Sonntag, 26. April 2009

Die fremden Federn



Kaum hatte die Bärin sich das sommerliche Blumenkleid übergestreift, musste Aurelie die Sonne ausnutzen. Bevor der April seinem Namen alle Ehre macht und die nächsten Regenschauer schickt, wird jetzt genau der Garten inspiziert. Schon in den grauen, regenverhangenen Tagen hinter den Scheiben des Treppenhauses sind der Bärin so einige bunte Flecken im Grün nicht entgangen.

Schon nach ein paar Schritten, gleich hinter dem Rosenbusch, steht da ein sattgelber Hahn, der aus vollen Halse kräht. Aber dennoch hört Aurelie eher die Bienen summen und in der Ferne zwitschert ein Vogel. Denn dieser Schreihals ist nur aus Blech. Der war in den letzen Tagen sicher lauter, als der Regen auf seinen hohlen Metallbauch trommelte.

Der nächste Gartengesell ist kein Vogel und im grünen Dickicht schon gut versteckt. Ein fliehender Hase steht wie angewurzelt zwischen Blättern, Gräsern und Ranken, die längst versuchen, seine großen Räder fest bis zum Herbst zu umschlingen.

Aurelie wundert sich. Ein Garten voller Tiere, doch alle sind wie eingefroren und machen nicht das, was eine vernünftige Bärin von ihnen erwarten würde.

Der große steife Vogel steht starr im Schatten des Teichufers und quietscht nur leise, wenn der Wind an ihm zerrt.

Die Hennen zu ständig stumm krähenden Hahn haben sich auf der anderen Seite des Teiches zwischen Frühjahrsblühern versteckt und bewachen riesige pickelige Eier, die sie sicher niemals gelegt haben.

Der langschnäbelige Kurzbein-Ibis (oder ist es doch nur eine Blechmöwe?) hat sicher schon mal bessere Tage gesehen. Nach einem weiteren Winter im Freien ist noch mehr Lack ab, so dass er sich ausgeblackert tief im Dickicht versteckt.

Unter einem Blätterwald frischen Grüns entdeckt die neugierige Bärin wenige Schritte weiter noch eine tönerne Gans. Sie ist an ihrer Bodenplatte festgewachsen und kann nicht recht fliehen, bevor sie vom Elan der Frühjahrs völlig überwuchert wird. Aber fragen nützt auch nichts, denn auch dieser Vogel bleibt stumm.

Dann findet Aurelie am Hochbecken noch zwei besonders komische Vögel. Der hier scheint von der See zu kommen.

Doch wo sein Langhalskollege normalerweise sein Revier haben soll, weiß sicher noch nicht einmal der lustige Blechbieger, der ihn gebaut hat.

Jemand hat die Sonne wohl schon vorher entdeckt und hat diese drei Puschelküken auf Stangen mitten auf den Rasen gestellt. Die sind sicher nicht regen- und sturmfest. Jetzt wiegen sie sich sanft im Wind und lassen sich die zarten gelben Flaumfeder durchpusten.

Als Aurelie noch mal die Waldränder durchstreift, sieht sie noch diese merkwürdigen Tarnvögel, die unter himmelblauen Frühlingsboten in Grün oder Himmelblau ganz still ausharren. Die flattern nicht einmal auf, als eine Bärin forsch auf sie zustapft. Kein Wunder, auch sie sind aus Metall und viel zu schwer für eine schnelle Flucht. Da können sie ja nur still hocken bleiben und hoffen, dass eine Bärin sie übersieht.

Hat Aurelie aber nicht! Denn als Anna etwas schlaftrunken im Garten erscheint, hat die eifrige Petzin wohl alles Federvieh ohne Federn gefunden und muss Anna unbedingt ihre Entdeckungen zeigen. Sie winkt so lange mit der Pfote und ruft Annas Namen, bis die große Bärin endlich neben ihr steht.

Dann zeigt Aurelie in alle Richtungen, weil ja überall so ein komischer Vogel steht. Doch warum gibt es hier so viele Kunstvögel, die schwer am Boden kleben? Der Garten ist doch voll mit echten Zwitscherlingen, die in den Ästen tirillieren, die durch die Zweige hucken, die in kleinen Schwärmen durch den Garten ziehen und überall laut vernehmlich unter den Büschen scharren. Da braucht es doch den ganzen Blechkram nicht, wenn von dort höchstens mal ein Oink oder Dong hören könnte.

Nun, was soll Anna da sagen? Vor allen Dingen vor dem ersten Kaffee. Dass Deko eigentlich immer noch zusätzlich in den Garten passt? Dass die Farben so schön leuchten, wenn sie nicht gerade im Dickicht verschwinden? Dass diese Blechstelzen überhaupt kein Vergleich zu echten Vögeln sein sollen? Dass da einfach noch Platz war? Sie zuckt hilflos mit den Schultern: "Das ist hier einfach so."


