Montag, 15. Februar 2016

Meilen-Stiefel



Dieser Winter ist matschig und selbst der seltene Schnee wird sofort feucht. Sir Hosalot hat sich einen Schal gegen die Kälte übergeworfen – und sich dann doch für den Innenwald entschieden. Nun zieht er eine Laterne über den Holzboden, falls die Dunkelheit wieder so plötzlich hereinbricht, weil irgend jemand das Licht ausmacht.

Dieses Metallungetüm ist einfach nur sauschwer und damit überhaupt nichts für federleichte Hasen – wie es so ein hibbeliger Spring-ins-Feld ist.

Dazu kommt noch dieser rotweiße Ringelschweif, der unentwegt im Wege liegt und versucht, mit heimtückischen Schlingen den Hasen zu Fall zu bringen. Immer wieder muss das schwer schuftende Langohr inne halten und mit hektisch-kreisenden Pfoten dieses Wollungetüm wieder weit nach hinten stoßen.


Dieser ganze Winterkram ist eine elende Verhinderung für jede schnellere Fortbewegung. Sir Hopsalot fragt sich, ob deswegen so viele Tiere einen Winterschlaf halten. Damit sie nicht in dieser zähen Zeit ewiger Zeitlupen jeden Tag nur träge dahinschleichen müssen.


Schneeweisschen ist auf jeden Fall froh, dass Sir Hopsalot das Kitz noch nicht zwischen den Scheibentannen entdeckt hat. Es hatte schon im letzten Winter versucht, dem hektischen Langohr zu helfen und hatte dafür den Hüpfhasen auf seinen Rücken genommen. Doch wenig später konnten sie sich beide nicht mehr einigen, wie schnell so ein Rehreiten sein sollte. Schneeweisschen war froh, als Sir Hopsalot endlich entnervt davongesprungen ist. Und seitdem geht die kleine Ricke dem Hasen – so gut es geht – aus dem Weg. Sie nickt dem Spitzhutigel noch schnell zu, ihr zu folgen und taucht dann noch tiefer in den Holzwald ein.

Sir Hopsalot ist schon mal das erste Winterhemmnis los geworden. Wozu braucht er überhaupt einen Schal, wenn der Innenwald geheizt wird? Diese traditionellen Halswickler werden auf jeden Fall vollkommen überschätzt.

So lässt sich die Metallleuchte schon viel besser wuppen. Erleichtert zieht ein Meister Lampe diese seine Lampe weiter am Waldrand entlang. Wenn jemand plötzlich das Licht löscht – er bleibt erleuchtet. Aber könnte jemand nicht mal leichtere Hasenmeisterlampen erfinden?

Die Erdmannen Hei, Ho und Huh haben den ganzen Sommer im Garten verspielt. Den Bau der geplanten Erdmannenhöhle haben sie deshalb auf das nächste Frühjahr verschoben. Denn jetzt ist der Boden sicher noch gefroren oder schon wieder klatschnass. So sind die drei für den Winter auch in den trockenen Innenwald gezogen.

Erdmannen können fast alles gebrauchen. Sie haben schon vor ein einigen Wochen diese schicken Wintermützen gefunden. Ab jetzt wärmt sie ein kuschliger Schal an kalten Tagen. Unglaublich, was die Leute so alles wegwerfen. Zum Glück – ihrem Glück!

Es ist leider nur ein Schal für drei Hälse. Aber, wenn sie zusammen rücken, könnte jeder ein Stück bekommen. Huh hat sich schon mal eingekuschelt. Ho grummelt, dass Huh sich nicht so breit machen solle. Eigentlich ist der Zweite zu sein doch ziemlich blöde. Er kann ja nur noch mitlaufen, wenn Hei jetzt das andere Ende um sich schlingt.

Sir Hopsalot hat inzwischen eine großartige Entdeckung gemacht. Rote Stiefel, die nur auf ihn gewartet haben. Denn das sind sicher diese glorreichen sieben Meilenstiefel. Leider sind fünf schon unterwegs. Aber wenn er diese beiden überstreift, wird er mit Riesensätzen meilenweit davonspringen können.
Da - hmmgrmblhmmpf – sitzt der erste famose Stiefel schon auf der Hasenpfote. Jetzt könnte er sicher schon mit links halbe Meilen laufen. Aber er würde dann mit dem anderen Fuß immer nur in Mikrometern humpeln können.

Das Überstreifen des zweiten Stiefels wird noch viel schwieriger, als sich das ein Hase vorgestellt hat. Als er rasch reinschlüpfen will, ist dort plötzlich etwas Gummiweiches, wo eigentlich sein Fuß sein sollte. So wird da kein Schuh draus.

Für seinen durchtrainierten Hinterlauf findet er erst Platz, als er die klebrige Zuckerriegel raus wirft. Lebensmittel gehören doch nicht ins Schuhwerk. Wahrscheinlich waren die zwei Meilenstiefel deshalb immer noch Ladenhüter.

"Pst! Ich weiß auch nicht, was der Sör Hoppla-Hott mit den Stiefeln will" Der kleine Stachelkopf stupst immer wieder Schneeweisschen an, sodass das Kitz doch immer wieder gucken muss. "Es regnet nie im Innenwald und ich habe schon lange keine Matschpfützen gesehen." Eigentlich würde das Reh sich gern besser verstecken, aber beide können ihre Augen nicht vom eifrigen Hasen lassen.

