Mittwoch, 25. März 2020

Bienenwerk



Lina schwitzt, direkt in der Sonne hat diese schon richtig Kraft. Aber im Schatten ist es noch empfindlich kalt, da hüpft die kleine Häsin so schnell es geht wieder in den nächsten Sonnenflecken.

Das ist doch verrückt, wenn es bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlos blauem Himmel eigentlich noch so kalt ist. Dabei stehen überall bibbernd die ersten Frühlingsblüher und warten auf eifrigen Insektenbesuch. Doch denen ist es vielleicht auch zu frisch. So hat Lina beschlossen, die Bienen zu den Blüten zu bringen. Und das ist mehr Plackerei, als sich das kleine Langohr vorgestellt hat.

Der Fuchs im Beinwellfeld nimmt die Besserwisserbrille ab und schüttelt nur den Kopf. Wie will denn ein Hase den Bienen beim Bestäuben helfen?

Der Hase Rübe wundert sich dagegen mehr über Linas dünnes Sommerkleid. Die kleine Häsin wird sich noch verkühlen und dann mit einer Schnuppennase das Bett hüten müssen.

Dann soll der große Hase doch helfen. Wenn Lina und die Biene schneller mit dem Bestäuben fertig werden, kann Lina wieder zurück in die warme Stube.

Die weiße Häsin hat die Biene im Haus gefunden. Da gehört sie doch gar nicht hin. Wenn die Blumen und Stauden draußen sind. Jetzt müssen sie das dicke Insekt nur mitten in die Blüten bringen. Hase Rübe zieht und Lina schiebt, damit es schneller geht.

Wenig später kann der Hase auch eine kleine weiße Häsin ziehen. Wenn sie sich auf die Biene setzt und die langen Füße hochziehen kann, werden die viel weniger kalt. So friert sie fast überhaupt nicht mehr. Da kann der Hase in Ruhe den besten Platz suchen, bevor die Biene an die Arbeit geht.

"Stopp!" Lina hebt die Pfote. "Hier ist es gut beblüht." Da kann die Biene schon mal anfangen.

Sie stupst den dicken Brummer. Doch der hängt träge am Boden. "Los flieg!" Aber die beiden Flügel sind eher kleine Tennisschläger und wozu hat eine Biene so große Räder. "Die ist wohl eher ein Bestäuber für Bodendecker."

Hase Rübe hält die Biene schön hoch, damit der schwere Brummer nicht auch noch fliegen muss. Er pflügt mit dem schwarzen Kopf durch die Blütentrauben des Beinwells. Die Fühler wackeln mit den Glockenkelchen um die Wette. Aber sonst passiert nicht viel.

"Ich glaube, die passen nicht zusammen," murmelt der Hase. "Wieso?" Die Häsin spitzt die Löffel. "Blumen und Bienen gehören doch zusammen wie Brot und Butter." Das grüne Langohr schwenkt noch mal in einer weiten Runde. "Die Biene ist viel zu groß für die kleinen Kelche. Wir brauchen wohl ganz kleine Flugviecher."

Lina überlegt, sie hat zwar im Spielzimmer noch eine zweite Biene gesehen. Aber die ist nicht viel kleiner. Da muss sie wohl noch mal suchen gehen und sich vorher lange Socken anziehen.


Fotos: W.Hein

Lina & Hase Rübe: Valdorf Bears; Besserwissfuchs: Evgeniya Sidorenko

Die beiden Hasen wollten eigentlich den Frühlingsblumen im Reitlingstal helfen. Später den Märzenbechern im Eckertal oder den Gelbsternen an der Marienkirche in Ilsenburg. Doch wegen Corona ist es das Beinwellfeld in Meingarten geworden. Schnell erreichbar und dennoch eine Ecke an der Ostgrenze im Garten, die bis jetzt fast nie in den Gartenabenteuern auftauchte.


