Samstag, 30. November 2013

Linus spart Strom




"Psst! Jetzt stille!" Dass kleine Schwestern so überhaupt keinen Sinn für die richtige Stimmung haben. Immer tuscheln sie miteinander. Dabei leuchtet er mit der Taschenlampe extra von ganz tief unten, damit es richtig unheimlich aussieht. Eigentlich wollte Linus jetzt schon mitten in der wildesten Spukgeschichte sein. Und etwas von kopflosen Reitern auf Schaukelpferden, arglosen Flitterwöchnerinnen auf der Totenmannskiste und heulenden Gerippen im Dinosaal des Museums nach Mitternacht erzählen.


"Das wird jetzt aber ganz gruselwuselig!" Er winkt mit den Pfoten, die hinter seinem Rücken unheimlich lange, zuckende Schatten über die Wand werfen. Aber Marie muss noch etwas loswerden: "Jetzt nicht, später." "Dann ist es zu spät," muffelt der gebremste Schocker. "Aber es wird ja nie auf die wichtigen Warnungen gehört." Stimmt, denn Marie erzählt Lisa lieber noch von den warmen Wintersachen, die sie braucht, wenn sie mit dem Dreirad weiter durch den Garten pesen will. Und Lisa überlegt, dass sich ein langer Schal in den Speichen der Räder verheddern könnte. Und wo es Kufen gibt, wenn der erste Schnee kommt. Wenn sie alte Skier bekommen könnten, wie machen sie die an den Reifen fest. Kleben? "Gar nicht, weil dann alle tot sein werden," haucht eine hohle Fistelstimme über der Taschenlampe ...

"Meinst du, das wird noch was?" Grinsepeter hatte sich auf eine richtige Spuknacht gefreut. Doch die Kürbiskatze schüttelt nur die Schnurrhaare: "Das kannste vergessen. Die sind hier alle viel zu niedlich für einen zünftigen Schrecken!" Da liegen sie wohl vergeblich in den Kürbissen auf der Lauer. Sie hatten so auf spitzen Schreie aus bibbernden Mündern, gesträubtes Fell durchnässt vom Angstschweiß und ein wenig angsterfülltes Scharren beim hektischen Umgucken gehofft.


Doch Linus gibt noch nicht auf. Es ist schließlich Energiewende! Und da hat der weltbeste Stromexperte genau aufgepasst. Erst haben sie den Atomstrom ausgemacht, weil Fukuschelima überhaupt nicht mehr kuschlig ist. Jetzt werden auch keine neuen Windräder mehr gebaut. Erst recht nicht mitten im Wattenmeer. Weil die an der Küste nicht genug Strom brauchen. Sie könnten ja die Deiche und die Robbenbänke beleuchten. Den Boden tief unter den Binnenländern nach Gas abfracken geht eigentlich gar nicht. Auf sein Honigbrot will der kleine Bär auch nicht verzichten, um es stattdessen in Biogasanlagen für Strom versaften zu lassen. Und wenn die Riesenbagger demnächst keine Dörfer mehr wegfressen dürfen, um an die Stinke-Braunkohle zu kommen, dann gehen überall die Lichter aus. Dem ist der Junge schon mal zuvorgekommen und hat im Haus vorsorglich alle Lampen ausgeknipst. Jetzt kann diese wilde Energieschlingerei kommen, wann sie will. Sein Licht kommt aus der Taschenlampe.


"So begab es sich, dass überall im Lande die Stromzähler furchtbar zu rattern begannen," Linus beginnt mit einer donnernden Stimme, die erst in ein geheimnisvolles Flüstern übergeht, als Lisa und Marie gebannt zuhören. "Die Hausbewohner fürchteten das Geräusch und saßen lieber immer öfter im Dunkeln. Doch wie sollten sie jetzt die Geister der gestrandeten Schweinswale und der geschnippelten Wandervögel vertreiben können. Wenn diese sich heulend beklagen wollten, dass überall donnernde Windräder ihnen im Wege standen." Der größte Energiewender hat seine Gruselgeschichte gefunden: "Und damit nicht genug, pressen Unholde giftige Schemie tief in die Erdschichten unter den Häusern. Das bringt das feuergefährliche Brenngas im Boden zum Brodeln, bis es beim Umherstreunen das Grundwasser trifft. Wenn dann da unten alles durcheinander kommt und die Erde dabei einen Schluckauf bekommt, rülpst sie flammende Fontänen aus dem Wasserkran. Da brennt das Waschbecken, da funzelt die Dusche."

