Mittwoch, 21. März 2018

Das Land wo die Erdbeeren blühen



Das ist doch genial: Die Erdmannen verschwinden aus ihrem Garten, der kreuz und quer verholzt ist und gehen dahin, wo es netter ist. Zum Beispiel in das Land 'wo die Erdbeeren blühen'. Als Hei seinen beiden Mannen den Plan erläuterte, konnten die es nicht glauben: Es gibt sogar im Winter ein Land, in dem jetzt noch Erdbeeren geerntet werden? Doch Hei konnte ihnen zeigen, dass auch bei Schnee vor der Haustür im Supermarkt die Körbchen mit den frischen, rotsüßen Früchten stehen.

Das ist natürlich ein Riesensprung von ihrem Zuhause. Aber das ist auch gut so, denn sie wollen dieses Baummikado vor der eigenen Höhle am Besten nie wieder sehen. Und wenn sie Glück haben, ist der heimische Garten aufgeräumt, wenn sie endlich wiederkommen.

Nun sind sie schon mehrere Wochen hier und weil sie Gäste sind, müssen sie sich um nichts kümmern. Außer in der Hängematte faulenzen, ein paar Erdbeeren direkt von der Staude naschen und Fische angeln gehen. Wobei die größte Aufregung für Hei immer noch ist, dass Ho auch nach Wochen nicht weiß, wie er mit dem Kescher umgehen soll.

Dann kann der Erdmann auch allein angeln. Hei drückt Ho seine Angel in die Pfote und Huh dreht sich in der Hängematte nochmal auf die andere Seite, damit die Sonne gleichmäßig von allen Seiten auf den Pelz brennt. Er möchte schließlich nicht wie ein Streifenhörnchen zurückkommen, weil die Sonne das Fell nur einseitig ausgeblichen hat.

Fast könnte man sagen, Hei langweilt sich schon ein wenig. Vielleicht sollten sie bei diesen Ferien im Erdbeerhof etwas mitarbeiten? Natürlich nur die Sachen, die freiwillig auch Spaß machen. Sonst hätten sie auch zuhause bleiben können.

Arbeiten muss die Vogelscheuche dafür die ganze Zeit. Wer hier kein Gast ist, kann es sich nicht aussuchen.

Die Scheuche schreckt die wilden Vögel und passt auf, dass Fremde nicht als ungebetene Erntehelfer kommen. Die Bauern leben nicht nur von den Pensionsgästen allein und machen dafür etwas 'ländliche Folklore'. Erdbeeren sind ein sicheres Ganzjahres-Geschäft: Die Deutschen lieben diese Frucht und essen viel mehr, als sie selbst anbauen können. Und jetzt im Winter machen sie keine Pause: Im Supermarkt gibt es keine Jahreszeiten. Am Besten ist alles immer sofort verfügbar. Egal, wie weit dafür die Wege werden.

Die Feriengäste sind da nur ein nettes Zubrot. Dafür mähen die Raben auch gern eine Liegewiese, stellen die Hängematte auf und lassen sogar ein paar Blumen wachsen. Damit es so hübsch harmlos aussieht, wie diese Städter sich das Leben auf dem Bauernhof immer noch vorstellen.

Die eigentlichen Felder liegen hinter den lauschigen Hecken und Winkeln. In langen Gewächshäuserfluchten werden die kostbaren Früchte gezogen, gehegt und von den Unbillen des Wetters geschützt. Diese Felder im Grünen sind die Vorzeigeecke für die Gäste. Und hier sagt auch keiner was, wenn die Zugereisten kräftig naschen.


Die Raben genießen es, das fröhliche Landvolk geben. Dann lassen sie es etwas ruhiger angehen und machen gern auch eine Pause. So lieben es die Städter. Beschaulich, gemütlich und etwas verschnarcht ist schließlich ihre Vorstellung vom Landleben. Das wollen sie auch im Urlaub so erleben. Sonst gäbe es ja keinen Grund, für 'die schönste Zeit des Jahres' in die Fremde zu reisen. Wenn es dort alles genauso hektisch verplant wäre wie ihr Alltag daheim.


Hier ist selbst der Hofkater ein dienstbarer, guter Geist, der immer einen gut gefüllten Korb mit Naschfrüchten bereit hält.


Die Raben haben auch einen Pflanztisch aufgestellt. Hier werden sorgsam einzelne Pflänzchen umgetopft, wird jedes noch so kleines Blättchen gehegt und sanft gezogen.


Die Orangen wachsen direkt am Strauch in guter Erde und werden jeden Tag liebevoll begossen, bis sie saftig leuchten.

Doch die beiden Raben sind innerlich voller Unruhe. Sie warten auf den Alten, der sie zu den Turbopflanzfabriken bringen soll. Ihre Touristenschicht ist eigentlich zuende und es wird Zeit, endlich wieder in Masse zu machen.


Da kommt endlich der Alte angeknattert.


Er hat den alten Trecker wieder ausgemottet und fährt damit stolz auf den Hof.


