Montag, 28. Mai 2012

Briefverkehr

Der Abspann ist diesmal das Vorwort:

Im Jahr 2006 hatte BRIO, der schwedische Erfinder der Holz-Schiebe-Eisenbahn wohl das Gefühl, endlich im 21. Jahrhundert ankommen zu müssen. Was würde passieren, wenn Kinder keine Dampfloks mehr aus eigener Anschauung kennen werden? Würden sie dann immer noch als Erstes Lokomotivführer werden wollen? Also wurde bei BRIO mit viel Aufwand und Liebe zum Detail die Networker-Welt entwickelt. Das Innenleben des Computers mit E-Mails, Laserbrenner, Mülleimer, Virensuchprogramm und natürlich auch mit Viren, Pop-Ups und anderen Schädlingen wurde auf die klassische Holzeisenbahn gesetzt. Die Basis ist immer noch Holz, dazu kommen aber jede Menge Soundmodule, Magnete, Diodenlichter und Elektroschnickschnack. Das ganze Abenteuer hat ca. zwei Jahre gedauert, es gab noch einmal neue Viren 1.5, eine Quarantänestation und, wenn die kleinen Networker von der Arbeit jetzt müde waren, konnten sie sich in kleine bunte Kastenhäuser mit Puschelhaustieren zurückziehen. 

Aber es scheitert am Ende doch wohl am Widerspruch zwischen der pädagogisch wertvollen Holzschieberei und dem netzafinen virtuellen Leben der anvisierten Zielgruppe. So werden die Networker-Pakete überall inzwischen nur noch abverkauft und BRIO hat sich neuen Welten zugewandt. Es ist wohl wirklich zu schwierig, neue Figuren in das Kinderzimmer zu bringen, wenn man mit Mickey Maus, Star Wars und den Transformers konkurrieren muss. Dabei sind die Networkers perfekt gearbeitet und bis ins letzte Detail liebevoll mit eigenen Logos, Beschriftungen und Eigenschaften ausgestattet worden. 

Bei der kurzen Laufzeit mussten die Networkers auch nie die nächste Klippe der schnelllebigen Computerwelt nehmen. Wer weiß schon in ein paar Jahren, was ein DVD-Brenner im Computer ist, wenn es schnelle USB-Sticks gibt und die Daten am Besten irgendwo in der Cloud liegen? Dann landet man ja schon wieder beim Dampflok-Problem und das jetzt alle fünf Jahre.

Die kleinen Bären (alles Rica-Bären) interessiert das alles herzlich wenig, weil sie einfach gern bunte Wagen durch den Garten schieben. Und die kleine weiße Maus, die Deb Canham persönlich kennt (oder es ist doch umgekehrt), drückt begeistert auf alle Knöpfe und lässt alles fiepen, fiepen und quäken, was die ganze Technik hergibt.

Doch jetzt geht's endlich los:


Das ist Emo. Emo ist ein Ihmeil-Bote. So ein Ihmeil-Bote ist ein elektrischer Postbote für Briefe mit Stromanschluss.

Marie erklärt Raff-Raff das alles ganz genau. Obwohl ... so ganz klar ist es der kleinen Bärin auch nicht, was so ein Strombrief ist. Denn die Postboten, die zu ihnen ans Haus kommen, sind alle offensichtlich freilaufend und haben auch nie ein Stromkabel mit Stecker dabei. Haben die ein Batteriefach?

Die Postboten da draußen haben Fahrräder oder ganze Autos, doch Ihmeils brauchen Leiterbahnen, um verschickt werden zu können. Also baut Marie für Emo diese Leiterbahn aus Holzschienen im Garten auf. Das ist voll schwierig, weil diese Leiterbahn nirgends unterbrochen sein darf. Sonst gehen die Briefe irgendwo im www verloren, dem wuchernden-wild-wuchs.

Der Briefzug mit zwei Anhängen ist schon aufgegleist, während an der Poststrecke noch eifrig gewerkelt wird. Zum Glück hilft Nelleke beim Bauen und probiert gerade, wie eng die nächste Kurve werden muss, damit der Postversand nicht in Rabatte rauscht. Und dann müssen natürlich noch Abzweige eingebaut werden und auf die Anschlüsse geachtet werden, damit der Postverkehr später flüssig fließen kann.