 Feuerspeiende Wasserhähne! Wow! die Halloween-Mäuse sind zufrieden. Doch der Meister des Schreckens hebt schon wieder bedrohlich die Arme: "Riesige Eisenmonster fressen sich immer weiter durch die Lande und verschlingen alles mit ihren stahlbezahnten Fressrädern. Sie suchen unersättlich modrige Müffelkohle, die stinkend in die Luft geblasen werden muss. Wo sie gewütet haben, wächst auf Jahre kein Halm und kein Strauch mehr und die Flächen, die sie in ihrer Gier zurücklassen, sind öd und leer. Da fliehen die Tiere des Waldes wie Hase, Igel und Eichhorn in die Vorgärten. Und auch ihre toten Verwandten finden keine Ruhe, wenn ihre Gräber metertief weggerissen werden. Die untoten Mümmelmänner, die geifernden Gerippe der Nager und halbverweste Stachelkugeln erheben sich und greifen heulend nach den noch friedlichen Siedlungen am Stadtrand. Schon bald sind sie hier."


"Huhuuuh, das ist Meister Grablampe! Hiihhiiarrgel gurgeln die Leichhörnchen. Hört ihr sie schon?" Der Lichtkegel wandert immer aufgeregter zwischen den Bären umher. Und da ist auch das Knirschen der morschen Stacheln des Geisterigels. "Kaninchen will das gar nicht hören!" Lisa auch nicht, traut sich das aber nicht zu sagen, sie ist ja schon ein großen Bärenmädchen. Aber ihrem Kuscheltier schlottern längst die Löffel. "Am schlimmsten sind übrigens die verstrahlten Zombie-Schnecken, deren Todesschleim sogar im Dunkeln hellgrün leuchtet. Die kann man nur aufhalten, wenn man sie schnell in Silberbecher mit graufressender Waschmittellauge wirft."


Hupps, jetzt wird es doch noch ziemlich ungemütlich. Lisa und Kaninchen sind schon geifernde Knochenmümmler gar nicht geheuer. Wo bekommen die den ganzen feuchten Schmodder her, wenn es nur noch hohle Gerippe sind? Für Marie sind Zombie-Schleimertiere eigentlich noch viel schlimmer. Haben die extra nachtblaue Schleimbeutel? In Tarnfarbe, damit sie vorher keiner sieht?


Fotos: W.Hein

Lisa und Marie sind eigentlich ganz tapfere Rica-Bären. Wenn ihr Bruder Linus nicht unbedingt im Dunkeln mit seiner Taschenlampe herumfuchteln will. Grinsepeter und die Kürbiskatze finden sich als Minimiezen auch im Dunkeln zurecht. Sie sind wie die Schaudermäuse von Deb Canham von Amerika ausgeschickt worden. Nun dort kennt man sich mit dem bunten Schrecken im Herbst um Halloween herum bestens aus. Und brennende Wasserspeier kennen einige Amerikaner dort auch schon ...


Montag, 25. November 2013

Rot leuchten die Kappen



Da wird die Großmutter sich freuen! Wenn ein Rotkäppchen extra Pilze für sie sammelt. Ganz furchtbar viele, damit es reicht für Pilzsuppe, Pilzpfanne und Pilzstrudel. Schon knurrt der kleinen Maus vor Aufregung der Magen. Schließlich gibt es auch noch so sündige Spezereien wie Pilzrisotten, Pilzomalett, Pilzraguh und Pilzpizza.

Und was soll eine rote Kappe Schöneres sammeln als noch mehr rote Kappen? Wenn sie noch dazu so verführerisch im Dämmerlicht leuchten. Oh, oh, wenn sie bloß mehr als nur das kleine Spankörbchen mitgenommen hätte. Das ist gleich schon reich gefüllt und noch ist nicht die kleinste Schneise im Pilzfeld zu sehen.

"Was machst du da?" Die Ren-Maus ist doch immer viel zu neugierig. Die eifrige Pilzsammlerin will nicht teilen ... jetzt noch nicht, bevor sie sich vielleicht noch einen weiteren Korb besorgen kann. Sie schwenkt mit leichter Pfote den frisch gepflückten, weißgetupften Hutträger in Rot: "Ach, nichts! Ich suche nur einen passenden Stopfpilz für Ömchens Häkelei. Und im Korb habe ich übrigens eine Strickliesel."

