Samstag, 29. Dezember 2012

Ruprecht's Heimkehr



Viel weiter hätte der Garten nicht vom Nordpol entfernt sein dürfen. Mit den letzten Tropfen Treibstoff erreicht der Raketenschlitten den äußersten Zipfel der Landebahn.

Der Düsenmotor setzt aus, stottert und spotzt plötzlich wieder Feuer, so dass die rote Rakete mit einem Satz wieder nach oben springt.

Der alte Seebär muss sich mit aller Kraft festhalten, wenn sein bockiger Flughobel letzte Feuerkugeln spuckt.

Weihnachten ist gerade ein paar Tage vorbei und der alte Zausel ist mit dem wild fauchenden Raketenrenner endlich wieder zuhause angekommen. Mit Taschen voller Wunschzettel sollte er eigentlich nur schnell zur Geschenke-Packstation des Weihnachtsmanns an den Nordpol fliegen. Dort wollte er als 'Vollmatrose Ruprecht' dem alten Nikolaus zur Hand gehen und die Geschenke für kleine Bären direkt abholen. Das war viel schwieriger, als gedacht. Und hoffentlich geht das hier jetzt gut ...

Das Weihnachtsnavi hat als erster Bewohner entdeckt, dass der alte Seebär zurück ist. Und weil er sich so sehr verspätet hat, hat es eine wichtige Nachricht für den säumigen Geschenkebringer.

"Das nächste Mal komme ich mit," der winzige Pummel-Hirsch duldet keinen Widerspruch. "Dann kommst du auch am richtigen Abend zurück." Weihnachten kommt schließlich immer ganz schnell und unerwartet. Und ohne einen kundigen Wegebesserwisser schafft man die Strecke zum Pol und wieder zurück nicht rechtzeitig.

Das Weihnachtsnavi ist inzwischen ein Zwei-Punkt-Irgendwas und noch viel besser im Streckensuchen. Ein blaues Blinklicht unter der roten Richtungsnase zeigt jetzt genau an, wie es arbeitet: Ein langsames Blinken sagt, dass es sucht. Ein schnelles Blinken verrät, dass es auf der richtigen Spur ist und ein Dauerlicht zeigt den Weg zum Ziel wie ein Zeigefinger.

Für die letzten Meter zum Haus leuchtet die blaue Lampe jetzt ununterbrochen. Denn drinnen warten die kleinen Bären schon ungeduldig auf die bunten Gaben. Und das ist doch das Ziel für das ganze Herumgedüse gewesen. Das Weihnachtsnavi ist voller Stolz. Nun kann jeder sehen, dass es tadellos und fehlerfrei pfungsioniert.

Das Quasi-Ren läuft eifrig voran, während der alte Seebär ächzend seinen Weihnachtsschlitten schieben muss. Jetzt ist wirklich der letzte Kraftstoff verraucht und das vollgeladene Gefährt ist ohne Raketenschub ganz schön schwer und träge.

Das alte Ren blinzelt und sieht genau hin, wie die beiden sich schwitzend auf dem Steg abmühen. Es hat zwar eine lange Erfahrung im Bewegen von Weihnachtsschlitten, aber es wird nicht helfen. Strafe muss sein.

Wenn man so viel Erfahrung im Geschenketransport einfach beiseite schiebt, nur weil so ein neumodisches Ding auftaucht, kann man es auch selbst schieben, wenn es dann rumzickt und liegen bleibt. Das alte Ren wartet bis dahin auf die Rückkehr der guten alten Kufentechnik.

Zum Glück muss der alte Seebär den schweren Gabentransporter nicht ganz bis zum Haus wuchten. Die kleinen Bären und Hasen haben schon seit Tagen gewartet und können es nicht mehr aushalten, endlich zu sehen, was er alles mitgebracht hat. Es gab zwar schon eine 'kleine Bescherung' am heiligen Abend. Weil Anna zum Glück wusste, wo der Weihnachtsmann noch eine Notration an Geschenken hinterlegt hatte. Falls sich einer seiner Schlittenknechte und Raumschiffmatrosen, wie eben dieses Jahr, bei der Anlieferung verfliegen würde. Aber auf den Wunschzetteln von kleinen Pelznasen standen noch so viele Dinge, die bei den 'Ersatzgeschenken' nicht dabei gewesen sind.

Jetzt können sie es gar nicht erwarten, endlich in den prall gefüllten Laderaum der roten Frachtrakete zu linsen. Hoffentlich hat auch alles reingepasst, was kleine Racker unbedingt für das nächste Jahr benötigen.