Endlich kann Emo auf die erste große Probefahrt gehen. Er winkt noch einmal zum Abschied – während Marie prüft, ob die erste Testnachricht auch ordentlich eingesteckt ist. Nelleke hat von der anderen Seite der Betonfläche gewunken, dass auch dort die Strecke geschlossen ist. Emo sollte also nach einer ziemlich schlängeligen Runde wieder hier ankommen können.

RaffRaff wartet schon an der Lesestation. Wenn der Postzug hier Halt macht, kann man das Nachrichtenplättchen in die Vertiefung des blauen Kastens legen und und hört dann Pfeifen, Fiepen, Schrebbeln und ein par Wortfetzen mit Gekicher. Oder etwas ganz anderes. Der kleine Langhals ist schon ganz gespannt. Nur müsste jemand noch RaffRaff sagen, dass sie sich nicht auf die Schienen stellen darf, wenn sie nicht vom rasanten Ihmeil-Versand überrollt werden will.

Nelleke hat Marie beim Leiterbahnnetz gern geholfen, denn sonst hätte der Brennzug auch keinen Schienenweg gehabt. Den roten Punkt-Laisär auf dem großen Wagen in Mitte benutzt sie ganz vorsichtig. Sie will ja nicht die Holzschienen wegbrutzeln. Aber gerade startet sie mit lautem Fauchen den Nachbrenner im Heck, um den Zug auf Sausgeschwindigkeit zu bringen.

Inzwischen ist Lena angekommen und schnappt sich den Müllzug mit der große Wiederverwertungskugel im Heck. Der grüne Zugführer ist gerade in die große Postverteilstelle eingelaufen und fragt, ob es hier etwas zu entsorgen gibt. Aber hier ist die Post noch frisch. Sie muss erst zugestellt werden, bevor sie ungelesen in den Papierkorb kommt.

Der Postzug saust gerade über die Gitterbrücke. Die ist so kurz, dass sie beim Aluteich nichts gerissen hätte. Jetzt liegt sie zwar platt auf dem Boden, aber die Gitterbögen sorgen dafür, dass die üppige Pflanze in der Steinfuge nicht die Strecke überwuchern kann.

An den Versandfächern an der Strecke können sie die Nachrichten tauschen, denn der Zug hat nur zwei Steckplätze. Doch so wissen sie im Moment nicht mehr, wo die Test-Meil geblieben ist. Sie ist im Leiterbahn-Netz verschluckt worden. Das passiert diesen Nachrichten wohl häufiger.

Lena ist nun beim großen Papierkorb angekommen. Der heißt inzwischen Resseickling-Punkt, weil das vornehmer klingt. Lena interessiert sich sonst nicht so sehr für Müll, aber dieser grüne Punkt mit seiner samtigen Oberfläche hat sie sofort an Gras erinnert und wenn sie oben auf das kleine Männchen drückt, hört sie aus der Kugel Bienensummen und Vogelgezwitscher.

Bei dieser Lesestation ist Marie schnell durchgefahren – ohne anzuhalten. Denn hier haben sich Störenfriede eingenistet.

Drei Viren tanzen um den Briefkasten herum. Wahrscheinlich wollen sie die Nachrichten ganz schaurig falsch klingen lassen. Oder sie schmuggeln ganz schreckliche Meils rein. Vielleicht hängen sie sich an die elektrischen Briefe auch nur dran, damit sie an andere Netzpunkte gelangen können, ohne sich die Füße wund zu laufen. Laufen? Können Viren laufen?

Die kleine Giraffe muss jetzt genau aufpassen: "Schnell RaffRaff, du musst der weißen Maus Bescheid sagen. Sie muss dort aufräumen, bevor die Viren noch weitere Stationen befallen." Und schon ist der kleine Langhals losgestürmt.

Maries Frotteetier sucht den Sicherheitschef im Netz. Die kleine weiße Maus ist immer auf Patrullje, hält die Knopfaugen offen und ist sofort zur Stelle um Schädlinge unschädlich zu machen.

Das Schaf kümmert sich um eine andere Art der Netzreinigung: Jedes Mal wenn der Müllzug durch den grünen Ball fährt gibt es Reiß-, Ratsch- und Rülpsgeräusche. Dann drückt Lena schnell auf den kleinen grünen Mann auf der Kugelspitze, bis wieder Bienensummen und Vogelgezwitscher aus dem Mülleimer tönt. Es gibt ja auch Duftspray und Klosteine für das WC. Das ist jetzt Ohrhügenie.