Der steckt inzwischen stolz in beiden Stiefeln. Die Meilen können kommen. Sir Hopsalott wird sie fressen … und dabei mindestens den halben Erdball umrunden.

So, das dreifach gewickelte Erdmannpaket ist bereit, der Spur des Hasen zu folgen. Vielleicht hat er noch mehr praktische Winterdinge verloren oder sie stoßen gar auf die Schätze einer ganzen Langohrdeponie.

Die ersten Meilen sind noch ziemlich wackelig. So ein Stiefel schlackert und hat Luft. Sir Hopsalot wird nicht schneller mit den roten Stiefeln – sondern nur staksiger. Wie ein Storch im Salat. Sind das vielleicht nur Rabattentreter für Grünzeug und die anderen fünf waren die Meilenfresser? Dann ist es ja kein Wunder, dass darin nur noch Schlickersachen gelagert werden.

"Was sind denn das für Übungen?" will ein neugieriger Hei wissen, als die Erdmannen beim Hasen ankommen. "Pillartiss oder Jooga?" Kein Wesen würde das, was dieser Hase treibt, noch Laufen nennen.

"Das sind zwei von sieben Meilenstiefeln," erklärt der Hase. "Aber ich habe wohl ein Montagsmodell erwischt." Denn Schlurfen und Stapfen gehen schon sehr gut, aber weite Strecken schafft der Hase noch nicht. "Ich hätte wohl besser die Gebrauchsanleitung gelesen." Doch die ist nirgendwo zu sehen. Und wenn findet hase ja immer nur den zweiten Teil – den mit den zwölf Sprachen, die er gerade nicht spricht.

"Lass mal sehen," ermutigt Hei den Hasen zu weiteren Schritten. Sir Hopsalot tapst unbeholfen noch eine Runde im Kreis. "Das sieht wirklich nicht nach Meilen und mehr aus. Eher nach Meile mit Weile."

Das ist zuviel. Sir Hopsalot reicht's. Diese Stiefel haben eine vollständige Fehlfunktion. Zum Glück hat er sie nur gefunden – und nicht im Internet bestellt. "Ich schrei vor Frust!" Der Hase krümmt sich zusammen …

… und schnellt mit einem Riesensatz aus den nutzlosen Botten. Befreit und völlig losgelöst hüpft Sir Hopsalot von dannen. Warum lässt er sich immer wieder blenden von diesen märchenhaften Versprechungen des Fortschritts? Die einzige Fortbewegung ist für einen Hasen das naturbelassene Springen ohne Hilfsmittel. Das war bis jetzt immer so. Hoffentlich denkt er beim nächsten Mal daran, bevor er sich wieder so einen Technokram aufschwatzen lässt.

Ho und Huh staunen nicht schlecht – wo ist der Hase so schnell hin? Hei entdeckt inzwischen die praktische Seite dieser Flucht: Diese Stiefel vermisst der flinke Hüpfer jetzt sicher nicht mehr. Und Erdmannen können fast alles gebrauchen. 

Zuerst stürzen sich die drei auf den Süßkram. "Schmeckt der inzwischen nicht nach Hasenmauken?" Huh ist da noch unsicher. Doch Hei hält sogar das feine Näschen tief in den Schaft. So ein wenig Hasenfuß hat noch keinem Leckermaul geschadet.

Denn eines hat Hei sofort erkannt, als dieses naive Langohr noch in den roten Stiefeln so hilflos umherstapfte. Das sind natürlich keine Meilentreter sondern naschwerkgeprüfte Nikolausstiefel, die jemand offensichtlich schon lange übersehen hat. Und da kann sich noch die eine Zuckerstange oder der andere Mandelstern tief in der Stiefelspitze verstecken.

Wenig später wundern sich die Erdmannen dann doch: Wozu braucht der Nikolaus Netzstrümpfe? Trägt er unter seinem roten Mantel Strapse? Oder entdeckt er damit seine weibliche Seite?


Idee: SchneiderHein      Fotos: W.Hein

Sir Hopsalot kommt von der Forest-Blue-Factory und Scheeweisschen aus der Teddy-Manufaktur. Anna Aleksieva hat den stacheligen Mushroom Hunter gemacht und die drei Erdmannen haben die Werkstatt der Lefty Bears verlassen, um bei uns einzuziehen.

Die Geschichte ist eine Auftragsarbeit und wer ein Dekowunder kennt, der weiß, dass die notwendige Ausstattung schon rechtzeitig –also zum Nikolaus des letzten Jahres – bereit war. Aber zum Glück kümmert sich ein Sir Hopsalot wenig um die Feiertage und Erdmannen nehmen auch gut abgelagerten Süßkram gern.


1 Kommentar:

Claudia hat gesagt…

Guten Morgen, ihr Lieben!
ach, wie hab ich die herrlichen Geschichten vermisst! Jedes Wort habe ich soeben aufgesogen und mir das Schmunzeln nicht verkneifen können! Wie schön, daß die lieben Tierchen ihren Innenwald haben! Bei dem Mistwetter wäre das draussen viel zu ungemütlich für die Armen!
Sir Hoppsalot und das geschnürte Erdmännchenpaket haben mir den Tag heute versüßt!
Vielen lieben Dank dafür!
Worte und Bilder waren wie immer ein Hochgenuß!
Ich wünsche Euch einen wunderschönen und glücklichen Tag!
♥ Allerliebste Grüße ,Claudia ♥