Donnerstag, 13. April 2017

Für eine Handvoll Eier



 Es wird wieder Zeit, dass der Hasenrenner hinter Glas steht.

 in den anderen Auslagen liegen Eier in allen Größen in Nestern und Körben. Goldbraune Hefehasen hoppeln über die Bleche.

Die blaue Häsin hat sich die Möhre zwischen die langen Zähne geklemmt, um besser suchen zu können. Vielleicht liegt es ja im Hochregal.

 Doch oben in den Fächern stehen nur alte Kupferpötte und die sauleckeren Hasennester mit viel Zuckerguss. Die wirklich sündigen Ostersüßwaren müssen die Hasen vor sich selbst schützen, damit sie nicht schon vor dem Wochenende wegschnabuliert werden.

 Diese drei Hasen sind in diesem Jahr wieder schwer beunruhigt. Nugget, der Novemberhase und Lopsy haben wieder für den Saisonjob als Osterhasen zugesagt. Doch bald ist der große Tag und sie stecken noch mitten in den Vorbereitungen. Da hilft ihre großartige Idee mit dem Selbstbedienungsladen für Eier, Schokohasen und Nester nicht, um sich auch in diesem Jahr die ganze Verteilarbeit sparen zu können. Im Ladenlokal herrscht noch gähnende Leere. Es gibt noch keine Ware in den Auslagen und sie hängen noch in der Werkstatt fest.

Dabei wollten sie es doch nur besser machen als im letzten Jahr. Da kam ihnen diese ganze DiEiJu-Welle nur recht. ("DiEiJu?" hatte Nugget gefragt: "Heißt das wegen der Eier so?" "Nee, nee, nee," schüttelte Lopsy den Kopf: "Du-itt-jurself. Alles wird schöner, wenn hase es selber macht.") Sparen tun sie dabei nix – die Karnickel in Hongkong und Vietnam sind einfach billiger und schneller. Aber hase ist ja auch viel zufriedener, weil die eigenen Pfoten alles selbst geschaffen haben. Nur haben sie vollkommen unterschätzt, wiiieeee laaaaaange diese Rumeierei wirklich dauert. Und das, obwohl sie sich ganz viel Langohr-Hilfe in die Werkstatt geholt haben.

So gibt es einen eigenen Arbeitstisch für das Färben der Eier. Jetzt müssen sie nur auf die bunten Wasserschieber verzichten, denn die hat die blaue Häsin auch nicht im Hochregal gefunden. Dabei ist sie bis auf die oberste Sprossen der langen Klappleiter gestiegen und hat in jedes Fach und jeden Kupfertopf geguckt.

 Sie haben noch so wenig Zeit. Der große Hase blickt immer wieder auf die Uhr, deren Zeiger unter seinen besorgten Augen unerbittlich weiterticken. Die Sekunden verrinnen, und wenn nicht ein Wunder geschieht, müssen sie am Sonntag in der Früh wieder alles selbst austragen. Das wird ein Stress, wenn der Novemberhase für all die Eiernester und Schokohasen doch noch persönlich in den Gärten Verstecke suchen muss. Und eigentlich gibt es wohl auch zu Ostern schon große Kinder-Wunschzettel, auf denen Weltraumkreuzer, Superheldenhöhlen und modeverrückte Schülerinnen der höheren Monsterschule stehen. Aber darum können sich die Eltern und Weihnachtswichtel in ihrer Sommerpause kümmern. Ihm reichen die bunten Eier, die Zuckerwaren mit Küken und alles Essbare mit Hasenohren.

Bis dahin kann das nervöse Langohr seine Taschenuhr auch zum Eierkochen missbrauchen. Da ist das Fliegen der Zeit sogar erwünscht. Endlich ist der nächste Schwung mit weißen Hühnereiern hart gekocht. Ungeduldig wartet der Hase darauf, dass er sie nun noch ordentlich erschrecken kann. Diese Zeit muss sein – roh können sie die Eier nicht bunt machen. Das haben sie schon ausprobiert: Die runden Biobehälter fangen an zu stinken, bevor sie Ostern ausgeliefert werden können.

