Samstag, 30. März 2013

Das internationale Schafbockspringen



"Und hopp!" Sir Hopsalot springt schon seit Tagen 'besonders nachhaltig' durch das ganze Haus. Eigentlich wäre es keinem aufgefallen, wenn er es nicht immer wieder betonen würde: "Ich bin gerade im Training." Denn für die anderen springt der weiße Hase schon immer wie ein wildgewordener Flummi über das Parkett. Sir Hopsalot und ein 'ruhiges Dahinschreiten' oder gar ein 'lässiges Stillsitzen', daran kann sich niemand erinnern.

Der kleine Maushase hat den Fehler gemacht, den wilden Hüpfer zu fragen, was das denn für ein 'Training' sei, da muss Sir Hopsalot fast eine Pause machen. Der Kopf der Langohrmaus blickt auf und ab, als er versucht den sprunghaften Ausführungen des hellen Spring-ins-Feldes zu folgen. Der wippt weiter auf seinen Hinterläufen, um ja nicht den Schwung zu verlieren: "Ich übe für das internationale Schafbockspringen und es sind nur noch wenige Stunden bis Ostern ..."

"Ich darf da bloß nicht in einen Trainingsrückstand kommen, wenn ich einen Sprung verpasse," erklärt der Langhase, als er die kurze Maus umtänzelt: "Die Konkurrenz ist hart: In Australien gibt es riesige Schafherden, die von Kängeruhs rudelweise übersprungen werden. Und auch die schottischen Hütehunde machen Riesensätze über das gemeine Hochlandschaf."

Sir Hopsalot muss sich dagegen mit attrappigen Holzschafen begnügen. Die Heidschnucken in der weiteren Umgebung stehen noch im geheizten Winterstall und auch Lena, das Deichlamm im Haus hatte bis jetzt noch keine Zeit für das Hüpftraining. Sie hat einfach keinen Bock als Hindernisschaf immer nur im Wege von quirligen Hasenhüpfern zu stehen. So hat der Springlöffler sich eben ein paar Dekoschafe in Reihe stellen lassen, um den Bocksprung in der Rammlerklasse zur vollendeten Schönheit zu bringen.

Wenn der kleine Ohrennager gerade mal da ist, kann er sich doch nützlich machen. Als Schiedrichter kann er gleich sehen, wie großartig der helle Sprunghase die Schafsreihe meistert und dabei keine Sekunde verliert. "Platz da!" Sir Hopsalot nimmt Anlauf. "Du musst jetzt los sagen." Die auf den Boden gepresste Pfote beginnt schon ein wenig zu zittern: "Bitte schnell. Ich kann nicht länger warten ..." Dann kommt endlich das erlösende "Äh ja ... los."

Schon fliegt der Hase über das erste Schaf. Er stößt sich mit dem Hinterlauf an der Oberkante ab, um sich Schwung zu holen für die nächste Schnucke. Die beiden kleinen Wollschranken sind ja nur zum Warmspringen. Der Schiedrichter weicht zurück und überlegt gerade noch, ob die Bocksprünge überhaupt die Hindernisse berühren dürfen. Aber jetzt ist es wohl zu spät für eine Nachfrage.

Dann kommt das erste Hochschaf. Das überspringt der Meisterhüpfer mit einem doppelläufigen Gewaltsprung und nutzt die Kraft der zwei Lenden für den Absprung zum nächsten Großhindernis ...

Er hat den Hüpfpunkt perfekt getroffen und schraubt sich schon wieder hoch hinaus über den nächsten Wollochser. Er kommt noch nicht einmal dazu, laut "Alle hopp" zu rufen, da jetzt die kniffeligste Stelle im ganzen Sprungpahkur kommt ...

Er muss den Eiergraben mit einem weiten Sprung überqueren, denn jede Zwischenlandung kostet zu viel wertvolle Zeit. Der Hase fliegt mit einem Riesensatz über den Wollrücken auf die nächste Schafattrappe zu und ...

