Montag, 18. April 2011

Wackelkandidaten



Der weltbeste Frackvogelforscher sitzt im Garten inmitten einem sorglos schnatternden und glücklich krächzenden Schwarm von Pinguinen. Oder sagt man Schwarm nur bei Vögeln, die auch fliegen können? Das muss der beste Meistergucker für Watscheltiere aber auch gar nicht wissen - das kann sich dann der zweitbeste am Schreibtisch ausdenken. Wer schon mitten drin ist, muss nur genau aufpassen, was die großen Vögel so tun. Und das ganz heimlich ...

Vorsichtig hebt er den langen Schnabel an, um zu peilen, wo überall die großen Laufvögel stehen. Zum Glück hat er diesen selbstgebauten Pingi-Anzug aus Zeitungspapier. Damit durfte er mitten in die Gruppe rein stapfen und es gab nicht so hässliches Gezeter wie beim ersten Mal. Er ist jetzt zwar der dickste Vogel im Garten, aber die schlanken Frackträger stört das nicht. Sie verlangen keine Supersportfigur ... Hauptsache der Pummelpinguin ist auch ein Schnabelträger.

Ächzend erhebt sich der blaue Pingi-Plumps, um einer Gruppe von vier Vögeln zu folgen. Denn eigentlich weiß Linus immer noch nicht, wie die ganzen Nichtflieger in den Garten gekommen sind. Und genauso rätselhaft bleibt, was die Riesenhorde jetzt hier machen will. Deswegen muss der weltbeste Obermotz für Federviehfragen ja auch dran bleiben.

Und ganz, wirklich ganz unauffällig folgt der blauschillernde Papiervogel dem echten Federvieh. Er krächzt dabei ein wenig mehr als sonst, gluckst oder schnalzt dazu und muss aufpassen, dass sich kein Bärenbrummen dabei dazwischen mogelt. Was auch immer Linus da so auf pinguisisch sagt? Hoffentlich muss er jetzt nicht Glibbereiswürmer picken oder allein mit dem Killerwal baden gehen. Oder worüber Polbewohner sonst noch so reden.

Aber bevor sich der Bär weitere Sorgen um die richtige Konversation mit Kaltwasservögeln machen kann, sammelt sich die Frackhorde um den Aluteich. Das allgemeine Getuschel nimmt zu, während sich die Vögel immer dichter an den Rand drängen. Ein Geschiebe beginnt, so dass die Ersten mit den Stummelflügeln hektisch zu rudern beginnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und vom Rand abzurutschen. Da kann doch ein anderer der erste Vogel im Wasser sein.

Dann haben die Pinguine sich alle am Rand endlich sortiert und jeder Vogel kann gut ins Wasserbecken schauen. Das tun sie auch sehr lange und intensiv. Sie legen den Kopf auf die Seite, neigen sich vor und schubsen dabei den Nebenvogel an, damit endlich vielleicht doch einer ausprobiert, ob im Wasser gefrässige Seelöwen oder andere Seeräuber warten. Der so Geschubste beklagt sich bitter, hüpft etwas beiseite, dreht den Kopf schnell zurück um mit dem Schnabel dem fiesen Möpp dafür in die Weichteile zu stupsen. Wenn Pinguine jetzt kitzliger wären, würde einer wohl endlich in die Wasserlinsen fallen. So aber müssen alle von draußen nur rein starren. Und das Wasser bleibt ruhig. Da zeigt sich kein Flossenfeind ... aber auch kein Fisch oder Krebs oder Wurm. Auch der blaue Pummelvogel hat sich vorgedrängelt. Plötzlich ruft er laut: "Die haben Hunger und suchen Futter!"

Upps! Das war jetzt wohl zu laut und klang so gar nicht vögelig. Der kleine Bär muss da aufpassen, denn die Vögel schöpfen schon wieder dieses Argh-Dings. Argh! Argh! klingt es immer heftiger in den Puschelohren unter dem Vogeltäuscher-Anzug. Argh! Argh! Die Pinguine rücken ganz dicht an den vorlauten, verdeckten Vogelermittler heran.

Der blaue Pummelvogel beginnt wieder leise zu schnattern und krächzen: Ich bin doch auch ein Vogel. Ein ganz einfacher Papierpinguin und habe gar nichts gesagt. Er nickt eifrig mit dem Schnabel und schlägt eine wenig mit den Zeitungsflügeln. Alles ganz harmlos, wirklich. Langsam weicht Linus zurück und endlich drängeln die Vögel nicht mehr so heftig. Sie äugen nicht mehr ganz so misstrauisch und immer weniger verfolgen den Federforscher auf der Flucht. Bald wenden sich alle Hungerleider wieder dem Teich zu.

Die Verkleidung hält. Jippie! Äh, Krächz! Krächz! Die Pinguine kümmern sich lieber wieder um den Teich. Vielleicht taucht doch noch ein leckerer Happen auf, wenn man länger guckt. Oder es geht endlich ein unvorsichtiger Mitvogel baden ...

