Es gibt immer den richtigen Zeitpunkt. Worthing, der stattliche Kater, weiß, dass er einfach die Ruhe bewahren muss. Wenn katz eine Mausefalle aufstellt, ist Warten die wichtigste Tugend.
Ächzend quält sich der Kater wieder hinter das Sportlenkrad. Diese engen, stickigen Minicockpits in verkappten Rennwagen sind nichts für normalgebaute Katzen. Wenn er nicht die Maus ins Visier genommen hätte, würde er lieber riesige Geländekästen verkaufen. Riesenschlitten für die Betonwüsten der Innenstädte, hoffnungslos verkeilt in Parklücken aber drinnen mit Platz ohne Ende. Und sparsamer sind diese Sportwagen auch nicht. Da rotzt der Auspuff auch eine dicke Fahne raus. Außerdem weiß ein guter Autoverkäufer aus Erfahrung: Gewissen macht selten Spaß. Außerdem hat die kleine weiße Maus schon beim letzten Mal einen sportlichen Eindruck gemacht. Fast hätte alles schon mit dem Silberpfeil gepasst – ein Autostarverkäufer hat so etwas im Urin – wenn die Maus im letzten Moment nicht einen roten Wagen gesucht hätte. Doch diesmal werden sie die Ziellinie überqueren – und die karierte Fahne wird eifrig geschwenkt! Denn diesmal sitzt er in einem … roten Auto. Jetzt muss nur noch die Maus kommen … und seine Falle schnappt zu.
Endlich kommt eine kleine weiße Maus …
Doch was ist das? Worthing muss schlucken – sie ist längst mobil und braust in einem roten Flitzer heran.
Mit quitschenden Reifen bremst der Nager schnittig mit der kleinen Nussschale im letzten Moment neben dem roten Riesenrenner.
"Wir hatten einen Termin?" begrüßt ihn fröhlich die naseweise Maus. "Dann bin ich ja froh, dass ich nicht zu spät bin. Mit einem fixen Flitzer habe ich es gerade noch geschafft. Ich habe ihn gerade gesehen und mich sofort darin verliebt."
"Na, der ist ja auch rot," knirscht der Kater, der den Schock erst einmal verdauen muss. "Und er ist natürlich der ideale Zweitwagen."
"Zweitwagen? Pappalapapp! der hat doch ideale Mausegröße. Mehr Auto brauch' ich nicht." Die kleine weiße Maus will doch höchstens mal Alice oder Jack mitnehmen. Oder eine andere Maus. Und eben an den See, das Eiscafé oder anderen Abenteuern pesen. Einkäufe machen besser die großen Tiere und die können sich dafür auch gern klobige Möbelumzugswagen anschaffen.
"Wir können ja gern mal zusammen eine Ausfahrt machen. Dann brausen wir ganz in Rot ins Grüne." Der weiße Nager ist etwas kurz angebunden: Warum wollten wir uns eigentlich sehen?" Der Kater winkt aus dem Fenster matt ab: "Ach, es hat sich erledigt."
"Das ist gut, ich hab eh keine Zeit!" ruft die kleine weiße Maus, zwinkert noch einmal der gepressten Miez zu und beginnt das Fahrzeug zu wenden. Ja, keine Zeit! Das ist ja das Merkwürdige an diesen Flitzern. Um so schneller sie maus von A nach B bringen, umso weniger Zeit hat ein Nager. Vielleicht, weil es plötzlich viel mehr Pläne gibt, was alles in die vorhandene Zeit gepackt werden kann?
So hat sie noch nicht einmal Zeit für einen Abschiedsgruß, als die rote Nuckelpinne wieder in Fahrtrichtung steht und sie langsam und dann immer schneller Fahrt aufnimmt.
Bevor Worthing ausgestiegen ist, um der Maus noch schnell die letzte Pfote zu schütteln, saust der Nager wieder davon.
Gnarzend zwängt sich der Kater wieder hinter das Lenkrad. Mühselig zieht er den Fuß über den Schweller und fädelt das Bein fluchend in den engen Tunnel mit der Pedalerie. Der Kopf stößt gegen das Dach. Bei der harten Federung des Sportwagens wird er bei jeder Bodenwelle wieder eine kleine Kopfnuss bekommen.
Morgen hat er garantiert wieder Nackenschmerzen. Brubbelnd startet der Motor. Ein schlafendes Ungeheuer, das langsam zu rollen beginnt, bevor der Zwölfzylinder das erste Mal aufkreischt. Etwas mühselig und ungelenk wendet er das Fahrzeug, die Lenkung ist für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt, erst dann reagiert sie leicht und präzise auf den leisesten Wink.