Fotos: W.Hein

Aurelie ist eine Rica-Bärin von Ulrike und Claude Charles und Annas Mutter Kathleen Wallace lebte in den Staaten, obwohl wir Anna in der Bärenhöhle Hannover getroffen haben. Und die ganzen Blechvögel, Terracotta-Gans, Federbälger auf Stange sind halt das übliche DekoGerümpel das im Laufe der Jahre und Jahreszeiten immer wieder im Garten auftaucht und verschwindet.


Samstag, 25. April 2009

Wir warten auf's Christkind



Kaum ist Alex in Hannover angekommen, schicken sie ihn
in den Garten. Denn sie müssen erst einmal alles auspacken,
sortieren und in Listen eintragen. Da stört er nur. Nun, der
Bär hat nichts dagegen, denn die Sonne lacht und überall
im Grünen summt und brummt es.

Also erkundet er den Weg um den Teich und tatsächlich
gibt es da Frösche, die sofort mit lautem Platschen
ins Nasse flüchten. Vielleicht - wenn er ganz still etwas wartet,
trauen sich die Quakmacher wieder ans Ufer. Er könnte dann
einen fangen und ins Haus schmuggeln. In dem ganzen Gerümpel
fällt der gar nicht auf und im Notfall wird er halt im Bett versteckt.


Während Alex am Teich lauert, kommt eine junge Bärin
des Weges. Sie lässt sich von den umherschwirrenden
Kohlweißlingen ablenken. Und zieht dann wieder den Riemen
der Tasche auf die Schulter. Immer wieder rutscht das
vorwitzige Ding nach unten. Aber sie kann doch nicht die
ganze Zeit den Arm steil in die Luft halten.


Alex ist von der Froschwarterei schon ganz hungrig geworden.
Zum Glück kommt er aus dem Westfälischen. Und dort hält
man viel von Vorräten und Wegzehrung. Deshalb hat er, bevor
es auf die Reise ging, noch schnell einen leckeren Milchstuten
eingepackt bekommen. Dazu noch ein Glas mit Aprikosenmarmelade.
Den Löffel hat sich noch schnell ins Knopfloch gesteckt, bevor es
in den Garten ging.


Natürlich ist die junge Bärin eingeladen und während Alex
schon mal beginnt, das Gebäck auf zu teilen, zeigt die Petzin
mit Hut auf die Blechhühner im Hintergrund: "Die sind sicher
noch von Ostern hier stehen geblieben. Da steht ja so gar noch
ein gelbes Ei im Grünen." Der Bärenjunge blinzelt: "Das hat
ja 'ne Schale mit ganz vielen Schnörkelwürsten drauf."
Er überlegt kurz: "Na, das muss den Hühner ja ganz schön
weh tun, wenn sie solche Buckeleier legen müssen."


Der Löffel fährt gerade in die süße Marmelade, als Alex wieder
einfällt, was er gerade auf der Fahrt aufgeschnappt hat. Vielleicht
liegt es ja an den stehen gelassenen Ostervögeln. Er hat die Ohren
gespitzt, als sie unterwegs von großen Abenteuern erzählt haben.
Von wilden Geschichten und vielen Bären mittendrin. Er sollte auch
dabei sein. Doch irgendwie hieß es immer - Weihnachten.
Und das ist doch noch ganz schön lange hin ...


Die kleine Bärin mümmelt lieber in der Sonne süßen Stuten.
"Weihnachten ist im Winter, oder?" Sie reckelt und streckt
sich in der Wärme. "Dann ist es doch kalt." Den nächste Satz
begleiten ein Schwarm von Krümeln, da sie gerade herzhaft in
das Teigteil gebissen hat. "Dann brauche ich auf jeden Fall einen
Schal und eine warme Mütze," Das wollte das Leckermaul eigentlich
sagen, aber mit dem ganzen Süßkram im Mund heißt es nur:
"UhumhumÖhoa-Eeedmmvaaaeummaaal-Uhemmaaaüüzzee!"


Alex hat aber auch so verstanden. Es wird wirklich mit den
großen Bärenabenteuern noch sehr, sehr lange dauern. Er gibt
der kleinen Hutbärin noch einen Klacks Marmelade auf das helle Brot.
"Wenn wir hier fertig sind, dann warten wir eben auf's Christkind!"



Alex ist ein Valdorf-Bär aus Herford und die Kleine mit Hut
heißt Constanze. Sie kommt als Rica-Bär aus Detmold.
Ganz genau sind beide ja in Rheda-Wiedenbrück gestartet.
Denn da ist heute am 25.4. und noch morgen am Sonntag die
"größte Bärenmesse der Welt" - die Teddybär Total.

Aber eigentlich haben wir Alex in gewisser Weise wieder heim
geholt. Denn er ist aus südafrikanischem Mohairfell gemacht.
Und das kam ursprünglich aus der Bärenhöhle hier in Hannover.

Fotos: W.Hein