Donnerstag, 21. April 2011

Vogelfutter




"Ich brauche Pinguinfutter! Unbedingt!" Linus hat da eine Riesen-Frackhorde am Teich stehen, und die wetzen schon die spitzen Schnäbel. Die paar bunten Fische im Wasser werden da kaum mehr als eine Vorspeise sein. Hier muss der kleine Bär dringend für Nachschub sorgen.


Linus hat als der weltbeste Forscher für Frackvogelfragen die große Wanderung der Pinguine begleitet. Mit seinem selbstgebauten Laufvogelanzug hat er sich unter die bärengroßen Vögel gemogelt. Und ist mit ihnen im Hungermarsch vom futterlosen Aluteich durch den Wald bis zum großen Gartenteich am Haus gewandert. Doch jetzt muss er schnell zu den anderen Bären ins Haus, um dort mehr Vogelfutter zu finden.


Drinnen erklärt Lisa gerade Kaninchen, wie man einen Kaufmannsladen führt. Man darf die Möhrchen zum Beispiel nicht einfach wegfuttern. Die muss man vorher wiegen, damit das Langohr am Ende nicht zu schwer wird. Und dazu klingelt die Kasse, weil es immer wieder Spaß macht, an den Hebeln zu ziehen.


"Ich will Schmackhappen für Polvögel", kräht Linus, als er den Papierschnabel über den Tresen streckt. Er hat jetzt keine Zeit für tolle Piratenanstecker, die Lisa ihm zeigt. "Guck mal, die sind sogar meerwasserfest," erklärt die Ladenbesitzerin ihrem aufgeregt umherspringenden Kunden. "Weil die jetzt aus Gummi sind." Aber Linus ist heute Forscher und kein Pirat. Vielleicht ist morgen ein Freibeutertag. "Dann musst Du eben morgen wiederkommen." Lisa ist eine ordenliche Kauffrau. Doch der kleine Bär bleibt hartnäckig: "Ich will aber heute fluffiges Vogelfutter!"


Linus presst sich so gut es geht durch die Durchreiche: "Ich brauche zappelnde Fische als Pinguinhappen," erklärt er. "Am Gartenteich sind ganz viele Frackvögel angekommen, und die fressen jetzt bestimmt schon das ganze Becken leer." Die Ladenbesitzerin nickt: "Und dann sind sie immer noch hungrig." Sie packt die Anstecker wieder zur Seite: "Aber warum können die nicht selber kommen?" Da kennt sich ein Frackforscher genau aus: "Die sind pottenfeige und außerdem haben ihre Vogelfracks keine Taschen für Geld." "Aber du kannst das bezahlen?" Die kleine Bärin kennt ihren Bruder, sein Taschengeld reicht doch meistens noch nicht einmal eine halbe Woche. "Äh! Das ist ein wichtiger Forschungsauftrag von nationalem Interesse ... ich dachte, ich könnte mir die Fische ausleihen." "Das ist ein Kaufbärladen und kein Leihladen," schnappt Lisa zurück. "Das Futter musst du schon kaufen! Wie willst du denn die weggefressenen Fische zurückgeben? Als Köttel?"


Auch wenn das hier keine Pumpstation für Vogelfutter ist, zeigt die Bärin dem Forscher gern ihre Auslage. Dafür ist ein Kaufmannsladen doch da und Linus ist doch immerhin ein Fast-Kunde. Fische hat die junge Geschäftsführerin sowieso nicht im Angebot, aber dafür leckere Wurst. Der Frackvogelforscher zieht eine Schnute: "Böh! Wurst fressen Vögel doch sicher nicht. Oder gibt es die auch mit Meersalz?" Die Wurstfachverkäuferin zuckt mit den Schultern: "Du kannst nur kaufen, was es gibt." Lisa betont dabei besonders das Wort 'kaufen'. "Wir haben heute Hartobst, Steinkäse, Blockwurst und brettharte Stielgurken im Angebot. Die Schwerstkarotten bekommt aber schon Kaninchen." Denn das Langohr darf noch etwas Gewicht zulegen. "Oder du nimmst doch die Piratenanstecker aus Gummi."