Dienstag, 10. März 2020

Rosenmontag #8: Straßenfeger



Die Zuschauer bleiben noch, auch wenn der Karnevalsprinz längst durch ist. Es kommen plötzlich Roboter mit Besen und silbernen Mülltonnen und beginnen die Straßen zu fegen. Ist das jetzt noch eine letzte Fußgruppe und Teil des Zuges? Oder doch nur eine Abordnung der städtischen Reinigungs-Betriebe?

Die Blechmänner nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und kehren die bunten Bälle, Girlanden und was sonst noch in den letzten Stunden auf der Straße gelandet ist, zusammen. Spätestens als sogar Kamelle in der Tonne landen sollen, sind sich die wartenden Karnevalisten sicher: Das ist der Kehraus, der keinen Sinn für die wahren Werte des Rosenmontags hat.

Die Mausemädchen sammeln sich zum Aufbruch und verpacken ihre Beute. Die Idee mit den großen Hüten war goldrichtig. Erst hatten sie eine Verkleidung, jetzt können die kleinen Schleckermäuler damit die Süßwaren einsacken und sicher nach Hause bringen.

Die Maschinen brummen dumpf in die hohle Brust. Diese bunten Bälle kleben am Besen und lassen sich nur schwer aufnehmen. Sie müssten so einen riesigen Staubsauger haben und nicht nur den für Feinstaub. Für so einen Fisselkram haben sie überhaupt keine Zeit, so lange alles noch Grobzeug ist. Es ist ja ein Wunder, wie das närrische Gewissen arbeitet: Sich über Feinstaub mokieren, aber einen ganzen Zug voller Dieselmotoren im Schritttempo durch die Straßen scheuchen. Das Plastik im Meer bedauern, aber alle Süßigkeiten in Folie verpacken. Von der Nachhaltigkeit träumen, aber alles für einen einzigen Tag aufbauen, um es dann zu verpulvern. Logische Maschinen würden sicher nie Rosenmontag feiern.

Jetzt müssen sich die Botze mit den ganzen kleinen Narren rumärgern, die sie an der Arbeit hindern. Die eifrigen Mäuse und hungrigen Bären wollen erst noch die Reste nach Essbarem durchsuchen. Bevor alles zu Müll wird. Sind die Lutscher, Kamelle und selbst das Gemüse noch gut? Es ist ja alles sauber in Folie verpackt oder wird geschält und abgewaschen. Einige fragen sogar, ob sie in den Tonnen nicht nochmal 'Mülltauchen' dürfen.

Endlich sind die Mädchen zum Aufbruch bereit. Hier passiert wohl nichts Aufregendes mehr, und ihre Taschen sind reich gefüllt. Dabei haben sie auf die ganzen Suppenzutaten verzichtet und die gesunden Flugobjekte den anderen überlassen.

Rosa überlegt noch, wie sie den vollen Hut nach Hause bekommen soll. An der Krempe schleifen? Sich ein Skateboard ausleihen von den Pomponmädchen? Oder hilft ihr eine andere Maus? Wenn sie dafür ein Päckchen Kamelle abgibt. Aber nicht mehr!


Idee: SchneiderHein    Fotos: W.Hein


So ist es richtig: Teil 1 ist die Ankündigung des großen Ereignisses und Teil 8 ist der Kehraus danach.

"Wie war das noch im Mittelteil?"

Nun der fehlt, wenn dieser Post erscheint. Das Großereignis "Der kleinste Zug" wird hier noch gezeigt, wenn alle längst Fastenzeit haben. (Noch so eine unlogische Sache: Wieso sammelt man volle Taschen voller Versuchungen, wenn danach eigentlich Schmalhans Küchenmeister wird?) Einen ersten Überblick der einzelnen Teilnehmer und Wagen im Zug zeigt aber schon jetzt #heinwerken auf Instagram oder "Wolfgang Hein" auf Facebook. Hier ist das Treiben sogar fast zeitnah veröffentlicht worden … 