Die Kleinen staunen nicht schlecht, als sie unter die geöffnete Ladeluken sehen können. Das sind ihre Geschenke? Da fehlt ja das bunte Papier und die bunten Schleifen. Aber wahrscheinlich hat der alte Seebär ja recht: Das hätte wertvolles Fluggewicht gekostet und weniger Geschenkegedöns hätte unter den Sitz gepasst.

Auch Anna kommt in den Garten. Sie ist zu neugierig, wie diese Geschenke-Abholung weitergeht. Zum Glück hatte sie die wichtigsten Wünsche schon vorher in Glitzerpapier und Funkelbändern verpackt, so dass kleine Petze und Schlappohren am Abend des Vierundzwanzigsten ordentlich Päckchen aufreißen konnten. Alle waren glücklich und der alte Zausel wurde nicht zu sehr vemisst. Dann kam sogar noch ein Weihnachtsmann mit Naschwerk ins Haus, auch wenn er wenig später ein bartloser Bruno war. Doch nun gibt es wohl eine Zweitbescherung. Die kleine weiße Maus ist gleich mitgekommen, obwohl sie sich keine großen Hoffnungen macht. Schließlich hatte Nelleke vergessen, ihren Mausewunschzettel dem alten Seebären noch vor dem Start rechtzeitig mitzugeben.

Nelleke und Larissa wundern sich. Diese Sachen haben sie überhaupt nicht auf ihre Wunschzettel gemalt. Der hohle Schokoweihnachtsmann geht ja noch in Ordnung. Aber wollten sie wirklich Glittermalstifte, Raketenweingummi und Fädelperlen für Puschelketten?

Das vorwitzige Schlappohr schüttelt fassungslos die kleinen Löffel und zeigt dem Navi die reichen Gaben zum Fest. Was soll es bloß mit Edelsalami-Tiefkühlpizza und drei Portionen Kartoffelpüree? Das Schokoeis am Stiel ist sicher nur noch eine braune Plörre, wenn der Raketenschlitten ohne Kühlung fliegt. Denn seit Tagen ist der Schnee verschwunden und es gibt mal wieder warme Weihnachten.

"Was sind das nur für merkwürdige Mitbringsel?" Der alte Seebär muss da Anna heimlich was erklären: "ich hab' mich ziemlich verflogen. Diese glitzernden Flüsse und Kanäle sehen von oben alle gleich aus. Und nicht der kleinste Pol ist nirgendwo in Sicht gewesen." Verlegen zupft er an der roten Mütze: "Da musste ich doch das Beste aus dem Schietkram machen." 

Marie, Lisa und Lena haben sich längst auch einen Anteil von der Raketenfracht gesichert: Waldbärentee, Schokoherzen und die Stifte in den Weihnachtsfarben. Kaninchen hat eine rote Wintermütze bekommen. Und das alles haben sie sich so gewünscht?

Der unglückliche Zausel ist Anna immer noch ein paar 'unwichtige Details' schuldig: "Das sind alles Geschenke von der Tanke. Denn dieser Donnerhobel frisst Superextraplussprit mit Pimpellionenoktan wie nix. Ständig musste ich runter und tanken. Und die anderen Geschäfte haben über die Feiertagen zu." Er seufzt: "Da habe ich eben im Muschelmarkt der gelbroten Tankstelle eingekauft. Und beim Tiger, bei der blauen Raute und dem blaugelben Düsenfliegerladen. Ich konnte bei den Kinners doch nicht mit leeren Pranken zurückkommen."


Dann entdecken Nelleke, Larissa und das Weihnachtsnavi doch noch was Tolles im Bauch der Rakete. Elektrische Gitarren, die auf Knopfdruck grässlich verzerrte Laute machen. Schnell haben sie die drei Instrumente aufgeteilt, denn zusammen klingen die sicher noch viel besser.

Eine kleine Maus kümmert sich um die Lichteffekte zum ersten Konzert der frisch gegründeten Bärennachwuchsband 'die Plagegeister'. "Wihuahhhh ... jauliohoohh. Drööhnwioooaarrr. Wiuuhoooogl. Jauliohoohh! Schepper ... wiiuuaahh, iiiihhhhk. Jaulioööööörk!" Die kleinen Bärenmädchen sind begeistert, diese Gitarren klingen so richtig laut und dreckig. "Wiiiiööörgg ... schreppel. Kraääwwaagg ... wIööörgniieeniieeeijeehhh!" Eine Meisterklimperin am Konzertflügel wird da sofort neidisch. Sie braucht auch unbedingt so eine elektrisch verstärkte Jaulgranate. Damit kleine Nager auch künftig nicht überhört werden.

