Samstag, 27. Juni 2020

Lass es sein



Painful Dead gibt ein Konzert auf dem Dach. Max lässt den Mikrofonständer kreisen … bevor er ein heiseres "Oh Yeah! reinröhrt. Die Band ist gut drauf. Das Woodstock-Debakel im letzten Jahr haben sie fast schon vergessen. Leider geht das mit dem Vergessen ihren Fans auch so. Das werden sie jetzt ändern!
 
Rick und Kurt feuern sich mit den Gitarren gegenseitig an. Auf jede Akkordfolge weiß der andere noch etwas draufzusetzen. Sie sind eigentlich noch im Intro, aber schon jetzt vibrieren die Verstärker von den ganzen Rückkopplungen und Verzerrungen in infernalischer Lautstärke.

Sie beginnen mit ihrem neuesten Song 'Stardom sucks'! Blöderweise war dieses Woodstock doch wichtiger als sie gedacht haben. Seitdem gab es zwar noch viele Festivals, zu denen sie nicht gebucht wurden, Aber keines hat so eine gute PR bekommen, dass immer noch alle davon reden. Deshalb machen sie auch dieses Konzert auf dem Dach ihres Studios. Die Beatles haben mit dem Konzert für 'Let it be' ihren Abgesang eingeläutet. Für sie wird es aber der Start in die Karriere als Superrockstars.

Rick wechselt für sein erstes Solo die Seite, während Max die nächste Strophe über die schrecklichen Zumutungen eines Rockstars intoniert. Alle zerren an einem rum, ständig ist man auf Achse, muss den Groupies reihenweise einen Korb gehen, weil das Bett schon überquillt und braucht einen Geldspeicher für den Zaster. Wenn das Dollarproblem einem nicht der Manager abnimmt und alles lieber in sein eigenes Konto stopft.
 
Kurt ist an das Keyboard gewechselt, während Bob mit seinem Bass immer noch das Stück zusammenhält und schweißtreibend vorantreibt. Das neue Keyboard ist Klasse. Es hat sogar einen Speicher, der einen Meleodieschnipsel aufheben und endlos wiederholen kann. Endlos ist das richtige Stichwort für die Plaids, denn ihre Stücke sind meist so lang, dass sie noch nicht mal auf eine LP-Seite passen. Bis jetzt spielt das meist noch keine Rolle … aber wenn endlich eine neue Veröffentlichung ansteht, sollte jemand die Bänder nehmen, zerschnipseln und einfach neu zusammenkleben.
 
Doch dies ist ein Livekonzert, da muss ihnen keiner reinfunken. Das tun sie noch nicht einmal untereinander. Sie haben eine grobe Richtung und reihen dann eine Ausuferung an die andere. Doch solange die Fans dieselbe Flughöhe im haben wie sie – alle aufpassen, dass der Dopepegel stimmt – sind alle doch auf einem gemeinsamen Flow.

Sie spielen jetzt schon über eine Stunde und sind immer noch im ersten Stück. Kurt erinnert sich an seine deutschen Vorfahren und baut in das (wahrscheinlich) letzte Keyboard-Solo vor dem Finale noch den Refrain von 'Hänschen-Klein' ein.

Der Roadie kann inzwischen schon mal aufräumen. Er schleppt die Deko der letzten Bühnenschow wieder nach hinten. Die Oktopusarme brauchen sie dort immer für den Titel 'A blobby smack from the bottom of the sea'. Max steckt dann seine Hände in die Arme und bittet vorher einige Fans auf die Bühne, die für ihn die Saugnäpfe schwenken müssen. Aber die ist noch einem ganz anderen Stück unterwegs und bisher hat sich noch kein Fan blicken lassen.

Einige Bandmitglieder machen eine kurze Pause bis zum nächsten Konzert-Highlight 'F*** Woodstock'. John und Max ziehen schnell noch einen durch. Die anderen bleiben schon mal im Rhythmus und spielen einfach eine Zwischenbrücke, die eine perfekte Überleitung gibt. Denn irgendwie beruhen alle ihre Stücke auf dem guten alten Blues-Schema.

Ihr Studio in dem Außenbezirk der Vororte vielleicht doch nicht so günstig gelegen wie das Dach der Beatles in Westminster City mitten im Zentrum von London. Vielleicht hätte jemand auch den Fans Bescheid sagen sollen. Sie hätten vielleicht dafür ihren Manager informieren sollen, was sie vorhaben. Aber es ist doch auch eine ganz spontane Idee gewesen … die sie vor 14 Tagen oder so gehabt haben. So spielen sie bis jetzt für sich noch allein und keine johlende Menge sammelt sich auf der Zufahrtsstraße vor dem Haus.