Um Haaresbreite überquert er das höchste Herdenhindernis. Die Wollflusen kitzeln noch den Hinterlauf, aber dann ist Sir Hopsalot schon darüber hinweg. Die Riesenschnucke war in den letzten Tagen immer ein Angstgegner für den Meister-Lampen-Springer gewesen. Doch heute nimmt er sie perfekt, das ganze Wintertraining hat sich dafür gelohnt ...

Jetzt darf Sir Hopsalot bei der Kehrtwende keine Zeit liegen lassen. Er muss ganz kurz hinter der letzten Riesenschnucke landen und sofort mit einer halben Drehung wieder hoch in die Luft kommen. Und dabei gleich über das Hochschaf mit einem Riesensatz setzen ...

Auf den letzten Metern darf der junge Rammler nicht die Konzentration verlieren. Die kommenden Hindernisse sind nur scheinbar leichter, weil sie nicht mehr so hoch sind. Aber schließlich stecken schon einige Sprünge in den Hasenknochen und wie oft scheitern die jungen Hüpfer an der eigenen Nachlässigkeit ...

Der Sir riskiert viel beim Absprung vom letzten Mittelschaf. Kopfüber voran saust er auf die letzte Doppelkombination zu. Er könnte jetzt auf Sicherheit hüpfen, aber er geht für den Rekord bis zum Schluss auf volles Risiko ...

Die letzen beiden Buntschafe sind dann doch nur noch Formsache. Der weiße Springteufel erlaubt sich sogar einen extrahohen Hüpfer zum Abschluss. Denn heute wird kein Langohr besser über die Schafe fliegen. Da hätte sogar eine Lena als mobiles Lammhindernis noch querschießen können: Sir Hopsalot ist der Meisterhüpfer des Tages.

Außer Atem und etwas stoßweise will der Hase es gleich wissen: "Und ... wie ... war ... ich ?!?" Der kleine Schiedsrichter hat zwar keinen direkten Vergleich aber: "Ich glaube fantastisch." Sir Hopsalot ist zufrieden: "Dann kann die internationale Meisterschaft im Schafbockspringen ja kommen!" "Die kommt hierher?" Der weiße Maushase ist begeistert. "Äh, na ja ... ich glaube nicht, die ist woanders ..." Der Meisterspringer kommt ein wenig aus dem Takt. "Dann fahren Sie also hin?" Das klingt für kleine Nager immer noch aufregend: "Darf ich mitkommen?" Das ständige Hüpfen ebbt ein wenig ab: "Ähem, da muss ich erst einmal überlegen ..."

Da muss sich Herr Hopsalot erst einmal setzen. Daran hat er vor lauter Training ja noch gar nicht gedacht. Zu einer Meisterschaft muss man ja auch noch rechtzeitig hinfahren ... Und wenn die in diesem Jahr in Neuseeland stattfindet? Oder an einem anderen Ende der Welt? Wo es in dieser Jahreszeit genügend Hindernisschafe gibt? 


Idee: SchneiderHein    Fotos: W.Hein

Sir Hopsalot von ForestBlueFactory ist wahrlich der größte Spring-ins-Feld aller Klassen und der weiße Maushase von Deb Canham hat wider Erwarten genügend Zeit für die Beweisführung mitgebracht, obwohl er die Mauseversion aus Alice im Wunderland ist: "Keine Zeit ... Keine Zeit ... ich komm' zu spät ..."


Sonntag, 24. März 2013

Jammersäzzschon



Die 'Plagegeister' lassen die Gitarren noch einmal richtig aufheulen. Dann flirren die Pfoten über die Saiten und es gewittert im Garten, bis es in ein langgezogenes Jaulen übergeht. Wenn es weiter so gut läuft, können sie morgen anfangen die ersten Stücke zu üben.

