Mittwoch, 6. Mai 2015

Buntraffe im Versteck



Voran watschelt Ping-U-In über den nackten Beton. Kichernd folgt ihm die Ka-Lei-Neh im Kimono.

Sie umrunden beide in weiten Bögen das üppige Grün der pfirsichblättrigen Glockenblumen, die überall in den Fugen sprießen.

Das Sputnik hadert immer noch mit dem Zusatzgewicht eines blinden Passagiers, der darauf beharrt sehr gut gucken zu können. Ständig sitzt das Stacheltier in seiner Flugdose und stört die Flugkonzentration, bevor der Flieger zum Start rollen kann.

Nun haben fast gleichzeitig Ka-Lei-Neh entdeckt, die mit Ping-U-In ihre Runden dreht. "Das ist eine von siebeneinhalb oder nein achteinhalb Schwestern", versucht das Sputnik zu erklären. Er erkennt sie an dem Watschelvogel, aber sonst sehen sich die Schwestern nie ähnlich, weil sie immer anders angezogen sind. Die hier hat sich zum Beispiel in so einen bunt bedruckten Duschvorhang gewickelt.

Gerome sucht die Buntraffe. Als Langhals fühlt er sich verantwortlich, wenn ein Raffentier ausbüchst. Und jedes Mal wenn, eine Buntraffe den Verdacht hat, sie solle sich nützlich machen, entzieht sie sich durch die schnelle Flucht.

Die Buntraffe versteckt besonders ihren langen Hals, denn der könnte sie so schnell verraten. Sie macht sich ganz lang und gibt keinen Mucks von sich. Wer weiß, was sie jetzt wieder tun soll: Reittier, Bettvorleger, Schmusebacke, Spielbeute oder Wasauchimmerschlimmeres. Das kann gut ohne sie stattfinden.

So kann ein Gerome suchen so lange er will. Die Buntraffe wird er nicht freiwillig entdecken. Da ist es gut, dass er heute so eine Reisschale auf dem Kopf trägt. So bekommt er wenigstens keinen Sonnenstich bei der langen Suche. Obwohl die Mittagssonne auch ganz schön auf der Schnauzenspitze piekst und zwickt.

Die weiße Bärin im Ki-Mo-No überlegt einen kurzen Moment, ob sie diese Buntraffe mitsuchen soll. Der Schiebepinguin könnte voran stürmen und sich schon mal ins Blattdickicht umsehen, ob sich dort nicht doch ein farbiger Langhals versteckt.

Aber dann dreht sie doch lieber weiter ihre Runden auf der offenen Betonfläche. Denn wenn der kleine Schiebefreund sich in den grünen Schlingpflanzen verheddert und in der Rabatte hängen bleibt, dann ist er keine große Hilfe. Und dann können sie das Ganze auch lassen.

Gerome wirft immer noch den langen Hals schwungvoll zu allen Seiten. Obwohl er das Hoppy weit überragt, sieht er kein weiteres Giraffentier. Das muss sich so gut getarnt haben, als ob es eine Grünraffe wäre.

Das Hoppy hat ein bessere Idee: "Wir machen ein Picknick. Mit Tee und Reisgebäck …nein, besser mit süßer Limo und leckerem Klitschkuchen. Das ist dann so Leckerschmecker, dass sogar eine Buntraffe aus dem Versteck kommt." Gerome ist noch nicht überzeugt: "Und wenn es nicht funktioniert?" Hoppy reibt sich den Bauch. " Dann haben wir ein leckeres Picknick gehabt."

"Los, steig aus!" Das Sputnik ruckelt und rackelt an der Blechdose. "Raus da! Ich bin und bleibe Einzelflieger" Dieses stachelige Übergepäck bleibt einfach lästig. Und hat jede Menge Sitzfleisch.

Endlich ist der freche Dosenbesetzer draußen. "Zurücktreten! Damit dich der Propellerwind nicht erfasst. Zurücktreten, ich starte durch." Jetzt nur noch einen Moment verschnaufen und dann fliegt das Sputnik davon. Angestrengt sitzt das rote Fusseltier, sammelt seine Gedanken, denkt nur noch an das Fliegen, macht sich leicht, macht sich leichter … und gleich, gleich dreht sich der Kopfpropeller … Hnnnggghhh!

Doch, puh, träge zuckt der silberne Propeller – keine einzige Umdrehung will er mehr machen, so anstrengend war diese Igeltrennung. Der rote Zottelflieger muss sich erst einmal ausruhen. Doch wenn die Dose noch länger am Boden bleibt, kann der kleine Spitzhut auch wieder einsteigen. Dumm daneben stehen macht keinen Spaß, und der Igel muss sowieso dringend noch etwas klären.

Zwei sitzen in einer Blechdose und das Propellertier ist viel zu müde um sich noch zu wehren. Um sie herum läuft in weiten Kreisen die Ka-Lei-Neh mit ihrer Watschelvorhut. Da wird es Zeit, dass der Igel seinem roten Fusselpiloten endlich etwas erklärt: "Es gibt keine halben Schwestern. Also sind es neun Schwestern … oder eine, die sich immer umzieht." Der kleine Spitzhut hält inne: "Kann man seine eigene Schwester sein … ich glaube das wir schwierig."

Und die Buntraffe wartet weiter im Versteck – bis alle wieder weg sind.


Fotos: W.Hein

Die Buntraffe kommt aus Mahnkes Bärenhöhle in Hannover. Der Langhals Gerome hatte da als Hampton Bear einen viel längeren Weg aus Australien zu uns. Das Hoppy von der North American Bear Company hatte fast einen genauso langen Weg aus den USA. Der Schiebepinguin der Kleinen ist auch weit gereist, als von Deb Canham gestartet ist. Da liegt Detmold als Heimat der Rica-Bären eigentlich um die Ecke, wie die Kleine bestätigen kann. Mushroom von Anna Aleksieva hat dafür seine Heimat weit im Osten. Das Sputnik wäre von keuns and bears wahrscheinlich aus den Niederlanden zu uns geflogen, wenn es sich bloß hätte konzentrieren können. So ist das Sputnik auch über die Bärenhöhle bei uns gelandet.


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