Donnerstag, 30. April 2020

Ideenklau




Die kleine weiße Maus muss es einsehen. In diesem Jahr führt von hier aus kein Weg zur Walpurgisnacht am Brocken. Und wenn sie dort endlich ankäme, wäre es sicher eine traurige Veranstaltung, wenn ein lose Kette einsamer Figuren mit Mundschutz und Sicherheitsabstand um das Feuer tanzt. Ach, wenn es überhaupt ein Feuer gibt. Doch die kleine weiße Maus hat eine geniale Idee. Sie hat doch eine Zeitmaschine, die sie zu jeder Walpurgisnacht in der Vergangenheit oder Zukunft bringen kann. Sie reist einfach zu der besten Walpurgisnacht aller Zeiten, die sie finden kann. 

Auch wenn sie nun nicht mehr auf dem Besen hinfliegen muss, auf das standesgemässe Hexengerät mag sie nicht verzichten. Wie sieht das denn aus, wenn sie ohne so ein Statussymbol mit den anderen Hexer*innen um das Feuer tanzt. Oder für eine kurze Himmelsrunde abhebt. Die nächste Zeitmaschine sollte jemand in einen Lieferwagen einbauen. Diese enge Sportwagen haben keinen Kofferraum und so ein sperriges Teil in die Fahrgastzelle zu zirkeln ist ganz schön schwierig. Wenn der Besen endlich drinnen ist, verhakt er sich am Lenkrad, steht auf dem Gashebel oder versperrt den Flux-Kompensator. 

Die naseweise Hexenmaus überlegt gerade, ob es denn keinen Klappbesen gibt, da wird sie von hinten angesprochen: "Heh, was machen Sie den da?" Als sie sich umdreht steht da ein großer dunkler Polizist und stemmt vorwurfsvoll die Arme in die Seite: "Haben Sie überhaupt eine Genehmigung?" Die kleine weiße Maus ist fassungslos. Der Vorteil einer Zeitmaschine ist doch, dass sie längst wieder weg ist, bevor die Verwaltung auf Touren kommt.

"Das ist doch ein Zeitmaschine?" stellt ein zweiter Polizist das Offensichtliche fest. "Was haben sie damit vor" Was hat maus schon mit einer Zeitmaschine vor? Natürlich durch die Zeit reisen, dorthin wo es gerade besser oder wenigstens praktisch ist. "Ich fliege zur Walpurgisnacht. In eine Zeit, in der die Nacht wieder eine große Sause ist." Die kleine Maus fragt sich, was diese ganze Fragerei soll.

"Das geht nicht." Der Polizei schickt die Maus auf Abstand. "Treten sie zurück!" Sein Kollege hat inzwischen ein gelbschwarzes Plastikband ausgepackt und beginnt es abzurollen.

Die kleine weiße Maus packt ihre Sachen und geht auf Distanz. Was soll das heißen, das geht jetzt nicht? Wenn sie irgendwelche Probleme haben, dann soll die Polente ihr einfach ein paar Minuten Zeit geben, dann ist sie weg. Dorthin, wo es kein Problem mehr ist. 

"So, wir sind fertig." Der Wagen ist jetzt gesichert. Die beiden Polizisten können nur den Kopf schütteln, bevor sie gehen. Diese Mäuse haben verrückte Ideen … glauben, dass sie einfach einen Sportwagen als Zeitmaschine nehmen können. Um Covid-19 nicht nur räumlich im Fluge verteilen zu können. Sie könnten das Corona-Virus auch in jeder Zeit verteilen, die dann noch nicht einmal eine Ahnung hat, was diese unverantwortlichen Zeit-Vagabunden da einschleppen. Wie soll das jemand nachverfolgen können.

Die beiden Polizisten haben ganze Arbeit geleistet. Die Zeitmaschine ist so verschnürt, dass auch eine kleine weiße Maus nicht weiß, wie sie da noch reinkommen soll.

Damit ist dieses Jahr die Walpurgisnacht endgültig gelaufen. Sie wird wohl mal Candy anrufen müssen, wie sie an den Link für dieses "Gemeinsam-Einsam-Zappeln" kommt. Und wenn diese blöde Pandemie endlich ihre Zeitmaschine freigibt, kann sie als 'Maus der Zukunft' sich selbst als 'Maus der Gegenwart' abholen, um gemeinsam zur besten 'Feier der Vergangenheit' zu sausen. Jawohl! Dieser Gedanke stimmt die kleine weiße Maus gleich wieder heiter. Sie hält ab jetzt schon mal Ausschau nach sich.


Idee: SchneiderHein      Fotos: W.Hein

Silke hat immer ein gutes Gespür, wann es Zeit ist, dass bei den Bären und Mäusen etwas passiert. Auch weiß sie eigentlich ganz genau, welche Themen dran sind. Wie jetzt eben die Walpurgisnacht, die hier schon ein kleiner Klassiker ist. Doch in den heutigen Coronazeiten ist die Vorstellung einer lustvollen Orgie auf dem Hexentanzplatz auf dem Brocken ziemlich schwierig. Nicht nur weil das Oktoberfest in München wahrscheinlich viel wilder und ungehemmter ist als die Harzer Wirklichkeit. Aber in diesen Tagen passt das alles nicht zu Reiseverboten, Abstandsregeln oder der Absage von Großveranstaltungen. Also ist es doch logisch, wenn hier auch die Wünsche mit der Realität auf Kollisionskurs sind. Da ist dann auch eine Zeitmaschine keine Lösung ;-) Daher geht es hier dann doch noch weiter ...


3 Kommentare:

kleine-creative-Welt hat gesagt…

Eigentlich schade - ich hatte mich echt auf dieses Abenteuer mit der Zeitmaschine gefreut - hab allerdings echt nicht an die Auswirkungen gedacht - klar.... die Viren könnten ja verbreitet werden... in andere Dimensionen... oh je -
na die Polizei war ja schnell da und hat dies erfolgreich verhüten können -
das Gefährt ist schon toll - wow -
bin gespannt, was die Lockerungen mit sich bringen.... wäre nur dies alles schon vorbei....

passt auf euch auf - liebe Grüße - Ruth

Anonym hat gesagt…

Die in diesen Zeiten beste Idee ...eine Zeitmaschine benutzen, um in den Mai anderer Zeiten zu kommen mit Maitänzen und Hexenritten und Freinächten mit Maibaumklau ... und genau im falschen Moment taucht mal wieder die Polizei auf ... haben die gerade nix anderes zu tun als so einen heißen Schlitten zu fesseln ; -? Zum Glück lässt sich die kleine Maus ihre Laune nicht verderben ; -) LG Manu

heinwerken hat gesagt…

@ Ruth
@ Manu
Lustigerweise ist es mir bei der Geschichte wie der kleinen weißen Maus gegangen. Nachdem zuvor all die Schwierigkeiten und Unmöglichkeiten einer normalen Walpurgisnacht gezeigt wurden, dachte ich auch: Die Lösung ist doch die Zeitmaschine. Damit würde jedes Problem elegant umgangen werden. Und dann kam meine kleine Gedankenpolizei, die feststellte, dass eine Pandemie so schon kaum eingegrenzt werden kann und Zeitreisen alles noch komplizierter machen würden. Das die Zeitmaschine nun deshalb so verpflastert werden muss, ist natürlich vollkommen übertrieben. Und für alle, die es nicht wahrhaben wollen, steht auch eine kleine weiße Maus, die immer noch jede Konsequenz des eigenen Handels nach besten Kräften ignoriert.

Liebe Grüße Wolfgang