"Gummi? Das macht doch keinen Vogel satt," ruft Linus und stürmt davon. Natürlich hat der Bär nichts gekauft. Aber er hat ja sowieso kein Taschengeld. Und für so ein Fersengeld kann man sich nichts kaufen. Lisa lässt trotzdem die Kasse klingeln, weil es so schön klingt.


Wenig später trifft der weltbeste Winterlaufvogelexperte Anna. Vielleicht hat die große Bärin ja Vogelfutter für seine Gartenbewohner. Und noch besser ist, dass er bei Anna nie was kaufen muss. Weil alles, was Anna gibt, immer umsonst ist. Leider auch die guten Ratschläge.


Mit großem Einsatz beider Arme erklärt der kleine Forscher Anna die Lage am Teich: "Die roten Fische und diese Japanflosser sind sicher schon aufgepickt. Und jetzt müssen wir neue bunte Gartenfische kaufen, damit die Pinguine weiter schnabulieren können." Die große Bärin schüttelt energisch den Kopf: "Auf keinen Fall bekommt das hungrige Federvieh Goldfische oder Kois. Die sind viel zu schade als Pinguinfutter!" Linus stemmt die Pfoten in die Seite ... wieso stellt sich Anna beim Flossenfressen bloß so an, er ist doch auch ein Vogelfreund und nicht Fischforscher. Aber Anna lässt sich nicht beirren: "Lass uns zum Vorratsschrank gehen. Da gibt es sicher 'was anderes Leckeres für deine Vögel."


"Pinguine für Pinguine zum Fressen? Das geht doch nicht! Das sind doch keine Kannibalen ..." Linus ist entgeistert, wenn das jetzt dieses 'was anderes Leckeres' sein soll. Anna zeigt ihm als Goldfisch-Ersatz Lakritz-Pinguine mit Zitronenlätzchen. Sie findet die kleinen schwarzen Vögel zum Anbeißen. Der Vogelforscher kann das überhaupt nicht verstehen. "Und Gummibärchen esse ich auch nicht mehr. Das ist doch wohl klar!"


"Wie wäre es mit Fischfilet in Tomatensoße?" "Gibt das denn keine Flecken auf dem Pinguinfrack?" Der kleine Bär überlegt. "Aber dann sieht das wenigstens richtig blutig am Teich aus. So ein großes Fressen halt." Anna ist sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob sie wirklich ein rotbekleckertes Teichufer will. Wenn die Pinguine nun ähnlich großzügig beim Gierschlunden sind wie kleine Bären mit ihren ständig verschmierten Mündern, wird der Garten wohl wirklich wie ein Schlachtfeld aussehen. "Ich hab da noch eine Idee."


Die nächste Fischkonserve ist schon viel weniger gefährlich. Ölsardinen sind zwar farblos ... aber machen die nicht einen Ölfilm auf dem Teich? Da kann sich dann lustig die Sonne in den bunten Fettaugen spiegeln. Auf jeden Fall rutschen ölige Fische sicher besser in den Pinguinmagen als zum Beispiel furztrockene Stockfische. Doch eigentlich wollte Anna dem kleinen Bären noch ganz andere Flossenträger zeigen.


"Boah! Haie sind cool ..." Diese bunten Raubfische hat auch Linus zum Fressen gern. Sie sind weder bissig noch bissfest, sondern ganz weich und fruchtig, wenn man sie wegputzt. Der Frackvogelforscher ist begeistert. Wenn er die schon so gerne mag, dann werden sie seine Pinguine sicher auch lieben. Das ist doch viel besser als roher Gartenfisch mit pieksigen Gräten!


Endlich ist der berühmte Großvogelforscher wieder zurück im Garten. Anna hat ihm eine grüne Tasche mit Haien und Salzheringen gepackt, die sie noch hinten im Vorratsschrank gefunden hat. Falls es einige Pinguine lieber herzhaft mögen. Zusätzlich zur Fischtasche hat sich Linus doch noch die Dose mit den Ölsardinen gegriffen, als die Anna abgelenkt war. Es sind doch so viele Pinguine und da kann ein Extrahappen nicht schaden.


