Samstag, 30. April 2016

Juchee!



 Der einzige, der heute Abend fliegt, ist wieder einmal die Fledermaus. Mit trägen Flügelschlägen schwebt sie über das Geäst und stakeliges Gestrüpp, das den Dachgarten umgibt.

Sie nähert sich dem Wundertor, das heute – ganz gespensterig umrankt – den Zugang zum Hexenhaus freigibt. Schnell huschen hier die kleinen Gruselschrecker durch. Wer weiß denn schon, ob die Eule, die gerade auf dem Bogen landet, nicht Lust auf Mausebraten hat.

Drinnen im Garten wärmen sich die kleinen Mausegeister am Feuer für den Kupferkessel mit heftig dampfenden Krötensud. Der traditionell gebraute Hexentrank schmeckt sicher ganz köstlich, wenn sie nur jemanden finden könnten, der den ersten Schluck probiert.

Eigentlich wollten alle kleinen Schrecker dieses Jahr endlich zum Winterausstand in den Harz fliegen. Auf den Besen zur Walpurgisnacht auf dem Brocken reiten. Doch leider hat die weiße Maus immer noch nicht die Bedienungsanleitung für die Hexenbesen gefunden. Ohne Startknopf oder so ein 'seid's gewesen'-Zauberspruch kleben die Flugfeger wie hundsgewöhnliche Reinigungsgeräte am Boden. Und damit den Harz putzen wollen sie garantiert nicht. Da warten die kleinen Nagerhexen und Mauseschrecker lieber noch im Haus auf die Startfreigabe und vertreiben sich inzwischen die Zeit mit einem blubbernden Kessel voll grünen Glibbers mit Froschaugen.

Den wundermächtigen Bernstein haben sie dafür Aug in Aug mit der Granitkröte im Froschbrunnen aufgestellt. Wenn die Suppe endlich Abnehmer fände (oder einfach nur verkocht), bekommen sie hier neues Nass für den Krötensud.

Die beiden in der Gruselgartenlaube haben sich aber einfach verquatscht und ganz vergessen, dass die Glaskelche zu ihren Mausepfoten noch immer trocken sind. Würde der grüne Mäuserich aber gefragt werden, was er trinken wolle, würde er sowieso lieber Waldmeisterbrause nehmen. Und sie hätte gern Kirschsirup. Oder etwas anderes Zuckersüßes. Auf jeden Fall nicht so eine gesunde selbstgemachte Hexenbrühe mit handgefangenen Froschhüpfern.

In der grusellauschigen Laube können die beiden Plaudertaschen entspannt warten, bis es endlich Zeit für den Abflug wird. Die Besen aus Hellas Besenschrank haben sie so lange im Besenständer geparkt. Wenn sie gewusst hätten, dass die weiße Maus immer noch keine Ahnung von Besentechnik hat, hätten sie sich beim Abstauben der Fluggeräte mehr Zeit lassen können. Vielleicht hätte Hella als schwäbische Hausfrau ihnen dann noch eine Honigmilch angeboten? Aber so müssen sie warten, weil der altklugen Fliegerchefin erst kurz vor knapp einfällt, dass Fliegen ohne Ahnung nicht funsioniert.

Jemand mit einem grünen Mantel wäre sehr froh, wenn die kleinen Schrecker endlich abfliegen würden. Die Froschmaus betrachtet diese ganze Krötenkocherei mit großem Misstrauen. Wenn sie nicht aufpasst, wird sie noch verwechselt und landet beim nächsten Aufguss mit in der Suppe.

Diese Froschtarnung für Mäuse ist ziemlich nervig, wenn sie plötzlich am Ende auf zu vielen Speisezetteln steht. Für mausende Katzen ist sie ein grauer Nager, Störche mögen keinen Salat sondern lieber Frösche, Eulen nehmen wohl beides – Nager und Frösche, aber bitte ohne Beilagen. Und jetzt soll sie noch von Hexen versaftet werden.

Da seilt sich eine Froschmaus lieber ab und ist plötzlich von der Bildfläche verschwunden.

Juchuh, ein 'stilles Örtchen'! Das ist doch ein passendes Versteck für eine heiß begehrte Froschmahlzeit. Sie braucht jetzt höchstens noch eine Klammer für das feine Näschen und dann kann sie in Ruhe abwarten, wie anderorts mit frischem Froschtrunk in den Mai gefeiert wird.

Mist! Das Häuschen ist belegt und das offensichtlich schon länger. Lektüre sollte auf Klos verboten werden. Dann dauern die Sitzungen nicht so lange und es stinkt weniger, weil schnell wieder ein Deckel auf das Plumpsloch kommt.