"Du sammelst doch hoffentlich keine Schwammerln?" Der graue Geweihträger ist besorgt: "Das sind alles Fliegenpilze!"

Fliegenpilze? Die kleine Maus sieht hier überhaupt keine dicken Brummer. Das hätten die schon drauf schreiben können, wenn den Fluginsekten hier die ganzen schicken, roten Pilzköpfchen gehören. Dann verzichtet sie eben auf den zweiten Korb. Wenn nur ein paar fehlen, wird es den Fliegen schon nicht auffallen.

Sie winkt dem grauen Ren-Nager hastig hinterher, als der sich endlich verabschiedet. Das Jahr rennt voran und die Geweihträger müssen sich rechtzeitig bei den Schlitten sammeln, um den Buntpäckchendienst für die weißbärtigen Rotröcke zu übernehmen. Vorher müssen sie noch guhgeln, wo überhaupt der Nordpol ist.

Puh, wieder allein. Und irgendwelche lästigen Schmeißfliegen erheben auch keine Besitzansprüche. Da kann sie doch noch schnell die schicken Hütchenträger einsacken. Warum nimmt man bloß immer nur die trostlos matschbraunen Pilze, wenn es auch so hübsche gibt?

Frau Fuchs hatte gehofft, sie wäre allein im Garten. Die kleinen Bären kuscheln bei der Kälte im Haus. Nun, die Füchsin wärmt ein Schaffell. Doch sie ist nicht allein: Hier tänzelt und singt noch eine kleine Maus im roten Überwurf unter dem Apfelbaum. Immer wieder bückt sie sich und wirft beschwingt irgendetwas Buntes in ihr Körbchen.

Frau Fuchs bleibt hinter den langen Gräsern verborgen. Bis jetzt waren alle Hausbewohner ein wenig verrückt und bringen den armen Fuchsverstand immer wieder ins Schlingern. Das gilt sicher auch für diesen Nager. Nein, nein und abermals nein, sie bleibt lieber verborgen und ist jetzt schon mal weg.

Ein kleines Rotkäppchen hat zum Glück keine Frau Fuchs im Schaffell gesehen. Es hätte auch keine Zeit dafür. Der aufgeregte Nager wuselt viel zu geschäftig umher, denn wenn sie nicht alle roten Köpfchen mitnehmen kann, muss sie die schönsten Pilze gut auswählen. Der ist vielleicht nur Kompott und jener schon ein Schnitzelbegleiter. Das ist ein Schnippelpilz und den kann man mit leckerem Käse füllen.

So hätte sie fast den nächsten Besucher auch nicht bemerkt. Plötzlich steht ein Rehkitz hinter ihr. Schneeweisschen trägt aber auch einen rechten Tarnanzug. Für den Badeanzug ist es schon zu kalt und die warmen Wollsachen liegen noch im Schrank. Für den Übergang hat sich der schlanke Paarhufer für ihr Fellkleid ganz in Natur entschieden.

 Das Kitz zieht schnell eine Frageschnute. Was macht die kleine Maus nur mit den ganzen Warnpilzen? Wieso Warnpilze? Rotkäppchen schnappt sich noch schnell einen: Die sammelt sie, damit ihre Großmutter nicht gelangweilt in die Glotze starren muss: Wenn dort arme Menschen allein vor hektisch blinkenden Lichterwänden mit bohrenden Fragen stehen. Wenn andere die buntberockten, alpinen Zupfmusiker im Dauertakt beklatschen müssen. Wenn nicht sowieso in jeder Kleinstadt für eine Soko Hintertupfingen gemeuchelt wird. Stattdessen kann Omama zünftig kochen, backen, brutzeln und für kleine Rotkappen den Himmel auf Erden auf dampfende Teller zaubern. Mmmjam, so lecker!

 Doch das Reh schüttelt nur den Kopf: Das sind Giftpilze, deshalb können sie die Fliegen ja auch als Landeplatz bekommen. Wenn man die kocht, bekommt man wilde Träume, schlimmstes Bauchgrimmen und am Ende droht der Verlust des Gedächtnisses. Dabei ist die Oma schon jetzt so tüddelig und ein kleines Rotkäppchen hat ja fast noch gar nichts erlebt, um nun schon wieder etwas davon vergessen zu können.