Er kann es kaum erwarten, in die Frackhorde wieder zu sehen. Die werden sich freuen, wenn er das Futter bringt. Er wird sich heimlich anpirschen, dann reinschummeln und wieder mitkrächzen, bevor er seine Wundertasche aufmacht. Das wird ein Festfressen. Und die Pinguine werden sicher dankbar sein: "Ich werde dann der Oberpinguin auf Lebenszeit oder Vogelhäuptling der Nichtflieger."


Linus stoppt, der Schnabel zittert. Das gibt es doch nicht! Er starrt angestrengt ins Schilfdickicht. Er kneift die Augen zusammen und blinzelt. Und starrt noch einmal. Aber dann steht ohne Zweifel fest:


Die Vögel sind weg! Die Tasche fällt ihm aus der Pfote und Haie und Heringe kullern über den Steg. Den kleinen Bären kümmert's nicht, er hat jetzt Wichtigeres zu tun.


Er muss unbedingt die Vögel suchen. Denn ein Forscher, der seine Beforschten verliert, ist doch höchstens der weltgrößte Vogelverleger. Und Linus will alles Mögliche in riesengroß sein, nur nicht ein Verlierer für Federvieh oder sonst etwas.


Am Teich haben sich die Pinguine auch nicht im Schilf versteckt. Linus hat sogar hinter der Mauer im kleinen Becken nachgeschaut. Im Dickicht hinter den Steinplatten sind sie auch nicht, denn in ihrem Schwarzweiß würden sie da doch auffallen. Die großen Vögel sind einfach spurlos verschwunden, obwohl die bunten Fische noch im Teich sind. Ob sie etwas gefunden haben, das noch besser schmeckt?

Er rennt den Steg entlang nach hinten in den Garten. Vielleicht sind die Vögel ja Rückwanderer und stehen wieder am Aluteich. Oder sie sind doch Zugvögel auf dem Weg zur Straßenbahn. Aber noch hofft der kleine Bär.

Also am Aluteich sind die Wandervögel aber auch nicht wieder aufgetaucht. Er ist im Garten alle Wege abgelaufen ... sogar bis ganz hinten zu den vergessenen Gemüsen. Nirgendwo ist der kleinste Frackträger zu sehen.

Linus sitzt auf dem Steg, nachdem er das Vogelfutter wieder eingesammelt hat. Was soll er jetzt bloß tun? Ein Frackvogelforscher ohne Frackvögel ist plötzlich nur ein kleiner Bär mit einem Papierkostüm.

Die Ölsardinen kommen wieder ins Haus. Linus packt die Konserve in die Tasche. Solche Dosenfische kann man doch lange lagern und er mag keine fettigen Glitschfische. Die Gummihaie schon. Er wird aber nicht alle auf einmal wegschlickern, denn hoffentlich kommen die Pinguine wieder.



Beim nächsten Mal nimmt Linus aber lieber diese gescheckten Schokomuscheln aus Belgien in den Futterbeutel. Die schmelzen sogar im Mund, so zart sind sie. Und essen muss man die supersüßen Meeresfrüchte auch ganz schnell, sonst klebt alles an den Pfoten. Denn wenn er jetzt das ganze Vogelfutter selber wegputzen muss, dann sorgen salzige Heringe nur für einen fiesen Forscherflunsch. Kleine Bären sind doch süße Leckermäuler.


Fotos: W.Hein

Linus und Lisa sind Rica-Bären von einem Sofa im nahen Detmold.
Anna ist eine klassische Bärin aus Amerika von Kathleen Wallace.
Die Frack-Horde kommt wirklich vom anderen Ende der Welt.
Und die Pinguin-Leckereien sind das Beste was Schrank und Küche
im Moment hergeben.


Montag, 18. April 2011

Wackelkandidaten



Der weltbeste Frackvogelforscher sitzt im Garten inmitten einem sorglos schnatternden und glücklich krächzenden Schwarm von Pinguinen. Oder sagt man Schwarm nur bei Vögeln, die auch fliegen können? Das muss der beste Meistergucker für Watscheltiere aber auch gar nicht wissen - das kann sich dann der zweitbeste am Schreibtisch ausdenken. Wer schon mitten drin ist, muss nur genau aufpassen, was die großen Vögel so tun. Und das ganz heimlich ...

