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Samstag, 9. September 2023

Eine runde Pöttekunde-Stunde


"Buhouuuuu! BoHouuuuuu!" Das Nebelhorn ruft zur Schulstunde für alle Leicht- und Ultraleichtmatros*innen. Eigentlich sind schon alle da. Aber Doppelblau trötet zu gern in das alte Lärmmachding. Die blauen Jungs und Mädchen können es kaum erwarten, bis die Pöttekunde startet. Wobei … hätten sie sich da nicht lieber in der Kombüse treffen sollen?

Ihr heutiger Lehrmeister erscheint. Der 'Geist der Seefahrt' hat es nicht so mit den Seemannsgang und bevorzugt die 'plötzliche Erscheinung'. Das ist natürlich nicht so gut für die Figur, so das sich inzwischen eine stattliche Plautze aus der Kapitänsjacke schiebt. Seine Schüler*innen kennen das schon und haben ihm extra Platz in der Mitte gelassen. Es wäre ja auch ein Durcheinander, wenn sich die Lehrgeister mitten in einem Steppke materialisieren wollen.

Der 'Geist der Seefahrt' steigt gleich mitten ins Thema ein. Die Pöttekunde hat natürlich nichts mit Labskauspötten und Mattjestöpfchen zu tun. Hier geht es um die richtig großen Pötte für die große Fahrt auf hoher See. Und weil das hier ja nichts für angehende Freizeitkapitäne ist, beginnt er mit einem Fischtrawler, der seine Netze in der rauen Beringsee oder vor Spitzbergen auswirft. "Wenn es die verdammten Fangquoten zulassen," murmelt er dabei in seinen imaginären Bart. Sonst gibt es bald nur noch vegane Surimi. Und dafür braucht man kein Netz sondern nur nur einen Pinsel…

Das ist noch ein echter Hochsee-Kahn, den der 'Geist der Seefahrt' begeistert den kleinen Seebären einlaufen lässt. "Das Boot wird noch kleiner, wenn es nass wird?" Oh diese Dummbatze! Einlaufen ist sowas wie sich in den Hafen legen. "Das bekommt Schlagseite am Kai." Die blauen Schüler*innen tuscheln eifrig auf den hinteren Plätzen. "Damit man besser Aussteigen kann." "Ist das dann Backbord oder Steuerbord?" "Das hängt vom Hafen ab, das ist dann wohl Kippbord!" Der 'Geist der Seefahrt' stöhnt leise, das wird noch viel Arbeit werden. Da wird es noch einige Überstunden geben. "Und Kinners, sagt bloß nicht immer 'Boot'!"

"So ein kleines Schiff ist genau richtig für die erste Heuer," erklärt der 'Geist der Seefahrt' den kleinen Seebär'innen. "Da muss man noch alles selber machen und bekommt die Elemente noch hautnah mit." "Man wird also klatschnass." Die kleine Bärin kennt sich aus. "Dagegen ist so ein Kreuzfahrer schon ein fahrendes Hochhaus, bei dem alles automatisch geht. Da ist der Konditor oder der Pausenclown wichtiger als der ehrliche Bootsmann an der Ankerwinsch." Die kleine Seebärin umrundet misstrauisch die winzige Nussschale: "Das ist wirklich ganz schön winzig…" "Das ist doch nur ein Modell!" Da kennt sich ein Naseweis aber ganz schön aus.

Die Rättin schaut nur kurz vorbei und ist dann doch gleich wieder weg. Als Kapitisse will sie ja schon Chef-Schiffs-Schofföse werden, aber doch nicht von so einem kleinen Pott. Der ist ja viel zu wackelig und sicher gibt es darauf auch nicht genug Besatzung, die man scheuchen und anpfeifen kann. Außerdem sollte es jemanden für die Details geben. Der sich mit dem ganzen Seezeugs wie Steuerrad, Kurs halten und Häfen klar machen auskennt. Sie kann sich schließlich nicht um alles persönlich kümmern. Jetzt muss sie aber los, um etwas ganz anderes klar zu machen.

