Samstag, 4. Juli 2015

Kerl's day



Der alte Zausel schmaucht unentwegt ein lustiges Pfeifchen. So ein Schiffschef hat offensichtlich ein leichtes Leben. Seine Matrosen müssen dafür schon den ganzen Tag die Quetschkommode pressen oder die Mundorgel flink hin und her flitzen lassen. Dann doch lieber als Oberwassermotz die Meerschaumpfeife vor sich hin dampfen lassen und von Zeit zu Zeit einen schönen Rauchring machen. Antonetta muss unbedingt so einen Schiffsführerschein machen. Die junge Rättin will auch eine Kapitisse werden.

Und dafür hat sie sich richtig rausgeputzt: Ein schickes Kleid mit seeblauen Streifen, dazu ein breiter Kragen und ein kecker Matrosenhut. So kann jeder sofort sehen, dass es hier eine junge Rättin ernst meint: Sie will etwas aus ihrem Leben machen, jemand werden und sich nicht mit den anderen ziellosen Nagern durch den Kompost arbeiten. Jetzt muss sie nur noch echte Seebären finden, die ihr alles beibringen können.

Doch leider ist sie heute nicht die Erste bei den großen Fachbären. Dieser kleine blaue Bär hat sich vorgedrängelt und die ehrgeizige Rättin muss unruhig von einer Pfote auf die andere trippeln, bis sie endlich den alten Fahrensmännern diese wichtige, diese einzig wirklich wichtige Frage stellen kann.

"Ich möchte ein richtiger Seebär werden. So schnell wie möglich!" Der kleine Doppelblau hat sich die letzten Tage immer im Schlepptau des hibbeligen Seehasen gehalten, um zu sehen, was ein Leichtmatrosenanwärter so alles macht. Aber wenn es hier jetzt schon ausgewachsene Schwermatrosen gibt, kennen die sicher eine Abkürzung. Weiter kommt der kleine Bär nicht … denn wenn die alten Raubeine schon mal beim Seebärenmachen sind, können sie schnell noch eine Kapitisse dazu machen. "Das will nämlich ich werden," drängelt sich die Rättin nach vorn. "Heiliger Klabautermann," entfährt es da Bo Brummel, auf den hier alle hören.

Die Seebären müssen sich dringend beraten und murmeln dabei in den nicht vorhandenen Seebärenbart. "Das wird jetzt aber unübersichtlich," grummelt Hümpel, "und eigentlich machen wir hier doch Ferien." "Ich weiß, ich weiß," brummelt der Obermatrose zurück. "aber wir haben uns blöderweise schon einmal breitschlagen lassen." Er denkt an diesen eifrigen Hasenmaus. "Und jetzt …" er zupft an seiner verschlissenen Jacke, die nur noch in der letzten Knopfreihe passt … "haben wir bald einen ganzen Kinnergarten am Hals. Wenn das weiter einreißt, will alles, was Pfoten und Fell hat, noch ein rauer Petz auf der noch raueren See werden!"

Also muss der Bo Brummel ein Machtwort sprechen: "Frauen an Bord bringen Unglück und die Ratten bleiben sowieso nie lange, das lohnt sich nicht." Wenn das Schiff untergeht, sind die Ratten weg. Das weiß jeder Seebär und das sollte die Nagerin bedenken, bevor sie … wie war das noch mal … 'Kapitisse' werden will. "Also für das "Von-Bord-Gehen", müssen wir einer Ratte nichts beibringen und eine Frau bleibt besser gleich weg!" Jetzt noch zu diesem Wasserfloh – er wendet sich Doppelblau zu: "Na, du Kurzer musst doch einfach noch wachsen, dann wirst du automatisch ein blauer Junge." Damit sollten sie jetzt wieder ihre Ruhe haben.

Das ehrgeizige Rattenmädchen kann es nicht fassen: "So ein verzopftes, altes Mackerpack von vor-gestern. Von vor-vor-vor-gestern." Antonetta schnaubt, bis die Schnurrhaare zittern: "Die werden noch sehen, was sie davon haben. Wenn sie demnächst an Land hocken bleiben, weil künftig Frauen alles an Bord regeln werden." Sie will jetzt erst recht so eine Schiffs-Schofföse werden und wenn sie dafür hier alle Nagerinnen, Langohrenträgerinnen und Petzelinen davon überzeugen muss, mit an Bord zu kommen. Nixen und Seekühe sind sicher noch nicht genug Frauen für die echte Gleichberechtigung auf See.