Vorsichtig hebt er den langen Schnabel an, um zu peilen, wo überall die großen Laufvögel stehen. Zum Glück hat er diesen selbstgebauten Pingi-Anzug aus Zeitungspapier. Damit durfte er mitten in die Gruppe rein stapfen und es gab nicht so hässliches Gezeter wie beim ersten Mal. Er ist jetzt zwar der dickste Vogel im Garten, aber die schlanken Frackträger stört das nicht. Sie verlangen keine Supersportfigur ... Hauptsache der Pummelpinguin ist auch ein Schnabelträger.

Ächzend erhebt sich der blaue Pingi-Plumps, um einer Gruppe von vier Vögeln zu folgen. Denn eigentlich weiß Linus immer noch nicht, wie die ganzen Nichtflieger in den Garten gekommen sind. Und genauso rätselhaft bleibt, was die Riesenhorde jetzt hier machen will. Deswegen muss der weltbeste Obermotz für Federviehfragen ja auch dran bleiben.

Und ganz, wirklich ganz unauffällig folgt der blauschillernde Papiervogel dem echten Federvieh. Er krächzt dabei ein wenig mehr als sonst, gluckst oder schnalzt dazu und muss aufpassen, dass sich kein Bärenbrummen dabei dazwischen mogelt. Was auch immer Linus da so auf pinguisisch sagt? Hoffentlich muss er jetzt nicht Glibbereiswürmer picken oder allein mit dem Killerwal baden gehen. Oder worüber Polbewohner sonst noch so reden.

Aber bevor sich der Bär weitere Sorgen um die richtige Konversation mit Kaltwasservögeln machen kann, sammelt sich die Frackhorde um den Aluteich. Das allgemeine Getuschel nimmt zu, während sich die Vögel immer dichter an den Rand drängen. Ein Geschiebe beginnt, so dass die Ersten mit den Stummelflügeln hektisch zu rudern beginnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und vom Rand abzurutschen. Da kann doch ein anderer der erste Vogel im Wasser sein.

Dann haben die Pinguine sich alle am Rand endlich sortiert und jeder Vogel kann gut ins Wasserbecken schauen. Das tun sie auch sehr lange und intensiv. Sie legen den Kopf auf die Seite, neigen sich vor und schubsen dabei den Nebenvogel an, damit endlich vielleicht doch einer ausprobiert, ob im Wasser gefrässige Seelöwen oder andere Seeräuber warten. Der so Geschubste beklagt sich bitter, hüpft etwas beiseite, dreht den Kopf schnell zurück um mit dem Schnabel dem fiesen Möpp dafür in die Weichteile zu stupsen. Wenn Pinguine jetzt kitzliger wären, würde einer wohl endlich in die Wasserlinsen fallen. So aber müssen alle von draußen nur rein starren. Und das Wasser bleibt ruhig. Da zeigt sich kein Flossenfeind ... aber auch kein Fisch oder Krebs oder Wurm. Auch der blaue Pummelvogel hat sich vorgedrängelt. Plötzlich ruft er laut: "Die haben Hunger und suchen Futter!"

Upps! Das war jetzt wohl zu laut und klang so gar nicht vögelig. Der kleine Bär muss da aufpassen, denn die Vögel schöpfen schon wieder dieses Argh-Dings. Argh! Argh! klingt es immer heftiger in den Puschelohren unter dem Vogeltäuscher-Anzug. Argh! Argh! Die Pinguine rücken ganz dicht an den vorlauten, verdeckten Vogelermittler heran.

Der blaue Pummelvogel beginnt wieder leise zu schnattern und krächzen: Ich bin doch auch ein Vogel. Ein ganz einfacher Papierpinguin und habe gar nichts gesagt. Er nickt eifrig mit dem Schnabel und schlägt eine wenig mit den Zeitungsflügeln. Alles ganz harmlos, wirklich. Langsam weicht Linus zurück und endlich drängeln die Vögel nicht mehr so heftig. Sie äugen nicht mehr ganz so misstrauisch und immer weniger verfolgen den Federforscher auf der Flucht. Bald wenden sich alle Hungerleider wieder dem Teich zu.

Die Verkleidung hält. Jippie! Äh, Krächz! Krächz! Die Pinguine kümmern sich lieber wieder um den Teich. Vielleicht taucht doch noch ein leckerer Happen auf, wenn man länger guckt. Oder es geht endlich ein unvorsichtiger Mitvogel baden ...