 Gerome müht sich redlich, im Sturm der Töne nicht unterzugehen. Er hat Bruno extra seine blaue Gitarre abgeschwatzt, um bei der Bärenband einsteigen zu können. Aber das ist ja nur eine 'Wanderklampfe' ohne jede Elektrik. Und die geht fast die ganze Zeit im immer wieder neu aufbrandeten Turbogeschrammel der anderen E-Gitarren unter. 

 Eine kleine weiße Maus weiß doch längst, dass nicht die Größe des Instruments entscheidend ist, sondern der Wumms im Verstärkerturm. Den Regler nach rechts aufreißen und schon reicht die Wucht auch für das Spucken großer Töne. Sie hat schließlich darauf bestanden, dass es heute "die Plagegeister und Verstärkung" heißt.

Woauuuuuuu! Larissa gniedelt noch ein paar satte Vieltöne hinterher, als die kleinste Rockröhre zum großen Solo ansetzt. Eine großer weiter Schwung mit dem ganzen Mausearm und schon drückt das nächste Klangbrett aus den fetten Boxentürmen in den Rücken der Musikusse. Nelleke schrebbelt schnell noch ein paar dreckige Riffs und Klippen dazwischen. 

Marie wartet auf ihren Einsatz mit der fetzigen Blockflöte. Die Gitarren waren schon alle verteilt und das Schlagzeug-Brett hat nur zwei Mickertasten. Das haut zwar schon ganz nette Schmuddelgeräusche raus, aber die Bärin will mehr. Deshalb hat sie allein die Abteilung Blasmusik übernommen. Bei der nächsten Lücke im Tongewitter wird sie reinstoßen ...

Auf eine Lichtung im Klangwald wartet aber auch ein Langhals bis jetzt vergeblich. Denn die Bärenmädchen haben inzwischen entdeckt, wenn sie an den Drehknöpfen eifrig drehen und die Hebel ziehen, können sie die Töne fast unendlich lang ziehen und noch schnell ein paar neue darauf türmen. Durch die eiskalte Luft klumpen die Krachwolken vielleicht sogar noch besser zusammen. Gerome hat sich für das Gartenkonzert extra dick eingepackt, aber die Kälte kriecht schon länger empfindlich alle Glieder hoch.

"Was meinste? Dürfen wir wieder rein?" Auch die anderen Plagegeister bibbern längst im frostigen Garten. Die Sonne kommt heute nicht gegen die eisigen Temperaturen an. Aber Anna hat sie vor die Tür geschickt, wenn sie so lauthals üben wollen. Das mit 'vor der Tür' haben die Plagegeister ganz wörtlich genommen und sich ganz dicht davor gestellt, falls die großen Bären es sich noch mal überlegen wollen. 

 "Dürfen wie rein?" Anna bleibt hart: Nur wenn sie die Instrumente ausstellen und leise spielen ...

"Pöhh! Flüsterrock ist doch keine Musik. Dann bleiben wir eben draußen." Eine echte Rockerbraut lässt sich doch nicht für ein paar bollernde Heizkörper weichklopfen. Für das wahre wilde Musikantenleben müssen sie halt Opfer bringen. Dann spielen sie ihre heißen Gruufs weiter mit klammen Pfoten und Eisbeinen. Nur Frostköttel Gerome nutzt die Gelegenheit und stürmt ins Haus. Seine Wanderklampfe ist sowieso nur ein schwachmatischer Leisetöner.


Fotos: W.Hein

Die Besetzung der Plagegeister besteht aus drei Rica-Bärinnen und einem Bär aus dem Fleckerwald. Die Verstärkung kommt zart von der Giraffe der Hampton Bears und lautstark von der kleinen Deb Canham Maus. Und eine Kathleen Wallace Bärin schickt die eifrige Nachwuchshoffnung der melodiefernen Rockmusik vor die Tür, weil im Haus die Ohrenwatte nicht reicht. Nicht nur dieses Jahr ist der 23. März eher frostig. Vor ein paar Jahren gab es schon eisige Ostern im Schnee an diesem Tag.