 Beim Ausliefern läuft es auch noch nicht rund: In der Kiepe wartet schon ein Riesenei mit Ohren. Wenn alle Eier so groß wären, hätten sie viel weniger Arbeit. Aber auch viel mehr zu schleppen. Denn mit so einem Kullerhasen ist der Transportkorb schon voll und viel zu schwer.

 Die kleinen Mäuse haben als Aushilfen Hasenohren für die Arbeit bekommen, damit sie das richtige Osterhasen-Gefühl entwickeln. Jetzt ist Zeit für einen Kaffee, auch wenn die drei Chefhasen jede Unterbrechung mit einem nervösen Augenrollen kommentieren. Für ihre Pausen klettert die rosa Maus im Tütü deshalb in die Höhe. Denn hoch über all dem hektischen Getümmel am Boden ist Ruh'.

Eine Tasse Kaffee im Klettern und dazu ein Stück Möhrenkuchen aus dem Regal – da kommt schnell eine zweite Maus dazu. Hier stehen sie über den Dingen und bekommen den nötigen Abstand von der ganzen Plackerei mit den blümeranten Eiern und niedlichen Hasenleckereien.

Lopsys Zunge malt jeden Zweig mit. Der Hase widmet sich den schwierigen Aufträgen. Handbemalte Eier mit Frühlingsmotiven, mit Blumenschmuck oder feinen Mustern. Mehr als ein Ei auf einmal geht da nicht. Die Mauseaushilfen huddeln und das Vordrucken der Motive für ein Malen nach Zahlen ist bis jetzt daran gescheitert, dass Lopsy noch keinen Eierdrucker gefunden hat. So muss er jedes Ei einzeln nacheinander schmücken und hoffen, dass wenigstens die Farbe schnell trocknet.

 Kleine Hasen kümmern sich um kleine Eier. Nugget hat sich seinen Arbeitsplatz mit allen Farben in Griffweite eingerichtet. Er malt die Mustereier im Akkord. Kleinere Unglücke lassen sich dabei nicht vermeiden. Da ist wohl ein Ei beim Hartkochen durchgerutscht und Lila als Eierfarbe ist ab jetzt aus.

Sylvie soll den Hasenmalern unter die Arme greifen. Doch sie hat ein wenig Bedenken um ihr Entenhemd bei der wilden Pinselschwingerei. Sie bekommt eine Schürze, doch die ist schon ganz steif von der vielen Farbe. Es muss auch ohne gehen.

Noch ein Grund mehr, ganz klein anfangen. Sie bekommt ein erstes Hühnerei in den Ständer. Lopsy erklärt der Häsin schnell die Grundlagen. Erst alles bunt machen, dann huschdibusch ein paar Blüten getupft. Stengel, Blätter oder besser ein paar dürre Ästchen dran und zack … das Nächste. Oder Ringel und Tupfen machen, wenn sie dabei den Eierbecher flink dreht. Doch dann sollte sie sich schnell noch ein paar Pinsel besorgen. Das Auswaschen dauert jedes Mal so lange. Und bis jetzt haben sie noch kaum Liebhaber gefunden für die Dekoeier in matschbraun oder muschelgrau, die immer dann entstehen, wenn die Hasen hektisch alle Farben unfreiwillig mischen oder sie zu nass ineinander laufen lassen.

Die Mauseaushilfen haben ihre Pause beendet und stürzen sich wieder ins Getümmel. Sie suchen eine neue Aufgabe, doch am Herd finden sie den Novemberhasen nicht. Er hatte keine Zeit, auf die Eier zu warten, die nun sehr hart kochen. Oder vielleicht auch nur vergessen wurden, bis sie wirklich steinhart sind.

Die kleinen Mäuse könnten frische Eier aufsetzen, wenn es noch Töpfe und einen Eierpieker gäbe. Denn sonst springen die Malunterlagen beim Kochen und lassen sich mit Rissen nur noch schwer bunt machen. Aber lassen sich braune Eier überhaupt färben? Oder gibt es eine schwarze Serie für Grufties und Vampire? Dieses Ei wird auf jeden Fall ungefärbt bleiben. Es ist der Hasenmaus aus der Pfote gerutscht und sie suchen sich jetzt besser eine andere Station. Eine die nicht so brüchig ist.