Der 'Geist der Seefahrt' ist schon längst beim nächsten Pott. Der hier ist eher für die kleine Fahrt im Wattenmeer. So ein Krabbenkutter muss auch seefest sein, aber der Krabbenfischer schläft schon öfter in der eigenen Koje an Land. Das ist dann eher für ein Schnupperpraktikum, wenn man überhaupt noch einen Krabbenfischer findet, der nicht nur noch bunte Staffage für die nächste Hafenpostkarte von Greetsiel ist. Dabei gibt es doch so viele Extras, die ein Krabbenfischer unterwegs machen kann: Sein eigenes Meersalz köcheln, Seehundsbänke besuchen oder Makramee-Eulen knüpfen und Original-Traumfänger für die Karl May-Festspiele in Bad Segeberg.

Den Mädels ist die Begeisterung des 'Geistes der Seefahrt' für diese Arbeitsplätze zur See nicht ganz geheuer. Das sind doch alles Fischfänger, die da übers Wasser schippern. Vielleicht sind die riesigen Kreuzfahrer doch kein so schrecklicher schwimmender Stahlkasten auf dem Meer. Bevor sie den ganzen Tag dann immer nach Fisch stinken, nehmen sie doch lieber die weiße Ausgehuniform und helfen ungelenken Landratten in die Schwimmwesten bei der Rettungsübung.
 
"Das hier ist eine echte Touristenfalle auf großer Nepptour." Der 'Geist der Seefahrt' kann nur warnen, was dort unwissenden Landratten für ein Seebär aufgebunden wird. "Das hier ist kein Traumschiff, das ist eine gebaute Schiffshavarie." Hier sollte niemand anheuern. Er weiß ja gar nicht, wo er zuerst anfangen soll. Die dicken Tampen auf Deck, Aufbauten wie zwei Klohäuschen, die unmögliche Takelage und dann noch ein Segel, das zur Sicherheit an zwei Masten angeschlagen wird. Obwohl alles aus leichtem Balsaholz bebaut ist, sollen damit wohl Bleikugeln transportiert werden, wenn die Wasserlinie kurz unter der Reling hängt… Die kleinen Seebär*innen nicken – wie immer an dieser Stelle – eifrig. "Aye aye … können wir jetzt weiter machen …?"

Doppelblau will nicht länger warten. Bevor er sich hier weiter an seiner Karriere ein Schwermatrose abrackert. "Vollmatrose," murmelt der 'Geist der Seefahrt'. Auch egal, wenn er so ein massiger Seebär werden soll, dann will er mal den richtigen Pott zu seinem Deckel sehen. Und damit meint er kein Containermonsterschiff oder ein Ökogastanker. Wo einem die Zunge raushängt, wenn man vom Bug endlich in der Kombüse ankommt. Gibt es denn nichts Schönes zur See?

Das ist doch endlich mal ein schönes Schiff. Doppelblau reißt freudig die Arme hoch. Segeln ist doch mit Sicherheit die schönste Art, übers Meer zu kommen. Da zurrt und zupft der Matrose gern an den ganzen Bändseln und Schnüren am Boot. Der 'Geist der Seefahrt' zweifelt mal wieder an der Jugend. Am Ende wollen sie noch die vier Tage Woche auf See bei vollem Heuerausgleich. Und die restlichen drei Tage liegen sie in der Hängematte und spielen online Schiffe versenken mit dem Schmart-Foon. Dafür haben sie keine Ahnung von Nautik, Takelage und dem Fachklönen unter Seebären. Da hätte er sich das ganze Kapitänspatent auch schenken können und gleich Skipper werden können! Er ist kurz davor, einfach wieder mit einem leisen 'Piff-Paff-Puff' zu verschwinden.

Die Kapitisse hat schon mal den Seefuchs klar gemacht. Also aufgeklart und nicht aufgeklärt. Damit kann die nächste große Fahrt kommen. Wenn es auf der Brücke zu sehr schaukelt, hält sie sich an seiner starken Schulter fest. Eine Schiffs-Schofföse hat doch einen Unterleib. Und den hat sie nicht, damit der Rock nicht rutscht.

Idee: SchneiderHein     Fotos und Text: Hein


Samstag, 15. August 2015

Tüdderkram aus aller Welt



"Uijuijui! Das klingt ja wieder mal nach ganz dickem Semannsgarn" Der graue Seebär mag da gar nicht so genau hinhören.

Dafür hängen Antonetta und Doppelblau an den Lippen des kleinen Seehasen: "Natürlich ist das echtes Seemannsgarn, das hier zusammengeponnen ist."

