Dienstag, 17. Dezember 2019

Himmelhoch wütend



"Das ist doch eine turmhohe Unverschämtheit"! Die Herzkönigin stampft wütend mit dem Fuß auf: "So ein himmelhochschreiender Unsinn!" Sie reißt entrüstet die Arme nach oben: "Eine hochgradige Majestätsbeleidigung …" Sie muss ihre Krone festhalten, die schon gefährlich zu rutschen beginnt. Und damit meint sie nicht den weißen Hasen, der wenn er immer hinter der Herzkönigin steht, ihr Hasenohren für den vorderen Hofstaat aufsetzt.

Die Hofdame ist tief entrüstet. Sie weiß ja auch nicht, wie denn ihre Herrin in solch so eine missliche Lage kommen konnte. Da ist es auf jeden Fall besser, sich gleich auf die Seite der Herzkönigin zu schlagen.

Die fährt inzwischen die Herolde und die Herzwache an. Die hätten doch besser aufpassen müssen, damit ihre Königin nicht in so eine hochnotpeinliche Situation gebracht wird: "Wenn das einreißt, lass ich euch kreuzweise die Karos piken!"

Das Wetter ist mild, ihre Majestät der Herzen hat sich so auf ihre Partie Krokett im Garten gefreut. Natürlich wollte sie dafür einen königlichen Schläger haben, der über die anderen herausragt. Aber das ist doch eine haushohe Übertreibung! Wie soll sie denn mit einem Riesenflamingo spielen? Sie kann ja noch nicht mal richtig die Füße umfassen. Geschweige denn damit einen ordentlichen Schwinger raushauen.

Die Königin stürmt auf Alice zu. Sie zeigt auf den Flamingo im Arm: "Das ist doch ein vernünftiger Schläger für den Igel. Damit spielt man im Wunderland Krokett!" Alice ist vollkommen verdattert, dass die Königin sie plötzlich anspricht.

"Wollt … Dero Gnaden … äh … wollt Ihr meinen Vogel?" stammelt Alice. "Ach nein, meine Liebe, sie werden schon einen Schläger für mich finden," gibt sich die hoch erregte Monarchin großmütig. So ein Mädchenvogel ist dann doch etwas gewöhnlich. Er hat ja nicht mal ein Diamantenband um den Hals oder Hermelinstulpen an den Fesseln. Auch könnte er ein paar Zierfedern vertragen. Wenn sie so jemand mit einem Allerweltsflamingo spielen sieht! Da weiß der kugelige Igel doch gar nicht, dass er – egal wie ihn kokett der königliche Schnabel trifft – durchs das siegreiche Tor rollen muss. "Ich warte."

Die Königin wartet. Oje, die Situation wird immer unangenehmer. Die Herolde sind ratlos. Sollen sie jetzt eine Fanfare schmettern oder sich lieber rechtzeitig in die Büsche schlagen. Sie wissen doch auch nicht, warum der königliche Schläger so aus der Form geraten ist.

Der Hofstaat überlegt. Wenn man den Vogel in einen Vollwaschgang steckt, vielleicht läuft er dann ein. Warum sind diese 'Trink-mich'-'Iss mich'-Dinge nie zur Hand, wenn ein weißes Kaninchen sie so dringend benötigt? Damit schrumpft doch alles rasend schnell auf eine brauchbare Größe – gerade dann, wenn man nie Zeit hat.

"Tut endlich was ... in höchstmöglicher Geschwindigkeit!" Die Herzkönigin hat keine Zeit, auch wenn ein weißes Kaninchen sie sich gerade jetzt gern nehmen würde. "Schafft das Riesending vom Spielfeld!" So wird sie nie ins Spiel kommen: "Kein Königreich für einen Schläger!" Ihre Majestät ist zwar ungehalten, aber kann deswegen noch rechnen. So hoch ist die Inflation im Wunderland noch lange nicht, dass sie für ein paar rosa Federn ihr Reich opfern würde. Dann rauscht sie mit dem Hofstaat davon und kommt erst wieder, wenn diese monströse Zumutung eine vernünftige Größe erreicht hat.

Zurück bleibt ein Flamingo im rosa Flaum, der die ganze Aufregung nicht versteht. Wenn hier doch nicht gespielt wird, geht er nun in die Winterpause. Er wäre ja neugierig gewesen, was es mit mit diesem 'Krokett' auf sich hat. Um hier nun weiter auszuharren, ist es mit nackten Stelzen auf Dauer zu kalt im Garten. Und ob sich ein Flamingo am Sport beteiligen sollte, wird er in Ruhe im Frühjahr entscheiden.


Idee: SchneiderHein     Fotos: W.Hein    
Vorlage für die handelnden Personen: Lewis Carroll – Alice im Wunderland     
Die Wunderländer: Deb Canham     Flamingo Psili: Hanne Mahnke 

Psilli wird sicher der letzte Dauergast aus der Bärenhöhle Mahnke in Hannover, der in unser Haus und Garten gekommen ist. Nachdem das Ladengeschäft schon im letzten Jahr geschlossen wurde, endet zum 31.12.2019 auch der Onlinehandel. In der letzten Angebotsrunde sass noch Psili zwischen den Internetangeboten. Er ist als Flamingo die Vorlage für eine Bastelpackung von Hanne Mahnke. Der rosa Vogel hat noch geholfen, die letzten Bastelverpackungen seiner ungeschlüpften Geschwister an die Frau zu bringen, dann durfte er zu uns. Eigentlich war es ursprünglich sein hellerer Bruder – doch der ist in dem ganzen Schlussverkaufs-Stress in das falsche Paket gehüpft. Und wir haben Psili, den Zweiten bekommen. Der erste Flamingo (nach dem allerersten noch kurzbeinigen, kleinschnabeligen Urmodel), der seine Form gefunden hatte. Sein dunkleres Federkleid ist auch viel echter. So hätten auch die Vorbilder ausgesehen, die Hanne Mahnke auf Samos am Psili Ammos Beach in einem Frühjahr gesehen hat. 

Es ist schön, dass Psili der Endpunkt unserer Bärenhöhlengeschichte geworden ist. Es ist aber auch traurig, dass sie jetzt endet. Denn ohne die Mahnkes und ihre Bärenhöhle würde hier vieles bei uns ganz anders aussehen. Wahrscheinlich gäbe es die ganzen Geschichten und und den Blog gar nicht, weil die Initialzündung zu anderen Bären als den Kaufhausbären von Steiff gefehlt hätte. Die bleiben wirklich immer ein wenig steif und hätten wahrscheinlich gar nicht so viele Geschichten gebraucht. Auch die erste Maus von Deb Canham kommt aus der Bärenhöhle.

Vielen Dank dafür an Hanne und Peter Mahnke aus der Bärenhöhle! 

Und ein leises Servus.



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