Im Gruselgarten kümmert sich ein Horrorhoppler um neues Feuerholz für die Kesselkocherei. Er würde freiwillig keinen Krötenkockteel trinken. (Oder ist es ein Punsch, weil die Grünlinge abgekocht werden?) Aber wenn hoffentlich die anderen eifrig zuschlagen, könnte er für die Mitternacht im Kupferkessel ein leckeres Möhrensüppchen zubereiten. Vielleicht müsste er dafür den Krötensud nach unten in den Tanzsaal bringen? Wenn die kleinen Gruselschrecker erst einmal im Hexenhaus verschwinden, kommt keiner in den Garten zurück. Und dann fehlen hier natürlich die dringend benötigten Krötenkonsumenten.

Die Treppe runter wird es für kleine Mauseschrecker richtig lecker. Unten warten die ersten Süßigkeiten oder herzhaften Käselaibe. Spookie Wookie ist begeistert, als sie die Stufen herunterklettert. Das hätte ihr auch jemand früher sagen können, dann hätte sie sich nicht die Pfoten so lange im Garten abgefroren. Auch Hella ist inzwischen angekommen. Es ist sicher besser, wenn sie ihre Besen im Auge behält, wenn damit später wilde Flugfiguren aufgeführt werden.

Skeleton drängelt sich schnell an Spookie Wookie vorbei, die immer noch sprachlos auf dem Treppenabsatz verharrt. Die grüne Klappermaus will nicht zu spät kommen, bevor das ganze Büffett geplündert ist. Eine Kürbiskatze hat damals nur geflunkert, dass Geistermäuse keinen Magen haben und deshalb maßlos essen können. Aber dennoch können sie ruckzuck eine Menge verputzen, und wer weiß, wie lang die Vorräte dann noch reichen? Bis jetzt hat es noch keinen letzten Aufruf für den 'Walpurgisflug' zum Harzer Brocken gegeben.

Mimosa hat sich noch nicht entschieden, ob ein Stück Blauschimmel ihr Startgewicht unzulässig erhöht. Auf jeden Fall ist es von der Leitung des Hexenflughafens sehr aufmerksam, dass es Häppchen in der Abflughalle gibt.

Batters findet es sehr schwierig mit dem schwarzen Kater ins Gespräch zu kommen. Der grummelt verstimmt in seiner Sofaecke, weil er sich diesmal auf eine ruhige Nacht gefreut hat, wenn die Gruselmäuse endlich außer Haus sind. 

Schon im letzten Jahr hat ihn die wilde Feier eine ganze Nacht lang wach gehalten. In diesem Jahr hatte er dies Haus entdeckt, das mit seinem Renovierungsstau so einen herrlich unbewohten Eindruck machte. Und jetzt sind schon wieder die Plagegeister eingefallen.

Ein schwazer Unhold lugt ängstlich durch die Tür zum Esszimmer, wie viele hungrige Mäuler es hier noch gibt. Und ob noch leckerer Nachschub für das Büffett kommt, weil dort schon genug hungrige Mäuler die Tafel plündern.

Tabitha gehört zu diesen hungrigen Mäulern am Büffett. Sie ist extra auf einen Stuhl geklettert, um noch besser zulangen zu können. Das krümmelige Süße hat sie prima im Griff, nur das klebrige Süße fehlt. Midnight könnte mal den Rababasprudel rüberwachsen lassen, doch ihre Freundin hört überhaupt nicht zu.

Denn Midnight hat es sich inzwischen im Schaukelstuhl bequem gemacht. Kekse, Kuchen und Schokolade sollte maus immer im Auge behalten. Leider ist sie gerade ganz schrecklich abgelenkt, weil einige Hausspinnen nicht nur in ihren Netzen an der Decke bleiben.

So kann Tabitha noch so viel winken und rufen, die Schaukelmaus greift nicht zum Flaschenregal zu ihren Füßen. Da schickt sie wohl besser Wanda zum Sprudel holen. Dafür möchte die nur vorab schokoladige Wegzehrung, damit sie unterwegs nicht verhungert.

Eigentlich könnte Midnight auch dieses Jahr auf den Flug ins wilde Walpurgistan verzichten. Die Hexenfeier hier im Haus ist doch viel zu nett. Und es gibt so leckere Sachen, die sicher jemand maust, wenn sie jetzt aufbrechen müssen. Wenn nur nicht dieses haarige, achtbeinige Monster wäre, dass sich gerade direkt vor ihrer Nase abseilt …


Idee: SchneiderHein      Fotos: W.Hein


Die Mäuse, Katzen und Frösche hat Deb Canham für die gruseligen Tage und Nächte geschaffen. Den ängstlichen Unhold auch. Nur Hella, die besenvernarrte Putzsau, kommt aus der Bärenhöhle von Hanne Mahnke. Das Hexenhaus mit Renovierungsstau hat Silkes Urgroßvater für seine Enkelin (ihre Mutter) gebaut. Die hat es für ihre Tochter in den späten Sechzgern ganz modern mit pflegeleichten d-c-fix-Klebefolien bezogen. Die Folien sind inzwischen wieder verschwunden, zurück geblieben ist eine Puppenstube mit Abbruch-Chic. Ideal für kleine Hexen, die darauf warten, dass endlich ihr Flug in den Harz startet.