"Was ist das für ein Höllenlärm!" Entgeistert wirft Anna die Arme hoch, um sich schnell die Puschelohren zuzuhalten. Auf dieses vorgezogene Neujahrskonzert kann sie gern verzichten. Der glücklose 'Matrose Ruprecht' druckst verschämt herum: "Ähem ... die habe ich auch mitgebracht. Denn die letzte Heuer ist in der Hamburgerbrutzelbude draufgegangen. Da gab es zu jedem Kinnerfesttagsessen eine kleine Lärmgitarre extra. Die Mitarbeiter haben bei dem ganzen Geschrammel und Gejaule an den Tischen schon Ohrenwatte getragen."

"So geht das nicht weiter!" Entschlossen packt Anna den Arm des alten Seebären. Nächste Weihnachten wird er wohl wieder für kleine Bären und Hasen zum Pol fliegen müssen. Aber diesmal wird sie dafür sorgen, dass es vernünftige Geschenke werden.


Fotos: W.Hein

Viel Personal zu Weihnachten: Nelleke, Larissa, Lisa, Marie sind Rica-Bären. Aus Amerika kommt Anna von Kathleen Wallace, die kleine weiße Maus kennt Deb Canham und Hoppy VanderHare ist die beste Freundin der bestgekleideten Bärin der Staaten. Fleckerl, ein Fleckerbär, trägt ein Muffy-Kostüm und den alten Seebären schickte Ulrike Amadori auf Landgang. Zum Schluss fehlt noch Lena, die Schnucke aus dem Rosenfachhandel.


3 Kommentare:

kleine-creative-Welt hat gesagt…

Was für ein irres Gefährt - ich werd nicht mehr -
ich liebe den Weihnachts-Navi - ist der süß - und die kleine Maus - und dann ein richtiges Ren -

so schön kann man eintauchen in die bezaubernde Bärenwelt...

danke sehr -

ganz liebe Grüße - für das neue Jahr Gesundheit und viel Freude und viele schöne Bären-Dino-Mäuse-Ren-undundund-Geschichten

Ruth

Unknown hat gesagt…

Liebe Silke UND lieber Wolfgang!
Wie könnte ich bei sooo netten Nachrichten auf meinem Blog auch nur ein bisschen enttäuscht sein, im Gegenteil, ich habe mich riesig gefreut!!!! Und dass man Euch nicht mehr als "neue" Blogger bezeichnen kann, habe ich jetzt auch gesehen (grins)! Als Ihr mit dem Bloggen angefangen habt, hatte ich noch nicht einmal einen Computer ... tjaaa, sooo neu bin ich (in der Computerwelt).
Ganz liebe Grüße an Euch
und genießt den Silvesterabend mit hoffentlich nicht ganz so verängstigten Katzen
Eure Alex

SchneiderHein hat gesagt…

@ Ruth
Danke für Deine Karte zum Jahreswechsel und die guten Wünsche. Aber bei uns ist das Jahr noch nicht vorbei: Neben dem obligatorischen Linseneintopf fehlt hier noch mindestens 1 Post - hoffentlich 2 oder eventuell sogar 3 bis Mitternacht oder danach ... Das hängt noch etwas von Herrn Hein ab - ob er heute schon wieder Lust auf Bärengeschichten hat. Ein kleinwenig ist das eine 'Auftragsarbeit' von mir ;-)

Wir hoffen, Du kannst Dir Deinen Jahreswechsel auch so gestalten, dass er Dich glücklich & zufrieden macht! Und lesen werden wir uns wohl ohnehin bald wieder ;-)

@ Alex
Prima, dass Du es verschmerzen kannst, dass ich lieber mit Bären als in Getagged-Welten spiele ;-)

Da wir 'nur' mit unseren Bären feiern werden, und die meisten Kinder auf der Straße gerade nicht mehr oder noch nicht im richtigen Böller-Alter sind, wird es wohl recht geruhsam. Im letzten Jahr haben wir 4 das neue Jahr fast verpennt. Selbst eine Maus findet nach dem 11x Silvester das Feuerwerk nicht mehr so spannend. Die saß im ersten Jahr nämlich ganz fasziniert in der Fensterbank und schaute Böllern, Raketen und Bengalischen Feuern zu. Aber als kleine Katze musste sie sich ja auch den Müllwagen ganz genau vom Fenster aus betrachten ....