Mittwoch, 20. März 2013

Was da ist ...



Der weltbeste Gartenforscher hat etwas entdeckt. Linus erkundet wieder den Wintergarten, denn das muss ein Forscher regelmäßig tun. Sonst schleicht sich das Unbekannte ein. Wie jetzt gerade.

Er hat schon öfter Spuren im Schnee gesehen. Aber nicht so eine. Mit großen Krallen und weiten Sprüngen. Das sind keine Vögel oder Eichhörnchen. Und seine Saurier sitzen im Warmen, weil es keine Winterfreunde sind. Außerdem haben die alle viel kleinere Krallenfüße.

Wer kann also solche Spuren machen? Vielleicht sollte er vorsichtig sein, bei diesen Riesenkrallen, die sich bei jedem Tritt in den Schnee gegraben haben. Ist da nicht ein Zischen hinter seinem Rücken?

Als es raschelt, dreht sich der Bär schnell um und erhascht noch eine Schwanzspitze, die rasch im Unterholz verschwindet. Und dann ist wieder alles still.

Bis auf einen aufgeregten Fremdkörperexperten ... das Vieh gehört doch nicht in diesen Garten. Sonst würde er es doch kennen: "Annaaaaa! Annnaaaa! Hier ist waaas! Irgendwaaas! Waaaas aaauch immer es ist ..."

Die große Bärin hört den laut rufenden Spurenleser, ist aber gerade etwas abgelenkt: Sie nascht passend zur Witterung einen Lakritz-Pinguin. Obwohl, die süßen Frackträger mag Anna eigentlich das ganze Jahr.

Fotos W.Hein

Linus ist ein Rica-Bär und Anna eine Bärin von Kathleen Wallace

Und tief, ganz tief im Wald ist tatsächlich etwas ...


Sonntag, 17. März 2013

Sommerlager



 Die Kleine hat sich wieder die Eskimojacke übergezogen, weil heute der Winter plötzlich zurückgekommen ist. Dazu hat sie sich noch Schneeschuhe untergeschnallt, denn sonst hätte sie gar nicht so tief in den Garten stapfen können.

 Der Bärenschlitten ist eingemottet, die Robbe liegt auf Eis und die Rentiere sind hier schon im Sommerlager, weil ja keiner mehr mit einer neuen Schneespur gerechnet hatte. 

 Die vier Geweihträger sind ganz aufgeregt, sie haben ja gar nicht geahnt, dass es in diesen Breiten doch eine Ganzjahressaison für Schlittenzieher gibt.

 Das erste Zugren wundert sich nur, wo die kleine Petzeline das ganze Bändergetüdder gelassen hat. Wie sollen sie denn einen Schlitten ohne Geschirr ziehen?

 Diese übereifrigen Jungspunde! Das alte Ren grummelt mit dem arbeitswütigen Schlittennachwuchs. Wenn das einreißt, muss ein anständiger Paarhufer bald jeden Kufenkram ziehen, wenn ein paar Flocken durch die Luft tanzen.Widerwillig ist der alte Schaufelträger dem putzmunteren Lappen in den Wintereinbruch gefolgt, und es ist immer noch scheußlich nasskalt.

 Heute wird doch nichts gezogen. Die kleine Polarbärin wollte nur den Pinguin in seinem natürlichen Lebensraum ausführen. Damit er nicht immer auf heißen Betonplatten im Hochsommer daher watscheln muss. Der ist doch sicher ganz heiß, hihi, auf Schnee ...

 Nun, vielleicht sollte man kleine Bärin sagen, dass sich Pinguine sogar an heißen Felsenstränden in Chile oder Südafrika putzwohl fühlen, wenn nur das Meer davor kühl genug ist. Inzwischen liebt ein Schiebepinguin sogar den nackten Beton, auf dem es so viel zügiger vorangeht. Jetzt steckt er stattdessen im tiefen Schnee und kämpft sich mit heftig schlagender Stummelflügeln voran.