Endlich bekommen sie doch noch Konzertbesucher. Es sind aber keine echten Fans, dafür eher so etwas wie Gesetzeshüter. Es ist schon erstaunlich, dass es hier draußen auch eine Ruhestörung geben kann.

Der zweite Polizist sieht nur auf den Bus in der Garage und schnaubt verächtlich: "Hippies!"


Fotos: W.Hein

Gleichstand mit Instagram: Painful Dead zum Dritten! Die Drachenband mit einem ganz großen Auftritt auf kleinerer Bühne eines Roof Top Concerts. Mal sehen, wohin es die Jungs beim nächsten Mal verschlägt und ob es dann zu einer Reunion mit dem Leadguitaristo 'Star' kommt. Auch wollen wir dann natürlich die Oktopusarme in Aktion sehen.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

YEAH, es gibt noch einen Auftritt der Superband ... ganz oben auf dem Dach und auf der Karriereleiter :-)Die Gitarren werden immer ausgefallener, die Requisiten der Bühnenshow auch ! Die Saiten vibrieren, die Boxen dröhnen, der Flow und der Dopepegel stimmen :-) Es rockt und man fühlt sich wieder mitten drin !

Die Polizei hat noch keine Probleme außer ein paar Hippies. Und auch wenn sie Woodstock verpasst haben, diese Superstars waren der Zeit weit voraus :
Ein Live-Konzert in einem abgelegenen Außenbezirk und ganz ohne die Massen johlender Fans und kreischender Groupies ... aber dank moderner Medien erreichen sie ihr Publikum trotzdem ... zuhause vor dem Bildschirm oder über den Tatschscreen gebeugt ... hat was Zeitgemäßes ;-)

Vielen Dank für die Festival-Fortsetzung auf dem Blog und fürs Rückkommentieren ! Eine Superidee von Silke ... diese bunten Drachen als Rockstars kann man nur feiern ! Und ja, ich leg noch echte Platten auf (auch wenn die eine oder andere manchmal hängen bleibt ;-) ... diesmal war es eine bunte Mischung aus der Woodstock-Zeit ... und da ist bei mir dann auch immer was vom Joe Cocker dabei.

"Let it be" ... und lasst es euch gutgehen ... in diesem Sinn euch beiden einen schönen Abend und eine möglichst entspannte Woche, viele liebe Grüße , Manu

Mascha hat gesagt…

Ach ja, das war mal wieder nötig, es so richtig krachen zu lassen! Bis der Polizeikater einschreitet.
Hoffentlich bald endlich wieder mit vielen unmaskierten Fans als live-Zuschauer...
Eine Aufmunterung für mich Farben-Fan ist das hier auf jeden Fall.
Liebe Grüsze und schönes WE
Mascha

heinwerken hat gesagt…

@ Manu,
Trendsetter sein zu können mit einem Konzert ohne Fans – was sind das doch inzwischen für verrückte Zeiten. Aber ohne Streaming und Videoaufzeichnung ist es doch nur eine Ruhestörung im Vorort ;-) Aus frisch gewonnener Erfahrung kann ich nur sagen, dass der Zugang ins Internet dann doch noch ein paar Tücken hat. Die Idee Smartphone hinhalten und los – das braucht doch ein wenig Sachverstand, sonst bleibt doch an der ersten Technik-Klippe hängen, allen YouTube-Anleitungen zum trotz. Der Dope-Pegel sollte da nicht zu hoch sein.

@Mascha
Zeitreisen kommen ohne Masken aus, aber aktuelle Massenveranstaltungen kann ich mir die kommenden Jahre schwer ohne vorstellen. Da kann es dann immer noch ordentlich krachen lassen … kein Problem bei diesen Verstärkertürmen. Und bei allen Einschränkungen – Farbe zeigen fällt ganz sicher nicht darunter. Also werden es Mäuse und Bären weiterhin bunt treiben und Painful Dead sicher noch einen Auftritt bekommen – auch wenn er vielleicht wieder in der Vergangenheit stattfindet. Aber als Alt-68er würden die Band aktuell wahrscheinlich weißhaarig mit Rollator und Krankenschwester auf der Bühne stehen.