen, auch wenn sich Die-mit-Lotte-lottert sich nur wundern kann, warum sie schon wieder auf diesem Kriechpfad sind.

Lina schlüpft schnell hinter Rübe. Sie ist wohl besonders bleich. Der ist immer noch verwirrt: "Äh wir sammeln nur die Früchte des Gartens … sind doch ganz harmlos … und wussten nicht … sind das eure Holzfrüchte … ?

"Holzfrüchte?" Was interessieren ein Langohr diese festen Äpfel. Wenn sein Pümpelpfeil sein Ziel findet, dann doch nicht in Obst! "Wir machen die Bleichgesichter noch bleicher. Das war so, ist so und wird auch so bleiben." Er denkt kurz nach: "Huck! Huck! Huck! Ich habe gesprochen." Lotte kann da nur den Kopf schütteln.

"Sieh doch mal genau hin," Die haben doch auch lange Ohren. Der-mit-dem-Hasen-maust ist noch lange nicht überzeugt. "Nur ein gepümpeltes Bleichgesicht ist ein gutes Bleichgesicht!" "Und wenn es nur helle Lagohren sind?" gibt seine Begleiterin zu bedenken.

Jetzt muss es schnell gehen: Rübe hat eine Idee. In der Hosentasche hat er noch ein buntes Band. Lina muss ihm helfen …

Mit dem Band bindet er sich schnell seine Ohren hoch und steckt sich eine Feder unter das Stirnband.

"Siehst du, er ist einer von uns," die Langohr-Häsin ist froh, dass bis jetzt noch kein Pfeil geflogen ist.

"Gut, dann kommt mit zu unseren Feuern." Hasenmaus winkt die beiden Neulinge ins Dickicht. "Wir werden ein Pau-Wau abhalten und die Friedenspfeife kreisen lassen. Rübe schluckt, er hatte gehofft, dass auch die Langohren unter die Nichtraucher gegangen sind. Jetzt wird er sich wohl vor dem Tipi in der Raucherecke einfinden müssen. Er wird noch lernen müssen, dass man bei den Langohren genau zuhören muss. Der-mit-dem Hasen-maust hat voller Absicht nur vom Kreisen gesprochen. Sonst würde er selbst nur noch husten und sich die tränenden Augen reiben. Außerdem mit verräuchertem Wams kann sich ein Langohr nur noch gegen den Wind anpirschen.
 
Endlich sind alle weg und ein Stacheltier hat den Garten wieder für sich allein.


Fotos W.Hein

Die meisten Langohren stammen aus der Werkstatt von Petra Valdorf. Nur Hasenmaus ist ein Hase von Bell Bears Design. Die Äpfel, die Pilze, die Strohballen, der Drahtkorb und die Windmühle stammen aus dem Fundus der Bärenhöhle Mahnke und sind in den letzten Wochen der Auflösung aufgetaucht und in unsere Ausstattung gewechselt.