"Wenn so ein Pott auf große Fahrt geht, ist es die meiste Zeit ziemlich öde. Und dann erzählen sich die Matrosen ihre beste Geschichten: Von Meerjungfrauen und Sirenen, die mit lautem Liebesliedern die Seeleute in ein feuchtes Unglück locken. Oder von Hafenspelunken mit leichten Mädchen, die so heißen, weil sie die Männer um die Heuer erleichtert haben, wenn die am nächsten Tag mit einem schweren Kopf aufwachen. Und von Piraten, die Schiffe mit falschen Lichtern an zerklüfteten Küsten mit scharfen Riffen zerschellen lassen. Und wie der Smutje seinen falschen Goldzahn aus Versehen in der Suppe mitgekocht hat. Aus diesen Geschichten und vielen anderen werden mächtige Tampen geflochten, wie dieser hier." Hasenmaus hat sich so in große Fahrt geredet, dass er gar nicht bemerkt, wie die Ratte dem blauen Jungen zuflüstert: "Ich glaube, er erzählt uns was vom Seepferd." 

Dabei wissen nicht nur blauen Seehasen Bescheid. Auch die kleine weiße Maus kennt den Fachhandel für Seemannsgarn und anderen Tüdderkram aus aller Welt. Sie war schon mal mit Genni im Laden, um nach maritimen Gedöns zu suchen, das sich immer gut in der Deko macht und in jedem Neubau im Vorort den würzigen Duft von Abenteuer und der weiten Welt wehen lässt.

Während Genni Sinclair nach den neusten Altwaren fragt … sie sollen doch aussehen, als ob sie mindestens eine Weltumseglung und eine Sturmflut überstanden hätten … während Sinclair also noch überlegt, ob in Südostasien beim Basteln der Instant-Antiquitäten diese auch ordentlich geschmirgelt und abgewetzt werden, hat die weiße Maus einen kleinen Tiefseetaucher entdeckt. Den würde sie ja gern für die Badewanne mitnehmen. Wenn sich der Taucher dabei nicht unterfordert fühlt.

Ein eigener Laden für maritime Kurzwaren mit Unterhaltungswert? Kaum zu glauben, da will dieses Langohr Antonetta einen riesigen Seebären aufbinden. Mit diesem geflochtenen Band aus feinstem Seemannsgarn, das der Hase ihnen jetzt großzügig überlässt: "Ihr könnt es ja mal anfassen, wenn ihr mir nicht glaubt." Doppelblau nickt eifrig, natürlich ist das geflochtene Seegeschichte: "Oh ja, das ist ja ganz wunderprächtig."

In der Ecke sortieren die beiden Leichtgehilfen die Auslagen und sperren sperrige Schnüre, Taue und Tampen wieder in die Schübe. Jetzt bloß nicht 'Bändsel' sagen, aber die Verkaufsgespräche überlassen beide sowieso dem Chef.

"Schau mal, Genni, eine große Atlantiküberfahrt mit ohne Eisberg – schon sauber aufgewickelt" Die kleine Maus hat endlich das richtige Seemanngarn aus den Schubladen gezogen. Zuerst sah es ja nach nichts aus, aber dann musste Sinclair den beiden mit dem Eisberg nur auf die Sprünge helfen.

Das muss auch Hasenmaus, er spürt noch ein gewissen Unglauben bei seinen beiden Zuhöhrenden. Noch mögen sie nicht zugeben, dass sie hier echtes Seemannsgarn in den Pfoten halten.

Lotte hat lange genug zugehört. Sie wundert sich, dass die alten Seebären dabei so ruhig bleiben. 'Seemannsgarn' ist doch nur Seemannsgarn.

"Tschäh, das kann nicht wissen," Die alten Zausel wollen sich nicht so festlegen lassen: "Manche sagen so – andere sagen wieder so." Eigentlich sind sie einfach zu neugierig, wie weit es der kleine Seehase noch treiben kann.

Ehrfürchtig lässt Doppelblau die Knoten durch die Pfoten gleiten. Endlich darf der kleine Bär das kostbare Tau allein anfassen. Antonetta wird schon ungeduldig, aber noch kann Doppelblau nicht davon lassen. Wie gern hätte er dieses Stück maritime Geschichte. Doch das kann er sich sicher nicht leisten. "Das ist auch unbezahlbar!" ruft Hasenmaus.

Lotte schüttelt die Löffel. Dieses Langohr ist doch ein Schande für die ganze Sippe. "Wollt ihr ihn nicht aufhalten?" Die alten Seebären sollten es doch besser wissen.

