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Montag, 12. April 2021

Hier kommt die Eierbahn

 

Es gibt wohl nicht viele, die wissen wollen, was Mäuse am Ostertag treiben. Für die wenigen gibt es hier einen Nachbericht…

Dafür müssen die Osterhasen aber sehen, dass sie von hier verschwinden. Bis heute morgen haben sie noch Züge mit Ostereiern bestücken lassen, die hier in den Fabriken, gefärbt, gekocht, bemalt oder aus Schokolade gegossen und umwickelt worden sind.
 
Doch nun sind alle Nester bestückt … und wenn nicht … ist es jetzt auch zu spät. und jetzt wird es wirklich Zeit zu gehen, bevor die anderen kommen.

Die anderen das sind die Besucher, die hinter die Kulissen sehen wollen. Die sehen wollen, wie die Osterhasen diesen ganzen Osterrummel organisieren. So sind Alice und Jack begeistert, wieder im Land der kleinen Menschen zu sein. Vor einigen Wochen haben sie hier schon mal die Stadt besucht

Victoria ist froh, dass alle endlich wieder einen Ausflug machen können. Und beim letzten Besuch sind sie nicht bis zu den Fabrikationsanlagen vorgedrungen – sie sind in der Innenstadt hängen geblieben, weil immer jemand sich vertändelt hatte.

Deshalb behält sie heute ihren Albert im Auge, der dafür immer wieder nervös auf seine Uhr schaut, ob denn diesmal die Zeit reichen wird. Wenn die Sommerzeit ihnen doch schon eine ganze Stunde geklaut hat.

Jack wuselt aufgeregt über die Gleise. Hier gibt es ja so viel zu entdecken und das Meiste sieht ausgesprochen lecker aus.

Auch Pink ist begeistert: Das ist ihre Farbe! Schade, dass es das Ei nicht rechtzeitig in ihr Nest geschafft hat und hier noch am Haken baumelt.

"Vorsicht Jack!" Alice wird hektisch: "Runter von den Gleisen." Plötzlich saust ein Schweineschnäuzchen über die Schienen und bring neue Arbeiter zur Eierschicht.

Wo ist der kleine Matrose geblieben? Kaum ist die eilige Saunase wieder verschwunden, ist auch Jack wie vom Erdboden verschluckt. Nur ein Stapel mit Kisten ist umgestürzt. Besser Alice richtet die wieder auf, bevor noch jemand kommt und sie zur Ordnung ruft.

Plötzlich taucht Jack wieder hinter den Güterwagen auf. Er springt von Wagen zu Wagen und untersucht die Fracht ganz genau. Dieser Schlaumeier: Schoko-Hasen in Goldpapier und Krokant-Eier sind hier noch dicht an dicht gestapelt. Wenn Ostern jetzt quasi gelaufen ist, braucht die doch niemand mehr. Das Haltbarkeitsdatum hält doch sicher nicht bis ins nächste Jahr. Da könnte er doch sicher massig naschen und danach noch eine Tüte voll nach Hause nehmen. Oder zwei, wenn Alice sie tragen würde. Statt immer nur die Bedenken …

Wenig später fliegt ein silberner Pfeil über die Schienen. Jack und Alice sind schwer beeindruckt. Das ist doch viel sausewindiger als so ein Vorortkriecher.

Der Propeller am Heck treibt das Geschoss an. Kein Wunder, wenn der Schienenzeppelin an ihnen vorbeifliegt, um im nächsten Tunnelportal zu verschwinden.

Überall wohin das Mausemädchen blickt, überall wird von den Arbeitern viel gewunken. Das liegt wohl an den schweren Maschinen, schnaufenden Kränen und lärmenden Flurfahrzeugen. Die kann man nur mit großen Gesten steuern und es sieht auch viel gewichtiger aus, als wenn man(n) mit einer Fluppe in der Ecke steht.

Pink ist enttäuscht. Diese Wagons müssen doch die Tankwagen für die Eiermalfarben sein. Leider kann sie von außen nicht erkennen, ob es türkis, sonnengelb oder kaminrot sein könnte, wenn alles in pechschwarzen Behätern angeliefert wird.
 
