Samstag, 21. Januar 2017

Weihnachtshelfer-Auszeit



Die kleine weiße Maus hat es sich auf dem abgewetzten grünen Sofa gemütlich gemacht. Die Reste vom Fest stören nicht weiter. Auch die grünen Mäuse haben die Ruhe weg. Als Weihnachtshelfer haben sie jetzt ja Monate Zeit, bevor es wieder hektisch wird. Deshalb kann eine kleine weiße Maus den beiden ganz ausführlich berichten, was all die anderen Figuren der Weihnachtszeit in der Zwangspause zwischen den Festen tun.

In der Hauptsache warten sie wohl in einem alten Gemäuer, denn überall drängeln sich die Hausgäste. Warum allerdings auch die Oz-ler hier ausharren wollen, wissen nur die Götter oder der allwissende Zauberer von Oz. Der bleibt allerdings auch hier verschwunden.

Vielleicht warten sie ja auf die nächste Kindertheater-Aufführung in der Vorweihnachtszeit. Wenn überall kleine Bühnen das Gewissen der Eltern ausnutzen, die in dieser Zeit sich endlich die Zeit für die Kinder nehmen. Auch wenn sie dafür Kinder-Märchen toll finden müssen. Oder die Großeltern mit dem Nachwuchs ins Gemeindehaus zum Laienspiel schicken.

   Hier wird es allerdings ziemlich eng mit drei ängstlichen Löwen, drei ungelenken Vogelscheuchen und drei polterigen Blechmännern mit deren Dorotheen, auch wenn davon eine Besetzung sicher ins Puppentheater gehört.
 
  Die Weihnachtselfen haben nur noch einen Platz auf dem Bücherschrank gefunden und keine Mausekönigin kann sie von dort runter locken. Es sei denn, sie hätte noch ein paar Weihnachtskekse, die noch nicht furztrocken sind.

Dem Blechbären wird es auch zu eng. Außerdem haben ihn die Weihnachtskekse auf eine Idee gebracht. Es muss alten Schuppen doch eine Küche geben. Wie sollen sie hier die Zeit herum bringen, wenn ständig der Magen knurrt. Es sei denn, regelmäßig kommt so etwas wie Weihnachtsgans auf Rädern.

  Ein Esszimmer hat dagegen schon der Weihnachtsmann gefunden. Aber außer ein paar Adventsdekorationen, ist hier nichts, um das Loch im Bauch zu füllen.

Die Ingwermaus entdeckt auch nur die Weihnachtspyramide auf dem Tisch. Springende Hirsche könnten sich doch eigentlich ganzjährig in den Wohnzimmern drehen. Warum gibt es einige Dinge nur zu Weinachten, aber beleuchtete Öltränenbrunnen, Blubber-Aquarien mit Plastikfischen und Wandteppiche mit "echter" Wasserfalloptik in allen LED-Farben zu jeder Jahreszeit?

Eine kleine weiße Maus kennt sich aus. Auch mit Ingwer-Mäusen. Das sind keine Ingeniöre, die keiner kennt: "Wer?" "Na Ing-wer!" "Gut, er hat einen Titel, ist so ein Techniker … aber wer ist es nun?" Das ist doch Unsinn und Ingwer ist auch nicht nur der Bruder von Ingmar. Das ist halt so ein Gewürz, das in Lebkuchen passt oder auch nicht. Es gibt Leute die sagen so und andere sagen so. Hauptsache so! Aber das wollte sie ja gar nicht erzählen: Also, nicht nur im Haus wird die Langeweile hin und her geschoben. Es gibt auch einen Dachgarten, der zu wenig Abwechslung bietet.

Auch das Ren überlegt, sich einen Zweit- und Drittjob zu suchen. Es ist doch öde, wenn es die ganze Zeit wieder auf die Adventszeit warten soll. So eine Hexe von Oz hat doch wenigstens zur Walpurgisnacht und an Halloween zu tun. Und kann im Weihnachtsmärchen immer noch die Kinder schrecken.

Überhaupt, warum warten sie eigentlich auf dieser tristen Dachterrasse? Sie könnten doch in den Süden ziehen, wo die Orangenbäume blühen. Der Wintermantel mit Pelzkragen kann hier so lange allein auf sie warten.
  
Die Schneeflocke fragt sich sowieso, ob sie nicht eine Fehlbesetzung ist. Weiße Weihnachten gibt es doch inzwischen nur noch in irgendwelchen Filmschnulzen. Vielleicht sollte sie lieber beim Osterhasen anheuern. Die Maus neben ihr findet die 'Schneeflocke' ganz schön proper. Wenn das mal nicht eine Menge zusammengepappter Flocken sind. "Das ist nur schweres Wasser!"

Die drei Knechte langweilen sich umso mehr. Im Restjahr könnten sie höchstens einen Zusatzverdienst als Feuermelder bekommen.

Das muss der Rolly-Polly-Santa mal wieder ausbaden. Die beiden anderen Rotröcke boxen ihn abwechselnd in die Seite, bis er ständig hin und her schwingt. "Heh!" rufen bringt da wenig. Die beiden können das Schubsen stundenlang durchhalten – wenn nicht sogar über Tage und Wochen. 