 Sylvie hat keine Zeit für die Mäuse. Das ist noch ihr erstes Ei und Lopsy hat ihr nicht verraten, wie sie den Fuß im Eierbecher bemalen soll. Jetzt jagt sie mit dem Pinsel das Ei auf dem Tisch und muss aufpassen, dass sie dabei keine Farbe auf das Entenhemd bekommt.

 Ein kleiner Bär hat sich auch überreden lassen, hier schnell ein paar Osterlinge bunt zu machen. Nun sitzt er an seinem Maltisch und wartet auf die Eingebung. Ist es mehr seine blaue oder rosa Periode? Was passt denn in diesem Jahr am Besten zur farbigen Holzwolle oder geht der Trend zu Naturtönen? Kommen da überhaupt noch Trecker, Blumen und Küken auf den farbigen Grund oder malt er jetzt nur noch abstrakt?

Ostern ist ja nicht irgendein Fest, das so husch-husch abgefrühstückt wird und am Nachmittag schon vorbei ist. So ein buntes Ei ist schließlich wertvoll und wird sehnlichst mit leuchtenden Augen erwartet. Da sollte es schon zur diesjährigen Inneneinrichtung passen und nicht dem Auge wehtun. Das muss alles bedacht werden, bevor bär zum Farbtopf greift. Deshalb sollen die beiden Aushilfen ihn bitte nicht weiter stören, er muss sich wirklich konzentrieren.

 Pah, es ist doch nur ein Hühnerei! Und dar braucht er Eingebungen? Da liegt es im Nest, wird einmal aufgedetscht, abgepellt und gefuttert. Was ist daran so kompliziert, dass er dafür eine Vision braucht?

Der Bär greift gleich zum Pinsel: kräftige Farben … ganz erdverbunden, ein Hauch Orient in leuchtenden Details, eine Prise Silberglanz aus dem Weltraum und die Erinnerung an die lauen Grillabende am Baggersee. Daraus komponiert er den nächsten Trend im Eierbecher. Die blaue Häsin ist beeindruckt. Sie wollte nur fragen, ob er noch etwas Signalorange für sie habe. 

Das Licht wird in der Eierwerkstatt heute noch lange nicht ausgehen dürfen. Es bleibt noch so viel Arbeit, bis die Festtage endlich kommen können. Wie Ostern dieses Jahr wohl wird? Auf jeden Fall knapp.

Idee: SchneiderHein      Fotos: W.Hein


Die Hasen und ihre Helfer kommen von Deb Canham, Hermann Teddy und Nugget Bears. Die Arbeitsgeräte sind unter anderem von Mellis Minis, Mellimicro, Minis 1zu12 und aus dem weltweiten Miniaturen-Fachhandel.


3 Kommentare:

Claudia hat gesagt…

Einfach nur WUNDERSCHÖN!
DANKE für diese so schöne OSterhasen-Eiergeschichte! Ich habe sie sehr genossen und jetzt bin ich auf Ostern so richtig eingestimmt!
Ich wünsche Euch und Euren Lieben ein wunderschönes und frohes Osterfest!
♥ Allerliebste Grüße,Claudia ♥

Calendula hat gesagt…

Frohe Ostern und viele bunte, runde Biobehälter! :-)
LG Calendula

heinwerken hat gesagt…

@ Claudia,
wir sind auch österlich gestimmt, auch wenn wir uns nicht darauf verlassen können, dass die Hasen unsere Nester rechtzeitig gefüllt bekommen ;-) Aber dafür könen wir ihnen seit einigen Tagen beim Werkeln zusehen.

@ Calendula
Danke, auch Dir viele bunte Biobehälter. Bei uns ist heute eines aus dem Einzelhandel an der Kasse dazugekommen :-)

Allen auch Frohe Ostern!