Sonntag, 1. November 2015

Die Beutegreifer



Die kleinen Schrecker sollten längst wieder nach Hause kommen. Sind sie inzwischen zu schwer bepackt? Finden sie kein Ende, weil immer noch eine hell erleuchtete Haustür lockt? Oder liegen sie jammernd im Rinnstein, weil sie den ganzen Schlickerkram unterwegs schon verputzt haben? Anna packt das gelbe Warnlicht auf die Straße und hofft bald die ersten Heimkehrer dieser Halloween-Sammelei wieder zu sehen.

Endlich tauchen die ersten Süßkramsammler wieder auf. Sie haben offensichtlich reiche Beute gemacht. Gerome ächzt unter der Last seiner Schubkarre voller Leckereien, die er sich an den Haustüren ergruselt hat. Sein Plan ist voll aufgegangen. Das sind hier alles Gartenbesitzer, die man mit so einem australischen Blumenkiller-Kaninchen wirklich schrecken kann. Wenn so ein gefrässiges Langohr durch den Garten pflügen würde … da gibt man lieber reichlich Süßes für die Hasenzähne.

Die beiden Katzen an seiner Seite schnurren zufrieden. Sie haben nicht wahllos in die Schüsseln gegriffen, wenn die anderen 'Süßes oder Saures' gerufen haben. 'Miezen mausen' ist ihr Motto und so haben sie sich die ganze Nacht an Mausespeck und Schaummäuse gehalten.

Der Klappermümmelmann hat die ganze Zeit einen kleinen Vampir am knöchernden Hacken. Überall, wo der kleine Skeletthase seine Tüte aufgehalten hat, hat das Spitzzähnchen gegrinst und wollte seinen Anteil an Weingummifledermäusen und Schoko-Liebesknochen. Das hat genervt! Die Tüte ist gut gefüllt und dem Schiebepinguin tun inzwischen die Flossen weh vom Asphaltpatschen. Aber nächstes Jahr nimmt das kleine Klappergestell einen größeren Beutel und dann will sie ohne hungrige Begleitung einsacken. Vielleicht sollte sie schon im Hellen beginnen, denn das soll lästigen Vampiren überhaupt nicht schmecken. 

Marie hat als Hexe noch schnell mit dem Besen die letzten Schokolinsen zusammengekehrt. RaffRaffs Beutel ist gut gefüllt und die kleine weiße Maus wacht darüber, dass keine Perlhimbeere aus Nellekes Tasche raus purzelt. So können die drei schnell nach Hause gehen, um ihre Beute zu sichten. Und die ersten Süßigkeiten wegzuschlickern. Und dann die zweiten. Und die dritten …

Naseweis überlegt, ob sich Mäuse zu diesem Hällowien überhaupt verkleiden müssen. Wenn die Hausfrauen die Tür öffnen, sehen manche aus, als ob sie gerade schlucken müssen … dann ruft die Maus nur 'Käsewürfel oder Würfelzucker' und schon ist die Sache geritzt. Seine Schwester denkt, dass die Kostüme ganz praktisch sind. Es sieht doch so viel freundlicher aus. Sonst würde die Tür sofort wieder ins Schloss fallen, bevor sie den süßen Ablass verhandeln könnten.

"Nur noch zwei Häuser. Da hinten ist noch Licht!" Naseweis deutet schnell auf den nächsten Eingang, als die große Rättin kommt, um die beiden Mäuse abzuholen.

"Nun komm schon!" Die Mauseschwester Altklug friert schon ein wenig im duftigen Flatterkleid als oranger Spitzenkürbis. Und das Halstusch aus Spinnenwebstrumpfhosen mit Gruselglitzer wärmt auch nicht mehr, seit die Sonne verschwunden ist und nachts schnell die Kälte die Straßen hochkriecht. Im nächsten Jahr will sie sehen, ob nicht auch Polarforscherinnen mit pelzbesetzten bunten Daunenjacken echte Schreckgestalten sein können. Wenn hier schon ein Schiebepinguin mitsammelt.

Der schwer bepackte Korb der lila Hexe ist mit den beiden Umhängetaschen inzwischen wohlbehalten bei Anna angekommen. Sie hätten ihr Haus auch ohne die orange Warnleuchte wiedergefunden. Und wenn es etwas länger gedauert hätte, hätten sie unterwegs eben noch etwas mehr Beute gemacht.

Es ist dieses Jahr eine gute Ernte gewesen. Am liebsten würden sie vor der großen Bärin schon hier ihre Schätze ausbreiten. Doch bevor die Perlfrüchte und Streuselkugeln durch den Dreck kullern, gehen die drei lieber rein. Anna soll bloß nicht so lange trödeln, denn sonst sind die ersten Beutestücke schon wieder verschwunden.