Die winken ab: Flunkern ist wichtig für die B-Note. Der kleine Leichtmatrose muss doch immer noch die Prüfung zum Seebären ablegen.

Im Laden gibt es immer noch dieses unentwirrbare Knäuel voller aufgespleißter Seemannsgarne, wo alle Geschichten durcheinander gekommen sind. Wenn man daran zieht, verschlingen sich die einsamen Inseln mit den Kannibalen und drücken auf die Weltumsegelungen. Oder man zieht den weißen Hai hervor, wenn es eine einsame Badebucht im Mittelmeer sein soll. Die wilde Fahrt um Kap Horn ist hoffnungslos mit dem Titanic-Eisberg oder dem Südseeparadies verknotet. Zerschneiden dürfen sie den Haufen Garnspliss nicht, aber so sind die Tampen eigentlich unverkäuflich.

Vielleicht sollte es den Besuchern zu denken geben, wenn sich ein kleiner Flunkerkobold aus dem Ostfernsehen hier so wohl fühlt.

In den glühensten Farben schildert Hasenmaus immer neue Gefahren der Hochsee-Schifffahrt, die nur der Laden mit seinen handlichen Schnüren jedem in seinem gemütlichen Heim bieten kann: Sturmfahrten im Krähennest, einäugige weiße Wale, die sich mit Riesenkraken um die Schiffe streiten. Aber auch männermordende Meerjungfrauen und wackere Feuerschiffe mit Leuchtfeuern – beide haben ja Sirenen – sind hier in diesen Erzählungen verwoben.

Doppelblau kann nur staunen. Er blinzelt so viel er will, er sieht immer nur ein blaues Band. "Ja, das können auch nur die echten Seefahrer sehen. Die mit Seemannspatent und Äquatortaufe mit Diplom." Wieso dann aber eine Hasenmaus das alles sieht, bleibt den echten Seebären ein einziges Rätsel. Ist der denn schon über den Gartenteich hinaus gekommen?

Auch Belly wird es zu viel. Er greift seinen Seesack, dazu ein wenig Tüdderband und heuert lieber auf dem nächsten Maschseedampfer an.

Das kümmert keinen großen Geist – auch wenn er in einem kleinen Seehasen steckt. Hasenmaus schwärmt weiter von seinem quasi unbezahlbaren Seemannsgarn. Er muss nur aufpassen, damit er es am Ende nicht doch wieder mit nach Hause nehmen muss.

Das geht doch auf keine Seekuhhaut! Der Geist der Sefahrt kann es nicht fassen, was eine Hasenmaus hier zusammenspinnt. Und dann die Gedanken so verknotet, bis in diesem Lügengespinst keiner mehr rausfindet. Das lässt ein geist sich nicht bieten und verschwindet wieder…

Sinclair zeigt sein öligsten Lachen, als Genni mit zweienhalb Klaftern bestes Seemannsgarn abzieht. Ihr ganzes Monatsgeld hat sie dafür gegeben. "Beehren Sie uns bald wieder." So leichtgläubige Kunden sind hier gern gesehen.

Antonetta hat Hasenmaus sein Seemannsgarn dagegen glatt für Umme abgeschwatzt. Aber braucht eine Kapitisse so etwas?

Genau untersucht die Anwärterin auf große Patente den neuen Schatz. Der Erzähltampen ist schon schick mit Goldband. Dass darin wilde Erzählungen über Schiffbruch, Verrat oder Untergang mit Mann und Maus verwoben sein sollen, mag sie kaum glauben. Und wenn dies auch nur eine keusche Version für junge Rättinnen ist? Mit säuseligen Südseeträumen, einem drolligen Seepferdchenballet und einem Bad mit fluffigen Badeschwämmen?

Vielleicht sollte sie selber den Laden für Tüdderkram aus aller Welt aufsuchen, um an die wilden Schnurren zu kommen.


Idee: SchneiderHein      Fotos: W.Hein

Ein weiteres Beispiel für den florierenden Einzelhandel, dem es immer wieder gelingt unseren Helden Angebote zu machen, denen sie nicht widerstehen können.