Larissa fährt mit dem kleinen Brenner über die große Brücke. Lena könnte einfach drunter wegsausen, wartet aber lieber. Ihr grüner Ökoblitz soll ja nicht von Larissas Schuhen von den Schienen gefegt werden.

Da saust der Brennzug von Nelleke heran. Sie ist auf dem schnellsten Weg zur großen Brennstation für Silberscheiben und hat keine Zeit, dabei auch noch auf diese drömeligen Postzüge zu achten.

Es ist jedes Mal dasselbe. Immer ist Marie im Weg und Nelleke muss stoppen. "Du hättest dahinten den Abzweig nehmen müssen," mault die Mützenbärin. "Dann kommen diese Imeils doch nie an," schnappt darauf Marie. "Dann kriegt sie halt jemand anders. Das ist doch egal!" Aber Rot hat immer Vorfahrt, das ist doch klar! "So funsioniert die Post nicht," brummelt die Briefzugführerin. Und Nelleke will nicht nachgeben: "Tut sie woll!"

"Die Klügere gibt nach," also schiebt Marie den Rückwärtsgang rein. Sie wird schon einen Weg finden. "Heh, das gilt nicht: Vorfahrt hat nix mit Klug-sein zu tun," muffelt die ungeduldige Feuersbraut: "Klüger werden die Nachgeber nur, weil sie mehr Umwege kennen."

RaffRaff hat sich bei dem ganzen Geschiebe rausgehalten und guckt sich in der Zeit lieber Fugenklee an. Wenn sie kein weiches Frotteemaul hätte und im Bauch nur Watte, würde sie vielleicht ein Blatt probieren.

Larissa hat mit dem kleinen roten Blitz schon die Brennstation passiert und die große Diode blinkt noch ein paarmal auf, um die Durchfahrt zu melden.

Marie hat wirklich einen weiten Umweg genommen und fährt fast am anderen Ende des Streckennetzes lang. So ist es kein Wunder, dass manche Imeils sofort da sind und andere gefühlte Stunden brauchen, um endlich am Zielbriefkasten anzukommen.

Die kleine Maus kontrolliert den zweiten Brenner. Sie ist gern Oberpolizist im Streckennetz, denn ihr Dienstfahrzeug hat einen Elektromotor und zuckelt unentwegt seine Runden. Nachdem der kleine Virenalarm am Postfach beseitigt ist, ist alles ruhig, so dass die kleine Maus während der Fahrt ein wenig zu dösen beginnt und fast ihre Weiche verpasst hätte.

Geschafft! Emo hat seine Nachrichten endlich doch noch abliefern können. Sie werden gerade noch vom Sicherheitsmann am Empfang geprüft. Dann kann Marie wieder abschieben und gucken, wo denn diese verflixte Testmail von heute morgen geblieben ist.

Hihi! Mit einer Maske unkenntlich gemacht, startet Linus als der weltgrößte Unbekannte den großen Virenangriff auf das Netz. Diese nette Mädchengetue hält doch auf Dauer keiner aus. Es wird endlich Zeit, dass Viro und seine Spießgesellen diese lahme Nachrichtenschubserei mal aufmischen. Die geländegängigen Virenmutterschiffe setzen sich über die Gleise und die kleinen Schädlinge gickern voller Vorfreude auf die nächste Beute.

Schon haben die Viren den ersten Postzug gekapert und beginnen eifrig Spämms und Trojaner und andere linke Dinge aufzuladen.



Fotos: W.Hein


Gartenbahn


Dex, der gelbe Viren-Skänner, fliegt langsam über die Platine mit der Leiterbahn des großen Gartenrechners. Mit seinem Vergrößerungsglas inspiziert er genau die Verbindungswege und sucht nach Viren und anderen Fieslingen. Nelleke hat mit ihren Freundinnen die Networker-Holzbahn auf der Betonfläche im Wildwuchsgarten aufgebaut, weil sie heute das spielen, was in diesen Kompjutern, Pezehs und Läpptopps stattfindet. Sie verschicken Ihmeils, füllen Postfächer, brennen Daten, sausen über Leiterbahnen, entleeren den Papierkorb und hüpfen im Netzwerk über Schnittstellen, Weichen und Kreuzungen.