 So ist der Rädervogel heilfroh, dass es endlich wieder heimgeht. Vielleicht bekommt er für den nächsten Ausflug wenigstens einen Satz Kufen unter die Watschelräder.

Samuel im Lappenlook ist richtig erleichtert, dass eine helle Bärin in keiner Schneewehe verschwunden ist. Er ist der Kleinen gefolgt, als sie noch im letzten Schneegestöber losgezogen ist. Und natürlich niemanden vorher Bescheid gesagt hat.

Die Kleine winkt noch ein letztes Mal der kleinen Herde in der eisigen Gartentundra zu. Da röhrt es ganz schauerlich direkt neben ihr. Das alte Ren murrt, die Kälte geht in die morschen Knochen. Können sie nicht endlich alle wieder rein gehen? Es hat längst die Vorzüge einer warmen Stube im Winter entdeckt.


Fotos: W.Hein

Eigentlich sollte hier eine ganz andere Geschichte stehen, als sich plötzlich immer mehr Schnee über den Garten legte und mit der weißen Kulisse jetzt alles anders gekommen ist. Die Kleine ist eine Rica-Bärin im Muffy-Outfit. Der Schiebepinguin kommt aus der Werkstatt von Deb Canham. Samuel ist im Moment als Hampton Bear ein Australier mit Hang zum bunten Nordpol. Das alte Ren kommt von Teddy Herrmann und die vier Jungspunde von Uni-Toys.


Montag, 11. März 2013

Mauselärm



 Heute ist der Ruderwagen nicht schnell genug. Von hinten nähert sich immer lauter ein Trippeln und Murmeln. Jack zieht noch einmal fest am Griff des Parkettflitzers.

Schon hüllt ihn das Stimmengewirr ein und dann ist es auch schon wieder vorbei. Die Maus mit dem Matrosenkragen wird überholt von ein Schar aufgeregter Nager, die keine Zeit für ihn haben und nur, so schnell die flinken Füße tragen, vorbeieilen.

Schon bleibt Jack zurück und zieht wieder eifrig am Antriebshebel des Wagens. Er eilt den Mäusen hinterher, will wissen, wohin sie wollen. "Wartet auf mich! Ich will mit!" Doch er wird sich mehr anstrengen müssen, wenn er den Anschluss halten will, denn die kleinen Pelznasen werden nicht langsamer.

 Eine kleine weiße Maus stöpselt inzwischen den Stecker ein. Sorgfältig zielt sie, bevor sie den Bananenstecker in die Silberbuchse drückt. Dann steigt sie auf den winzigen Hocker.

 Sie muss sich recken und auf die Zehenspitzen stellen um an die Regler zu kommen. Der winzige Naseweis dreht die Lautstärke am 'maus-o-ton' Verstärker ganz nach oben. Dann kommt noch Hall und eine Spezial-Jaulofonissimo-Einstellung, die nur das Modell 'Katzenjammer 3000' hat.

Der alte Flügel bekommt einen kräftigen Tritt. Scheppernd rutscht er von der Bühne und bleibt klagend wie ein waidwundes Tier einfach liegen, bis das Saitengestöhne endlich abgeklungen ist. Eine begnadete Meisterklimperin braucht kein leise säuselndes Piano mehr. Sie will gehört werden.

 Sie wird jetzt eine Gitarrengöttin und lässt die Saiten aufheulen. Glimmer-Rock heißt ihre neue Musikmode und das kleine Tier wird nie wieder leise sein. Mit weiten Armschwüngen kreist sie über die Saiten, bis die Tönen ineinanderlaufen und alles ein einziger wütender elektrischer Aufschrei wird: "Yeah!"