Beim Blog bleibt wieder nur die Erkenntnis, dass eigentlich alles im Hochsommer hätte fotografiert werden müssen. Weil nicht nur die Vorbereitung und der Zug selber viel zu viel Zeit benötigt, um mal eben schnell am Rosenmontag vorgeführt werden zu können. Auch das Sortieren, Auswählen und Bearbeiten der Bilder sprengt jeden Zeitrahmen. Und dann gibt es immer noch keine Moderation durch irgendwelche Kommentartoren, die zu jeder Übertragung eines Karnevalzuges gehören. Wer wüsste sonst, dass die Städte auch schon lange vor dem eigentlichen Umzug bestanden, welche Vereine gerade noch mal die Kurve mit der Jugend bekommen haben, was die Gala-Uniformen kosten und anderes - eigentlich nutzloses - Wissen aus den Tiefen des Brauchtums. 


Montag, 9. März 2020

Rosenmontag #7: Oh, ihr Narren des Glücks


Der nächste Teilnehmer am kleinsten Zug gibt einigen Zuschauern Rätsel auf: "Krebs, gutartig"? Was macht denn das riesige Krustentier auf einer schwarzen Knutschkugel mit Rädern? Sorgsam auf dem Dachträger festgeschnallt, wackeln seine schweren Scheren träge in der Luft. 

Da halten die Narren lieber Abstand, in die großen Schneidwerkzeuge möchte niemand kommen. Dabei könnte der Fahrer durchaus Hilfe gebrauchen, kleben doch inzwischen immer mehr bunte Filzbälle an den kleinen Reifen. Wenn das so weiter geht, werden sie bald einen Boxenstopp einlegen müssen, um die bunte Pest aus den Radkästen zu kratzen.

Der rote Riesenkrebs auf dem Autodach ist eigentlich nur der Hinweis auf den nächsten Wagen, deren Besatzung nicht ganz so gutartig ist …

Im Mittelalter kamen die apokalyptischen Reiter Krieg, Hunger, Tod und Pestilenz. In der Moderne sind es Bazillus, Virus, Mikrobe und die eigene Zelle außer Rand und Band. Diese hocken dichtgedrängt auf der Ladefläche und schrecken die kleinen Narren.

So manche kleine Maus versucht sich in Sicherheit zu bringen, wenn der große Schatten sich nähert. "Geh mir weg! Weg mit den Tentakeln!" kreischt sie und nimmt schreiend Reißaus.

Dann stolpert sie und verheddert sich in den Luftschlangen und Girlanden am Wegesrand. Wenn sie jetzt ganz still liegen bleibt, …

… sind auch die pelzigen Unholde bald vorbeigefahren. Warum gibt es im Karneval nicht nur nette Wagen? Das soll doch alles nur 'Spaß' sein.

Und Corona-Viren machen sicher keinen Spaß! Im Gegenteil, sie können doch froh sein, dass die Viren heute nur auf dem Wagen sitzen und noch nicht in der Menge angekommen sind … "Haaaatschi!"

Der Zauberer beugt sich nach vorn: "Wenn das nicht bald besser wird, schaue ich mir den nächsten Rosenmontagszug nur am Bildschirm an." Funktioniert das überhaupt? Gibt es eine wilde Rosenmontagssause, wenn alle nur online zugeschaltet werden und die Stimmung in den leergefegten Straßen vom Band kommt, das blechern über Lautsprecher durch die Gassen schallt? Ein echter Geisterumzug mit ohne Narren?

Der Moschnarch ärgert sich doppelt. Warum muss gerade er direkt hinter dem Virenwagen fahren? Wer weiß, was er sich davon wegholt. Zum Glück wird hier nichts verteilt. Es hätte wohl auch jeder dankend abgewunken. Obwohl, einen Mundschutz, Warenproben mit Desinfektionsmittel und eine Rolle Klopapier hätten nicht nur die konsumfreudigen Hamster zu schätzen gewusst.