Die kleine weiße Maus fährt mit ihrer sechsgeräderten Datenpolizei von Knotenpunkt zu Knotenpunkt und prüft, ob überall nur nette Networker sind, die fröhlich winkend ihrer Arbeit nachgehen. Hier arbeitet ein kleiner blauer Postmeister, der die rechteckigen Nachrichtenplättchen für den nächsten Ihmeil-Transportzug sortiert.

Und Nelleke überwacht alles von mit fliegenden Datenuntersuchern von oben. Noch eine letzte Runde – wenn alles so friedlich ist, kann die kleine Mützenbärin wieder zu ihren roten Datenbrenner-Bahnwagen zurückkehren, um mit dem Feuerblitz auf Rädern neue Wege im Streckennetz zu suchen. Es muss doch möglich sein, beide Brennstationen direkt zu verbinden, ohne immer den großen Bogen am Aluteich mit der Schiebebahn ablaufen zu müssen.

Das Streckennetz auf der Betonplatine des Gartencompjuters ist einfach so groß, dass es zunächst keinem auffällt, als sich der maskierte Obermotz der Fiesheit mit seinen üblen Viren schon längst auf den schnellen Verbindungen des Datenverkehrs breit macht. Mit den Virentransportern blockiert er immer neue Leiterbahnen und die kleinen grünen, roten und gelben Männchen machen sich bereit, um sich auf jeden unvorsichtigen Networker zu stürzen.

Noch schiebt ein Schaf versonnen den Müllzug in Richtung des großen grünen Punktes im Netzwerk. Noch zwei Weichen und ein kleiner Innenkreis, dann ist die Schnucke wieder am grünen Kugel-Mülleimer angekommen.

Der schurkischste Oberschurke vom Dienst hat mit seinen Viren den ersten Postzug gekapert und schickt ihn gleich mit einer unheimlichen Pinguin-Horde aus Lakritz auf die Reise. Es soll ja so komische hohle Holzpferde geben, die als Trojaner ganz viel Schaden anrichten, wenn sie die Bosheiten im Bauch verstecken. Was können dann erst Pinguine anrichten, die ihre niederen Instinkte mit feinen Ausgeh-Anzügen tarnen können. Und wie gefährlich eine Frack-Horde mit ihren spitzen Schnäbeln sein kann, weiß ein Experte für alles Mögliche aus eigener Erfahrung.

Das Schaf hört beglückt dem Vogelzwitschern und Bienensummen aus dem Mülleimer zu, das immer wieder ertönt, wenn Lena oben auf den grünen Punkt drückt: Noch einmal Bzzzzz! und Tschiep, Tschiep, Tschiep für die Schnucke, als ihr kleiner grüner Zugführer versucht, ihr ganz dringend etwas zu sagen.

Der kleine Müllmann gestikuliert immer noch wild mit den Armen, da wundern sich Lena und Larissa immer noch, was die ganze Aufregung soll. Wohin sie auch blicken, die Strecken sind frei und bei Marie und RaffRaff läuft der Datenverkehr.

Der schurkische Überfall wird endlich doch entdeckt. Noch breitet sich das Böse nur an den Rändern aus. Aber die weiße Maus braust schon in voller Fahrt den Eindringlingen entgegen. Sie muss nur noch ein paar Kurven und Abzweigungen abfahren, bis sie endlich den richtigen Schienenstrang erwischt.

Die Mädchen schauen gebannt zu, wie die Polizei sich müht, den Einfall der Viren zu stoppen, bevor sie den ganzen Gartencompjuter anstecken können. Sie ahnen längst, wer der hinter der Maske steckt, doch wie bekommen sie den allergrößten Störenfried wieder aus ihrem Netz?

Dieser allergrößte Störenfried muss erkennen, dass er enttarnt ist, als die kleine Maus plötzlich neben seinem Virenzug auftaucht. Noch hat er freie Bahn, weil die Polizei nur ein daneben verlaufendes Zweitgleis erwischt hat.

Zu spät erkennt er den Mauseplan. Wenig später münden beide Schienenstränge in eine gemeinsame Zusammenführung und hier ist die Polizei doch eine Wagenlänge schneller am Knotenpunkt. Seine wilde Frackhorde steckt schon fest, bevor sie ihr pinguinisches Werk voller Heimtücke beginnen kann.