Dann beginnt die große Gartenwanderung der Pinguine. Nachdem im Alubecken höchstens ein paar Mücken zu holen sind, schieben die Vögel weiter Kohldampf. Eigentlich eher Fischdampf, denn mit Grünzeug gibt sich so ein Polvogel erst gar nicht ab. Obwohl ... so ein Marsch durch den Wald ist für die Frackträger wahrscheinlich auch eine neue Erfahrung. Auf jeden Fall wollen die Frackträger endlich schuppiges Frischfutter!

Mitten drin im Vogelzug ist wieder der weltbeste Frackvogelforscher. Der Bär kennt zwar schon den Garten wie seine Westentasche ... eigentlich wie jede Himmelsrichtungstasche. Aber neugierig ist Linus schon, wohin diese Watschelei führt. Er bleibt an den Federviehfragen dran.

Plötzlich wird es an der Spitze des Zuges laut. Der Kundschafter ist zurück und kurze Zeit danach schlagen alle Pinguine aufgeregt mit den Flügeln und klappern heftig mit den Schnäbeln. Dazwischen rascheln auch eifrig die Papierflügel. Der junge Bär strengt sich an, so richtig zu vogeln: Bloß nicht wieder auffallen.

Die große Wanderung der Pinguine ist ein voller Erfolg. Wenig später steht die ganze Schar am großen Gartenteich. Langsam watscheln die Vögel zur Wasserkante. Hungrig linsen sie durch Kolben, Schilf, Binse und Kalmus.

Dann ist die Aufregung unter den Vögeln groß. Da blitzt Flossenfutter zwischen den Wasserpflanzen. Und als die Pinguine immer dichter kommen, wimmeln zwischen den dicken roten Brocken auch noch viele kleine schwarze Fische. Sättigungsbeilage für hungrige Frackträger ... wenn da nicht das alte Problem wäre: Wer macht sich jetzt als Erster nass?

Linus hat sich diesmal etwas abseits hingestellt. Denn wenn jetzt wieder dieses Geschubse und Gedrängel am Ufer los geht, will er nicht zwischen dem bärenhohen Federvieh stehen. Sonst platscht der blaue Pummelvogel mit in den Wellen. Und so richtig wasserfest ist so ein Tarnumhang aus Papier dann doch nicht.

Unruhig trippeln die schwarzen Vögel am Uferrand hin und her. Noch suchen sie diesen mutigen Dussel, der zuerst ins Wasser geht. Aber mit jedem Fisch, den sie sichten, werden sie ungeduldiger. Wenn so ein Pinguin doch so ein Mutvogel wäre, wie ein Fischreiher. Der geht sogar allein im Teich auf Angeltour. Doch so wird noch geschoben und gepiesackt: Also los, spring! Mach doch selber! Hol dich die Robbe! Eben nicht!

Der weltbeste Frackvogelexperte ist nicht zu halten. Er muss dringend ins Haus, um den anderen Bären von seinen Abenteuern und Entdeckungen zu berichten. Pinguine haben Hunger und sie mögen Fisch. Wahrscheinlich nicht nur die roten sondern auch die buntgescheckten Japanflossen. Hoffentlich haben die schwarzen Fischfreunde den Teich noch nicht leer gefressen, bevor er wieder zurück kommt. Wenn er diesmal den Fotoapparat bekommt, dann könnte er knipsen, wie der Fisch zappelt und in der Sonne blinkt, bevor er im Schnabelschlund verschwindet.

Das mit dem Fotoapparat wird schwierig, denn Lausebär sagt sicher, dass es immer noch keine Unterwasserkamera ist. Und er muss Anna davon überzeugen, noch viele von diesen bunten Teichfischen zu kaufen. Damit seine Pinguine auch in den kommenden Tagen mehr Farbe im Speiseplan haben.


Fotos: W.Hein

Linus ist ein Rica-Bär aus Detmold
Die Frackhorde kam wirklich übers Meer -
aber aus trägen Hitze der schwülwarmen Philippinen,
denn dort lässt die Hansa Inc. aus Australien fertigen.