 Das Sputnik unterstützt die wilde Maus. Es bleibt gern im Hintergrund und gniedelt versonnen über Riffe und Griffe am Gitarrenhals. Was Bünde oder Stege sind, weiß das rote Fusseltier noch nicht, aber der Wille zum Dauerstakkato ist doch schon etwas wert. Harmonie war gestern, heute ist Haltung alles. Auch wie man die feuerrote E-Gitarre hält und dabei eine angesagte Sonnenbrille trägt ... besonders in abgedunkelten Räumen.

 Die kleine Mäuse kommen zusammen und drängen sich immer dichter an die Bühne. Das wollen nicht nur die Konzertpraktikanten hören. Die werden jetzt natürlich zu Rohdies befördert. Jetzt schleppen sie Boxentürme und Kabelbäume. Dazu noch Flutlichter und Starkstromverstärker. Auch Jack ist inzwischen angekommen und schiebt sich aufgeregt zwischen den wogenden Leibern nach vorn.

"Yoh!" Knapp grüßt die weiße Maus, der neue Stern am Rockfirmament, ihre Fans, deutet nur eine kurze Verbeugung an, bevor sie zum nächsten Solo aus perlenden Gitarrenläufen und überschnappenden Harmoniesprengseln ansetzt. Rau, laut und ungestüm dröhnt die Tonwolke aus den Verstärkern, ballt sich unheilvoll über der Bühne zusammen, bis sie auf das erwartungsvolle Publikum einschlägt.

 Dieser Mausebande sollen endlich die Ohren wegfliegen. Wenn die Gitarrenheldin ganz dicht an die Boxen springt vervielfacht sich Rückkoppelungsgeheul, dann lässt sie die E-Klampfe tief dröhnen, wie ein aufgebrachter Hornissenschwarm, und wenn sie die Gitarre eifrig schwingt und schwenkt, jaulen die Töne schön auf und wimmern noch lange nach.

Nelleke hört die Signale. Sind ja auch nicht zu überhören. Und es hört sich nach einem Riesenspaß an. Das wäre es doch voll gemein, wenn sie da nicht dabei wäre. Sie muss sofort 'die Plagegeister' wieder zusammenrufen. Dann wird es richtig laut werden.

 Das weiße Boxenluder gibt alles, was die E-Jaule hergibt. Langsam schält sich ein Rhythmus aus dem Tongewirr. Das Sputnik beginnt, immer wieder die selben Saiten zu zupfen und findet eine aufsteigende Tonfolge, die es jetzt glücklich wiederholt. Die kleinen Nager vor der Bühne sind beeindruckt. So viel Lärm, in dem eine kleine Melodie versteckt wird. Das ist doch schon etwas Besonderes, das sie hier erleben dürfen. Davon werden sie noch ihren Enkeln erzählen können. Na wohl eher anschreien, denn im Moment klingeln ihnen die Ohren. Sie werden wohl nie wieder etwas hören müssen, dass unbedeutender klingt als ein donnernder Expresszug, der kreischend in einem Tunnel eine Vollbremsung hinlegt.

Ganz schnell sind die Bärenmädchen und ein Navi bereit. Sie haben die schrägen Kreisch-Gitarren von der Weihnachtsfuhre des alten Seebären mitgebracht. Der alte Zausel hat zwar nicht den Pol gefunden, dafür aber drei Plastikinstrumente mit tollem Schräbbelsaunt. Da haben sie gleich 'die Plagegeister' gegründet und mehrere Tage eine ganz besondere Musik gemacht, bis Anna sie in den eiskalten Garten schicken wollte.

Larissa jault und heult mit der kleinen Maus um die Wette. Sie kann drei Tasten auf ihrer Plastequetsche drücken und dann kommen fertige Fetzen von einem ganz dreckigen Gitarrengedröhne. Und wenn sie ganz schnell ist, kippen die Töne ab und verscherbeln miteinander.