Noch viel mehr ärgert sich der Moschnarch, dass er als gekröntes Haupt … gerade nur in einer vorübergehenden Auszeit … dass er als gekröntes Haupt nicht der Karnevalsprinz ist. Irgendein Bürgerlicher hat sich diese Krone geschnappt. Dabei könnte 'Leonidas ohne Land' auf eine jahrzehntelange Expertise als nichtsnutziger Repräsentions-Onkel mit Stammbaum verweisen.

Die Viren verabschieden sich mit den Seuchen der vergangenen Jahren. Es könnte ja trösten, dass offensichtlich immer wieder neue Aufreger gebraucht werden, weil die alten einfach verschwinden. Selbst die Grippeviren mit ihren alljährlichen Tourneen locken kaum noch jemand hinter dem Ofen hervor. Die Elfe auf der Telefonzelle muss sich dennoch erst einmal setzen, als der Wagen endlich durch ist.

Hinter dem muffelnden Monarchen wird es wieder fröhlicher. Erleichtert strömen die Zuschauer wieder nach vorn. Drachenclowns laufen lachend und feixend von einer Straßenseite zu anderen und verteilen Luftballons.

"Ich bin doch beliebt!" grantelt der Moschnarch. "Die Leute es sicher gern gesehen, wenn ich das Amt des obersten Zuglenkers übernommen hätte." Die Menschen jubeln und winken doch, wenn er huldvoll die Pfote hebt. "Hat denn niemand gefragt?" Der Kammerherr am Steuer dreht die Auge nach oben. "Habt ihr auch die königliche Mailbox abgehört?" Als treuer Diener wird er sich diese fassungslose Enttäuschung noch einige Straßenecken anhören müssen. Bis der Zug komplett alle Stationen durchlaufen hat. Abspringen geht nicht, der Moschnarch hat natürlich keinen Führerschein.

Dabei hatte es der Kammerherr für eine gute Idee gehalten, mit dem königlichen Gefährt am Zug teilzunehmen. Der König kommt raus, kommt unter die Leute und kann sich als Speerspitze der Elektromobilität feiern lassen. Unter all den Dieselstinkern. Er konnte ja nicht ahnen, dass es gleich ein Kompetenzgerangel um Kronen und Titel geben würde. Nur weil der hohe Herr sich langweilt und deshalb sich auch dort Aufgaben und Bedeutung zusammenklaubt, wo er besser den Ball flach hielte.

Besonders trifft es Leonidas, dass seine Minister – ohne Rücksprache – an dem Zug als Prinzengarde für diesen Emporkömmling und Thronräuber teilnehmen. Sie fahren hinter den Drachen. Da kann man sie beim besten Willen nicht seinem Gefolge zuschlagen.

Denn auf ein Gefolge von Hanswursten und dummen Augusts, wie es die Drachen bieten, kann ein Moschnarch dann auch verzichten. "Ich degradiere sie alle!" schnauft der König in seinem Golfcart.

Die königlichen Minister ahnen noch nichts von dem Ungemach, das sich über Ihnen zusammenbraut. Sie freuen sich nur über einen neuen Herren auf Zeit, der viel umgänglicher und pflegeleichter ist. Das wird eine Umstellung werden, wenn sie am Mittwoch wieder in den Alltag müssen.

Heute und morgen dienen sie seiner Tollität 'Rattikus dem Ersten'. Als die drei gefragt wurden, ob sie ihre Erfahrungen als königliche Garde auch anderen gekrönten Häuptern zur Verfügung stellen könnten, haben sie sofort zugestimmt. Einen Urlaub vor dem anspruchsvollen Leonidas konnten sie alle gut gebrauchen. Und bei den Narren mussten sie sich nicht groß umstellen. Es mag ja mal als Parodie gestartet sein, inzwischen nehmen die Narren sich in den Vereinen mit ihren Ritualen, Uniformen, Orden und den übrigen militärischen Klimbim viel ernster als die meisten Berufssoldaten.