Samstag, 4. Juli 2015

Kerl's day



Der alte Zausel schmaucht unentwegt ein lustiges Pfeifchen. So ein Schiffschef hat offensichtlich ein leichtes Leben. Seine Matrosen müssen dafür schon den ganzen Tag die Quetschkommode pressen oder die Mundorgel flink hin und her flitzen lassen. Dann doch lieber als Oberwassermotz die Meerschaumpfeife vor sich hin dampfen lassen und von Zeit zu Zeit einen schönen Rauchring machen. Antonetta muss unbedingt so einen Schiffsführerschein machen. Die junge Rättin will auch eine Kapitisse werden.

Und dafür hat sie sich richtig rausgeputzt: Ein schickes Kleid mit seeblauen Streifen, dazu ein breiter Kragen und ein kecker Matrosenhut. So kann jeder sofort sehen, dass es hier eine junge Rättin ernst meint: Sie will etwas aus ihrem Leben machen, jemand werden und sich nicht mit den anderen ziellosen Nagern durch den Kompost arbeiten. Jetzt muss sie nur noch echte Seebären finden, die ihr alles beibringen können.

Doch leider ist sie heute nicht die Erste bei den großen Fachbären. Dieser kleine blaue Bär hat sich vorgedrängelt und die ehrgeizige Rättin muss unruhig von einer Pfote auf die andere trippeln, bis sie endlich den alten Fahrensmännern diese wichtige, diese einzig wirklich wichtige Frage stellen kann.

"Ich möchte ein richtiger Seebär werden. So schnell wie möglich!" Der kleine Doppelblau hat sich die letzten Tage immer im Schlepptau des hibbeligen Seehasen gehalten, um zu sehen, was ein Leichtmatrosenanwärter so alles macht. Aber wenn es hier jetzt schon ausgewachsene Schwermatrosen gibt, kennen die sicher eine Abkürzung. Weiter kommt der kleine Bär nicht … denn wenn die alten Raubeine schon mal beim Seebärenmachen sind, können sie schnell noch eine Kapitisse dazu machen. "Das will nämlich ich werden," drängelt sich die Rättin nach vorn. "Heiliger Klabautermann," entfährt es da Bo Brummel, auf den hier alle hören.

Die Seebären müssen sich dringend beraten und murmeln dabei in den nicht vorhandenen Seebärenbart. "Das wird jetzt aber unübersichtlich," grummelt Hümpel, "und eigentlich machen wir hier doch Ferien." "Ich weiß, ich weiß," brummelt der Obermatrose zurück. "aber wir haben uns blöderweise schon einmal breitschlagen lassen." Er denkt an diesen eifrigen Hasenmaus. "Und jetzt …" er zupft an seiner verschlissenen Jacke, die nur noch in der letzten Knopfreihe passt … "haben wir bald einen ganzen Kinnergarten am Hals. Wenn das weiter einreißt, will alles, was Pfoten und Fell hat, noch ein rauer Petz auf der noch raueren See werden!"

Also muss der Bo Brummel ein Machtwort sprechen: "Frauen an Bord bringen Unglück und die Ratten bleiben sowieso nie lange, das lohnt sich nicht." Wenn das Schiff untergeht, sind die Ratten weg. Das weiß jeder Seebär und das sollte die Nagerin bedenken, bevor sie … wie war das noch mal … 'Kapitisse' werden will. "Also für das "Von-Bord-Gehen", müssen wir einer Ratte nichts beibringen und eine Frau bleibt besser gleich weg!" Jetzt noch zu diesem Wasserfloh – er wendet sich Doppelblau zu: "Na, du Kurzer musst doch einfach noch wachsen, dann wirst du automatisch ein blauer Junge." Damit sollten sie jetzt wieder ihre Ruhe haben.

Das ehrgeizige Rattenmädchen kann es nicht fassen: "So ein verzopftes, altes Mackerpack von vor-gestern. Von vor-vor-vor-gestern." Antonetta schnaubt, bis die Schnurrhaare zittern: "Die werden noch sehen, was sie davon haben. Wenn sie demnächst an Land hocken bleiben, weil künftig Frauen alles an Bord regeln werden." Sie will jetzt erst recht so eine Schiffs-Schofföse werden und wenn sie dafür hier alle Nagerinnen, Langohrenträgerinnen und Petzelinen davon überzeugen muss, mit an Bord zu kommen. Nixen und Seekühe sind sicher noch nicht genug Frauen für die echte Gleichberechtigung auf See.