Auch ihre Freundinnen können ihr nicht helfen. Wenn in einem Wagon eine pinke Brühe schwappt, von außen ist nichts zu erkennen. Aber wahrscheinlich wäre der Tank auch längst geleert. Und die Farbe auf unzähligen Eiern und zahllosen Dekoholzhasen verteilt. Was machen sie also noch hier?

Buttercup steht plötzlich allein bei den Güterwagen. Wo sind ihre Freundinnen geblieben?

Pink untersucht inzwischen die Schuppen. Vielleicht liegen hier noch ein paar pinke Dekostücke, die niemand braucht. Noch ein paar Eier oder Nester. Doch bis jetzt sind alle Baracken leer. Die haben hier offensichtlich alles, was sie hatten, schon im Sichtbereich verteilt.

Valentina schaut inzwischen dem Verladern zu, die darauf warten, dass die kleinen Rangierloks frische Güterwagen zur Rampe bringen.

Buttercup ist froh, als sie Valentina in den Backsteinschluchten entdeckt. Doch kaum ist sie einen Moment abgelenkt, ist die rote Maus schon wieder zwischen den Hallen abgetaucht.

Auch wenn in den Hallen immer noch die Schweißlichtbögen flackern, diese rohen Eier werden 'hässliche Entlein' bleiben und keine schönen Ostereier mehr werden.

Victoria hat genug gesehen. Irgendwie ist hier alles staubig und schmuddelig. Dieser Dunst, Staub und Dreck vieler Jahre überzieht hier alle Gebäude, die wenn sie nicht aufpassen noch zu 'Lost Places' werden. Es ist schon erstaunlich, wie alles, was hier in diesem Siff und Sott verladen worden ist, in ihrem Haus so nett, so sauber und so adrett aussehen kann. "Es wird Zeit, wir brechen auf!"

Nur Jack kann sich schwer losreißen. Er würde gern noch ein paar Güterwagen filzen. Denn umso länger er wartet, umso mehr Güterwagen verlassen die Fabrik, werden von den kleinen Dieselloks zu den Abfahrtpunkten geschleppt.

Dann übernimmt die Schnellzuglokomotive und bringt die süße Fracht in die Ferne. Eigentlich nur bis zum nächsten Schattenbahnhof, wo er verdeckt auf die nächste Fahrt wartet und die Fracht zum Beispiel mit Muttertagsgeschenken getauscht werden kann.


Idee: S.Schneider       Szene und  Fotos: W.Hein

Die Osterfabrik hat jetzt viele Jahre, eigentlich Jahrzehnte in Kartons geschlafen zusammen mit den Stromlinienlokomotiven und dem Schienenzeppelin. Und dann kam endlich die Aufgabe, Ostereier für die Hasen im Kleinen in großen Mengen zu produzieren. Inzwischen sind die Produktionsanlagen schon wieder von Pappe umschlossen.

Kaum sind die Mäuse weg  – bis auf die eine, die sich mal wieder verlaufen hat und noch ihre Freundinnen sucht. Kaum sind auch die Mäuse weg, versinkt die Gebäude wieder im Dornröschenschlaf bis zum nächsten Ostern. Oder die Monster kommen und starten die Fratzen-Kürbis-Produktion. Denn die Drachen setzen auf die neue Seidenstraße und 3D-Drucker unter jedem Weihnachtsbaum, der dort gleich die Geschenke mit Geschenkkarton und Schleife frisch ausdruckt.


Samstag, 3. April 2021

Hasen im Stress


Es wird auch dieses Jahr wieder knapp werden. Ostern kommt dann doch immer etwas plötzlich. Wenn jetzt das große Ei nicht endlich auf die Bahn kommt, bleiben morgen die Nester doch noch leer. Dabei hatten die Hasen dieses Jahr ein großartige Idee.

Sie lassen die bunten Eier von der Farben AG gleich in Massenproduktion kochen und färben. Damit sie keine lahmen Pfoten vom Malen bekommen. Doch die Lieferketten der Großindustrie sind inzwischen lang und eng getaktet. Da kann ein querliegendes Schiff im Suezkanal alles in Verzug bringen.

