Donnerstag, 15. Mai 2008

Unter den Hut bringen



Heute wird es für den hasenfüssigen-Superleichtmatrosen ernst. Die alten Seebären wollen endlich mit dieser verdammten Seebären-Prüfung weiter kommen. Sonst ist heuer die Heuer alle und sie müssen wieder anheuern, bevor dieser blaue Strandhase ins Seegras beißen kann und endlich feucht hinter den Langohren wird.
  
Heute soll er schon mal die richtigen Kommandos üben. Um das unter einen Hut zu bringen, fängt der Unterricht mit einer Faltübung an. Ein großes Blatt Zeitungspapier ist die Basis jeder Komandostruktur. Die muss der blaue Schiffsjunge ordentlich falten und aufpassen, dass sie ja nicht in den Schiffsbau abgleiten. Dann passt kein Dickkopf mehr unter das Papier.

"Jupp!" Bo Brummel ist zufrieden. Das ist schon ein ordentliches Ergebnis für den dritten Versuch. Damit ernennt er den Hasen zum Papier-Admiral auf Lebenszeit. Mit kleinem Patent für die mittlere Fahrt und großem Besteck. Hasenmaus ist schwer beeindruckt. Und versteht mal wieder kein Wort und das ist ein gutes Zeichen.

"Dann mal tau!"Bo Brummel übergibt feierlich den Führungshut für den selbstgemachten Posten. Der blaue Junge ist verwirrt: Tau? Wo soll das Bändsel sein? Hat er sich verfaltet? Er sollte doch auf der Brücke schon mal die Befehle üben. Wo ist überhaupt diese Brücke? Er sitzt doch nur auf einem Steg…

"Kinners, Kinners, es wird Zeit." Bo Brummel macht kurzen Prozess und stülpt das Papier auf den Self-Made-Admiral: "Jetzt lass mal hören, wie du die Kommandos in den Sturm bellst!" Oh, jetzt wird es für eine Hasenmaus aber schwierig. Ein Seebär bellt wie ein Höllenhund. Ob er diesen ganzen Zoo jetzt so schnell auseinander getüddert bekommt?

So ein Admiralshut darf beim ersten Lüftchen natürlich nicht gleich davon segeln. Sonst ist die ganze Befehlsgewalt wie vom Winde verweht. Also hat Bo Brummel den Hut dem Leichtmatrosen auch tief ins Gesicht gezogen. Das macht aber die Aufgabe nicht leichter, wenn hase dafür nicht sieht, wo die Mannschaft eigentlich steht.

"Fiert die Kombüse!" und "Alle Ratten an die Speigatten!" Und natürlich "Volle Kraft halb voraus – die Sonne des Nordens putzen." Tapfer stapft der Papieradmiral über den Steg und ruft dabei in alle Richtungen. Er sieht zwar fast nichts, aber vielleicht kann er ja hören, wenn die Matrosen eifrig über die Planken wieseln. Oder wenigstens wuseln. Aber dann doch mit nackten Pfoten tapsen. Denn wenn sie schleichen, hört er sie bei dem ganzen Rufen nicht.

Endlich bekommt er einen Seebären zu packen: "Seemann, ahoi! Klarier' die Winsch und hiev das Klavier." Doch der graue Zausel brummelt unwillig mit verstellter Stimme ein: "Aye, aye!" um sich schnell wieder in den Hintergrund zu verdrücken. Was soll er sich von einem Dreikäsehoch mit Papierhut herumscheuchen lassen?

Endlich riskiert der Admiral ein Auge und muss feststellen, dass er alle Kommandos wohl auch in den Wind schreiben könnte. Hier ackert niemand nach seinen Befehlen und es gibt keinen blinden Gehorsam. Es gilt wohl die alte Regel: Tarnen, Täuschen und Verpissen… Die alten Seebären haben es sich im Hintergrund gemütlich gemacht und überlegen, ob sie Papiertafeln mit einer B-Note hochhalten sollten. Wenn denn jemand an die Papiertafeln gedacht hätte.

Nur der Geist der Seefahrt hat Mitleid mit dem Praktikanten. Was soll der eigentlich üben? Wenn ihm niemand sagt, was zu tun ist. Und wenn's dann sowieso keiner tut. Aber als Geist kann er nicht wirklich etwas ändern. Dort wo er auftaucht, hinterlässt er nicht mehr, als einen kalten Hauch. Hasenmaus fröstelt es plötzlich ein wenig – mitten im Sonnenschein.
 
Wenig später reiht der Papier-Admiral tapfer weiter die frisch gelernten Fachbegriffe der Nautik aneinander. Vom Palstek über den Bootssteg zum Rumpstek in der Kombüse. Und packt darauf einen backbordseitigen Backfisch der in der Futterluke verschwindet bevor er mittschiffs in der Plautze ankert. Dann steuert er hart steuerbord den Manöverschluck an, den er ins Sprachrohr hievt, um schließlich das laufende Gut in der Backschaft ankernzu lassen. Die alten Seebären sind beeindruckt. Für diese Havarie der Sprache brauchen sie in der Regel mehrere Runden in der Hafenspelunke. Der Kurze bekommt das sogar nüchtern hin…

"Bravo! Weiter so!" feuern sie den Praktikanten zur See weiter an, dem inzwischen der Schweiß auf der Stirn steht. Was soll er denn noch alles in Gang setzen. Zumal er doch keine Ahnung hat, was er da alles will. Hat sein Schiff überhaupt schon abgelegt?

Grummelpott nimmt Bo Brummel zur Seite. Machen sie da nicht einen kapitalen Fehler? Lehrjahre sind doch keine Herrenjahre. Bis aus dem Schiffsjungen ein Admiral wird, dauert es doch Jahre. Hätten sie nicht die Befehle geben müssen, damit der Junge lernt, was er tun muss? Bo Brummel winkt ab: Es wäre natürlich sinnvoller, den Lütten mit den Kommandos springen zu lassen. Aber so ist es viel lustiger und weniger anstrengend.

Fotos: W.Hein


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