Freitag, 15. April 2011

Die Frack-Horde



"Das musst du sehen!" Heftig zupft der kleine Bär
unterwegs an
Lausebärs Jackenzipfel. "Ich weiß
auch nicht, wo sie hergekommen
sind ... aber
plötzlich sind sie da!"

"Hier! Hab ich's nicht gesagt: eine ganze Frackhorde
steht da
im Garten!" Linus zeigt aufgeregt auf die
schwarzweißen
Gestalten auf der Betonfläche.

Auch Lausebär staunt nicht schlecht. Das sind doch Pinguine,
die da beim Aluteich angekommen sind. So hat sich der
große
Bär die Sache mit der globalen Erwärmung der Erde
nicht vorgestellt.
Pinguine gibt es sonst rund um den Südpol,
wo es eigentlich immer kalt
bleibt. Oder wollen diese Friervögel
hier rechtzeitig für die
kommenden heißen Sommer trainieren?

Die großen Nichtflieger fühlen sich in der frühlingshaften
Gartenluft
anscheinend ganz wohl. Denn sie watscheln
ganz entspannt am Wasser
lang. Stupsen sich ein wenig,
wenn sie sich zu nahe kommen, und ein
leises Schnattern
liegt bei so vielen Vögeln in der Luft. Aber so richtig
in
Schweiß kommen sie dabei offensichtlich nicht.

Aber wie die Pinguine ausgerechnet in ihren Garten kommen, das weiß Lausebär auch nicht. "Sie können ja noch nicht einmal
fliegen." Der kleine Bär hat da eine Idee: "Vielleicht sind das
Zugvögel
und sie haben ein Bahnticket."

Da ist sich der große Bär nicht so sicher. Denn auch wenn das schicke Federkleid der schwarzen Schnabelträger von
vielen Frack genannt wird, haben diese Vogelanzüge doch
überhaupt keine Taschen für Fahrkarten.

"Ein Pinguinhemd hat keine Taschen?" Das will Linus gleich überprüfen. Und bevor Lausebär noch etwas sagen
kann,
stapft der Jungbär schon auf die Frackträger zu.

"Sei bloß vorsichtig, Linus!" warnt der Große. "Das
sind immer noch wilde Tiere und kein Streichelzoo."

Der kleine Petz lässt sich nicht mehr aufhalten. Er wird
diese komischen Anzugvögel schon noch kennen lernen.
"Die sind doch ganz harmlos." Und wegfliegen wie die
anderen Gartenvögel werden die garantiert nicht.

Im ersten Moment watscheln die großen Nichtflieger so
schnell es geht davon. Denn Pinguine sind in Wahrheit
keine großen Helden. Zuhause am Südpol drängeln sie
sich oft dicht zusammen, bis einer aus der Reihe und
von der Eisscholle ins Wasser fällt. Und wer dann 

gezwungenermaßen den Anfang beim Schollenentern 
machen muss, wenn es wieder an Land geht.

Aber bald merken die bärengroßen Vögel, dass Linus
nur allein ist. Und so beginnen sie aufgeregt, den vorwitzigen
Abenteurer einzukreisen. Die ersten Rufe werden lauter und
sie bleiben dicht beieinander, als sie immer weiter heran
rücken. Ein erster Vogel wirft sich auf den Bauch und wagt
sogar den Bär anzuzischen.

"Ich glaube, die schöpfen dieses Argdings," ruft Linus.
"Die schöpfen was?" Lausebär hat den kleinen Bär nicht
verstanden, da die großen Vögel immer lauter schnattern und krächzen. "Na, Argbums!" Arrg! Arggh! echoen die
erregten Schnabelträger.

Eigentlich meint Linus ja den Argwohn, wie bei den Bienen vom
fliegenden
englischen Pu-Bären. Aber das ist jetzt auch egal,
denn die
schwarzen Vögel schieben sich inzwischen immer dichter
an den vorlauten
Bären ran. Der versucht langsam Schritt für
Schritt rückwärts
wieder von der Betonfläche zu kommen.

Als er endlich am Rand ankommt, dreht er sich ganz
schnell um
und stürmt schreiend davon mit: "Hilfe!
Lausebär! Hilfe!"
Linus flieht, so schnell er kann.
"Die Riesenvögel greifen an!"
Wenig später: "Die hacken
bestimmt mit spitzen Schnäbeln."
Und nach einer
kurzen Pause: "Das ist doch klar, oder?"