So tragen die beiden Wagenlenker der königlichen Narretei natürlich ihre Galauniform. Sie achten peinlich darauf, dass 'Rattikus der Erste' ganz ausgewogen in die Menge grüßt.

Es gilt dabei weder den linken noch den rechten Seitenrand zu übervorteilen. Schließlich soll jeder Besucher das Gefühl haben, dass dies der Höhepunkt im Umzug ist. Der Karnevalsprinz fährt am Ende des Zuges und schließt diesen voller Würde ab.

Rattikus ist unzufrieden. Die maskierten Mäuse und Bären am Straßenrand beginnen schon zu tuscheln und nesteln in den Beuteln. Auch brechen die ersten sofort auf, wenn er durchgefahren ist. Er hatte doch mit mehr Interesse und Begeisterung gerechnet. Das nächste Mal nimmt er einen Kleinlaster und zusätzliche Helfer, die noch mal reichlich Bonbons und Kekse unter den abgelenkten Untertanen verteilen sollen. Es wäre doch gelacht, wenn dann die Stimmung nicht wieder ganz oben wäre.

"Ihr müsst grüßen," flüstert die Maus dem Prinzen zu. Doch der ist gerade in Gedanken versunken. Kann er überhaupt im nächsten Jahr alles besser machen? Er ist doch nur für eine Session gewählt. Wie oft kann er wiedergewählt werden? Nur zwei Amtszeiten wie der amerikanische Präsident, oder drei mit Zusatzzahl wie der russische? Wird er dann 'Rattikus, der Zweite'?

Das sind Fragen über Fragen. Da muss er erst einmal nachdenken. So lange können die zwei da vorn für ihn mitwinken …


Idee: SchneiderHein    Fotos: W.Hein

Es ist vollbracht – jetzt werden demnächst die 8 Teilstücke sortiert und alles sauber miteinander verlinkt. Dann beginnt die Planung für den Rosenmontag 2021. Mit 'Rattikus dem Zweiten' oder einem Gegenprinz. Oder es wird ganz basisdemokratisch ohne das ganze königliche Chi-chi. Dabei haben vielleicht gerade diese Demokraten so eine tiefe Sehnsucht nach Königshäusern und Hochadel, dem sie auch aus fremden Ländern begeistert zujubeln und bei allen Familienangelegenheiten intensiv mitfiebern.


Rosenmontag #6: Nachweispflicht zum wilden Treiben


Das passt doch gut zu Victorias Käse. Die Zwillinge schlecken nur schnell das Eis auf. Es gibt Brot und Brötchen kistenweise. Jetzt fehlen nur noch freigiebige Butterkühe (so als "die bunten Muhs") oder wenigstens ein Wagen der Raps-Ernter ("Schmierig in Gelb-Grün i.V.") mit Margarine.

Es sind erst einmal aber die "Bürokratie-Monster," die hier Backwaren verteilen. Ganz korrekt natürlich mit Bon. Und für alle die in den letzten Wochen ihren Bon an der Kasse vergessen haben, bringen sie körbeweise die so verwaisten Bons zu den Zuschauern. Jeder kann sich den passenenden Beleg raussuchen.

Die Begeisterung der Narren am Straßenrand hält sich in Grenzen. Schon wieder herzhaft und dann mit Bonpflicht? Da hätten sich die Monster die aufwendige Wickelarbeit sparen können.

Das nächste Mal nehmen sie lieber Bürolocher und machen gleich Konfetti aus dem Thermopapier. Obwohl dann sicher das Gemaule losgeht: "Das ist ja alles nur weiß – wie öde!" Aber das ist vielleicht auch die Lösung für den Einzelhandel. Bons auf bunten Papier, die Rollen gleich vorgeschnitten und geritzt. Dann bekommt man mit jedem Brötchen gleich einen Satz Miniluftschlangen. Das müssen die "Bürokratiemonster" jetzt nur in eine Verordnung fassen und gleich an die Hersteller von elektronischen Kassensystemen weiterleiten.