Da werden sie im nächsten Jahr früher anfangen lassen oder sie suchen sich einen größeren Lieferanten. Mehr Werkhallen und vielleicht auch nicht ganz so winzige Mitarbeiter...


Idee: SchneiderHein   Fotos: W.Hein

Es ist ja schon eine Tradition, dass die drei Osterhasen jedes Jahr nach neuen Wegen suchen, wie sie dem Osterstress entgehen können. Und jedes Jahr gelingt es nur bedingt.
 

Sonntag, 31. Januar 2021

Ganz groß rauskommen

 

"Was ist bloß eine Kreidler-Florett?" Albert kennt wirklich alt-ehrwürdige Dinge, weit vor Jacks Zeit. "Und wieso ist das ein kleiner Tierfreund?" Nun, klein stimmt ja wirklich. Jack wundert sich noch, was alles am Bahnübergang knattert, als plötzlich die Schranken herunterklappen, weil der Zug sich nähert.

Das ist ja nur eine Mini-Lok mit ein paar Güterwagen. Wobei Mini hier noch mal Mini ist. Victoria hat alle vom Sofa gescheucht, weil ihr die Decke zwar noch nicht auf den Kopf fällt, aber doch schon immer näher kommt. So stehen sie jetzt in einer Miniatur-Welt, in der endlich mal die Kleinen ganz groß sind. Die Mäuse überragen hier alle Bewohner, sie sind mit Gullivers Riesen-Reisen auf Städtetour.

Und hier gibt es so viel zu entdecken. Albert schaut auf den beigen Lieferwagen und wundert sich, wie ein simpler Blechkasten auf Rädern dennoch "Schutz im Atomzeitalter" bieten kann. Victoria entdeckt den berühmten Handkarren aus den Fragebögen ihrer theoretischen Führerscheinprüfung. Dieser hat dort immer Vorfahrt an den Kreuzungen, außer wenn er von links kommt … ein Stoppschild ihn erwartet … er bei Regen unterwegs ist … er nüchtern ist, aber einen Henkelmann mitführt … Ach, ihre Prüfung ist zum Glück schon lange vorbei. Sie fährt ja nur noch das Auto

An der Schule gab es einen Großeinsatz der Feuerwehr. Die Schüler freut's, wenn die Schule angekokelt ist und der Unterricht ausfallen muss. Das ist inzwischen doch ganz anders geworden. Wer zuhause wochenlang dank Corona in Heimschulung bleiben muss, wäre froh, wenn er wieder eine normale Schulbank drücken dürfte.

Jack entdeckt den Bankräuber auf der Flucht. Der Polizist droht sicher mit einer einstweiligen Erschießung. Für einen erfolgreichen Überfall hätte der Räuber besser den Fluchtwagen direkt vorm Eingang geparkt.

Der Zug dreht schon eine weitere Runde, doch die vier Mäuse sind immer noch nicht viel weiter gekommen.

Rosa hat sich dafür in den Hinterhöfen verirrt.

Buttercup, Pink und Valentina sind begeistert. Die drei Mädels laufen als riesige Verkehrshindernisse mitten über die Kreuzung. Da kann der Polizist in seinem Hochsitz noch so viel mit seinen Armen fuchteln, hier müssen selbst Busse und Lastwagen halten, wenn die Mäusemädchen kommen.

Die Jungens schauen da lieber dem Schützen zu, der auf die Tauben an der Dachtraufe anlegt.

Zwei Katzen schauen interessiert dem Gewusel auf den Straßen zu. Dabei meinen sie nicht die ständigen Miniatur-Bewohner. Die sind ungenießbar – das haben sie schon probiert. Aber überall laufen hier leckere Mäusebraten durch die Stadt.

"Pst, Marcu, wir dürfen doch keine Mäuse mausen." Der Siamkater möchte keinen Ärger. "Das gilt sicher nur für zuhause. Hier speisen wir doch auswärts."