4 Kommentare:

kleine-creative-Welt hat gesagt…

Wenn ich die perfekt eingerichtete Wohnung ansehe.... den tollen Brunnen (so einen hätte ich auch gerne in meinem Garten) - alles so perfekt und liebevoll gestaltet -
die Klamotten.... wow - diese Geschichte ist ja schon ein wenig gruselig -
so ein achtbeiniges Ungeheuer direkt vor der Nase hätte ich auch nicht so gerne -

ich liebe die kleinen Mäuschen besonders -

liebe Grüße und ein schönes Wochenende - Ruth

Anonym hat gesagt…

Gerade die beiden neuen Posts überflogen, fettes smiley :-) Das wird ne lange Walpurgisnacht bei uns, denn vor dem Hexenritt und dem Tanz in den Mai wollen wir das genau lesen ! Die Hüterin des Besenschranks in einer Küche Vanille-Himmelblau mit Schiebetüren und endlich einem Bodensauger vs die ollen Besen im Schrank, das erinnert sehr an Kindheit ... der Gruselgarten mit nem stillen Örtchen und als Steigerung das traumhafte Puppenhaus im Vintagelook :-) ... mit all den witzigen Helden, Kostümen und Requisiten ... DANKE, ist einfach schön, euch immer wieder zu lesen ! Wünsch euch einen schönen Flug in den Mai mit heißer Hexensuppe, mit ausreichend Häppchen in der Abflughalle usw. ... Liebe Grüße aus München ;-)

SchneiderHein hat gesagt…

@ Ruth
ja das wurde von Tag zu Tag ein altes Haus mit mehr Gruselfaktor ;-) Dabei fing die Idee mal ganz harmlos mit der alten Puppenstube im Renovierungsstau an. Aber dank Halloween kann man kleine Hexenmäuse prima ausstatten. Und der Brunnen könnte zusammen mit dem Wandwasserspeier und der Amphore auch mal für romantischere Gartenszenen eingesetzt werden. Irgendwann im Sommer soll es mal ein Erdbeerfest im Garten geben. Aber ob das in diesem Jahr schon was wird? Zwar stehen die Ausstattungsdetails schon bereit, aber ratz fatz ist dann wieder ein Wochenende weg. Die kleinen Schreckermäuse werde jetzt jedenfalls bald bis Halloween schlafen geschickt ...

SchneiderHein hat gesagt…

@ Manu
Tja, die Walpurgisnacht wurde dann ja wohl für Dich auch noch länger ;-)
Wolfgang ist immer noch ganz erschöpft, denn nachdem ich gestern früh dann schnell diesen Post dazu erstellte: http://wwwdekogeruempel.blogspot.de/2016/05/wenn-die-hahne-krahen.html
war klar, dass es für die Walpurgisnacht einen anderen Abschluß geben müsste …
Na ja, Puppenhaus im Vintagelook - Renovierungsstau passt da halt besser. Denn ohne diesen Zustand wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, dass so ein Haus ideal zum Feiern für kleine Halloweenmäuse wäre. Und für Halloween & Walpurgis lohnt sich so ein Ausstattungswahn dann ja doch ;-)
Hella hat ja übrigens schon seit dem Sommer einen Staubsauger - aber mit dem wollte sie ja eigentlich zum Brocken fliegen. Und dieser lachende Sauger schafft ja auch viel mehr weg!
So schön war die Küche meiner Kindheit allerdings nicht. Das war wohl auch der Grund, dass ich vor einigen Wochen schwach wurde, als die Schränke mi grün-blauen Schiebetüren bei Ebay angeboten wurden. Und dann durfte auch der Abwaschtisch mit integrierten Abwaschschalen nicht mehr fehlen. Den gab es nämlich tatsächlich noch bei uns in der Küche - trotz Spüle.
Tja, und auf das stille Örtchen legte Wolfgang besonders viel Wert, denn da sollte das Skelett sitzen. Ach ja, für Halloween gibt es noch so viele schöne Details. Wir wollten das Haus eigentlich noch zur Walpurgisnacht umdekorieren. Denn für die Speisekammer und Abflughalle haben wir inzwischen teilweise andere Möbel gefunden. Was mal 'klein' vor Ostern anfing … http://schneiderhein.blogspot.de/2016/03/nicht-bei-hempels-unterm-sofa.html
Übrigens gibt es zwar nicht für alle Post ein Making of, aber auf 'SchneiderHein' gibt es das Label 'hinter den Kulissen' … da kann man die unterschiedlichen Größenverhältnisse manchmal besser einschätzen.