 Pah! Diese kleinen Plastikgitarren aus der Hamburger-Bratbutze mit den paar schiefen Tönen sind doch keine Begleitung für die weiße Frontmaus mit ihren ausufernden Gitarrenläufen und beinah endlosen Soli. Die Gitarrengöttin schimpft wie ein Rohrspatz. Die Plagegeister sollen sich wieder dahin verziehen, wo scharfe Gewürze wachsen oder wenigstens ihren Kinderkram still halten. Nelleke schnupft: "Menno, Alte! Nicht jammern sondern jammen!" Doch die kleinste Rockröhre mit einem Riesen-Ich bleibt dabei: Diese Bühne ist zu klein für ihre Kunstgriffe und dem Rumgemache ungeübter Bärennachwuchs-Mucker.

 Als die Bären endlich murrend abziehen, kündigt der Star das nächste Stück an. Im Hintergrund hüpft noch die Dauerschleife der kleinen Melodie des Sputniks, als der Hall der Rückkopplung des letzten Mause-Solos langsam abebbt. Die Fans vor der Bühne reiben sich verwundert Augen und Ohren. Doch dann hüllt sie alle gemeinsam wieder in eine wohlige Wolke von Luxuslärm ein. Der dringt bei jeder einzelnen Maus durch den ganzen Körper. Allein wäre so ein Zwerchfellgeschüttel und Magendreher vielleicht blöd, aber so schweißt es die Mause-Masse zusammen. Das sind eben diese Abenteuer, von denen man noch vor den Enkeln rumkrakeelen kann.

 Dann sind die Plagegeister wieder da. Diesmal haben sie einen tief brummenden Boxenturm mitgebracht und echte Gitarren. Das Navi behält lieber seine Handschuhe an, bevor es sich die Pfoten blutig spielt. Denn jetzt wollen sie es endlich krachen lassen. Das heißt ja wohl, wer zu erst still ist, verliert.

 So lärmt es sich viel besser und die Plagegeister dürfen als Verstärkung mitmachen. Sie nehmen rechts und links von der Mausebühne Aufstellung und dann feuern sie heftige Klangsalven aus ihren elektrischen Musikschleudern. Die Boxen vibrieren schon, weil so viele Töne auf einmal herauswollen. Das Nagervolk vor der Bühne wird fast weggeblasen. Das wäre nicht so schlimm, sie könnten an jeder Stelle des Raums alles hören. Hören? Häh?

"Ich kann nichts dafür!" Der alte Seebär schüttelt energisch das Haupt. Er nur diese drei kleinen Minigitarren mitgebracht. Woher das ganze andere Musikgedöns herkommt weiß er doch auch nicht. Anna murmelt etwas von Geistern, die gerufen werden. Doch das versteht der alte Zausel jetzt nicht. Er hat sich jede Menge Ohrenwatte in die Gehörgänge gestopft. Und es reicht immer noch nicht!


Fotos: W. Hein

Deb Canham kennt das gesamte Mausevolk. Und umgekehrt, wie eine kleine weiße Maus immer gern betont. Nelleke und Larissa sind Rica-Bären und das Navi kommt von den Bären aus dem Fleckerwald. Anna  stammt aus den USA von Kathleen Wallace. Das Fell des alten Seebären ist zwar aus Südafrika, aber seine Schöpferin Ulrike Amadori wohnt dagegen doch eher um die Ecke. Ups, jetzt hätte ich fast ein Sputnik von 'Keuns and Bears' vergessen, dass mit dem Muppettier vielleicht den Friseur teilt, aber eigentlich wie ein Späthippie nur vom Abheben träumt.

So wie Anna fühlt sich wahrscheinlich immer Silke, wenn Herr Hein irgendetwas in die Finger bekommt, was Töne machen kann. Das Klingeltestbrett im Baumarkt, der singende Roboter im iPad oder wichtige Produkttests mit Fieporgeln oder Wowee-Wimmergitarren. Und dann sind dann auch zwei graue Katzen immer etwas pikiert ...