Einige Besucher waren doch so vernünftig, an das Frühstück am nächsten Morgen zu denken. Sie entscheiden sich für ein Baguette und lassen das Schwarzbrot gern in der Auslage liegen.

Dann müssen sich die Monster ranhalten und die ganzen Körbe mit Brot wieder weitertragen. Wenn es hier noch keinen reißenden Absatz gab, der Zug durchläuft ja noch viele Straßen. Vielleicht sind die dortigen Narren einsichtiger, dass auch die freien Gaben am Rosenmontag der Nachweispflicht genügen sollten. Damit alles – auch die Freiheit der tollen Tage – doch noch seine Ordnung hat.

Zwischen Netzen und allerlei Meeresgetier rekelt sich eine Meerjungfrau mit ihrem Schuppenschwanz. Ihr Netz quillt aus einer ollen Blechdose für Ölsardinen, die wiederum von einem Gabelstapler durch die Menge gehoben wird.

Die Nixe sieht nicht glücklich aus, dabei hockt sie doch auf einen riesigem Haufen Plastik, das jedes Mal knistert und nachgibt, wenn sie sich rekelt und streckt. 

Vielleicht wäre dem Wasserwesen das korrekte Mikroplastik lieber gewesen, es wäre sicher weicher und bequemer. Aber die Wagenmacher haben gedacht, dass die Zuschauer das Mikroplastik vielleicht nicht erkannt hätten, weil es ja so winzig ist, dass es unsichtbar verschluckt wird und überall in den Körper gehen kann. Und außerdem gibt es inzwischen auch die riesigen Plastikstrudel mitten in den Ozeanen mit Makroplastik. Da kann man es zusammen mit dem Beifang auch mal abfeiern. 

Eigentlich wollte der Gabelstapler noch Finn, den weißen Hai ohne Flossen zeigen. Aber dann hat der Staplerfahrer lieber den Wagen der Raben angekoppelt. Den schwarzen Vögeln war zu Beginn des Zuges ihr Trecker verreckt. Ohne eigene Zugmaschine hätten sie nicht am Umzug teilnehmen können: Ihr Wagen ist so hoch beladen und die Raben sind so schwer geladen, dass sie ihr Motto nicht nur mit Rabenkraft hätten ziehen können.

Schwer geladen klingt für die hungrigen Mäuler am Wegesrand verheißungsvoll. Aber die Raben sind doch alte Landwirte. Da ist es wohl wieder Essig mit dem Süßkram.

So ist es – es gibt doch nur wieder Nachschub für Brot, Möhren und Käse. Die Elfe oben auf der Telefonzelle verkündet als erste die betrübliche Nachricht: "Ich sehe nur Gemüse. Das aber in rauen Mengen."

Die Raben haben den Schnabel voll. Wenn sie für ihr Gemüse von den Discountern noch nicht einmal das Geld bekommen, das sie selbst aufwenden müssen, um es anbauen, dann … ja dann können sie es auch verschleudern. Und das machen sie jetzt auch!

Nur die Maus mit Hasenohren ist begeistert von noch mehr Gemüse. Sie mag nicht nur Karotten und freut sich, wenn sie für das Gemüse nun noch nicht mal mehr Centpreise zahlen muss. "Ich achte immer auf die Sonderangebote. Das lohnt sich."

Kein Wunder, dass die Raben murren: "Geschenkt ist noch zu billig!" Vielleicht merken es jetzt alle mal, dass es so auf Dauer nicht funktionieren kann - wenn sie die ganzen Gerippe auf dem Wagen sehen ...