Dann beginnt die große Gartenwanderung der Pinguine. Nachdem im Alubecken höchstens ein paar Mücken zu holen sind, schieben die Vögel weiter Kohldampf. Eigentlich eher Fischdampf, denn mit Grünzeug gibt sich so ein Polvogel erst gar nicht ab. Obwohl ... so ein Marsch durch den Wald ist für die Frackträger wahrscheinlich auch eine neue Erfahrung. Auf jeden Fall wollen die Frackträger endlich schuppiges Frischfutter!

Mitten drin im Vogelzug ist wieder der weltbeste Frackvogelforscher. Der Bär kennt zwar schon den Garten wie seine Westentasche ... eigentlich wie jede Himmelsrichtungstasche. Aber neugierig ist Linus schon, wohin diese Watschelei führt. Er bleibt an den Federviehfragen dran.

Plötzlich wird es an der Spitze des Zuges laut. Der Kundschafter ist zurück und kurze Zeit danach schlagen alle Pinguine aufgeregt mit den Flügeln und klappern heftig mit den Schnäbeln. Dazwischen rascheln auch eifrig die Papierflügel. Der junge Bär strengt sich an, so richtig zu vogeln: Bloß nicht wieder auffallen.

Die große Wanderung der Pinguine ist ein voller Erfolg. Wenig später steht die ganze Schar am großen Gartenteich. Langsam watscheln die Vögel zur Wasserkante. Hungrig linsen sie durch Kolben, Schilf, Binse und Kalmus.

Dann ist die Aufregung unter den Vögeln groß. Da blitzt Flossenfutter zwischen den Wasserpflanzen. Und als die Pinguine immer dichter kommen, wimmeln zwischen den dicken roten Brocken auch noch viele kleine schwarze Fische. Sättigungsbeilage für hungrige Frackträger ... wenn da nicht das alte Problem wäre: Wer macht sich jetzt als Erster nass?

Linus hat sich diesmal etwas abseits hingestellt. Denn wenn jetzt wieder dieses Geschubse und Gedrängel am Ufer los geht, will er nicht zwischen dem bärenhohen Federvieh stehen. Sonst platscht der blaue Pummelvogel mit in den Wellen. Und so richtig wasserfest ist so ein Tarnumhang aus Papier dann doch nicht.

Unruhig trippeln die schwarzen Vögel am Uferrand hin und her. Noch suchen sie diesen mutigen Dussel, der zuerst ins Wasser geht. Aber mit jedem Fisch, den sie sichten, werden sie ungeduldiger. Wenn so ein Pinguin doch so ein Mutvogel wäre, wie ein Fischreiher. Der geht sogar allein im Teich auf Angeltour. Doch so wird noch geschoben und gepiesackt: Also los, spring! Mach doch selber! Hol dich die Robbe! Eben nicht!

Der weltbeste Frackvogelexperte ist nicht zu halten. Er muss dringend ins Haus, um den anderen Bären von seinen Abenteuern und Entdeckungen zu berichten. Pinguine haben Hunger und sie mögen Fisch. Wahrscheinlich nicht nur die roten sondern auch die buntgescheckten Japanflossen. Hoffentlich haben die schwarzen Fischfreunde den Teich noch nicht leer gefressen, bevor er wieder zurück kommt. Wenn er diesmal den Fotoapparat bekommt, dann könnte er knipsen, wie der Fisch zappelt und in der Sonne blinkt, bevor er im Schnabelschlund verschwindet.

Das mit dem Fotoapparat wird schwierig, denn Lausebär sagt sicher, dass es immer noch keine Unterwasserkamera ist. Und er muss Anna davon überzeugen, noch viele von diesen bunten Teichfischen zu kaufen. Damit seine Pinguine auch in den kommenden Tagen mehr Farbe im Speiseplan haben.


Fotos: W.Hein

Linus ist ein Rica-Bär aus Detmold
Die Frackhorde kam wirklich übers Meer -
aber aus trägen Hitze der schwülwarmen Philippinen,
denn dort lässt die Hansa Inc. aus Australien fertigen.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh wie nett, das ist ja eine niedliche Geschichte! :-)
Also die Frackhorde finden wir einfach klasse, nun brauchen die Haus-und-Garten-Bären gar nicht mehr in den Zoo zu gehen, denn sie haben den Zoo ja im Garten :-)

Und Linus`Tarnkleidung ist ja so was von perfekt, wir hätten ihn beinahe nicht erkannt :-)

Viele Grüße
von den Kuschelbären

SchneiderHein hat gesagt…

@ Kuschelbären
Die Postuhr geht hier etwas nach ...
Die Pinguine sind inzwischen schon ausgezogen, denn hier gibt es schon wieder keine freie Wasserfläche. Wie in jedem Jahr um diese Zeit ist der Teich voll mit Wasserlinsen und anderen wuchernden Teichpflanzen. Nelleke kann immer noch nicht im Teich schwimmen. Auch Hasenmaus hatte bis jetzt keine Gelegenheit seine Seebären-Prüfung abzulegen. Und Linus ist jetzt tief enttäuscht, denn er hatte ganz viel tolles Pinguinfutter organisiert! Aber das wird hier demnächst erzählt ...

Danke für Eure liebe Mail. Schön zu lesen, was bei Euch so alles los ist. Und das Tarnzelt weckt hier Begehrlichkeiten :-)