Doppelblau ist auch enttäuscht. Aber er muss ja nur warten. So lange lässt er sich erklären, warum Hümpel immer eine Harpune für die Jagd nach Moppel Dick bei sich hat. "Man weiß nie, wann der übergewichtige Wal auftaucht. Plötzlich bläst er an und eh bär sich versieht, stürzt Moppel Dick sich auf den armen Seebären und der liegt dann unter einer riesigen Masse Walfett mit Lebertran." Aber wenn man den wütenden Wal rechtzeitig piekst, pfeift er erschreckt auf und rollt beiseite. Der kleine blaue Bär ist sofort beeindruckt: So einen Pieksstab braucht er auch, wenn er endlich zum See fährt.

Wenn der kleine Doppelblau wüsste, wie gefährlich allein schon das Seemannsgarn ist, das hier gerade gesponnen ist. Es umwickelt den Verstand von kleinen Petzen, bis die ganz geknebelt, sich jetzt schon vor großen weißen Walen fürchten, die plötzlich aus dem Gartenteich springen, um sich auf sie auf die Planken zu werfen. Dabei hatte Hümpel immer schon ein verkürztes Bein. Und so eine selbstgebaute 'Harpune' mit einem Windmühlenmesser sieht doch viel besser aus als eine normale Krücke.

Zwei Langohren beobachten die Seebären schon länger. "Hast Du keine Angst, wenn jetzt hier jeder Seebär werden will?" will Lotte wissen. "Dann ist das doch ein Allerweltsberuf und es wird ganz schön eng auf den Schiffen." Doch Hasenmaus winkt lässig ab: "Pah, ich habe doch einen Riesenvorsprung! Ich kann doch schon ganz viel von diesem Seebärenzeugs. Die Prüfung mache ich mit links!" … "Backbord!" verbessert er sich hastig.

Antonetta nimmt noch einmal Kurs auf die brummeligen Seebären und startet noch einen Versuch: "Habt ihr schon mal eine Rättin zur Seefrau gemacht?" "Natürlich nicht!" Da kann Bo Brummel doch nur den Kopf schütteln. Wer wäre bisher auf so eine verrückte Idee gekommen? Die Nagerin lässt nicht locker: "Aber dann könnt ihr doch gar nicht wissen, wann ich von Bord gehen werde. Vielleicht bleibe ich als Kapitisse ja da. Und selbst wenn, ihr habt doch auch das Schiff verlassen, um hier zu sein."

"Das ist was ganz anderes!" Ein alter Seebär lässt sich doch von einer naseweisen Langnase nicht sagen, was hier jetzt 'von Bord' bedeutet. "Basta!" Und Nager haben noch nie eine Ausbildung bekommen. Die Schiffsratten sind bisher immer ohne ausgekommen.

Die anderen Seebären können dem Brummel nur zustimmen. Das mit dem Unglück durch Frauen stimmt garantiert. Sie fühlen sich gerade nämlich nicht besonders glücklich. 

Endlich zieht die Rättin ab. Da sind sie noch mal davon gekommen: "Die sind wir los, hoffentlich." Aber Sebastian bleibt unsicher: "Ob das mit den Frauen doch noch irgendwann kommt?" Grummelpott zuckt mit den Schultern: "Vielleicht sind ja die elektrischen Komm-Puter schneller und übernehmen vorher die Schiffe."

"Wenn die mich nicht Kapitisse werden lassen," wütend stapft die Rättin wieder ins Haus, "dann … dann werde ich eben vorher Schoppink-Kwien!" Und die Erdbeeren da unten pflückt sie auch gleich. Auf dem Hinweg hat sie die roten Früchte noch hängen lassen – aus Angst vor Flecken auf dem weißen Matrosenkleid. Doch das ist jetzt egal: Als besinnungslose Vielkäuferin kann sie nun so viele Kleider bekleckern wie sie will.


Fotos: W. Hein

Die ehrgeizige Antonetta ist von Marjan Balke (Tonni Bears). Lotte und Doppelblau kommen von Petra Valdorf (Valdorf Bears). Hasenmaus hat von Bell Bears Design bei uns angeheuert. Die blauen Jungs sind als Obermänner eigentlich alles Landratten aus Berlin. Das hören die Seebären natürlich nicht gern. Obermänner, bis auf Hümpel von Kathleen Wallace, den wir aus der Bärenhöhle Mahnke (Hannover) an Bord geholt haben.


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