Die kann man nicht verkochen? Dabei hat sie sich mit dem Sammeln schon so viel Arbeit gemacht! Dann muss ein Rotkäppchen mit den schicken Pilzen etwas anderes machen. Das Kitz hat eine Idee: Sie könnte einen Internethandel aufmachen und die Pilze ohne Leine verkaufen. So ein Zwischennetzladen braucht nur noch den richtigen Namen: 'Rote Kappen schnappen' oder 'Pünktchen für Anton' oder 'Pilze nur zum Gucken'. Das wird eine ganz große Sache, sie sollten schnell noch den zweiten Korb holen.


Idee: SchneiderHein  Fotos: W.Hein

Die kleine Rotkappe ist Little Red Riding Hood von Needle Felted Art. Rudi aus der ForestBlueFactory hat zum Winter wieder sein Flusengeweih zurück. Frau Fuchs von Natasha Kataeva sucht wieder das Weite im Garten. Schneeweisschen aus der Teddy-Manufaktur von Eileen Seifert wird jetzt erst einmal jemanden für den Computer suchen müssen. Mit zarten Hufen hämmert es sich so schlecht auf der Tastatur. Die vielen schicken Fliegenpilze sind ein Erbstück des Hauses, die waren schon vor uns hier. Aber früher waren Fliegenpilze ja auch so beliebt, dass Riesenexemplare ausgehöhlt wurden, um darin einen Kiosk eröffnen zu können.


Samstag, 16. November 2013

Das Lichtermehr



Jack fährt ohne Licht in die Nacht. Das macht doch nichts, wenn die anderen Mäuse alle Laternen haben. Klein Alice meint, dass er dann immer schön hinter einem Lampenträger bleiben soll, doch der kleine Pilot des Ruderrenners will nichts davon hören. "Wann geht es denn endlich los mit dem Lichterrennen?" Das Mausmädchen schüttelt nur den Kopf: "Das wird ein gemütlicher Umzug!" Und Chedda schlägt mit der Trommel den Takt, damit alle schön zusammen bleiben.

Fifi und Megan schwenken schon mal eifrig die Laternenstäbe, ob sie auch gut in der Pfote liegen. Nur nicht zu heftig, sonst wird aus 'kleine Laterne brenn' eine 'Lampe-feurio', ein flammendes Licht, das schnell wieder verlöscht.

Hier haben sich offensichtlich die Vernünftigeren gesammelt. Während die meisten Mäuse aufgeregt mit ihren Lampions nach draußen gestürmt sind, "Au ja! Laternenzug" haben einige vorher in den bestirnten Himmel geschaut und haben dann aus dem Schrank die Strickjacken herausgezerrt. Sie werden doch kein Lichterwetzen mitmachen, nur weil einige gedankenlose Schlotterbacken nach dem halben Weg nur wieder schnell in die warme Stube wollen.

Jack hält es nicht mehr aus. Das Gequatsche wird wohl nie aufhören. Und dann ist das kein Laternenumzug sondern höchstens ein Laternenklumpen. Die kleine Maus saust mit dem Ruderwagen an das andere Ende des Lichterträgergewimmels. "Mir nach! Mir nach!" ruft der Mausejunge dabei die ganze Zeit. "Hier gibt es nichts zu sehen! Immer mir nach!"

Endlich folgt der Nagerpulk dem aufgeregt davon eilenden Ruderwagen. Und jetzt wird es wenigstens ein Lichterauflauf. Klein-Alice hatte an eine schöne Reihe gedacht und jetzt hetzen alle atemlos dem Mauseblitz hinterher. So wird das doch kein besinnliches Sternebesingen.

Wenig später fiept es doch silberhell durch die Nacht: "Sonne, Mond und Sterne, meine Laterne trag ich gerne ..." Bumm, Bumm, ("Im Takt, Chedda, im Takt!") "Brenne hell mein Licht, doch meine Schnurrhaare nicht!" Bumm, Bumm!


Idee: S.Schneider  Fotos W.Hein

Die kleinen Mäuse von Deb Canham haben sich von den Erzgebirgskindern und Elfpunkteengeln die Laternen geliehen, um ihren eigenen Laternenumzug zu starten. Und um ganz schnell festzustellen, das es sehr schön ist. Aber jetzt kann man wieder ins geheizte Haus. Kerzen kann man doch auch drinnen mit viel Stimmung abfackeln.


Mittwoch, 6. November 2013

manches braucht Zeit ...



Zuerst gab es den Pulli. Dann kam FitchUnd seitdem es so kalt geworden ist, haben sie zusammengefunden. Jetzt fehlen noch Hose und Schuhe. Dann kann der Winter kommen!

Foto: S.Schneider