Davon ahnen die Mäuse nichts: Albert schaut sich die Filmaufnahmen vor der Bezirkszentrale der SED an. Der IFA-LKW wartet im Hintergrund, auch wenn der Rest der Straße schon im Westen liegt. Mit einem Filmteam kann hier natürlich alles passieren: Da könnte sogar niemand eine Mauer bauen wollen. Oder um die Ecke wartet eine lange Schlange vorm Konsum und aus der Kantine duftet der Broiler.

Jetzt wären die drei Mausemädchen gern auch so klein wie die wartenden Besucher vor dem Kino. "Sissi" seufzt Valentina. Da würden sich die drei sofort in die Kinosessel quetschen wollen – mit einem riesigem Eimer Popcorn und einem noch größerem Paket Taschentücher.

Sehnsüchtig blicken die Mädels auf die kleine Kasse und linsen durch den Eingang, ob sie nicht doch einen Zipfel der Leinwand erhaschen können. So merken sie gar nicht, dass ein Schatten auf sie fällt.

"Nicht schon wieder!" jammert Valentina, als sie die Krallen spürt und plötzlich in die Luft geht.

"Das geht nicht! Setz sie sofort wieder runter!" herrscht Victoria den verdutzten Kater an. "Ich hab's gewusst," murmelt der Siamkater. "Das ist ein Vergnügungspark für alle," ruft die wütende Mausedame: "Und es ist kein Vergnügen, wenn man dabei selbst auf der Speisekarte landen soll." "Ich hab' aber Hunger," verteidigt sich Marcu. "Dann hättet ihr euch eben etwas mitbringen müssen." Victoria lässt sich auf keine Diskussionen ein. "Das haben wir schon aufgegessen." "Trotzdem nein!" Widerstrebend setzt der Kater Valentina wieder ab. Doch Victoria ist noch nicht fertig: "Wo sind eigentlich eure Masken?"

Puh, da sind sie noch mal davon gekommen. Auch wenn maus in diesen Straßen eine Riesin ist, gibt es leider auch hier Riesen, die noch viel, viel riesiger sind.

"Warum haben wir keine Masken?" Der Siamkater hat sich auch schon gewundert. "Wie soll ich denn etwas schnabulieren können," schimpft Marcu, "wenn ich einen Stofffetzen vor dem Mund habe." Darauf kann der kleine Kater verzichten. Und auf zänkische Mäusemütter mit Haaren auf Zähnen auch!

"Jack, komm von der Schranke weg!" Der kleine Matrose will doch wissen, warum die Metallstangen überhaupt rechtzeitig klappen können. "Los beeil dich, bevor der Zug kommt." Widerstrebend folgt der Junge, während Victoria voranstürmt. Sie haben doch nicht den ganzen Tag Zeit, und es gibt noch so viel zu sehen. Auch wenn hier alles so winzig ist, sie müssen endlich ein paar Straßen weiter.

Ach ja, Straßen … die würde Rosa auch gern sehen. Jetzt ist sie schon zum dritten Mal an dieser Ecke und irrt immer noch durch die Hinterhöfe …


Idee: SchneiderHein      Fotos: W.Hein


Manchmal ist es an der Ausstattung zu sehen: Es gab schon Minitaurwelten vor den Mäusen – auch wenn diese Welten lange Zeit schliefen. Nun kam der Wunsch auf, die Eisenbahn ein wenig zu lüften. Auch wäre es schön, wenn silberne Schnellzüge hier schon durchzischen könnten. Doch das wird noch etwas dauern, denn auch wenn hier alles um den Faktor 87 geschrumpft wird, ist eine funktionierende Gleisanlage ein echter Platzfresser. So gibt es vorab erst einmal eine Art "Madurodam", eine begehbare Miniaturstadt für Mäuse und Katzen. Oder einen anderen Mini-Harz mit etwas Ostalgie-Charme. Auch grauen Katzen sind hier schon durch die Straßen spaziert. Es ist erstaunlich, dass dabei nur so wenig umgekippt oder verschoben wird.

Finja auf spitzen Pfoten