Der Fürst der Dunkelheit und ein Teufelchen kommen mit fast leeren Pfoten. Seine bissige Durchlaucht wollte nur Blutkonserven und schlanke Jungfrauenhälse haben und darauf sind die Nachbarn nicht wirklich vorbereitet. Und der Teufel hatte immer dazwischen gekräht: "Ich will aber etwas Scharfes!" Bis er ein Stück Schokolade mit rotem Chilli bekam. Dann wollte er schnell etwas 'Feuchtes' und danach höchstens noch Teufel, Monster und Vampire aus Lakritz oder Weingummi. Da war dann das Angebot auch sehr übersichtlich.

So gehen die beiden mit leichtem Gepäck und etwas knurrigen Magen nach Hause. Na hoffentlich hatte die Modergräfin hinter ihnen etwas mehr Glück und will es mit ihnen teilen. Sie hat ja auch einen Seebären dabei, der die großen Vorräte, die eine rote Dame mit Charme einsammeln kann, sicher im Seesack in den Heimathafen bugsiert. Der alte Zausel ist nur froh, dass er die Kinners wieder beisammen hat. Da hört er Alisa kaum zu, die die ganze Zeit überlegt, dass es viel mehr Süßkram geben könnte, wenn alle verkleidet wären. Der alte Seebär könne doch als Klabautermann gehen. Und in die Totenmannskiste müssen dann für ihn Schokotaler und Rumtrüffel gefüllt werden …

Die kleinsten Schrecker sammeln sich am Gespensterlicht. Sie haben eifrig gegruselt, geschreckt und kleine Furchten verbreitet. Aber es gibt nur Liebesperlen und andere Schlickerminis für die winzigen Unheimlichen, wenn sie nicht gleich übersehen werden. Und wenn sie überhaupt an die Klingel kommen.

Da müssen die kleinsten Schrecker von Anna nicht lange überredet werden, ihr in die warme Stube zu folgen. Die große Bärin hat zudem noch eigene Vorräte an Schlickerkram in Mause- und Koboldgröße, die nur auf hungrige Geister warten.

Zurück bleiben Snoot und die schwarze Kürbiskatze. Snoot findet die Funde in der eigenen Nase immer spannender als fremde Süßigkeiten. Die Kürbiskatze ist zwar kein Popelesser – aber im Moment sind zu viele hungrige Mäuse im Haus. Besser wenn die sich träge alle die Bäuche vollgeschlagen haben.


Fotos: W.Hein

Die kleinen Schrecker sind schnell im Haus verschwunden und haben überhaupt keine Zeit mehr für lange Vorstellereien. Die Beute wartet schon und die meisten Gruselsammler kann man auch hier kennenlernen. 


5 Kommentare:

Jerry and Ben hat gesagt…

Such clever photos! We love them! Happy Halloween!

Iris Brunsmeier hat gesagt…

wunderschöne Fotostory ♥ Happy Halloween
Liebe Grüße Iris

Anonym hat gesagt…

Hab grad mal wieder vorbeigeschaut und mit Freude entdeckt, dass es Neues gibt !
Habs jetzt erstmal nur überflogen und besonders lachen musste ich über Geromes Schubkarre und die zwei scharfen Miezen an seiner Seite, über den klappernden Mümmelmann nebst "Vam-Bär" als Begleitung und Hella auf ihrem Hexenritt : -)) Ich werds heut Abend in Ruhe durchlesen und genießen. Hoffe von Herzen, dass es euch beiden gutgeht ! Ganz liebe Grüße, Manu

Claudia hat gesagt…

Endlich hab ich Deinen schönen Blog wiedergefunden!
ICh liebe Deine bärigen Fotogeschichten! Also, diese Rasselbande hätte auch gern an meiner Tür klingen dürfen ;O)
Wunderschön! Ich hab die Geschichte und die schönen Szenen so genossen!
Danke dafür!
Ich wünsch Dir noch einen schönen und freundlichen Nachmittag!
♥ Allerliebste Grüße , Claudia ( und die Knuffelbären ) ♥

kleine-creative-Welt hat gesagt…

ach wie süß wieder - es gibt eine neue Geschichte.....
wär ja auch was gewesen, wenn die "Bande" nicht Halloween gefeiert hätte.
Sie hätte alle zu mir kommen können, denn leider war nur ein einziges Kind
an meiner Tür und ich war ganz traurig und stand da mit meinen großen
Tüten -

viel Spaß beim Knuspern -

liebe Grüße - Ruth