Auf der Treppe tauschen sich die Zugtiere nochmal über die letzten Touren aus. Das Hinterteil ist es leid, jedes Jahr hinten dran zu hängen. Können sie nicht losen, wer nächstes Mal der Kopf sein darf? Nö, das Vorderteil behauptet, nur es kenne sich mit der roten Leuchtnase aus.

Es bleibt ein Schaukel-Ren. Der blaue Weihnachtsmann kann ihm so viele Sporen geben, wie er will, es bleibt beim etwas ziellosen Gewackel. Nun hat er ja Zeit, sich einen Ersatz zu suchen. Oder er setzt das Tier auf Rollen und baut im Bauch einen Motor ein.
 
Der Weihnachtsstern im grünen Wams bleibt lieber in seiner Ecke. Den Rest des Jahres traut er sich kaum vor die Tür. Bei Tage fällt er mit der Dauerdeko auf, weil er irgendwie immer wie komplett aus der Zeit gefallen wirkt. Und nachts leuchtet der Stern überm Kopf, dass er weithin sichtbar bleibt. Also wieder nichts mit inkognito…

Die Mäuse überbrücken die Wartezeit mit Nikolausschach. Die Elfenhelfer haben sie längst abgeräumt, die Schlittenrens auch. Die Weihnachtsengel sind flügellahm, die Kamine und Tannen geschlagen und ohne die beiden Ruprechtknechte haben sie ihre besten Kämpfer eingebüßt. So wird es wohl noch ein langes Geschiebe werden.

Das kann jetzt bis zum nächsten Advent dauern, bis sich ein Weihnachtsmann von beiden in eine aussichtslose Position gebracht hat, Da hätte die Maus gern eine heiße Schokolade. Aber bis jetzt hat noch niemand in diesem Haus die allerwinzigste Kaffeeküche entdeckt.

Auch die Weihnachtsdrachen leiden ein wenig unter ihrer Spezialisierung. Es gibt zum Fest zwar weniger Konkurrenz, aber die Zeit ist dafür auch sehr kurz. Es wäre doch toll, wenn verschiedene Länder Weihnachten zu unterschiedlichen Zeiten feiern würden. Warum feiert Australien oder Südafrika nicht das Fest, wenn es bei ihnen Winter ist. Dicke Pelzkragen und ein Winterwunderland sind im Hochsommer doch immer fehl am Platze.

Eigentlich ist es doch ein Zeichen von Weihnachtsimperialismus, wenn die ganze Welt im Dezember auf eine kleine Wichtelwerstatt am Nordpol blickt und sich von dort die Traditionen diktieren lässt.

Och, die beiden grünen Mäuse finden es gar nicht so tragisch, dass der ganze Rummel spätestens nach dem 6. Januar vorbei ist. Sie fläzen sich gern auf dem Sofa und lassen den Weihnachtsmann einen guten Mann sein. So eine Saisonarbeit hat doch wenigstens einen geregelten Freizeitausgleich.

Fotos: W.Hein

Noch eine Geschichte, die in jeder Beziehung aus der Zeit gefallen ist. Das Thema, das vielleicht auch nur eine fast zufällige Ansammlung leicht merkwürdiger Motive ist, die auch nur entstanden sind, weil nach Weihnachten nicht alles sofort wieder verpackt worden ist. Ist es überhaupt ein Thema? Und dann haben die Bilder noch fast 5 Jahre im Speicher eines Servers verbracht, bis sich endlich genug Text für eine Veröffentlichung angesammelt hatte.



2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Danke für die Einblicke in die lange Arbeitspause der Weihnachtshelden und danke für die vielen witzigen Textstellen :-)) Weihnachtsgans auf Rädern, Weihnachtsmänner als Feuermelder, Rentiere mit Zweit- und Drittjobs usw. … und dann die weltbeste Lösung: Weihnachten wird zu unterschiedlichen Zeiten gefeiert ;-) Viele liebe Grüße, Manu

SchneiderHein hat gesagt…

@ Manu
Nach fast einem Jahr bin ich endlich wieder von selbst in Weihnachtslaune gekommen. Aber hier und habe auch ich herzhaft gelacht. Denn diese Story hatte ich bis jetzt noch immer nicht gelesen. Zwar lief das Herz der 'Lektorin' gleich beim ersten Lesen mit, doch die Korrekturen der teils merkwürdigen Satzgebilde können nun noch ein paar Tage länger stehen bleiben ;-)

Bei den Bildern erinnerte ich mich sogleich an herrliche vergangene Zeiten. Ja, ich glaube damals stand das alte Haus - das mein Urgroßvater für meine Mutter gebaut hatte - mit dieser Möblierung bis zur Walpurgisnacht und blieb noch einige Tage länger im Raum. Natürlich mussten die Weihnachtsmäuse dann irgendwann schlafen gehen. Und inzwischen bin ich fasziniert, was sich schon zu dem Zeitpunkt an Accessoires - nicht nur für die Weihnachtszeit - bei uns angesammelt hatte ...

Da sollten wir wohl auch zu den unterschiedlichsten Zeiten Weihnachten feiern :-) Aber das hatten wir ja zumindest bei der Nordpol-Station hinten im Garten schon mal gemacht. Als es Ende Januar plötzlich für einen Tag Schnee gab ...

Liebe Grüße von Silke