"Ihr seid gemein zur Gemeinheit!" Der welbeste Bösewicht schimpft wie ein Rohrspatz. Er wird doch an seinen meisterlich-unholdigen Plänen gehindert, wenn das Polizeifahrzeug die Strecke blockiert. Dazu überwältigt die kleine, weiße Sicherheitsexpertin gerade seinen Zugführer des Virenexpresses. Und von oben wird die ganze Aktion ständig mit neugierigen Flugpetzen überwacht. So kann das Böse nicht arbeiten. So wird das nie ein richtiges Schurkenstück.

Larissa hat inzwischen Zet mit seinem weißen Virentransporter herangefahren. Während die weiße Polizeimaus den zappelnden Viro mit beiden Pfoten festhält, macht die Bärin die Kwarantäne bereit. Unter der Glasglocke kann der üble Wicht noch so viel toben wie er will, von allein kommt er da nie raus.

Schon ist der Viro eingedost und damit unschädlich gemacht. Der helle Nager muss den Glaszylinder nur noch auf den Virentransporter wuppen und Larissa kann mit dem zeternden Giftgrünling dann sicher zum Virenknast fahren.

Fassungslos muss der Meister des Netz-Verkleisterns zusehen, wie sein Virenfahrer von Zet und Larissa abtransportiert wird und seine Pinguine des Schreckens einfach auf der Strecke stehen gelassen werden. Wenn er jetzt nicht sofort handelt, wird das nie was mit der Übernahme des gesamten Compjuter-Netzwerks.

Der Virensucher hat aus der Luft schon den nächsten Virenbefall entdeckt. Die abseits gelegene Poststelle haben die beiden Netzschädlinge mit bösen Spämms und linken Links aufgefüllt. Wenn da keiner aufpasst, würden diese falschen Nachrichten beim nächsten Halt des Postzuges weiter im Netz verteilt.

So schnell gibt ein Meister-Unhold nicht auf. Der mobile Virenträger rattert auf riesigen Profilreifen heran. Schnell bekommen die Pinguine des Schreckens einen neuen Lokführer, damit sie weiter das Netz heimsuchen können.

Die Viren walzen unterwegs noch schnell die nächste Poststelle platt. Die nett flötenden Nachrichten auf den Plastikkärtchen tauschen sie noch gegen grässlich schrebelnde aus. Dann machen sie sich besser aus dem Staub, bevor die Saubermänner kommen.

Die Compjutersicherheit hat inzwischen mit vereinten Kräften die Virenbande an der anderen Poststelle gestellt. Die Maus fährt mit dem Polizeifahrzeug vor und Nelleke ist sogar mit zwei fliegenden Überwachern angerückt. Da haben die beiden Unholde keine Chance zur Flucht.

Wenig später rückt Larissa mit Zet und seiner fahrbaren Virenkwarantäne an. Die Viren werden eingesackt und auch unschädlich gemacht. Das ist ganz schön mühselig, aber Abschnitt für Abschnitt holen sich die Mädchen so ihr Streckennetz zurück.

Das ist doch voll ungerecht! Niemand mag die Fiesen! Ganz allein muss der allergrößte Bösewicht hilflos zusehen, wie seine Angriffstruppen dahinschmelzen wie Himbeereis in der Sonne. Einige verstecken sich schon in den großen Emo-Figuren für gut Networker. Vielleicht entkommen sie so der oberspießigen Säuberung.

Wo bleibt denn da der ganze Virenspaß? Wenn man nichts kaputtmachen darf? Der Cheffiesling sammelt seine letzten Grünlinge ein und überlegt, ob er sich wieder in Büsche schlagen soll? Sie könnten einen neuen Hinterhalt legen oder mit dem gekaperten Postzug die gefangenen Bösewichter befreien? Oder sie legen ein neues Gleis, das direkt in den Teich führt? Die Lakritz-Pinguine als Geheimwaffe hat Linus erst einmal wieder in die Hosentasche gesteckt. Dort warten sie zwischen Murmeln, Gummibändern, Flusen und dem üblichen Taschensand auf den nächsten Überraschungs-Angriff. Oder sie werden vorher weggeschlickert, damit der maskierte Virenboss besser nachdenken kann. Im Moment ist er so ins Pläneschmieden verstrickt, dass er gar nicht bemerkt, wie Marie mit ihrem Emo-Zug den Kreis verlässt und auf große Fahrt geht.