Die jungen Raben stöhnen innerlich. Sie wollten zügig zu den Gewächshäusern und nicht unterwegs durchgerüttelt werden, bis alle Schwungfedern kreuz uns quer stehen.


Die Erdmänner dagegen sind schwer beeindruckt – und das ist der Sinn der Übung.


Der Alte weiß, wie er seine zahlenden Gäste kriegt. Da kann das aufmüpfige Jungvolk noch so motzen. Er fährt – bevor es den Städtern zu langweilig wird – mit seinem Trecker vor. Der hüpft und stinkt wie ein wildes Tier … so ganz anders als diese mit Elektronik vollgestopften Raumschiffe, vollklimatisiert dahingleitend ohne Charakter oder Seele.


Das Jungvolk wartet – wie jedes Mal – dagegen schon ungeduldig, dass es schnell mitgenommen wird.


Doch der Alte hat ganz lange Ringelsocken an. Sollen doch erst die Gäste auf ihre Kosten kommen. Die schauen schon ganz neugierig. Wenn er den Motor noch etwas laufen lässt, werden sie sicher gleich rüberkommen.


Ungeduldig klopft der Nachwuchs auf den Trecker. Typisch, der Alte hat noch nicht einmal an den Anhänger gedacht. Da können sie wieder auf den großen Rädern hocken und sich an den Metallbügeln festhalten, um nicht zu sehr durchgeschüttelt zu werden.


Die Jungen ahnen es schon. Es wird wieder ewig dauern, bis der Alte losfahren will. Sie haben dann immer zwei Möglichkeiten:

Entweder sie machen sich bereit für einen längeren Fußmarsch und sind dann immer noch schneller am Ziel.


Oder sie können noch einige Pflanzen umtopfen, trockenes Laub zupfen, zarte Triebe begießen. Oder Unkraut rupfen und ein paar Setzlinge versäubern. Denn jetzt haben sie noch mindestens eine Stunde Zeit, bis es an die 'echte' Landarbeit geht.


Die Erdmannen sind begeistert. Hier gibt es bei Technik noch richtig was zu sehen. Wenn die Motorhaube aufgeklappt wird, schaut man nicht nur auf eine schwarze Plastikabdeckung. Da knattert, klingelt und schnauft noch eine echte Maschine, wenn sie auch mal das Gaspedal drücken dürfen. Ja, alte Raben wissen, was die Knopfaugen der Gäste zum Leuchten bringt. Und warum die Erdmänner sicher noch länger bleiben wollen.



Fotos: W.Hein

Der Schwarm von Raben ist von Deb Canham für Oz ausgebrütet worden und die drei Erdmannen haben ihre Wurzeln bei den Lefty Bears aus dem Schwabenland.



3 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Ich komme mit in das Land, wo die Erdbeeren blühen!!!!Da gefällt es mir sehr gut!

Danke für diese wieder einfach nur herrliche Geschichte, die mir den Start in den Tag versüßt hat :O)

Habt einen wundervollen Tag!
♥ Allerliebste Grüße , Claudia ♥

kleine-creative-Welt hat gesagt…

Was ein toller Garten - da will ich auch - wo es leckere Erdbeeren immer gibt -
mit dem Angeln hab ich es auch nicht so - auch nicht mit Kescher - da tun mir die Fische zu leid - wenn ich Sonne lese.... oh ja bitte -
die Vogelscheuche ist ein Hingucker - wie fleißig die Raben sind - toller Hut übrigens -
der Traktor ist der Hit - schade, dass er keinen Anhänger hat - da ist das Mitfahren schwierig - mit dem Hofkater scheinen sich die anderen ja gut zu verstehen - vielleicht halten sie sich auch nur gut mit ihm wegen der leckeren Erdbeeren -
so einen tollen Pflanztisch hätte ich auch gerne - vielleicht dieses Jahr?
- ich glaub, ich würde mich gegen den Fußmarsch entscheiden und lieber noch weiter arbeiten - Gartenarbeit macht einfach Spaß -

liebe Grüße - Ruth

heinwerken hat gesagt…

@ Claudia
Ich wäre auch gern in diesem Land. Wobei mich der Verdacht beschleicht, dass in Spanien, woher im Moment die Supermarkt-Erdbeeren kommen, nur die endlosen Gewächshäuserreihen in der Wüste stehen und diese beschauliche Idylle der Raben leider eingespart wird.

@ Ruth
Das mit dem Angeln wäre auch nicht meins. Die Hängematte schon eher und Erdbeeren satt zum Naschen auf jeden Fall. Treckerfahren wäre sicher spannend und die Gartenarbeit würde ich Silke zuliebe machen - ein toller Pflanztisch hin oder her. Aber mein Arzt wäre sicher zufriedener mit mir, wenn ich mich dort mehr austoben würde. Das geht künftig auch zuhause, wenn draußen das Wetter endlich wieder freundlicher wird. Denn wegen des Holzmikados im Garten könnten die Erdmänner längst wieder heim kommen. Das ist inzwischen weitgehend verschwunden.

Liebe Grüße Wolfgang