Der Motor heult noch einmal auf und der rote Renner schießt davon. Das nächste Mal nimmt der Kater auf jeden Fall einen bequemeren Wagen. Wenn's dann mit der Falle doch nicht klappt, muss er nicht wie eine Ölsardine in der Dose abfahren. Hoffentlich kann er diesen Wagen vorher wieder zurückgeben.
Fotos: W.Hein
Der Ferrari 250 GTO ist zwar nicht so selten wie ein Mercedes Benz 300 SLR, aber mit 36 gebauten Exemplaren übersteigt auch hier die Auflage der Modelle und Nachbildungen die Zahl der Originale bei weitem. Zum Mythos Ferrari gehört die Verrücktheit des damaligen Chefs, der die zivilen Sportwagen eigentlich immer nur als Mittel zum Zweck für den ungehemmten Bau von echten Rennwagen ohne Kompromisse sah. Der 250 GTO von 1962 ist ein knackiger Rennwagen mit Straßenzulassung für Sportwagenrennen und war nie als zahmes Flanierstück gedacht. So ist klar, dass er auf Katzenkomfort oder üppige Fahrhilfen noch nie Rücksicht genommen hat. Dafür gab es immer schon eine endlos lange Motorhaube und am Heck einen ersten Heckspoiler. Schon zwei Jahre später waren die Tage der Frontmotoren bei Ferrari Rennsportwagen mit der Nummer 250 gezählt. Sein Nachfolger 250 LM hatte schon einen Mittelmotor hinterm Fahrer. Das ist bis heute immer noch die effizienteste Bauweise für Sportprototypen, die bei den großen Rennen um den Gesamtsieg fahren wollen. Aber wenig später hätte auch niemand mehr eine Rennmaschine mit einem Straßenwagen verwechseln können. Beim 250 GTO kann man dafür immer noch die Illusion haben, dass er genauso gut dafür taugt, erst die Brötchen vom Bäcker zu holen und am Nachmittag ein Rennen auf einer Rundstrecke gewinnen zu können.
Fotos: W.Hein
Der Ferrari 250 GTO ist zwar nicht so selten wie ein Mercedes Benz 300 SLR, aber mit 36 gebauten Exemplaren übersteigt auch hier die Auflage der Modelle und Nachbildungen die Zahl der Originale bei weitem. Zum Mythos Ferrari gehört die Verrücktheit des damaligen Chefs, der die zivilen Sportwagen eigentlich immer nur als Mittel zum Zweck für den ungehemmten Bau von echten Rennwagen ohne Kompromisse sah. Der 250 GTO von 1962 ist ein knackiger Rennwagen mit Straßenzulassung für Sportwagenrennen und war nie als zahmes Flanierstück gedacht. So ist klar, dass er auf Katzenkomfort oder üppige Fahrhilfen noch nie Rücksicht genommen hat. Dafür gab es immer schon eine endlos lange Motorhaube und am Heck einen ersten Heckspoiler. Schon zwei Jahre später waren die Tage der Frontmotoren bei Ferrari Rennsportwagen mit der Nummer 250 gezählt. Sein Nachfolger 250 LM hatte schon einen Mittelmotor hinterm Fahrer. Das ist bis heute immer noch die effizienteste Bauweise für Sportprototypen, die bei den großen Rennen um den Gesamtsieg fahren wollen. Aber wenig später hätte auch niemand mehr eine Rennmaschine mit einem Straßenwagen verwechseln können. Beim 250 GTO kann man dafür immer noch die Illusion haben, dass er genauso gut dafür taugt, erst die Brötchen vom Bäcker zu holen und am Nachmittag ein Rennen auf einer Rundstrecke gewinnen zu können.
3 Kommentare:
Einfach nur köstlich :O))))
DANKE, DANKE, DANKE!
Ich wünsche Dir noch einen wunderschönen Tag!
♥ Allerliebste Grüße,Claudia ♥
Ja, einmal in einem roten Ferrari sitzen und schon beim ersten Gasgeben in den Ledersitz gedrückt werden, das hat was Verlockendes, aber ich würde auch das kleine rote Cabrio bevorzugen ! Man hat fast Mitleid mit Worthing ; -) und viel Vergnügen beim Betrachten der weißen Maus in ihrem schicken Schlitten ; -) Liebe Grüße, Manu
@ Claudia,
bitte gern, und DANKE DANKE DANKE für das Lob
∞-))) Wolfgang
@ Manu,
Ich denke, Worthing geht es im Ferrari wie mir inden meisten Autos. Die werden offensichtlich so eng geschnitten, dass Asiaten sich nicht so verloren darin fühlen. So konnte ich im 3er BMW die Blinker mit der Knien schalten.
LG WOlfgang
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