Lisa und Anna stehen am Haus und wundern sich. Da führt seit heute morgen plötzlich ein langer Schienenweg aus der Tür zum Garten. Und von hier aus ist auch noch kein Ende der Holzbahn in Sicht.

Es ist bald Zeit für das Abendbrot und Anna überlegt schon, wie sie die kleinen Petze wieder einsammeln soll. Da sieht sie, dass wenigstens eine Marie mit RaffRaff schon auf dem Heimweg ist.

"Achtung, Achtung, von der Bahnsteigkante zurücktreten," ruft die kleine Bärin und winkt dabei eifrig Anna und Lisa zu, damit die wissen, dass sie gemeint sind.

"Mach's gut Emo," hört der kleine Ihmeil-Postbote, bevor er einen Schubs bekommt. Mit Surren (und etwas Geklapper an den Schwellen) saust der Postzug von der Stegkante über das Podest und weiter zu den Steinplatten. Richtig schnell wird der Express für elektrische Briefe auf der geschwungenen Abfahrt – bis er am großen flachen Bogen wieder abbremst und langsam ausrollt.

Schnell springt Marie hinterher, denn sie muss Anna unbedingt zeigen, was sie heute erlebt hat. Sie hat den ganzen Tag elektrische Post mit der Hand zugestellt. Und die Briefe können alles erzählen, weil die Töne machen und reden können. Aber hier sind ja keine elektrischen Postfächer, die die Nachrichten vorlesen.

Da kann auch Emo nicht helfen, wenn die moderne Computertechnik noch nicht im Haus eingezogen ist.

Dann muss Marie der Anna eben alles haarklein selbst erzählen. Mit Pfoten und Tatzen. Ohne blinkende und piepende Technik. Und weil das alles dann länger dauert, sitzt sie gern dafür auf Annas Knien. Das gemeinsame Abendbrot muss heute noch ein wenig warten.


Fotos: W.Hein

Die Bären spielen hier mit BRIOs Networkern, die das schwedische Urgestein der Schiebeholzbahn 2006 erfunden hatte, um die klassische Eisenbahn in etwas todschick Modernes zu verwandeln. Das Innenleben des Computers mit seinen Bauteilen ist das Vorbild für Email-Arbeiter, Daten-Brenner, Viren-Scanner, Schutzmänner, Sicherheitskräfte und Müll-Recycling sowie ihren Gegenspielern mit Viren, Pop-ups, Spams, Trojanern und Black-outs. Alle kleine Männchen mit Magnetfuß nutzen noch die klassische Holzeisenbahn als Verbindungswege, haben aber futuristische Fahrzeuge und Hilfsmittel. Das Ganze ist bis ins kleinste Detail perfekt ausgestattet, dafür sorgen auch viele Sound- und Lichteffekte. Aber der große Erfolg ist offensichtlich ausgeblieben. Vielleicht, weil die Kombination von digitaler Technik und klassischer Holzschiebebahn doch nicht so zwingend ist. BRIO den Aufwand, eine neue Figurenwelt ins Kinderzimmer zu drücken, wohl auch unterschätzt hat. So freuen sich jetzt die Bären ziemlich allein an diesem modernen Klassiker (immer ein gutes Wort für einen unverdienten Flop). Denn, wer im Internet nach den Networkern von BRIO sucht, findet die hoffnungsfrohen Pressemitteilungen, den ersten Werbefilm ohne die versprochenen Fortsetzungen, die Angebote des Abverkaufs und ein paar Bildern von Computer-Nerds, die gern die Networkers als Maskottchen ihrer Leidenschaft gesammelt haben.

Irgendwann sind endlich alle kleine Bären und Mäuse auch wieder im Haus. Schlemmen noch schnell Honigbrot und Schokolade, bevor sie schweren Herzen in die weichen Kissen schlüpfen, weil morgen auch noch ein Tag ist. Darauf warten im Garten auch Zed mit seinem Virentransporter, der elektrische Briefträger Emo und die anderen wuseligen Networker. Und wenn morgen der weltbeste Heimlichtuer wieder die fiesen Viren anführt, werden sie diesmal auch sicher die Herrschaft über das Leiterbahnnetz übernehmen können. Hihihi! suselt sich da ein seliger Linus in seine Träume.