Doppelblau ist auch enttäuscht. Aber er muss ja nur warten. So lange lässt er sich erklären, warum Hümpel immer eine Harpune für die Jagd nach Moppel Dick bei sich hat. "Man weiß nie, wann der übergewichtige Wal auftaucht. Plötzlich bläst er an und eh bär sich versieht, stürzt Moppel Dick sich auf den armen Seebären und der liegt dann unter einer riesigen Masse Walfett mit Lebertran." Aber wenn man den wütenden Wal rechtzeitig piekst, pfeift er erschreckt auf und rollt beiseite. Der kleine blaue Bär ist sofort beeindruckt: So einen Pieksstab braucht er auch, wenn er endlich zum See fährt.

Wenn der kleine Doppelblau wüsste, wie gefährlich allein schon das Seemannsgarn ist, das hier gerade gesponnen ist. Es umwickelt den Verstand von kleinen Petzen, bis die ganz geknebelt, sich jetzt schon vor großen weißen Walen fürchten, die plötzlich aus dem Gartenteich springen, um sich auf sie auf die Planken zu werfen. Dabei hatte Hümpel immer schon ein verkürztes Bein. Und so eine selbstgebaute 'Harpune' mit einem Windmühlenmesser sieht doch viel besser aus als eine normale Krücke.

Zwei Langohren beobachten die Seebären schon länger. "Hast Du keine Angst, wenn jetzt hier jeder Seebär werden will?" will Lotte wissen. "Dann ist das doch ein Allerweltsberuf und es wird ganz schön eng auf den Schiffen." Doch Hasenmaus winkt lässig ab: "Pah, ich habe doch einen Riesenvorsprung! Ich kann doch schon ganz viel von diesem Seebärenzeugs. Die Prüfung mache ich mit links!" … "Backbord!" verbessert er sich hastig.

Antonetta nimmt noch einmal Kurs auf die brummeligen Seebären und startet noch einen Versuch: "Habt ihr schon mal eine Rättin zur Seefrau gemacht?" "Natürlich nicht!" Da kann Bo Brummel doch nur den Kopf schütteln. Wer wäre bisher auf so eine verrückte Idee gekommen? Die Nagerin lässt nicht locker: "Aber dann könnt ihr doch gar nicht wissen, wann ich von Bord gehen werde. Vielleicht bleibe ich als Kapitisse ja da. Und selbst wenn, ihr habt doch auch das Schiff verlassen, um hier zu sein."

"Das ist was ganz anderes!" Ein alter Seebär lässt sich doch von einer naseweisen Langnase nicht sagen, was hier jetzt 'von Bord' bedeutet. "Basta!" Und Nager haben noch nie eine Ausbildung bekommen. Die Schiffsratten sind bisher immer ohne ausgekommen.

Die anderen Seebären können dem Brummel nur zustimmen. Das mit dem Unglück durch Frauen stimmt garantiert. Sie fühlen sich gerade nämlich nicht besonders glücklich. 

Endlich zieht die Rättin ab. Da sind sie noch mal davon gekommen: "Die sind wir los, hoffentlich." Aber Sebastian bleibt unsicher: "Ob das mit den Frauen doch noch irgendwann kommt?" Grummelpott zuckt mit den Schultern: "Vielleicht sind ja die elektrischen Komm-Puter schneller und übernehmen vorher die Schiffe."

"Wenn die mich nicht Kapitisse werden lassen," wütend stapft die Rättin wieder ins Haus, "dann … dann werde ich eben vorher Schoppink-Kwien!" Und die Erdbeeren da unten pflückt sie auch gleich. Auf dem Hinweg hat sie die roten Früchte noch hängen lassen – aus Angst vor Flecken auf dem weißen Matrosenkleid. Doch das ist jetzt egal: Als besinnungslose Vielkäuferin kann sie nun so viele Kleider bekleckern wie sie will.


Fotos: W. Hein

Die ehrgeizige Antonetta ist von Marjan Balke (Tonni Bears). Lotte und Doppelblau kommen von Petra Valdorf (Valdorf Bears). Hasenmaus hat von Bell Bears Design bei uns angeheuert. Die blauen Jungs sind als Obermänner eigentlich alles Landratten aus Berlin. Das hören die Seebären natürlich nicht gern. Obermänner, bis auf Hümpel von Kathleen Wallace, den wir aus der Bärenhöhle Mahnke (Hannover) an Bord geholt haben.