Die 'Abräumer' folgen den Raben auf dem Fuße. Doch sie haben nicht viel zu tun. Die Raben grummeln und die Zuschauer muffeln. Also bleibt das meiste Gemüse in dieser Kurve des Zuges auf dem Wagen. Die drei Handkarren müssen hier nichts aufsammeln, bevor es von den nachfolgenden Zugteilnehmer platt gemacht oder zermatscht würde.

Die kleinen Mäuse sind ganz aufgeregt. Endlich kommt ein richtig wichtiger Mottowagen. Sie stürmen auf die Straße und drängen sich dicht an den nächsten Lastwagen: "Bittebittebitte, Biiieette!" "Mir! Mir! Mir!" "Passt bloß auf!" "Ich auch! Ich auch!"

Das ist doch mal ein tolles Motto: "Bonbon ohne Bon" Endlich der reine Süßstoff ohne Komplikationen. So drängen immer mehr Leckermäuler zu dem blauen Schild.

Von oben werfen die Clowns die ganze Zeit Lollis in Plastik und Tüten mit Kamelle. Die Arme werden schon langsam lahm. Aber das Rufen und Betteln von unten hört nicht auf. Was haben denn die anderen Wagen verteilt? Rizinusöl?

Die eifrig bettelnden Narren, sind sich einig. Schon für diesen Wagen hat sich die ganze Warterei gelohnt. Sie überlegen nur, ob sie für das nächste Jahr nicht ein Bürgerkomitee einberufen sollen. Das könnte festlegen, dass der Zuckerpegel bei den ganzen Wurfwaren aller Wagen im Rosenmontagszug nicht zu tief fallen darf. Am besten schreiben sie gleich die Einkaufszettel.

Die Clowns verteilen die Kamelle beutelweise. Sie brauchen dabei nicht mal zielen. Egal wohin die Tüte mit den süßen Bonbons hinfällt, es finden sich sofort flinke Pfoten, die danach greifen.

Dem begehrten Laster folgt unauffällig ein grüner Kleinwagen, der in der Aufregung kaum Beachtung findet. Die Beutegreifer haben jetzt nur noch Augen für die Bonbons vom großen Wagen.

Die Sektflasche vor dem Kühler ist eigentlich nur eine karnevalistische Tarnung. Der kleine Anhänger ist die wahre Mission des grünen Flitzers. Darin befinden sich weitere Lollis und Kamelle. Wenn die Wurfvorräte bei den Clowns oben auf dem Wagen knapp werden, bekommen sie sofort Nachschub aus dem Anhänger.

Die ernsten schwarzen Männer fixieren scharf die Umgebung. Sie werden niemanden ohne Passierschein zum Marketender-Wagen durchlassen. Dies ist ein Hochsicherheitstransport von Süßwaren. Da wird nichts direkt verteilt. Das kommt erst auf den Wagen zu den Clowns, bevor es bei den kleinen Hungerleidern landet.

Jack folgt dem Bonbon-Wagen mit seinem Roboter. Große Aufgaben erfordern große Gesten. So winkt er heftig mit dem riesigen Robotarm, um die armen Süßkram-Opfer vor großen Gefahren zu schützen. Zucker ist doch so gefährlich – schaltet jede Lebensmittelampel auf tiefrot. Also hat Jack einen Riesensack mitgebracht, damit alle ihre gesammelten Zuckervorräte gleich wieder abliefern können.

Das ist gut für ihre Gesundheit. Sie werden danach sicher ewig leben. Und Jack kümmert sich inzwischen persönlich um die Vernichtung der Zuckergefahr.

Doch kleine Mäuse wollen gar nicht ewig leben, wenn sie dafür auf Zucker verzichten müssen. So hat Jack bis jetzt nur einen Trostlolli einsammeln können …


Idee. SchneiderHein      Fotos: W.Hein

Fast geschafft! Nur noch eine Etappe, dann ist der Rosenmontag endlich durch. Aber es sind ja auch über 145 Bilder und noch viel mehr Worte …