Lausebär beruhigt den kleinen Bären: "So gefährlich sind
Pinguine gar nicht." Er zeigt auf die heftig schnatternde
Vogelgruppe, die dicht gedrängt an der Betonfläche
zurück geblieben sind. "Deine laute Flucht hat sie erschreckt.
Aber ich hatte dich gewarnt, so einfach hin zu laufen.
Da bekommen die doch Angst."

"Die haben auch nur Angst?" Der kleine Bär fasst einen Plan:
"Wenn die nicht böse sind, dann komme ich wieder." Schnell
zieht er den großen Bär ins Haus. Lausebär muss ihm helfen
und das ganz schnell, bevor die Vögel wieder weg sind.

Es dauert aber doch fast zwei Stunden,
bis der weltbeste Pinguinforscher wieder
zurück in den Garten kann.

Aus altem Zeitungspapier haben die beiden Bären einen
Pinguin-Anzug für Linus gebaut. Lausebär hat aufgepasst,
dass der Alleskleber aus der Tube auf dem Papier und nicht
im Bärenfell gelandet ist. Das war nicht einfach, da der
allergrößte Vogelkundler für Watschelvögel eigentlich
überhaupt keine Zeit hat.

Aber der großmächtige Herr der Tarner und Täuscher musste
auch noch warten, bis die Farbe getrocknet ist. Damit die
Pinguine diesmal nichts schöpfen, haben sie den Papieranzug
noch dunkel angemalt. Doch Linus findet Dunkelblau viel edler
als ein tristes Schwarz: "Das ist immer noch ganz doll pingimäßig!"
Lausebär sieht den kleinen Bären siegesgewiss davon stapfen
und schüttelt den Kopf: "Eigentlich sieht er eher aus wie ein sehr,
sehr pummeliger Eisvogel ..."

Der wohlgenährte Falschvogel schwenkt jetzt seinen
Riesenschnabel in alle Richtungen. Er ist im hinteren
Garten angekommen. Diesmal will er sich zuerst vorsichtig
einen Überblick verschaffen. Bevor ihn wieder eine wütender
Watschelvogelangriff überrascht. Aber er muss schon blinzelnd
unter dem Kopfschmuck hervorlinsen, denn für Extra-Gucklöcher
hatte der ungeduldige Federforscher keine Zeit.

Zum Glück ist die ganze Frackhorde noch da. Dem kleinen Bären
schlägt das Herz bis zum Hals. Wird es diesmal gelingen, sich
unter die Vögel zu mischen? Oder muss er dann wieder fliehen?
Denn das wird mit dem Papieranzug ganz schön schwierig.

Längere Zeit beobachtet der große blaue Papiervogel
das liebe Federvieh. Dann fasst er allen Mut zusammen
und
tritt auf die Betonfläche.

Er beginnt sich unter die großen Vögel zu mischen. Ganz langsam
und ganz vorsichtig. Jetzt keine hektischen Bewegungen. Er
krächzt leise und hofft, dass das irgenwie nach pinguinisch klingt.

Die frisch eingewanderten Südpolen beäugen neugierig
den Neuankömmling in ihrer Mitte, der immer eifriger
mitschnattert. Vielleicht etwas dick und ein unverständlicher
Fremdsprachler, aber immerhin hat er einen Schnabel und
zwei stattliche Flügel.

Das ist schon eine tolle Tarnkappe. Linus ist jetzt
mitten unter den Wildvögeln und alles bleibt ruhig.

Es klappt! Linus straht wie ein Honigkuchenpferd.
Er sitzt mitten zwischen den großen dunklen Vögeln.
Und die schöpfen nix! Kein Argdingsbums und nichts
anderes! Doch was macht so ein berühmter
Vogelforscher jetzt eigentlich?


Fotos: W.Hein

Linus und Lausebär sind Rica-Bären aus Detmold.
Dort gibt es sicher auch nur sehr selten Pinguine.
Diese hier kommen eigentlich aus Australien von der Hansa Inc.
Und die schicken diese Plüschvögel so über den großen Teich,
dass sie hier leicht muffig ankommen und erst im Garten
auslüften müssen.